und uns dieser Höflichkeit gerne überheben würde, u. s. w.
§. 22. Wider den Wohlstand ist, wenn sich einer unterstehet im Führen einem Frauenzimmer die Hände zu drücken, solte es einer gleich ohne böse Absicht aus einem besondern Freundschaffts- Triebe thun, und aus einer überflüßigen Treuher- tzigkeit, so wird es doch manch Frauenzimmer, die von äusserlichen guten Ansehen, und die in keiner Anverwandtschafft mit uns stünde, vor eine heim- liche Liebes-Erklärung aufnehmen. Was den Hand-Kuß anlangt, so ist es zwar eine Sache die meistentheils erlaubt, und dem Wohlstand nicht zuwider, sie mag ledig oder verheyrathet seyn, iedoch muß es nicht allzu offt und mit zu grosser Zärtlich- keit geschehen, sondern auf eine respectueuse Art, und etwan nur bey dem Abschieds-Compliment, oder wenn sie uns durch ihre Reden Gelegenheit giebt, daß wir ihr eine gewisse Submission davor bezeugen sollen.
§. 23. Einige junge Leute von männlichen Ge- schlecht haben die Unart an sich, daß sie bißweilen demjenigen Frauenzimmer, mit denen sie in genauer und vertrauter Bekandschafft stehen, mancherley Sachen, als ihre silberne Tabatieren, einige Rin- ge, und anders dergleichen in batinerie entwenden, solches einige Wochen bey sich behalten, und ent- weder gantz und gar nicht wieder geben wollen, oder sich doch vielmahls darüber erinnern lassen. Biß- weilen thun sie dergleichen mit Vorbewust des
Frauen-
II. Theil. VI. Capitul.
und uns dieſer Hoͤflichkeit gerne uͤberheben wuͤrde, u. ſ. w.
§. 22. Wider den Wohlſtand iſt, wenn ſich einer unterſtehet im Fuͤhren einem Frauenzimmer die Haͤnde zu druͤcken, ſolte es einer gleich ohne boͤſe Abſicht aus einem beſondern Freundſchaffts- Triebe thun, und aus einer uͤberfluͤßigen Treuher- tzigkeit, ſo wird es doch manch Frauenzimmer, die von aͤuſſerlichen guten Anſehen, und die in keiner Anverwandtſchafft mit uns ſtuͤnde, vor eine heim- liche Liebes-Erklaͤrung aufnehmen. Was den Hand-Kuß anlangt, ſo iſt es zwar eine Sache die meiſtentheils erlaubt, und dem Wohlſtand nicht zuwider, ſie mag ledig oder verheyrathet ſeyn, iedoch muß es nicht allzu offt und mit zu groſſer Zaͤrtlich- keit geſchehen, ſondern auf eine reſpectueuſe Art, und etwan nur bey dem Abſchieds-Compliment, oder wenn ſie uns durch ihre Reden Gelegenheit giebt, daß wir ihr eine gewiſſe Submiſſion davor bezeugen ſollen.
§. 23. Einige junge Leute von maͤnnlichen Ge- ſchlecht haben die Unart an ſich, daß ſie bißweilen demjenigen Frauenzimmer, mit denen ſie in genauer und vertrauter Bekandſchafft ſtehen, mancherley Sachen, als ihre ſilberne Tabatieren, einige Rin- ge, und anders dergleichen in batinerie entwenden, ſolches einige Wochen bey ſich behalten, und ent- weder gantz und gar nicht wieder geben wollen, oder ſich doch vielmahls daruͤber erinnern laſſen. Biß- weilen thun ſie dergleichen mit Vorbewuſt des
Frauen-
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II. Theil. VI. Capitul.
und uns dieſer Hoͤflichkeit gerne uͤberheben wuͤrde,
u. ſ. w.
§. 22. Wider den Wohlſtand iſt, wenn ſich
einer unterſtehet im Fuͤhren einem Frauenzimmer
die Haͤnde zu druͤcken, ſolte es einer gleich ohne
boͤſe Abſicht aus einem beſondern Freundſchaffts-
Triebe thun, und aus einer uͤberfluͤßigen Treuher-
tzigkeit, ſo wird es doch manch Frauenzimmer, die
von aͤuſſerlichen guten Anſehen, und die in keiner
Anverwandtſchafft mit uns ſtuͤnde, vor eine heim-
liche Liebes-Erklaͤrung aufnehmen. Was den
Hand-Kuß anlangt, ſo iſt es zwar eine Sache die
meiſtentheils erlaubt, und dem Wohlſtand nicht
zuwider, ſie mag ledig oder verheyrathet ſeyn, iedoch
muß es nicht allzu offt und mit zu groſſer Zaͤrtlich-
keit geſchehen, ſondern auf eine reſpectueuſe Art,
und etwan nur bey dem Abſchieds-Compliment,
oder wenn ſie uns durch ihre Reden Gelegenheit
giebt, daß wir ihr eine gewiſſe Submiſſion davor
bezeugen ſollen.
§. 23. Einige junge Leute von maͤnnlichen Ge-
ſchlecht haben die Unart an ſich, daß ſie bißweilen
demjenigen Frauenzimmer, mit denen ſie in genauer
und vertrauter Bekandſchafft ſtehen, mancherley
Sachen, als ihre ſilberne Tabatieren, einige Rin-
ge, und anders dergleichen in batinerie entwenden,
ſolches einige Wochen bey ſich behalten, und ent-
weder gantz und gar nicht wieder geben wollen, oder
ſich doch vielmahls daruͤber erinnern laſſen. Biß-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/402>, abgerufen am 28.11.2024.
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