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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von Ablegung öffentlicher Reden.
die man gebrauchen will, wohl überlegt und unter-
sucht hat, gestalt die Potentaten, weder die langen
Redner, noch die grossen Schwätzer lieben, des-
wegen soll ein geschickter Negotiator nicht in die-
sen Fehler fallen, der sich nur vor Schüler und Pe-
dant
en schickt, weil sich die Weißheit und langen
Reden selten beysammen finden, und weiter:
Wenn ein Minister an einen Rath oder an eine
Republique eine Rede hält, so ist ihm schon er-
laubt, daß er etwas weitläufftiger seyn mag, allein
wenn er es auch hier zu lang macht, so kan man die
Antwort, so die Lacedemonier dem Abgesandten
aus der Jnsul Samos gaben, auf ihm appliciren,
daß sie nemlich den Anfang ihrer Rede vergessen,
den Fortgang nicht gehört, und daß ihnen nichts,
als das Ende wohlgefallen hätte, wodurch sie
nichts anders sagen wollen, als daß sie durch den
Beschluß ihrer Rede aufgehört hätten, ihnen be-
schwerlich zn seyn. S. p. 289.

§. 4. Die Regel ist zwar gegründet, daß man
sich überhaupt bey den Hof-Reden mehr der Kür-
tze, als der Weitläufftigkeit befleißigen soll, jedoch
finden einige Ausnahmen ebenfalls hievon bißwei-
len Platz, wenn man zum Exempel weiß, daß der
Fürst, vor dem man zu reden, die Gnade hat, ein ge-
lehrter Herr und ein großer Liebhaber der Gelehr-
samkeit, und sattsame Gedult habe, einen anzuhö-
ren, alsdenn kan die Rede schon etwas länger ab-
gefaßt werden. Es ereignen sich auch sonst un-
terschiedene Fälle, bey denen man die Reden etwas

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U

Von Ablegung oͤffentlicher Reden.
die man gebrauchen will, wohl uͤberlegt und unter-
ſucht hat, geſtalt die Potentaten, weder die langen
Redner, noch die groſſen Schwaͤtzer lieben, des-
wegen ſoll ein geſchickter Negotiator nicht in die-
ſen Fehler fallen, der ſich nur vor Schuͤler und Pe-
dant
en ſchickt, weil ſich die Weißheit und langen
Reden ſelten beyſammen finden, und weiter:
Wenn ein Miniſter an einen Rath oder an eine
Republique eine Rede haͤlt, ſo iſt ihm ſchon er-
laubt, daß er etwas weitlaͤufftiger ſeyn mag, allein
wenn er es auch hier zu lang macht, ſo kan man die
Antwort, ſo die Lacedemonier dem Abgeſandten
aus der Jnſul Samos gaben, auf ihm appliciren,
daß ſie nemlich den Anfang ihrer Rede vergeſſen,
den Fortgang nicht gehoͤrt, und daß ihnen nichts,
als das Ende wohlgefallen haͤtte, wodurch ſie
nichts anders ſagen wollen, als daß ſie durch den
Beſchluß ihrer Rede aufgehoͤrt haͤtten, ihnen be-
ſchwerlich zn ſeyn. S. p. 289.

§. 4. Die Regel iſt zwar gegruͤndet, daß man
ſich uͤberhaupt bey den Hof-Reden mehr der Kuͤr-
tze, als der Weitlaͤufftigkeit befleißigen ſoll, jedoch
finden einige Ausnahmen ebenfalls hievon bißwei-
len Platz, wenn man zum Exempel weiß, daß der
Fuͤrſt, vor dem man zu reden, die Gnade hat, ein ge-
lehrter Herr und ein großer Liebhaber der Gelehr-
ſamkeit, und ſattſame Gedult habe, einen anzuhoͤ-
ren, alsdenn kan die Rede ſchon etwas laͤnger ab-
gefaßt werden. Es ereignen ſich auch ſonſt un-
terſchiedene Faͤlle, bey denen man die Reden etwas

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[305/0325] Von Ablegung oͤffentlicher Reden. die man gebrauchen will, wohl uͤberlegt und unter- ſucht hat, geſtalt die Potentaten, weder die langen Redner, noch die groſſen Schwaͤtzer lieben, des- wegen ſoll ein geſchickter Negotiator nicht in die- ſen Fehler fallen, der ſich nur vor Schuͤler und Pe- danten ſchickt, weil ſich die Weißheit und langen Reden ſelten beyſammen finden, und weiter: Wenn ein Miniſter an einen Rath oder an eine Republique eine Rede haͤlt, ſo iſt ihm ſchon er- laubt, daß er etwas weitlaͤufftiger ſeyn mag, allein wenn er es auch hier zu lang macht, ſo kan man die Antwort, ſo die Lacedemonier dem Abgeſandten aus der Jnſul Samos gaben, auf ihm appliciren, daß ſie nemlich den Anfang ihrer Rede vergeſſen, den Fortgang nicht gehoͤrt, und daß ihnen nichts, als das Ende wohlgefallen haͤtte, wodurch ſie nichts anders ſagen wollen, als daß ſie durch den Beſchluß ihrer Rede aufgehoͤrt haͤtten, ihnen be- ſchwerlich zn ſeyn. S. p. 289. §. 4. Die Regel iſt zwar gegruͤndet, daß man ſich uͤberhaupt bey den Hof-Reden mehr der Kuͤr- tze, als der Weitlaͤufftigkeit befleißigen ſoll, jedoch finden einige Ausnahmen ebenfalls hievon bißwei- len Platz, wenn man zum Exempel weiß, daß der Fuͤrſt, vor dem man zu reden, die Gnade hat, ein ge- lehrter Herr und ein großer Liebhaber der Gelehr- ſamkeit, und ſattſame Gedult habe, einen anzuhoͤ- ren, alsdenn kan die Rede ſchon etwas laͤnger ab- gefaßt werden. Es ereignen ſich auch ſonſt un- terſchiedene Faͤlle, bey denen man die Reden etwas laͤn- U

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/325>, abgerufen am 22.11.2024.