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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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I. Theil. XII. Capitul.
lich seyn solte, haben einige grosse Herren selbst er-
kandt. Fürst Johann Ludwig zu Anhalt erinnerte
einstens bey einer gewissen Gelegenheit gar beweg-
lich, daß bey Auferziehung der Fürstlichen Kinder
nicht allemahl der Fleiß angewendet würde, wie es
von GOtt- und Rechts wegen seyn solte, und die
Fürsten in diesem Stück weit unglücklicher als Pri-
vati
wären, auch wohl bißweilen ein Arcanum Po-
liticum
einiger Ministrorum darunter verborgen
läge, es zu verhindern, damit Fürstliche Personen
nicht klüger würden als sie. S. Beckmans Histo-
rie des Fürstenthums Anhalt V. Theil p. 446.

§. 5. Die Durchlauchtigsten Eltern lassen ge-
meiniglich ihre Printzen, zumahl die Erb-Printzen,
nach der Weise erziehen, die ihren Neigungen ge-
mäß ist. Sind sie Liebhaber der Wissenschaff-
ten und Gelehrsamkeit, so müssen sich ihre Printzen,
von ihrer ersten Jugend an, auf Studia appliciren,
und zwar auf solche, die mit der Staats-Wissen-
schafft einige Verbindung und Verwandtschafft
haben; Sind sie dem Kriegs- und Militair-Wesen
ergeben, so müssen sie bey Zeiten das Mustern der
Regimenter, das Commandiren, Exerciren, und
was nur zum Kriegs-Metier gehöret, begreiffen ler-
nen. Finden die Durchlauchtigsten Väter vor
andern Freude an der Jagt, so werden die Printzen
mehr zur Jägerey, als zu etwas anders erzogen.
Bißweilen geschiehet es, daß sie ihren Printzen eine
andere Education gestatten, als sie ehedessen selbst
gehabt, oder als ihrem eigenen Temperament ge-

mäß;

I. Theil. XII. Capitul.
lich ſeyn ſolte, haben einige groſſe Herren ſelbſt er-
kandt. Fuͤrſt Johann Ludwig zu Anhalt erinnerte
einſtens bey einer gewiſſen Gelegenheit gar beweg-
lich, daß bey Auferziehung der Fuͤrſtlichen Kinder
nicht allemahl der Fleiß angewendet wuͤrde, wie es
von GOtt- und Rechts wegen ſeyn ſolte, und die
Fuͤrſten in dieſem Stuͤck weit ungluͤcklicher als Pri-
vati
waͤren, auch wohl bißweilen ein Arcanum Po-
liticum
einiger Miniſtrorum darunter verborgen
laͤge, es zu verhindern, damit Fuͤrſtliche Perſonen
nicht kluͤger wuͤrden als ſie. S. Beckmans Hiſto-
rie des Fuͤrſtenthums Anhalt V. Theil p. 446.

§. 5. Die Durchlauchtigſten Eltern laſſen ge-
meiniglich ihre Printzen, zumahl die Erb-Printzen,
nach der Weiſe erziehen, die ihren Neigungen ge-
maͤß iſt. Sind ſie Liebhaber der Wiſſenſchaff-
ten und Gelehrſamkeit, ſo muͤſſen ſich ihre Printzen,
von ihrer erſten Jugend an, auf Studia appliciren,
und zwar auf ſolche, die mit der Staats-Wiſſen-
ſchafft einige Verbindung und Verwandtſchafft
haben; Sind ſie dem Kriegs- und Militair-Weſen
ergeben, ſo muͤſſen ſie bey Zeiten das Muſtern der
Regimenter, das Commandiren, Exerciren, und
was nur zum Kriegs-Metier gehoͤret, begreiffen ler-
nen. Finden die Durchlauchtigſten Vaͤter vor
andern Freude an der Jagt, ſo werden die Printzen
mehr zur Jaͤgerey, als zu etwas anders erzogen.
Bißweilen geſchiehet es, daß ſie ihren Printzen eine
andere Education geſtatten, als ſie ehedeſſen ſelbſt
gehabt, oder als ihrem eigenen Temperament ge-

maͤß;
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[196/0220] I. Theil. XII. Capitul. lich ſeyn ſolte, haben einige groſſe Herren ſelbſt er- kandt. Fuͤrſt Johann Ludwig zu Anhalt erinnerte einſtens bey einer gewiſſen Gelegenheit gar beweg- lich, daß bey Auferziehung der Fuͤrſtlichen Kinder nicht allemahl der Fleiß angewendet wuͤrde, wie es von GOtt- und Rechts wegen ſeyn ſolte, und die Fuͤrſten in dieſem Stuͤck weit ungluͤcklicher als Pri- vati waͤren, auch wohl bißweilen ein Arcanum Po- liticum einiger Miniſtrorum darunter verborgen laͤge, es zu verhindern, damit Fuͤrſtliche Perſonen nicht kluͤger wuͤrden als ſie. S. Beckmans Hiſto- rie des Fuͤrſtenthums Anhalt V. Theil p. 446. §. 5. Die Durchlauchtigſten Eltern laſſen ge- meiniglich ihre Printzen, zumahl die Erb-Printzen, nach der Weiſe erziehen, die ihren Neigungen ge- maͤß iſt. Sind ſie Liebhaber der Wiſſenſchaff- ten und Gelehrſamkeit, ſo muͤſſen ſich ihre Printzen, von ihrer erſten Jugend an, auf Studia appliciren, und zwar auf ſolche, die mit der Staats-Wiſſen- ſchafft einige Verbindung und Verwandtſchafft haben; Sind ſie dem Kriegs- und Militair-Weſen ergeben, ſo muͤſſen ſie bey Zeiten das Muſtern der Regimenter, das Commandiren, Exerciren, und was nur zum Kriegs-Metier gehoͤret, begreiffen ler- nen. Finden die Durchlauchtigſten Vaͤter vor andern Freude an der Jagt, ſo werden die Printzen mehr zur Jaͤgerey, als zu etwas anders erzogen. Bißweilen geſchiehet es, daß ſie ihren Printzen eine andere Education geſtatten, als ſie ehedeſſen ſelbſt gehabt, oder als ihrem eigenen Temperament ge- maͤß;

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/220>, abgerufen am 21.11.2024.