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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von der Wohnung, von Zimmern/ etc.
lenthalben über die Thüren der Zimmer, oder an
dieselben, auch an Schräncke, Kisten und Kästen,
ihre Wappen mahlen liessen. So liessen auch die-
jenigen, die Liebhaber des Wortes GOttes waren,
an die Wände, an die Thüren und überall, Sprü-
che aus heiliger göttlicher Schrifft, und Gesetze aus
Christlichen Liedern, anschreiben. Viele legten auf
ihren Schlössern entweder eigene Capellen, oder
doch besondere Beth-Stübgen an; da hingegen
andere, die vom Dantzen und der Music Liebhaber
waren, um dieselbe Zeit auf ihren Sählen meisten-
theils gewisse Trompeter-Gänglein, darauf die
Trompeter und andere Musicanten standen, erbauen
liessen.

§. 4. Nach dem Schluß des dreyßigjährigen
Krieges wurde man im Bauen noch sinnreicher und
galanter. Teutschland genoß Ruhe und Friede,
die Künste und Wissenschafften nebst mancherley
Arten der Wollüste fiengen an zu steigen. Unse-
re teutschen Cavaliere, die nunmehro allererst recht
in großer Menge nach Franckreich und Jtalien
reißten, liessen sich hier und da angelegen seyn, das-
jenige, was sie bey diesen fremden Völckern gese-
hen, an Geberden und Meublirungen, nachzuah-
men. Viel Gebäude wurden auf die Frantzösi-
sche und Jtaliänische Manier erbauet, die Treppen,
die in den vorigen Zeiten meistentheils wincklicht,
finster, und niedrig waren, wurden heller und brei-
ter angelegt, die Zimmer regulairer, obschon noch
etwas hoch, die Fuß-Böden entweder mit Mar-

mor
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Von der Wohnung, von Zimmern/ ꝛc.
lenthalben uͤber die Thuͤren der Zimmer, oder an
dieſelben, auch an Schraͤncke, Kiſten und Kaͤſten,
ihre Wappen mahlen lieſſen. So lieſſen auch die-
jenigen, die Liebhaber des Wortes GOttes waren,
an die Waͤnde, an die Thuͤren und uͤberall, Spruͤ-
che aus heiliger goͤttlicher Schrifft, und Geſetze aus
Chriſtlichen Liedern, anſchreiben. Viele legten auf
ihren Schloͤſſern entweder eigene Capellen, oder
doch beſondere Beth-Stuͤbgen an; da hingegen
andere, die vom Dantzen und der Muſic Liebhaber
waren, um dieſelbe Zeit auf ihren Saͤhlen meiſten-
theils gewiſſe Trompeter-Gaͤnglein, darauf die
Trompeter und andere Muſicanten ſtanden, erbauen
lieſſen.

§. 4. Nach dem Schluß des dreyßigjaͤhrigen
Krieges wurde man im Bauen noch ſinnreicher und
galanter. Teutſchland genoß Ruhe und Friede,
die Kuͤnſte und Wiſſenſchafften nebſt mancherley
Arten der Wolluͤſte fiengen an zu ſteigen. Unſe-
re teutſchen Cavaliere, die nunmehro allererſt recht
in großer Menge nach Franckreich und Jtalien
reißten, lieſſen ſich hier und da angelegen ſeyn, das-
jenige, was ſie bey dieſen fremden Voͤlckern geſe-
hen, an Geberden und Meublirungen, nachzuah-
men. Viel Gebaͤude wurden auf die Frantzoͤſi-
ſche und Jtaliaͤniſche Manier erbauet, die Treppen,
die in den vorigen Zeiten meiſtentheils wincklicht,
finſter, und niedrig waren, wurden heller und brei-
ter angelegt, die Zimmer regulairer, obſchon noch
etwas hoch, die Fuß-Boͤden entweder mit Mar-

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[519/0539] Von der Wohnung, von Zimmern/ ꝛc. lenthalben uͤber die Thuͤren der Zimmer, oder an dieſelben, auch an Schraͤncke, Kiſten und Kaͤſten, ihre Wappen mahlen lieſſen. So lieſſen auch die- jenigen, die Liebhaber des Wortes GOttes waren, an die Waͤnde, an die Thuͤren und uͤberall, Spruͤ- che aus heiliger goͤttlicher Schrifft, und Geſetze aus Chriſtlichen Liedern, anſchreiben. Viele legten auf ihren Schloͤſſern entweder eigene Capellen, oder doch beſondere Beth-Stuͤbgen an; da hingegen andere, die vom Dantzen und der Muſic Liebhaber waren, um dieſelbe Zeit auf ihren Saͤhlen meiſten- theils gewiſſe Trompeter-Gaͤnglein, darauf die Trompeter und andere Muſicanten ſtanden, erbauen lieſſen. §. 4. Nach dem Schluß des dreyßigjaͤhrigen Krieges wurde man im Bauen noch ſinnreicher und galanter. Teutſchland genoß Ruhe und Friede, die Kuͤnſte und Wiſſenſchafften nebſt mancherley Arten der Wolluͤſte fiengen an zu ſteigen. Unſe- re teutſchen Cavaliere, die nunmehro allererſt recht in großer Menge nach Franckreich und Jtalien reißten, lieſſen ſich hier und da angelegen ſeyn, das- jenige, was ſie bey dieſen fremden Voͤlckern geſe- hen, an Geberden und Meublirungen, nachzuah- men. Viel Gebaͤude wurden auf die Frantzoͤſi- ſche und Jtaliaͤniſche Manier erbauet, die Treppen, die in den vorigen Zeiten meiſtentheils wincklicht, finſter, und niedrig waren, wurden heller und brei- ter angelegt, die Zimmer regulairer, obſchon noch etwas hoch, die Fuß-Boͤden entweder mit Mar- mor K k 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/539>, abgerufen am 13.05.2024.