Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Theil. X. Capitul.
neuern Zeiten bekandt. Jn dem II. Theil der von
Herrn Lünig edirten Teutschen Rechs-Cantzley
findet man pag. 391. ein Schreiben, der auf dem
Reichs-Tage zu Regenspurg versommleten Ge-
sandten der Evangel. Chur-Fürsten und Stände
an den Kayser Leopoldum, daß sie das, dem Herrn
Hertzog Christian zu Mecklenburg, über die vom
Pabst zu Rom erhaltene Dispensation, zu vorge-
nommener anderweitigen Ehe, ertheilte decretum
confirmatorium cassir
en, und dergleichen Unfug
im heiligen Römischen Reich wieder alle Reichs-
Constitutiones einreissen zu lassen, nicht verstatten
möchten.

§. 16. Jn den Ehe-Pacten werden auch die Ti-
tulatu
ren, die Curialien, und andre Ceremonielle,
wenn die künfftige Gemahlin entweder aus einem
höhern oder geringern Stande ist, ausgemacht.
Churfürst Rudolph IV. aus dem Anhaltischen
Stamm, nennte seine Gemahlin Annam, Land-
grafens Baltzers in Thüringen Tochter, in der ihr
ausgestellten Leib-Gedings-Verschreibung, seine
eheliche Wirthin. Es bedeutete dieses uhralte
teutsche Wort damahls eine Hauß-Frau, und hat
man von alten Zeiten her einen Hauß-Vater
Wirth genennet, heutiges Tages aber will es nicht
in einer so vornehmen Bedeutung angesehen wer-
den.

§. 17. Es ist von einigen Seculis her bräuchlich
gewesen, daß die Fürstlichen Vermählungen an an-
dere Procuratores oder Gevollmächtigte geschehen.

Biß-

I. Theil. X. Capitul.
neuern Zeiten bekandt. Jn dem II. Theil der von
Herrn Luͤnig edirten Teutſchen Rechs-Cantzley
findet man pag. 391. ein Schreiben, der auf dem
Reichs-Tage zu Regenſpurg verſommleten Ge-
ſandten der Evangel. Chur-Fuͤrſten und Staͤnde
an den Kayſer Leopoldum, daß ſie das, dem Herrn
Hertzog Chriſtian zu Mecklenburg, uͤber die vom
Pabſt zu Rom erhaltene Diſpenſation, zu vorge-
nommener anderweitigen Ehe, ertheilte decretum
confirmatorium caſſir
en, und dergleichen Unfug
im heiligen Roͤmiſchen Reich wieder alle Reichs-
Conſtitutiones einreiſſen zu laſſen, nicht verſtatten
moͤchten.

§. 16. Jn den Ehe-Pacten werden auch die Ti-
tulatu
ren, die Curialien, und andre Ceremonielle,
wenn die kuͤnfftige Gemahlin entweder aus einem
hoͤhern oder geringern Stande iſt, ausgemacht.
Churfuͤrſt Rudolph IV. aus dem Anhaltiſchen
Stamm, nennte ſeine Gemahlin Annam, Land-
grafens Baltzers in Thuͤringen Tochter, in der ihr
ausgeſtellten Leib-Gedings-Verſchreibung, ſeine
eheliche Wirthin. Es bedeutete dieſes uhralte
teutſche Wort damahls eine Hauß-Frau, und hat
man von alten Zeiten her einen Hauß-Vater
Wirth genennet, heutiges Tages aber will es nicht
in einer ſo vornehmen Bedeutung angeſehen wer-
den.

§. 17. Es iſt von einigen Seculis her braͤuchlich
geweſen, daß die Fuͤrſtlichen Vermaͤhlungen an an-
dere Procuratores oder Gevollmaͤchtigte geſchehen.

