oder Kirmeß-Gelacke wären. Doch diese ver- letzen durch ihr allzu kaltsinniges Bezeugen eben- falls den Wohlstand. Weil es natürlich und der Freundschafft und Liebes-Pflicht gemäß, daß man bey dem Verlust seiner Angehörigen Betrübniß empfindet, so solten diejenigen, die in ihren Leben keine sonderliche Liebe gegen ihre nunmehr verstor- bene Freunde empfunden, und also durch deren Todt auch nicht betrübet werden, doch zum we- nigsten des Wohlstandes wegen, und um andere Leute willen, auf eine kurtze Zeit einiges Betrübniß dem Schein nach annehmen, oder doch die Freude über dem Tod verbergen, sintemahl es vor etwas lasterhafftes angesehen wird, diejenigen nicht zu lieben, welchen wir doch den göttlichen und na- türlichen Rechten nach mit Liebe sollen zugethan seyn.
§. 7. Die vielen Trauer-Ceremonien, und mancherley unnöthige Unkosten dabey, sind in den neuern Zeiten durch mancherley Landes-herrliche Mandaten, gemäßiget, und vieles gantz und gar abgeschafft und verbothen worden; Es wäre zu wünschen, daß die Trauer unter den Adelichen und Bürgerlichen noch mehr eingeschränckt, und also mancher Thaler, der den armen Erben auf andre Weise besser zu statten käme, erhalten würde. Anno 1707. faßte der alte Adel der Provintz Hol- land den Schluß, daß sie ins künfftige ihre Häu- ser und Carossen nicht mehr schwartz bekleiden, ih- ren Bedienten keine Trauer-Kleider geben, und die
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Von der Trauer.
oder Kirmeß-Gelacke waͤren. Doch dieſe ver- letzen durch ihr allzu kaltſinniges Bezeugen eben- falls den Wohlſtand. Weil es natuͤrlich und der Freundſchafft und Liebes-Pflicht gemaͤß, daß man bey dem Verluſt ſeiner Angehoͤrigen Betruͤbniß empfindet, ſo ſolten diejenigen, die in ihren Leben keine ſonderliche Liebe gegen ihre nunmehr verſtor- bene Freunde empfunden, und alſo durch deren Todt auch nicht betruͤbet werden, doch zum we- nigſten des Wohlſtandes wegen, und um andere Leute willen, auf eine kurtze Zeit einiges Betruͤbniß dem Schein nach annehmen, oder doch die Freude uͤber dem Tod verbergen, ſintemahl es vor etwas laſterhafftes angeſehen wird, diejenigen nicht zu lieben, welchen wir doch den goͤttlichen und na- tuͤrlichen Rechten nach mit Liebe ſollen zugethan ſeyn.
§. 7. Die vielen Trauer-Ceremonien, und mancherley unnoͤthige Unkoſten dabey, ſind in den neuern Zeiten durch mancherley Landes-herrliche Mandaten, gemaͤßiget, und vieles gantz und gar abgeſchafft und verbothen worden; Es waͤre zu wuͤnſchen, daß die Trauer unter den Adelichen und Buͤrgerlichen noch mehr eingeſchraͤnckt, und alſo mancher Thaler, der den armen Erben auf andre Weiſe beſſer zu ſtatten kaͤme, erhalten wuͤrde. Anno 1707. faßte der alte Adel der Provintz Hol- land den Schluß, daß ſie ins kuͤnfftige ihre Haͤu- ſer und Caroſſen nicht mehr ſchwartz bekleiden, ih- ren Bedienten keine Trauer-Kleider geben, und die
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Von der Trauer.
oder Kirmeß-Gelacke waͤren. Doch dieſe ver-
letzen durch ihr allzu kaltſinniges Bezeugen eben-
falls den Wohlſtand. Weil es natuͤrlich und der
Freundſchafft und Liebes-Pflicht gemaͤß, daß man
bey dem Verluſt ſeiner Angehoͤrigen Betruͤbniß
empfindet, ſo ſolten diejenigen, die in ihren Leben
keine ſonderliche Liebe gegen ihre nunmehr verſtor-
bene Freunde empfunden, und alſo durch deren
Todt auch nicht betruͤbet werden, doch zum we-
nigſten des Wohlſtandes wegen, und um andere
Leute willen, auf eine kurtze Zeit einiges Betruͤbniß
dem Schein nach annehmen, oder doch die Freude
uͤber dem Tod verbergen, ſintemahl es vor etwas
laſterhafftes angeſehen wird, diejenigen nicht zu
lieben, welchen wir doch den goͤttlichen und na-
tuͤrlichen Rechten nach mit Liebe ſollen zugethan
ſeyn.
§. 7. Die vielen Trauer-Ceremonien, und
mancherley unnoͤthige Unkoſten dabey, ſind in den
neuern Zeiten durch mancherley Landes-herrliche
Mandaten, gemaͤßiget, und vieles gantz und gar
abgeſchafft und verbothen worden; Es waͤre zu
wuͤnſchen, daß die Trauer unter den Adelichen und
Buͤrgerlichen noch mehr eingeſchraͤnckt, und alſo
mancher Thaler, der den armen Erben auf andre
Weiſe beſſer zu ſtatten kaͤme, erhalten wuͤrde.
Anno 1707. faßte der alte Adel der Provintz Hol-
land den Schluß, daß ſie ins kuͤnfftige ihre Haͤu-
ſer und Caroſſen nicht mehr ſchwartz bekleiden, ih-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 675. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/695>, abgerufen am 22.11.2024.
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