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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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I. Theil. I. Capitul.
gen, wie gar vielfältig geschicht, zu gemein mache.
siehe Thomasii Discours von Nachahmen der Fran-
tzosen. Noch andere erklären die Galanterie durch
eine Fähigkeit, den Strohm in der Welt nachzu-
schwimmen, und sich politischer Weise in mancher-
ley Gestalten zu verwandeln. siehe 77. Maxime von
Gracians Oracul und Herrn D. Müllers Anmer-
ckungen. Jch glaube daß man die Galanterie am
besten erklären kan, durch eine Geschicklichkeit bey
seinem äusserlichen Wesen, den meisten oder doch
den vornehmsten, zu gefallen.

§. 7. Die Liebe zur Galanterie, erstreckt sich nicht
allein auf mancherley bürgerliche Handlungen, son-
dern sie ist auch biß in die Wissenschafften und die
Gelehrsamkeit eingedrungen. Vielen ist mehr an
der galanten, als an der soliden Gelehrsamkeit gele-
gen. Es bestehet aber die galante Gelehrsamkeit
darinnen, daß man sich vornehmlich diejenigen
Wissenschafften bekandt mache, die zu der Zeit bey
den Hof- und Welt-Leuten in besondern Credit ste-
hen, und aus mancherley andern Wissenschafften
das artigste heraus lese, dadurch das Gemüthe
mehr belustiget, in angenehme Verwendung gesetzt,
als mit allzusauern und mühsamen Nachsinnen be-
schwehret werde, und dasselbe zu rechter Zeit und an
rechten Ort anbringen lerne. siehe hiervon mit
mehrern die Anmerckungen des Herrn D. Müllers
über die XXII. Maxime von Balthasar Gracians
Oracul.

§. 8. Die Lehre von den Ceremonien-Wesen,

beru-

I. Theil. I. Capitul.
gen, wie gar vielfaͤltig geſchicht, zu gemein mache.
ſiehe Thomaſii Diſcours von Nachahmen der Fran-
tzoſen. Noch andere erklaͤren die Galanterie durch
eine Faͤhigkeit, den Strohm in der Welt nachzu-
ſchwimmen, und ſich politiſcher Weiſe in mancher-
ley Geſtalten zu verwandeln. ſiehe 77. Maxime von
Gracians Oracul und Herrn D. Muͤllers Anmer-
ckungen. Jch glaube daß man die Galanterie am
beſten erklaͤren kan, durch eine Geſchicklichkeit bey
ſeinem aͤuſſerlichen Weſen, den meiſten oder doch
den vornehmſten, zu gefallen.

§. 7. Die Liebe zur Galanterie, erſtreckt ſich nicht
allein auf mancherley buͤrgerliche Handlungen, ſon-
dern ſie iſt auch biß in die Wiſſenſchafften und die
Gelehrſamkeit eingedrungen. Vielen iſt mehr an
der galanten, als an der ſoliden Gelehrſamkeit gele-
gen. Es beſtehet aber die galante Gelehrſamkeit
darinnen, daß man ſich vornehmlich diejenigen
Wiſſenſchafften bekandt mache, die zu der Zeit bey
den Hof- und Welt-Leuten in beſondern Credit ſte-
hen, und aus mancherley andern Wiſſenſchafften
das artigſte heraus leſe, dadurch das Gemuͤthe
mehr beluſtiget, in angenehme Verwendung geſetzt,
als mit allzuſauern und muͤhſamen Nachſinnen be-
ſchwehret werde, und daſſelbe zu rechter Zeit und an
rechten Ort anbringen lerne. ſiehe hiervon mit
mehrern die Anmerckungen des Herrn D. Muͤllers
uͤber die XXII. Maxime von Balthaſar Gracians
Oracul.

§. 8. Die Lehre von den Ceremonien-Weſen,

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[6/0026] I. Theil. I. Capitul. gen, wie gar vielfaͤltig geſchicht, zu gemein mache. ſiehe Thomaſii Diſcours von Nachahmen der Fran- tzoſen. Noch andere erklaͤren die Galanterie durch eine Faͤhigkeit, den Strohm in der Welt nachzu- ſchwimmen, und ſich politiſcher Weiſe in mancher- ley Geſtalten zu verwandeln. ſiehe 77. Maxime von Gracians Oracul und Herrn D. Muͤllers Anmer- ckungen. Jch glaube daß man die Galanterie am beſten erklaͤren kan, durch eine Geſchicklichkeit bey ſeinem aͤuſſerlichen Weſen, den meiſten oder doch den vornehmſten, zu gefallen. §. 7. Die Liebe zur Galanterie, erſtreckt ſich nicht allein auf mancherley buͤrgerliche Handlungen, ſon- dern ſie iſt auch biß in die Wiſſenſchafften und die Gelehrſamkeit eingedrungen. Vielen iſt mehr an der galanten, als an der ſoliden Gelehrſamkeit gele- gen. Es beſtehet aber die galante Gelehrſamkeit darinnen, daß man ſich vornehmlich diejenigen Wiſſenſchafften bekandt mache, die zu der Zeit bey den Hof- und Welt-Leuten in beſondern Credit ſte- hen, und aus mancherley andern Wiſſenſchafften das artigſte heraus leſe, dadurch das Gemuͤthe mehr beluſtiget, in angenehme Verwendung geſetzt, als mit allzuſauern und muͤhſamen Nachſinnen be- ſchwehret werde, und daſſelbe zu rechter Zeit und an rechten Ort anbringen lerne. ſiehe hiervon mit mehrern die Anmerckungen des Herrn D. Muͤllers uͤber die XXII. Maxime von Balthaſar Gracians Oracul. §. 8. Die Lehre von den Ceremonien-Weſen, beru-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/26>, abgerufen am 21.11.2024.