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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Dantzen und Bällen.
weisung zur Dantz-Kunst vorgeschlagen: Die
Däntze solten nimmermehr anders, als in Gegen-
wart alter und ehrbarer Leute geschehen. Er mey-
net, es könte nicht schaden, wenn allezeit gar eine
geistliche Person dabey wäre, damit die Dantzen-
den ihre Handlungen desto respectueuser verrich-
ten müsten, und die lieben Herren selbst sehen kön-
ten, wie es dabey hergienge, zumahl, wenn sie sich
auch nur theoretice von einem rechtschaffenen Mei-
ster hätten im Grunde dieser Kunst unterrichten las-
sen. Doch ich glaube, diese Erinnerung wird wohl
in Praxi schwerlich zur Obacht kommen; ich lasse
auch dahin gestellt seyn, in wie weit der Vorschlag
mit der geistlichen Person gegründet sey. Das ist
gewiß, wenn mancher Geistlicher, der auf eine so
ungestüme Art wider alles Dantzen ohn Unterschied
eifert, bey manchem Dantz, wie er in honetten Zu-
sammenkünfften gehalten wird, einen Zuschauer ab-
geben hätte, und gesehen, wie sittsam und erbar al-
les dabey zugienge, so würde er etwas bescheidener
davon urtheilen, und alles und jedes Dantzen nicht
vor sündlich und verdammlich ausschreyen.

§. 36. Man muß bey allem Dantzen die Sitt-
samkeit in Obacht nehmen, insonderheit aber muß
man das Dantzen mit Ehrfurcht verrichten, und mit
guter Aufsicht auf sich selbst und seine Mitdäntzerin,
wenn es in Gegenwart hoher Standes-Personen
geschicht.

§. 37. Bey solennen Bällen, sonderlich an Hö-
sen, muß man sich ja nicht übereilen mit dem Aufzie-

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Vom Dantzen und Baͤllen.
weiſung zur Dantz-Kunſt vorgeſchlagen: Die
Daͤntze ſolten nimmermehr anders, als in Gegen-
wart alter und ehrbarer Leute geſchehen. Er mey-
net, es koͤnte nicht ſchaden, wenn allezeit gar eine
geiſtliche Perſon dabey waͤre, damit die Dantzen-
den ihre Handlungen deſto reſpectueuſer verrich-
ten muͤſten, und die lieben Herren ſelbſt ſehen koͤn-
ten, wie es dabey hergienge, zumahl, wenn ſie ſich
auch nur theoretice von einem rechtſchaffenen Mei-
ſter haͤtten im Grunde dieſer Kunſt unterrichten laſ-
ſen. Doch ich glaube, dieſe Erinnerung wird wohl
in Praxi ſchwerlich zur Obacht kommen; ich laſſe
auch dahin geſtellt ſeyn, in wie weit der Vorſchlag
mit der geiſtlichen Perſon gegruͤndet ſey. Das iſt
gewiß, wenn mancher Geiſtlicher, der auf eine ſo
ungeſtuͤme Art wider alles Dantzen ohn Unterſchied
eifert, bey manchem Dantz, wie er in honetten Zu-
ſammenkuͤnfften gehalten wird, einen Zuſchauer ab-
geben haͤtte, und geſehen, wie ſittſam und erbar al-
les dabey zugienge, ſo wuͤrde er etwas beſcheidener
davon urtheilen, und alles und jedes Dantzen nicht
vor ſuͤndlich und verdammlich ausſchreyen.

§. 36. Man muß bey allem Dantzen die Sitt-
ſamkeit in Obacht nehmen, inſonderheit aber muß
man das Dantzen mit Ehrfurcht verrichten, und mit
guter Aufſicht auf ſich ſelbſt und ſeine Mitdaͤntzerin,
wenn es in Gegenwart hoher Standes-Perſonen
geſchicht.

§. 37. Bey ſolennen Baͤllen, ſonderlich an Hoͤ-
ſen, muß man ſich ja nicht uͤbereilen mit dem Aufzie-

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[489/0509] Vom Dantzen und Baͤllen. weiſung zur Dantz-Kunſt vorgeſchlagen: Die Daͤntze ſolten nimmermehr anders, als in Gegen- wart alter und ehrbarer Leute geſchehen. Er mey- net, es koͤnte nicht ſchaden, wenn allezeit gar eine geiſtliche Perſon dabey waͤre, damit die Dantzen- den ihre Handlungen deſto reſpectueuſer verrich- ten muͤſten, und die lieben Herren ſelbſt ſehen koͤn- ten, wie es dabey hergienge, zumahl, wenn ſie ſich auch nur theoretice von einem rechtſchaffenen Mei- ſter haͤtten im Grunde dieſer Kunſt unterrichten laſ- ſen. Doch ich glaube, dieſe Erinnerung wird wohl in Praxi ſchwerlich zur Obacht kommen; ich laſſe auch dahin geſtellt ſeyn, in wie weit der Vorſchlag mit der geiſtlichen Perſon gegruͤndet ſey. Das iſt gewiß, wenn mancher Geiſtlicher, der auf eine ſo ungeſtuͤme Art wider alles Dantzen ohn Unterſchied eifert, bey manchem Dantz, wie er in honetten Zu- ſammenkuͤnfften gehalten wird, einen Zuſchauer ab- geben haͤtte, und geſehen, wie ſittſam und erbar al- les dabey zugienge, ſo wuͤrde er etwas beſcheidener davon urtheilen, und alles und jedes Dantzen nicht vor ſuͤndlich und verdammlich ausſchreyen. §. 36. Man muß bey allem Dantzen die Sitt- ſamkeit in Obacht nehmen, inſonderheit aber muß man das Dantzen mit Ehrfurcht verrichten, und mit guter Aufſicht auf ſich ſelbſt und ſeine Mitdaͤntzerin, wenn es in Gegenwart hoher Standes-Perſonen geſchicht. §. 37. Bey ſolennen Baͤllen, ſonderlich an Hoͤ- ſen, muß man ſich ja nicht uͤbereilen mit dem Aufzie- hen H h 5

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/509>, abgerufen am 22.11.2024.