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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. XVI. Capitul.
nung einiger Theologorum unserer Kirche, eine
reichlichere Ausgiessung gewißlich vonnöthen. S.
D. Zeltners Dissertation, wie in der heiligen Tauffe
eine reichlichere Ausgiessung wieder herzustellen
sey?

§. 16. Was vor sündlich Geschmause, oder viel-
mehr Fressen und Sauffen, gehet nicht bey denen
meisten Kindtauffen vor. Der Kindtauffen-Va-
ter und Mutter geben nicht so wohl auf das heilige
Werck Acht, als vielmehr auf die Tractamente, die
sie ihren Gästen vorsetzen wollen. Die heilige
Handlung ist bißweilen kaum vorbey, so wird als-
denn nicht mäßig dabey getruncken und gespeiset,
als welches allerdings erlaubet wäre, sondern un-
mäßig gefressen und gesoffen. Die schönen Tauff-
Zeugen berauschen sich, und wenn mancher nicht
bezecht wieder nach Hause käme, würde er nicht
dencken, daß Kindtauffe gewesen.

§. 17. Die Regeln, die ein Vater bey der Tauf-
fe seines Kindes, und in Ansehung der Gevattern,
so wohl den Pflichten des Christenthums, als der
gesunden Vernunfft nach, zu beobachten hat, beste-
hen, meines wenigen Erachtens, in folgenden: Er
muß sein neugebohren Kind, so bald als möglich, und
er darzu gelangen kan, in der heiligen Tauffe dem
Heyland vortragen lassen, und alsdenn solche Tauf-
Zeugen erwehlen, von denen er versichert, daß sie
die nöthige Erkenntniß besitzen, um die Heiligkeit
dieser Handlung recht zu erwegen, und ihre Chri-
sten-Pflichten dabey zu beobachten, auch willig und

geneigt

II. Theil. XVI. Capitul.
nung einiger Theologorum unſerer Kirche, eine
reichlichere Ausgieſſung gewißlich vonnoͤthen. S.
D. Zeltners Diſſertation, wie in der heiligen Tauffe
eine reichlichere Ausgieſſung wieder herzuſtellen
ſey?

§. 16. Was vor ſuͤndlich Geſchmauſe, oder viel-
mehr Freſſen und Sauffen, gehet nicht bey denen
meiſten Kindtauffen vor. Der Kindtauffen-Va-
ter und Mutter geben nicht ſo wohl auf das heilige
Werck Acht, als vielmehr auf die Tractamente, die
ſie ihren Gaͤſten vorſetzen wollen. Die heilige
Handlung iſt bißweilen kaum vorbey, ſo wird als-
denn nicht maͤßig dabey getruncken und geſpeiſet,
als welches allerdings erlaubet waͤre, ſondern un-
maͤßig gefreſſen und geſoffen. Die ſchoͤnen Tauff-
Zeugen berauſchen ſich, und wenn mancher nicht
bezecht wieder nach Hauſe kaͤme, wuͤrde er nicht
dencken, daß Kindtauffe geweſen.

§. 17. Die Regeln, die ein Vater bey der Tauf-
fe ſeines Kindes, und in Anſehung der Gevattern,
ſo wohl den Pflichten des Chriſtenthums, als der
geſunden Vernunfft nach, zu beobachten hat, beſte-
hen, meines wenigen Erachtens, in folgenden: Er
muß ſein neugebohren Kind, ſo bald als moͤglich, und
er darzu gelangen kan, in der heiligen Tauffe dem
Heyland vortragen laſſen, und alsdenn ſolche Tauf-
Zeugen erwehlen, von denen er verſichert, daß ſie
die noͤthige Erkenntniß beſitzen, um die Heiligkeit
dieſer Handlung recht zu erwegen, und ihre Chri-
ſten-Pflichten dabey zu beobachten, auch willig und

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[634/0654] II. Theil. XVI. Capitul. nung einiger Theologorum unſerer Kirche, eine reichlichere Ausgieſſung gewißlich vonnoͤthen. S. D. Zeltners Diſſertation, wie in der heiligen Tauffe eine reichlichere Ausgieſſung wieder herzuſtellen ſey? §. 16. Was vor ſuͤndlich Geſchmauſe, oder viel- mehr Freſſen und Sauffen, gehet nicht bey denen meiſten Kindtauffen vor. Der Kindtauffen-Va- ter und Mutter geben nicht ſo wohl auf das heilige Werck Acht, als vielmehr auf die Tractamente, die ſie ihren Gaͤſten vorſetzen wollen. Die heilige Handlung iſt bißweilen kaum vorbey, ſo wird als- denn nicht maͤßig dabey getruncken und geſpeiſet, als welches allerdings erlaubet waͤre, ſondern un- maͤßig gefreſſen und geſoffen. Die ſchoͤnen Tauff- Zeugen berauſchen ſich, und wenn mancher nicht bezecht wieder nach Hauſe kaͤme, wuͤrde er nicht dencken, daß Kindtauffe geweſen. §. 17. Die Regeln, die ein Vater bey der Tauf- fe ſeines Kindes, und in Anſehung der Gevattern, ſo wohl den Pflichten des Chriſtenthums, als der geſunden Vernunfft nach, zu beobachten hat, beſte- hen, meines wenigen Erachtens, in folgenden: Er muß ſein neugebohren Kind, ſo bald als moͤglich, und er darzu gelangen kan, in der heiligen Tauffe dem Heyland vortragen laſſen, und alsdenn ſolche Tauf- Zeugen erwehlen, von denen er verſichert, daß ſie die noͤthige Erkenntniß beſitzen, um die Heiligkeit dieſer Handlung recht zu erwegen, und ihre Chri- ſten-Pflichten dabey zu beobachten, auch willig und geneigt

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 634. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/654>, abgerufen am 22.11.2024.