lauffen, nicht daß sie demjenigen, den sie besuchen, ihre Freundschafft bezeugen, sondern daß sie von sei- nem Vermögen geniessen, von seinem Wein, Bier, Toback, Casfe, oder sich sonst eines und das andere von seinen Gütern zu Nutz machen wollen.
§. 4. Bey vielen Visiten herrschet der Ehrgeitz. Der autor der Pflicht und Schuldigkeiten, welche man in seinem Hauß-Wesen zu beobachten hat, schreibet hievon folgendes: Hoffart, Verschwen- dung und Pracht in Kleidern, die Ehre, die man er- wartet in Ubernehmung eines Besuches, entdecket nichts anders, als den Hochmuth dessen, der solche abstattet. Die Schönheit der Häuser, die reichen und kostbaren Meubles, die grosse Zahl der Bedien- ten geben die Eitelkeit derjenigen, die solche anneh- nehmen, genug zu erkennen; Aber, damit allebeyde zum Erkäntniß kommen, so dürffen sie nur sich selbst befragen, sie werden erkennen, daß sie die meisten Visiten bloß in eigennütziger Absicht verrichten und daß ihnen offt ihr Glück, nicht ihr Verdienst, diesel- ben zuwege bringt.
§. 5. Daß nun bey diesen Welt-Visiten sehr viel sündliches Wesen anzutreffen, ist gar kein Zweiffel. Der Herr Bohnstedt behauptet in der Beschreibung der wahren Christen erbaulichen Vi- siten, daß die blossen Staats-Ehren-Lust- und Wollust-Visiten, da man, unter dem Schein der schuldigen Höflichkeit und unsündlichen Ergötzlich- keit, entweder in öffentlichen Wirths-Sauff- und Spiel- oder Privat-Häusern zusammen käme, der
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II. Theil. V. Capitul.
lauffen, nicht daß ſie demjenigen, den ſie beſuchen, ihre Freundſchafft bezeugen, ſondern daß ſie von ſei- nem Vermoͤgen genieſſen, von ſeinem Wein, Bier, Toback, Caſfe, oder ſich ſonſt eines und das andere von ſeinen Guͤtern zu Nutz machen wollen.
§. 4. Bey vielen Viſiten herrſchet der Ehrgeitz. Der autor der Pflicht und Schuldigkeiten, welche man in ſeinem Hauß-Weſen zu beobachten hat, ſchreibet hievon folgendes: Hoffart, Verſchwen- dung und Pracht in Kleidern, die Ehre, die man er- wartet in Ubernehmung eines Beſuches, entdecket nichts anders, als den Hochmuth deſſen, der ſolche abſtattet. Die Schoͤnheit der Haͤuſer, die reichen und koſtbaren Meubles, die groſſe Zahl der Bedien- ten geben die Eitelkeit derjenigen, die ſolche anneh- nehmen, genug zu erkennen; Aber, damit allebeyde zum Erkaͤntniß kommen, ſo duͤrffen ſie nur ſich ſelbſt befragen, ſie werden erkennen, daß ſie die meiſten Viſiten bloß in eigennuͤtziger Abſicht verrichten und daß ihnen offt ihr Gluͤck, nicht ihr Verdienſt, dieſel- ben zuwege bringt.
§. 5. Daß nun bey dieſen Welt-Viſiten ſehr viel ſuͤndliches Weſen anzutreffen, iſt gar kein Zweiffel. Der Herr Bohnſtedt behauptet in der Beſchreibung der wahren Chriſten erbaulichen Vi- ſiten, daß die bloſſen Staats-Ehren-Luſt- und Wolluſt-Viſiten, da man, unter dem Schein der ſchuldigen Hoͤflichkeit und unſuͤndlichen Ergoͤtzlich- keit, entweder in oͤffentlichen Wirths-Sauff- und Spiel- oder Privat-Haͤuſern zuſammen kaͤme, der
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II. Theil. V. Capitul.
lauffen, nicht daß ſie demjenigen, den ſie beſuchen,
ihre Freundſchafft bezeugen, ſondern daß ſie von ſei-
nem Vermoͤgen genieſſen, von ſeinem Wein, Bier,
Toback, Caſfe, oder ſich ſonſt eines und das andere
von ſeinen Guͤtern zu Nutz machen wollen.
§. 4. Bey vielen Viſiten herrſchet der Ehrgeitz.
Der autor der Pflicht und Schuldigkeiten, welche
man in ſeinem Hauß-Weſen zu beobachten hat,
ſchreibet hievon folgendes: Hoffart, Verſchwen-
dung und Pracht in Kleidern, die Ehre, die man er-
wartet in Ubernehmung eines Beſuches, entdecket
nichts anders, als den Hochmuth deſſen, der ſolche
abſtattet. Die Schoͤnheit der Haͤuſer, die reichen
und koſtbaren Meubles, die groſſe Zahl der Bedien-
ten geben die Eitelkeit derjenigen, die ſolche anneh-
nehmen, genug zu erkennen; Aber, damit allebeyde
zum Erkaͤntniß kommen, ſo duͤrffen ſie nur ſich ſelbſt
befragen, ſie werden erkennen, daß ſie die meiſten
Viſiten bloß in eigennuͤtziger Abſicht verrichten und
daß ihnen offt ihr Gluͤck, nicht ihr Verdienſt, dieſel-
ben zuwege bringt.
§. 5. Daß nun bey dieſen Welt-Viſiten ſehr
viel ſuͤndliches Weſen anzutreffen, iſt gar kein
Zweiffel. Der Herr Bohnſtedt behauptet in der
Beſchreibung der wahren Chriſten erbaulichen Vi-
ſiten, daß die bloſſen Staats-Ehren-Luſt- und
Wolluſt-Viſiten, da man, unter dem Schein der
ſchuldigen Hoͤflichkeit und unſuͤndlichen Ergoͤtzlich-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/364>, abgerufen am 27.11.2024.
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