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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. IX. Capitul.
Lüste im Zaum gehalten und nicht entzündet wür-
den. S. Arnolds Abbildung der ersten Christen,
VI. Buch III. Cap. pag. 85. ingleichen IV. Buch
III. Cap. p. 479. 480.

§. 11. Daß man bey einer Gasterey seinen ein-
geladenen Gästen nach der Beschaffenheit seiner
Einkünffte, nach dem Unterscheid seines Standes
und übrigen Umständen, und nach der besondern
Weise, damit man diejenigen, die man zu sich ge-
beten, anzusehen hat, einige Speisen mehr vorse-
tzen könne als man sonst bey seiner gewöhnlichen
Mahlzeit zu geniessen pflegt, ist den Regeln des Chri-
stenthums und des natürlichen Rechtes nicht zuwi-
der; Wir haben nicht nöthig dasjenige, was eini-
ge Autores von der allzustrengen Mäßigkeit der er-
sten Christen anführen, nachzuahmen. Die Ar-
muth und die Noth, darinnen sich die meisten von
den ersten Christen befanden, hat ihnen damahls
so wohl als bey der ietzigen Zeit die Regeln der
Kost vorgeschrieben; ich glaube auch, daß vieles,
was einige Geschichtschreiber von ihren Gastmah-
len anführen, bloß von ihren gewöhnlichen Mahl-
zeiten zu verstehen sey.

§. 12. Daß man seinen Gästen unterschiedene
und wohlzugerichtete Speisen vorsetzt, hat seinen
guten Grund. Man invitirt sie ja deswegen zu
sich, daß es ihnen wohlschmecken soll, und daß man
ihnen hiedurch seine ehrerbietige Hochachtung, oder
Liebe und Freundschafft zu verstehen gebe. Man
muß auch, wegen des unterschiedenen Gousto der

Leute,

II. Theil. IX. Capitul.
Luͤſte im Zaum gehalten und nicht entzuͤndet wuͤr-
den. S. Arnolds Abbildung der erſten Chriſten,
VI. Buch III. Cap. pag. 85. ingleichen IV. Buch
III. Cap. p. 479. 480.

§. 11. Daß man bey einer Gaſterey ſeinen ein-
geladenen Gaͤſten nach der Beſchaffenheit ſeiner
Einkuͤnffte, nach dem Unterſcheid ſeines Standes
und uͤbrigen Umſtaͤnden, und nach der beſondern
Weiſe, damit man diejenigen, die man zu ſich ge-
beten, anzuſehen hat, einige Speiſen mehr vorſe-
tzen koͤnne als man ſonſt bey ſeiner gewoͤhnlichen
Mahlzeit zu genieſſen pflegt, iſt den Regeln des Chri-
ſtenthums und des natuͤrlichen Rechtes nicht zuwi-
der; Wir haben nicht noͤthig dasjenige, was eini-
ge Autores von der allzuſtrengen Maͤßigkeit der er-
ſten Chriſten anfuͤhren, nachzuahmen. Die Ar-
muth und die Noth, darinnen ſich die meiſten von
den erſten Chriſten befanden, hat ihnen damahls
ſo wohl als bey der ietzigen Zeit die Regeln der
Koſt vorgeſchrieben; ich glaube auch, daß vieles,
was einige Geſchichtſchreiber von ihren Gaſtmah-
len anfuͤhren, bloß von ihren gewoͤhnlichen Mahl-
zeiten zu verſtehen ſey.

§. 12. Daß man ſeinen Gaͤſten unterſchiedene
und wohlzugerichtete Speiſen vorſetzt, hat ſeinen
guten Grund. Man invitirt ſie ja deswegen zu
ſich, daß es ihnen wohlſchmecken ſoll, und daß man
ihnen hiedurch ſeine ehrerbietige Hochachtung, oder
Liebe und Freundſchafft zu verſtehen gebe. Man
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[434/0454] II. Theil. IX. Capitul. Luͤſte im Zaum gehalten und nicht entzuͤndet wuͤr- den. S. Arnolds Abbildung der erſten Chriſten, VI. Buch III. Cap. pag. 85. ingleichen IV. Buch III. Cap. p. 479. 480. §. 11. Daß man bey einer Gaſterey ſeinen ein- geladenen Gaͤſten nach der Beſchaffenheit ſeiner Einkuͤnffte, nach dem Unterſcheid ſeines Standes und uͤbrigen Umſtaͤnden, und nach der beſondern Weiſe, damit man diejenigen, die man zu ſich ge- beten, anzuſehen hat, einige Speiſen mehr vorſe- tzen koͤnne als man ſonſt bey ſeiner gewoͤhnlichen Mahlzeit zu genieſſen pflegt, iſt den Regeln des Chri- ſtenthums und des natuͤrlichen Rechtes nicht zuwi- der; Wir haben nicht noͤthig dasjenige, was eini- ge Autores von der allzuſtrengen Maͤßigkeit der er- ſten Chriſten anfuͤhren, nachzuahmen. Die Ar- muth und die Noth, darinnen ſich die meiſten von den erſten Chriſten befanden, hat ihnen damahls ſo wohl als bey der ietzigen Zeit die Regeln der Koſt vorgeſchrieben; ich glaube auch, daß vieles, was einige Geſchichtſchreiber von ihren Gaſtmah- len anfuͤhren, bloß von ihren gewoͤhnlichen Mahl- zeiten zu verſtehen ſey. §. 12. Daß man ſeinen Gaͤſten unterſchiedene und wohlzugerichtete Speiſen vorſetzt, hat ſeinen guten Grund. Man invitirt ſie ja deswegen zu ſich, daß es ihnen wohlſchmecken ſoll, und daß man ihnen hiedurch ſeine ehrerbietige Hochachtung, oder Liebe und Freundſchafft zu verſtehen gebe. Man muß auch, wegen des unterſchiedenen Gouſto der Leute,

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/454>, abgerufen am 22.11.2024.