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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. XII. Capitul.
Gefallen, als wenn sie würcklich vorhanden wäre,
wie solches in der Bau-Kunst demonstrirt wird;
daher läst man Fenster, Thüren und andre Sachen,
die man nicht anbringen kan, um der Symmetrie
willen, anmahlen, daß es mit den andern corre-
spondi
re, welches ebenfalls bey den Meublen in
Obacht zu nehmen.

§. 25. Die Gemählde wollen zum Ausputz
der Zimmer heutiges Tages nicht mehr so Mode
seyn, wie vor diesem. Jedoch bleiben sie noch vor
die Liebhaber eine angenehme Zierrath. Unsere
Vorfahren hielten mehr auf die in Lebens-Größe
gemahlten Abbildungen, ihrer Eltern, Groß-Eltern,
und ihrer gantzen Familie, bey uns sind aber die
Brust-Bilder, oder die kleinen en mignature ge-
mahlten, mehr im Gebrauch. So liessen sie auch
die auf der Jagd gefangenen wilden Thiere von
besonderer Größe, als jagdbahre Hirsche, hauende
Schweine, u. d. g. abmahlen, und findet man
mehrentheils dergleichen auf alten Fürstlichen oder
Adelichen Schlößern. Jetzund sind aber man-
cherley Landschafften, Fruchtstücken, Historien
und dergleichen beliebter, ingleichen schändliche, un-
züchtige, nackende Bilder und Statuen, die aus dem
wollüstigen Jtalien ihren Ursprung herschreiben,
und so wohl jungen als alten zur Reitzung und
Endzündung böser Lüste und Begierden dienen. Es
ist eine Schande, daß dergleichen hier und da, und
bißweilen in großer Menge, in den Zimmern der so
so genandten Christen angetroffen werden, auch wol

in

II. Theil. XII. Capitul.
Gefallen, als wenn ſie wuͤrcklich vorhanden waͤre,
wie ſolches in der Bau-Kunſt demonſtrirt wird;
daher laͤſt man Fenſter, Thuͤren und andre Sachen,
die man nicht anbringen kan, um der Symmetrie
willen, anmahlen, daß es mit den andern corre-
ſpondi
re, welches ebenfalls bey den Meublen in
Obacht zu nehmen.

§. 25. Die Gemaͤhlde wollen zum Ausputz
der Zimmer heutiges Tages nicht mehr ſo Mode
ſeyn, wie vor dieſem. Jedoch bleiben ſie noch vor
die Liebhaber eine angenehme Zierrath. Unſere
Vorfahren hielten mehr auf die in Lebens-Groͤße
gemahlten Abbildungen, ihrer Eltern, Groß-Eltern,
und ihrer gantzen Familie, bey uns ſind aber die
Bruſt-Bilder, oder die kleinen en mignature ge-
mahlten, mehr im Gebrauch. So lieſſen ſie auch
die auf der Jagd gefangenen wilden Thiere von
beſonderer Groͤße, als jagdbahre Hirſche, hauende
Schweine, u. d. g. abmahlen, und findet man
mehrentheils dergleichen auf alten Fuͤrſtlichen oder
Adelichen Schloͤßern. Jetzund ſind aber man-
cherley Landſchafften, Fruchtſtuͤcken, Hiſtorien
und dergleichen beliebter, ingleichen ſchaͤndliche, un-
zuͤchtige, nackende Bilder und Statuen, die aus dem
wolluͤſtigen Jtalien ihren Urſprung herſchreiben,
und ſo wohl jungen als alten zur Reitzung und
Endzuͤndung boͤſer Luͤſte und Begierden dienen. Es
iſt eine Schande, daß dergleichen hier und da, und
bißweilen in großer Menge, in den Zimmern der ſo
ſo genandten Chriſten angetroffen werden, auch wol

in
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[534/0554] II. Theil. XII. Capitul. Gefallen, als wenn ſie wuͤrcklich vorhanden waͤre, wie ſolches in der Bau-Kunſt demonſtrirt wird; daher laͤſt man Fenſter, Thuͤren und andre Sachen, die man nicht anbringen kan, um der Symmetrie willen, anmahlen, daß es mit den andern corre- ſpondire, welches ebenfalls bey den Meublen in Obacht zu nehmen. §. 25. Die Gemaͤhlde wollen zum Ausputz der Zimmer heutiges Tages nicht mehr ſo Mode ſeyn, wie vor dieſem. Jedoch bleiben ſie noch vor die Liebhaber eine angenehme Zierrath. Unſere Vorfahren hielten mehr auf die in Lebens-Groͤße gemahlten Abbildungen, ihrer Eltern, Groß-Eltern, und ihrer gantzen Familie, bey uns ſind aber die Bruſt-Bilder, oder die kleinen en mignature ge- mahlten, mehr im Gebrauch. So lieſſen ſie auch die auf der Jagd gefangenen wilden Thiere von beſonderer Groͤße, als jagdbahre Hirſche, hauende Schweine, u. d. g. abmahlen, und findet man mehrentheils dergleichen auf alten Fuͤrſtlichen oder Adelichen Schloͤßern. Jetzund ſind aber man- cherley Landſchafften, Fruchtſtuͤcken, Hiſtorien und dergleichen beliebter, ingleichen ſchaͤndliche, un- zuͤchtige, nackende Bilder und Statuen, die aus dem wolluͤſtigen Jtalien ihren Urſprung herſchreiben, und ſo wohl jungen als alten zur Reitzung und Endzuͤndung boͤſer Luͤſte und Begierden dienen. Es iſt eine Schande, daß dergleichen hier und da, und bißweilen in großer Menge, in den Zimmern der ſo ſo genandten Chriſten angetroffen werden, auch wol in

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/554>, abgerufen am 25.11.2024.