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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. XIV. Capitul.
guten Zeugen, vor dem Wagen haben, so daß öff-
ters der große Staats-Minister nicht Ursache hät-
te sich dieses Fuhrwercks zu schämen, hingegen an
statt des Laquais von einer jungen Magd bedienet
werden, die neben dem Wagen herläufft, und ih-
rer Frau Principalen die Thüre des Wagens auf-
und zumacht, biß sie herausgestiegen, da sie sich
denn nachgehends an statt ihrer selbst in den Wa-
gen setzt.

§. 9. Man muß nicht allein darauf Acht haben,
daß die Bedienten, die Carossen, die Pferde u. s. w.
in der Haupt-Ordnung einige Aehnlichkeit mit ein-
ander haben, sondern auch verstehen lernen, wie sie
bey öffentlichen Einzügen, bey Processionen und
andern Festivitäten, der Ordnung nach, mit hinter
und neben einander zu stellen seyn, wie die Pagen,
die Laquais, die Läuffer, die Heyducken u. s. w. zu
stellen, ingleichen die Bey- und Hand-Pferde.
Man muß auch den Unterschied der Carossen, der
Parade-Wägen, der Reise-Kutschen, der Jagd-
Chaisen, der Schwimmer u. s. w. verstehen lernen.
Man muß wissen, wie der gantze Train und Zug
einzurichten; denn wenn alles noch so gut reguliret,
und es wird in der Rangirung versehen, so verstöst
man schon bey denenjenigen, die in dem Ceremoniel
sehr accurat sind.

§. 10. Es ist wider dem Wohlstand, wenn man
bey seiner Equipage etwas affectirtes und unge-
wöhnliches erweiset, welches auf eine besondere Art
in die Augen fällt. Also ist es lächerlich, wenn eini-

ge

II. Theil. XIV. Capitul.
guten Zeugen, vor dem Wagen haben, ſo daß oͤff-
ters der große Staats-Miniſter nicht Urſache haͤt-
te ſich dieſes Fuhrwercks zu ſchaͤmen, hingegen an
ſtatt des Laquais von einer jungen Magd bedienet
werden, die neben dem Wagen herlaͤufft, und ih-
rer Frau Principalen die Thuͤre des Wagens auf-
und zumacht, biß ſie herausgeſtiegen, da ſie ſich
denn nachgehends an ſtatt ihrer ſelbſt in den Wa-
gen ſetzt.

§. 9. Man muß nicht allein darauf Acht haben,
daß die Bedienten, die Caroſſen, die Pferde u. ſ. w.
in der Haupt-Ordnung einige Aehnlichkeit mit ein-
ander haben, ſondern auch verſtehen lernen, wie ſie
bey oͤffentlichen Einzuͤgen, bey Proceſſionen und
andern Feſtivitaͤten, der Ordnung nach, mit hinter
und neben einander zu ſtellen ſeyn, wie die Pagen,
die Laquais, die Laͤuffer, die Heyducken u. ſ. w. zu
ſtellen, ingleichen die Bey- und Hand-Pferde.
Man muß auch den Unterſchied der Caroſſen, der
Parade-Waͤgen, der Reiſe-Kutſchen, der Jagd-
Chaiſen, der Schwimmer u. ſ. w. verſtehen lernen.
Man muß wiſſen, wie der gantze Train und Zug
einzurichten; denn wenn alles noch ſo gut reguliret,
und es wird in der Rangirung verſehen, ſo verſtoͤſt
man ſchon bey denenjenigen, die in dem Ceremoniel
ſehr accurat ſind.

§. 10. Es iſt wider dem Wohlſtand, wenn man
bey ſeiner Equipage etwas affectirtes und unge-
woͤhnliches erweiſet, welches auf eine beſondere Art
in die Augen faͤllt. Alſo iſt es laͤcherlich, wenn eini-

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[580/0600] II. Theil. XIV. Capitul. guten Zeugen, vor dem Wagen haben, ſo daß oͤff- ters der große Staats-Miniſter nicht Urſache haͤt- te ſich dieſes Fuhrwercks zu ſchaͤmen, hingegen an ſtatt des Laquais von einer jungen Magd bedienet werden, die neben dem Wagen herlaͤufft, und ih- rer Frau Principalen die Thuͤre des Wagens auf- und zumacht, biß ſie herausgeſtiegen, da ſie ſich denn nachgehends an ſtatt ihrer ſelbſt in den Wa- gen ſetzt. §. 9. Man muß nicht allein darauf Acht haben, daß die Bedienten, die Caroſſen, die Pferde u. ſ. w. in der Haupt-Ordnung einige Aehnlichkeit mit ein- ander haben, ſondern auch verſtehen lernen, wie ſie bey oͤffentlichen Einzuͤgen, bey Proceſſionen und andern Feſtivitaͤten, der Ordnung nach, mit hinter und neben einander zu ſtellen ſeyn, wie die Pagen, die Laquais, die Laͤuffer, die Heyducken u. ſ. w. zu ſtellen, ingleichen die Bey- und Hand-Pferde. Man muß auch den Unterſchied der Caroſſen, der Parade-Waͤgen, der Reiſe-Kutſchen, der Jagd- Chaiſen, der Schwimmer u. ſ. w. verſtehen lernen. Man muß wiſſen, wie der gantze Train und Zug einzurichten; denn wenn alles noch ſo gut reguliret, und es wird in der Rangirung verſehen, ſo verſtoͤſt man ſchon bey denenjenigen, die in dem Ceremoniel ſehr accurat ſind. §. 10. Es iſt wider dem Wohlſtand, wenn man bey ſeiner Equipage etwas affectirtes und unge- woͤhnliches erweiſet, welches auf eine beſondere Art in die Augen faͤllt. Alſo iſt es laͤcherlich, wenn eini- ge

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/600>, abgerufen am 22.11.2024.