fremde ist, muß man mit dergleichen allzu treuhertzi- gen Glossen zu Hause bleiben. Man könte von manchem vor sein ungebeten Avertissement eine un- angenehme Antwort bekommen, es scheinet hiebey, als ob man sich mehr Aufmercksamkeit oder Ge- schicklichkeit, etwas zu sehen, zu hören, und zu beur- theilen zutraue, als einem andern.
§. 20. Schändlich und unartig ists, wenn eini- ge bißweilen so insolent sind, daß sie aus denen Logen etwas hinunter werffen; aus solcher Inso- lence kan nicht selten der größte Verdruß, auch wohl gar Unglück entstehen.
§. 21. Es geschicht bißweilen von ungefehr, daß in einer Comoedie oder Oper etwas vorkommt, wel- ches sich gantz natürlich und ungezwungen auf eine Person appliciren läst. Wer sich nun hierbey ge- troffen fände, und mit denen Operisten oder Comoe- dianten, wie einige manchmahl zu thun pflegen, eine Querelle dieserwegen anfangen wolte, würde seiner Renommee gar schlecht vorsehen. Solte einer auch gleich Nachricht haben, daß dieses mit Fleiß geschehen, auf Befehl der Höhern, wie dergleichen Casus an den Höfen bißweilen möglich sind, so thut man doch am klügsten, will man nicht übel ärger machen, daß man thut, als ob mans nicht merckte.
§. 22. Der Frantzösische Autor der Persiani- schen Briefe, macht in seinem XXI. Briefe des er- sten Tomi, eine curieuse, aber in der That wahre Beschreibung von denen Comoedien und Opern. Er meldet seinem guten Freund in Persien: Jn
Franck-
II. Theil. XI. Capitul.
fremde iſt, muß man mit dergleichen allzu treuhertzi- gen Gloſſen zu Hauſe bleiben. Man koͤnte von manchem vor ſein ungebeten Avertiſſement eine un- angenehme Antwort bekommen, es ſcheinet hiebey, als ob man ſich mehr Aufmerckſamkeit oder Ge- ſchicklichkeit, etwas zu ſehen, zu hoͤren, und zu beur- theilen zutraue, als einem andern.
§. 20. Schaͤndlich und unartig iſts, wenn eini- ge bißweilen ſo inſolent ſind, daß ſie aus denen Logen etwas hinunter werffen; aus ſolcher Inſo- lence kan nicht ſelten der groͤßte Verdruß, auch wohl gar Ungluͤck entſtehen.
§. 21. Es geſchicht bißweilen von ungefehr, daß in einer Comœdie oder Oper etwas vorkom̃t, wel- ches ſich gantz natuͤrlich und ungezwungen auf eine Perſon appliciren laͤſt. Wer ſich nun hierbey ge- troffen faͤnde, und mit denen Operiſten oder Comœ- dianten, wie einige manchmahl zu thun pflegen, eine Querelle dieſerwegen anfangen wolte, wuͤrde ſeiner Renommée gar ſchlecht vorſehen. Solte einer auch gleich Nachricht haben, daß dieſes mit Fleiß geſchehen, auf Befehl der Hoͤhern, wie dergleichen Caſus an den Hoͤfen bißweilen moͤglich ſind, ſo thut man doch am kluͤgſten, will man nicht uͤbel aͤrger machen, daß man thut, als ob mans nicht merckte.
§. 22. Der Frantzoͤſiſche Autor der Perſiani- ſchen Briefe, macht in ſeinem XXI. Briefe des er- ſten Tomi, eine curieuſe, aber in der That wahre Beſchreibung von denen Comœdien und Opern. Er meldet ſeinem guten Freund in Perſien: Jn
Franck-
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II. Theil. XI. Capitul.
fremde iſt, muß man mit dergleichen allzu treuhertzi-
gen Gloſſen zu Hauſe bleiben. Man koͤnte von
manchem vor ſein ungebeten Avertiſſement eine un-
angenehme Antwort bekommen, es ſcheinet hiebey,
als ob man ſich mehr Aufmerckſamkeit oder Ge-
ſchicklichkeit, etwas zu ſehen, zu hoͤren, und zu beur-
theilen zutraue, als einem andern.
§. 20. Schaͤndlich und unartig iſts, wenn eini-
ge bißweilen ſo inſolent ſind, daß ſie aus denen
Logen etwas hinunter werffen; aus ſolcher Inſo-
lence kan nicht ſelten der groͤßte Verdruß, auch
wohl gar Ungluͤck entſtehen.
§. 21. Es geſchicht bißweilen von ungefehr, daß
in einer Comœdie oder Oper etwas vorkom̃t, wel-
ches ſich gantz natuͤrlich und ungezwungen auf eine
Perſon appliciren laͤſt. Wer ſich nun hierbey ge-
troffen faͤnde, und mit denen Operiſten oder Comœ-
dianten, wie einige manchmahl zu thun pflegen, eine
Querelle dieſerwegen anfangen wolte, wuͤrde ſeiner
Renommée gar ſchlecht vorſehen. Solte einer
auch gleich Nachricht haben, daß dieſes mit Fleiß
geſchehen, auf Befehl der Hoͤhern, wie dergleichen
Caſus an den Hoͤfen bißweilen moͤglich ſind, ſo thut
man doch am kluͤgſten, will man nicht uͤbel aͤrger
machen, daß man thut, als ob mans nicht merckte.
§. 22. Der Frantzoͤſiſche Autor der Perſiani-
ſchen Briefe, macht in ſeinem XXI. Briefe des er-
ſten Tomi, eine curieuſe, aber in der That wahre
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Er meldet ſeinem guten Freund in Perſien: Jn
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/524>, abgerufen am 22.11.2024.
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