der Seelen-Artzt ihre Gebrechen, und warnet sie vor dem ewigen Tode, so wollen sie empfindlich werden, und diese Sorgfalt mit lästern und ver- unglimpffen vergelten.
§. 24. Ein vernünfftiger und gläubiger Christ ist auch in diesem Stück anders gesinnet. Er be- urtheilet zwar die öffentlichen und zum Aergerniß gereichenden schandbahren Worte und Thaten der lasterhafften Priester auf eine solche Weise wie es seyn soll; entschuldigt und übersiehet aber die Fehler der redlichen und Tugendhafften Priester in Christlicher Liebe. Gegen seinem Beicht-Vater erzeiget er alle Ehrerbietung, er erkennet die Wach- samkeit, die er vor seine Seele trägt, mit allem Danck; Er nimmt seine Warnungen mit aller Liebe auf, er läst sich angelegen seyn, den Geboten GOttes zu folgen, so darff ihn der Beicht-Vater nicht bestrafen; Hat er einen Fehler begangen, oder gar einen Fall gethan, so giebt er den Privat- Erinnerungen seines Beicht-Vaters Gehör, und ist alsdann gesichert, daß er keine öffentliche Be- straffung seines Lasters von ihm werde zu erwar- ten haben.
§. 25. Bey dem Beicht-Wesen zeiget sich unter unsern Weltgesinnten Christen manches ärgerliche: Jch will nicht von den innern Handlungen reden, denn diese gehören hieher nicht, sondern nur von dem, was in die äusserlichen Sinnen fällt. Man- che können bey der Anrede des Beicht-Vaters nicht hoch genug tituliret und respectiret werden.
Andere
II. Theil. I. Capitul.
der Seelen-Artzt ihre Gebrechen, und warnet ſie vor dem ewigen Tode, ſo wollen ſie empfindlich werden, und dieſe Sorgfalt mit laͤſtern und ver- unglimpffen vergelten.
§. 24. Ein vernuͤnfftiger und glaͤubiger Chriſt iſt auch in dieſem Stuͤck anders geſinnet. Er be- urtheilet zwar die oͤffentlichen und zum Aergerniß gereichenden ſchandbahren Worte und Thaten der laſterhafften Prieſter auf eine ſolche Weiſe wie es ſeyn ſoll; entſchuldigt und uͤberſiehet aber die Fehler der redlichen und Tugendhafften Prieſter in Chriſtlicher Liebe. Gegen ſeinem Beicht-Vater erzeiget er alle Ehrerbietung, er erkennet die Wach- ſamkeit, die er vor ſeine Seele traͤgt, mit allem Danck; Er nimmt ſeine Warnungen mit aller Liebe auf, er laͤſt ſich angelegen ſeyn, den Geboten GOttes zu folgen, ſo darff ihn der Beicht-Vater nicht beſtrafen; Hat er einen Fehler begangen, oder gar einen Fall gethan, ſo giebt er den Privat- Erinnerungen ſeines Beicht-Vaters Gehoͤr, und iſt alsdann geſichert, daß er keine oͤffentliche Be- ſtraffung ſeines Laſters von ihm werde zu erwar- ten haben.
§. 25. Bey dem Beicht-Weſen zeiget ſich unter unſern Weltgeſinnten Chriſten manches aͤrgerliche: Jch will nicht von den innern Handlungen reden, denn dieſe gehoͤren hieher nicht, ſondern nur von dem, was in die aͤuſſerlichen Sinnen faͤllt. Man- che koͤnnen bey der Anrede des Beicht-Vaters nicht hoch genug tituliret und reſpectiret werden.
Andere
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II. Theil. I. Capitul.
der Seelen-Artzt ihre Gebrechen, und warnet ſie
vor dem ewigen Tode, ſo wollen ſie empfindlich
werden, und dieſe Sorgfalt mit laͤſtern und ver-
unglimpffen vergelten.
§. 24. Ein vernuͤnfftiger und glaͤubiger Chriſt
iſt auch in dieſem Stuͤck anders geſinnet. Er be-
urtheilet zwar die oͤffentlichen und zum Aergerniß
gereichenden ſchandbahren Worte und Thaten
der laſterhafften Prieſter auf eine ſolche Weiſe wie
es ſeyn ſoll; entſchuldigt und uͤberſiehet aber die
Fehler der redlichen und Tugendhafften Prieſter in
Chriſtlicher Liebe. Gegen ſeinem Beicht-Vater
erzeiget er alle Ehrerbietung, er erkennet die Wach-
ſamkeit, die er vor ſeine Seele traͤgt, mit allem
Danck; Er nimmt ſeine Warnungen mit aller
Liebe auf, er laͤſt ſich angelegen ſeyn, den Geboten
GOttes zu folgen, ſo darff ihn der Beicht-Vater
nicht beſtrafen; Hat er einen Fehler begangen,
oder gar einen Fall gethan, ſo giebt er den Privat-
Erinnerungen ſeines Beicht-Vaters Gehoͤr, und
iſt alsdann geſichert, daß er keine oͤffentliche Be-
ſtraffung ſeines Laſters von ihm werde zu erwar-
ten haben.
§. 25. Bey dem Beicht-Weſen zeiget ſich unter
unſern Weltgeſinnten Chriſten manches aͤrgerliche:
Jch will nicht von den innern Handlungen reden,
denn dieſe gehoͤren hieher nicht, ſondern nur von
dem, was in die aͤuſſerlichen Sinnen faͤllt. Man-
che koͤnnen bey der Anrede des Beicht-Vaters
nicht hoch genug tituliret und reſpectiret werden.
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/292>, abgerufen am 25.11.2024.
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