tung gegen GOtt, als vielmehr aus Liebe zur äus- serlichen Erbarkeit verhaßt sind, ingleichen alle ge- meine Redens-Arten und Wörter, die man bey den gemeinen Leuten hört, alle läppische Sprichwörter und Sentenzen, alle abgeschmackte Histörgen, Aberglauben, und andere dergleichen Possen mehr.
§. 3. Es ist eine schändliche Sache, wenn eini- ge, die der Frantzösischen, Jtaliänischen, oder an- dern ausländischen Sprachen undwissend sind, sich dennoch mit einigen Flüchen, Schwüren, oder gar mit einigen unflätigen Wörtern, die sie daraus er- hascht, sich so breit zu machen wissen, als ob sie noch so viel Frantzösisch, Jtaliänisch u. s. w. könten, und solche überall in ihrer Conversation mit vorbrin- gen, es mag sich schicken oder nicht. Also mischen ihrer viele die Frantzösischen Flüche mort Dieu, mor bleu, par bleu, jarny bleu, als eine ver- meintliche Zierde, ihren Reden mit bey, damit sie dieselben ausschmücken wollen. Curiosus Ale- thophilus erzehlt in seinem Ceremoniali aulico, pag. 65. daß er zu seiner Zeit an dem Käyserlichen Hofe einen Cavalier gekandt, der sich eine gewisse obscoene Jtaliänische Benennung so angewöhnt, daß er sich derselben öffters vernehmen lassen. Als ihm nun die Römische Käyserin ein wohlgemacht neu Kleid gezeiget, habe er nach erwehnten heßli- chem Wort gesagt, das ist ein schön Kleid. Die Käyserin hätte ihn hierauf gefragt, ob er sonst Jtaliänisch könte, wie ers nun verneinet, hätte die
Käyse-
II. Theil. II. Capitul.
tung gegen GOtt, als vielmehr aus Liebe zur aͤuſ- ſerlichen Erbarkeit verhaßt ſind, ingleichen alle ge- meine Redens-Arten und Woͤrter, die man bey den gemeinen Leuten hoͤrt, alle laͤppiſche Sprichwoͤrter und Sentenzen, alle abgeſchmackte Hiſtoͤrgen, Aberglauben, und andere dergleichen Poſſen mehr.
§. 3. Es iſt eine ſchaͤndliche Sache, wenn eini- ge, die der Frantzoͤſiſchen, Jtaliaͤniſchen, oder an- dern auslaͤndiſchen Sprachen undwiſſend ſind, ſich dennoch mit einigen Fluͤchen, Schwuͤren, oder gar mit einigen unflaͤtigen Woͤrtern, die ſie daraus er- haſcht, ſich ſo breit zu machen wiſſen, als ob ſie noch ſo viel Frantzoͤſiſch, Jtaliaͤniſch u. ſ. w. koͤnten, und ſolche uͤberall in ihrer Converſation mit vorbrin- gen, es mag ſich ſchicken oder nicht. Alſo miſchen ihrer viele die Frantzoͤſiſchen Fluͤche mort Dieu, mor bleu, par bleu, jarny bleu, als eine ver- meintliche Zierde, ihren Reden mit bey, damit ſie dieſelben ausſchmuͤcken wollen. Curioſus Ale- thophilus erzehlt in ſeinem Ceremoniali aulico, pag. 65. daß er zu ſeiner Zeit an dem Kaͤyſerlichen Hofe einen Cavalier gekandt, der ſich eine gewiſſe obſcœne Jtaliaͤniſche Benennung ſo angewoͤhnt, daß er ſich derſelben oͤffters vernehmen laſſen. Als ihm nun die Roͤmiſche Kaͤyſerin ein wohlgemacht neu Kleid gezeiget, habe er nach erwehnten heßli- chem Wort geſagt, das iſt ein ſchoͤn Kleid. Die Kaͤyſerin haͤtte ihn hierauf gefragt, ob er ſonſt Jtaliaͤniſch koͤnte, wie ers nun verneinet, haͤtte die
Kaͤyſe-
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II. Theil. II. Capitul.
tung gegen GOtt, als vielmehr aus Liebe zur aͤuſ-
ſerlichen Erbarkeit verhaßt ſind, ingleichen alle ge-
meine Redens-Arten und Woͤrter, die man bey den
gemeinen Leuten hoͤrt, alle laͤppiſche Sprichwoͤrter
und Sentenzen, alle abgeſchmackte Hiſtoͤrgen,
Aberglauben, und andere dergleichen Poſſen
mehr.
§. 3. Es iſt eine ſchaͤndliche Sache, wenn eini-
ge, die der Frantzoͤſiſchen, Jtaliaͤniſchen, oder an-
dern auslaͤndiſchen Sprachen undwiſſend ſind, ſich
dennoch mit einigen Fluͤchen, Schwuͤren, oder gar
mit einigen unflaͤtigen Woͤrtern, die ſie daraus er-
haſcht, ſich ſo breit zu machen wiſſen, als ob ſie noch
ſo viel Frantzoͤſiſch, Jtaliaͤniſch u. ſ. w. koͤnten, und
ſolche uͤberall in ihrer Converſation mit vorbrin-
gen, es mag ſich ſchicken oder nicht. Alſo miſchen
ihrer viele die Frantzoͤſiſchen Fluͤche mort Dieu,
mor bleu, par bleu, jarny bleu, als eine ver-
meintliche Zierde, ihren Reden mit bey, damit ſie
dieſelben ausſchmuͤcken wollen. Curioſus Ale-
thophilus erzehlt in ſeinem Ceremoniali aulico,
pag. 65. daß er zu ſeiner Zeit an dem Kaͤyſerlichen
Hofe einen Cavalier gekandt, der ſich eine gewiſſe
obſcœne Jtaliaͤniſche Benennung ſo angewoͤhnt,
daß er ſich derſelben oͤffters vernehmen laſſen. Als
ihm nun die Roͤmiſche Kaͤyſerin ein wohlgemacht
neu Kleid gezeiget, habe er nach erwehnten heßli-
chem Wort geſagt, das iſt ein ſchoͤn Kleid. Die
Kaͤyſerin haͤtte ihn hierauf gefragt, ob er ſonſt
Jtaliaͤniſch koͤnte, wie ers nun verneinet, haͤtte die
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/300>, abgerufen am 24.11.2024.
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