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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von der Mode.
ben nachzuahmen, vor etwas thörichtes und laster-
hafftes anzusehen, also muß man auch bekennen,
daß einige Leute wieder auf einen andern Abweg
gerathen, wiewohl deren Anzahl, in Ansehung der
Moden-süchtigen, so gar groß nicht ist. Sie ha-
ben eine so unmäßige Liebe vor das Alterthum, daß
sie in keinem Stück bey ihrem äußerlichen Wesen
einige Veränderung belieben, ob sie ihnen schon vor
zuträglicher, leichter, bequemer, wohlanständiger
und überhaupt besser wäre. Es zeiget sich dieser
Jrrthum so wohl bey Gelehrten als Ungelehrten,
bey mancherley Wissenschafften und Künsten, und
bey verschiedenen Handlungen des menschlichen
Lebens. Also zweifeln einige, daß etwas neues
und besseres könte erdacht und vorgebracht werden,
als unsern Vorfahren bekannt gewesen, und be-
sitzen eine ungemeine Härtigkeit des Hertzens,
diesen Jrrthum zu vertheidigen. Sie bleiben da-
bey, ihre Vorfahren wären auch keine Narren ge-
west, und formiren diesen falschen Schluß, wenn
dieses oder jenes möglich oder gut wäre, so würden
es ihre Vorfahren auch erfunden oder gethan ha-
ben. Jn ihrer Kleidung ziehen sie so altväterisch
einher, daß sie fast darüber zum Kinderspott werden,
man kan sie durchaus nicht dazu bringen, daß sie
eine neue Mode solten mitmachen. Bey ihren
Wohnhäusern und Schlössern, ob sie gleich in dem
höchsten Grad baufällig, wollen sie keine Verände-
rung vornehmen, bloß deßwegen, daß es ihnen dau-
ret, daß sie dem Gemach, darinnen ihr lieber Herr

Groß-
D

Von der Mode.
ben nachzuahmen, vor etwas thoͤrichtes und laſter-
hafftes anzuſehen, alſo muß man auch bekennen,
daß einige Leute wieder auf einen andern Abweg
gerathen, wiewohl deren Anzahl, in Anſehung der
Moden-ſuͤchtigen, ſo gar groß nicht iſt. Sie ha-
ben eine ſo unmaͤßige Liebe vor das Alterthum, daß
ſie in keinem Stuͤck bey ihrem aͤußerlichen Weſen
einige Veraͤnderung belieben, ob ſie ihnen ſchon vor
zutraͤglicher, leichter, bequemer, wohlanſtaͤndiger
und uͤberhaupt beſſer waͤre. Es zeiget ſich dieſer
Jrrthum ſo wohl bey Gelehrten als Ungelehrten,
bey mancherley Wiſſenſchafften und Kuͤnſten, und
bey verſchiedenen Handlungen des menſchlichen
Lebens. Alſo zweifeln einige, daß etwas neues
und beſſeres koͤnte erdacht und vorgebracht werden,
als unſern Vorfahren bekannt geweſen, und be-
ſitzen eine ungemeine Haͤrtigkeit des Hertzens,
dieſen Jrrthum zu vertheidigen. Sie bleiben da-
bey, ihre Vorfahren waͤren auch keine Narren ge-
weſt, und formiren dieſen falſchen Schluß, wenn
dieſes oder jenes moͤglich oder gut waͤre, ſo wuͤrden
es ihre Vorfahren auch erfunden oder gethan ha-
ben. Jn ihrer Kleidung ziehen ſie ſo altvaͤteriſch
einher, daß ſie faſt daruͤber zum Kinderſpott werden,
man kan ſie durchaus nicht dazu bringen, daß ſie
eine neue Mode ſolten mitmachen. Bey ihren
Wohnhaͤuſern und Schloͤſſern, ob ſie gleich in dem
hoͤchſten Grad baufaͤllig, wollen ſie keine Veraͤnde-
rung vornehmen, bloß deßwegen, daß es ihnen dau-
ret, daß ſie dem Gemach, darinnen ihr lieber Herr

Groß-
D
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[49/0069] Von der Mode. ben nachzuahmen, vor etwas thoͤrichtes und laſter- hafftes anzuſehen, alſo muß man auch bekennen, daß einige Leute wieder auf einen andern Abweg gerathen, wiewohl deren Anzahl, in Anſehung der Moden-ſuͤchtigen, ſo gar groß nicht iſt. Sie ha- ben eine ſo unmaͤßige Liebe vor das Alterthum, daß ſie in keinem Stuͤck bey ihrem aͤußerlichen Weſen einige Veraͤnderung belieben, ob ſie ihnen ſchon vor zutraͤglicher, leichter, bequemer, wohlanſtaͤndiger und uͤberhaupt beſſer waͤre. Es zeiget ſich dieſer Jrrthum ſo wohl bey Gelehrten als Ungelehrten, bey mancherley Wiſſenſchafften und Kuͤnſten, und bey verſchiedenen Handlungen des menſchlichen Lebens. Alſo zweifeln einige, daß etwas neues und beſſeres koͤnte erdacht und vorgebracht werden, als unſern Vorfahren bekannt geweſen, und be- ſitzen eine ungemeine Haͤrtigkeit des Hertzens, dieſen Jrrthum zu vertheidigen. Sie bleiben da- bey, ihre Vorfahren waͤren auch keine Narren ge- weſt, und formiren dieſen falſchen Schluß, wenn dieſes oder jenes moͤglich oder gut waͤre, ſo wuͤrden es ihre Vorfahren auch erfunden oder gethan ha- ben. Jn ihrer Kleidung ziehen ſie ſo altvaͤteriſch einher, daß ſie faſt daruͤber zum Kinderſpott werden, man kan ſie durchaus nicht dazu bringen, daß ſie eine neue Mode ſolten mitmachen. Bey ihren Wohnhaͤuſern und Schloͤſſern, ob ſie gleich in dem hoͤchſten Grad baufaͤllig, wollen ſie keine Veraͤnde- rung vornehmen, bloß deßwegen, daß es ihnen dau- ret, daß ſie dem Gemach, darinnen ihr lieber Herr Groß- D

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/69>, abgerufen am 23.11.2024.