Biß-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0164" n="140"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">X.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
neuern Zeiten bekandt. Jn dem <hi rendition="#aq">II.</hi> Theil der von<lb/>
Herrn Lu&#x0364;nig <hi rendition="#aq">edi</hi>rten Teut&#x017F;chen Rechs-Cantzley<lb/>
findet man <hi rendition="#aq">pag.</hi> 391. ein Schreiben, der auf dem<lb/>
Reichs-Tage zu Regen&#x017F;purg ver&#x017F;ommleten Ge-<lb/>
&#x017F;andten der Evangel. Chur-Fu&#x0364;r&#x017F;ten und Sta&#x0364;nde<lb/>
an den Kay&#x017F;er <hi rendition="#aq">Leopoldum,</hi> daß &#x017F;ie das, dem Herrn<lb/>
Hertzog Chri&#x017F;tian zu Mecklenburg, u&#x0364;ber die vom<lb/>
Pab&#x017F;t zu Rom erhaltene <hi rendition="#aq">Di&#x017F;pen&#x017F;ation,</hi> zu vorge-<lb/>
nommener anderweitigen Ehe, ertheilte <hi rendition="#aq">decretum<lb/>
confirmatorium ca&#x017F;&#x017F;ir</hi>en, und dergleichen Unfug<lb/>
im heiligen Ro&#x0364;mi&#x017F;chen Reich wieder alle Reichs-<lb/><hi rendition="#aq">Con&#x017F;titutiones</hi> einrei&#x017F;&#x017F;en zu la&#x017F;&#x017F;en, nicht ver&#x017F;tatten<lb/>
mo&#x0364;chten.</p><lb/>
          <p>§. 16. Jn den Ehe-<hi rendition="#aq">Pact</hi>en werden auch die <hi rendition="#aq">Ti-<lb/>
tulatu</hi>ren, die <hi rendition="#aq">Curiali</hi>en, und andre <hi rendition="#aq">Ceremonielle,</hi><lb/>
wenn die ku&#x0364;nfftige Gemahlin entweder aus einem<lb/>
ho&#x0364;hern oder geringern Stande i&#x017F;t, ausgemacht.<lb/>
Churfu&#x0364;r&#x017F;t <hi rendition="#aq">Rudolph IV.</hi> aus dem Anhalti&#x017F;chen<lb/>
Stamm, nennte &#x017F;eine Gemahlin <hi rendition="#aq">Annam,</hi> Land-<lb/>
grafens Baltzers in Thu&#x0364;ringen Tochter, in der ihr<lb/>
ausge&#x017F;tellten Leib-Gedings-Ver&#x017F;chreibung, &#x017F;eine<lb/>
eheliche Wirthin. Es bedeutete die&#x017F;es uhralte<lb/>
teut&#x017F;che Wort damahls eine Hauß-Frau, und hat<lb/>
man von alten Zeiten her einen Hauß-Vater<lb/>
Wirth genennet, heutiges Tages aber will es nicht<lb/>
in einer &#x017F;o vornehmen Bedeutung ange&#x017F;ehen wer-<lb/>
den.</p><lb/>
          <p>§. 17. Es i&#x017F;t von einigen <hi rendition="#aq">Seculis</hi> her bra&#x0364;uchlich<lb/>
gewe&#x017F;en, daß die Fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Verma&#x0364;hlungen an an-<lb/>
dere <hi rendition="#aq">Procuratores</hi> oder Gevollma&#x0364;chtigte ge&#x017F;chehen.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Biß-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0164] I. Theil. X. Capitul. neuern Zeiten bekandt. Jn dem II. Theil der von Herrn Luͤnig edirten Teutſchen Rechs-Cantzley findet man pag. 391. ein Schreiben, der auf dem Reichs-Tage zu Regenſpurg verſommleten Ge- ſandten der Evangel. Chur-Fuͤrſten und Staͤnde an den Kayſer Leopoldum, daß ſie das, dem Herrn Hertzog Chriſtian zu Mecklenburg, uͤber die vom Pabſt zu Rom erhaltene Diſpenſation, zu vorge- nommener anderweitigen Ehe, ertheilte decretum confirmatorium caſſiren, und dergleichen Unfug im heiligen Roͤmiſchen Reich wieder alle Reichs- Conſtitutiones einreiſſen zu laſſen, nicht verſtatten moͤchten. §. 16. Jn den Ehe-Pacten werden auch die Ti- tulaturen, die Curialien, und andre Ceremonielle, wenn die kuͤnfftige Gemahlin entweder aus einem hoͤhern oder geringern Stande iſt, ausgemacht. Churfuͤrſt Rudolph IV. aus dem Anhaltiſchen Stamm, nennte ſeine Gemahlin Annam, Land- grafens Baltzers in Thuͤringen Tochter, in der ihr ausgeſtellten Leib-Gedings-Verſchreibung, ſeine eheliche Wirthin. Es bedeutete dieſes uhralte teutſche Wort damahls eine Hauß-Frau, und hat man von alten Zeiten her einen Hauß-Vater Wirth genennet, heutiges Tages aber will es nicht in einer ſo vornehmen Bedeutung angeſehen wer- den. §. 17. Es iſt von einigen Seculis her braͤuchlich geweſen, daß die Fuͤrſtlichen Vermaͤhlungen an an- dere Procuratores oder Gevollmaͤchtigte geſchehen. Biß-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/164
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/164>, abgerufen am 02.05.2024.