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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Phantasie in einer Ausdenkung des Lebens im Aether, der ihm
nun das Seelenreich geworden war, spielen lassen 1). Es scheint

leptomereis gas ousai eis tous ano mallon topous kouphophorousin. Sext.
adv. phys. 1, 71. Schon dieser physische Grund genügte den Stoikern,
die Annahme eines Seelenreiches in der Tiefe unmöglich zu machen,
oudeis Aides, oud Akheron, oude Kokutos ktl. Epiktet. diss. 3, 13, 15.
Und dies ist durchaus stoische Lehre (s. Bonhöffer, Epiktet. p. 56 f.).
Vgl. Cic. Tusc. 1, 36 f.; Seneca Consol. ad Marc. 19, 4. Wenn Stoiker
gelegentlich von "inferi", aides als Seelenwohnstätte reden, so ist das
nur bildlicher Ausdruck. Gemeint ist (wo die Worte nicht rein conven-
tionelle Redensart sind) die der Erde nähere Region, die untere Wolken- und
Luftschicht, o pakhumerestatos kai prosgeiotatos aer (Cornutus nat. deor. 5.
Aehnlich Andere: s. R. Heinze, Xenokrates 147, 2), in der die unweisen
(feuchteren, weniger leichten) Seelen nach dem Tode sich aufhalten sollen
(circa terram, wie es, in stoischem Sinne, bei Tertull. an. 54 heisst, und
dies sind offenbar die Gegenden der inferi, von denen am Schluss des
Capitels geredet wird). Nur diesen, von den oberen Regionen geschie-
denen aer = ades kann auch Zeno gemeint haben, wenn er von loca
tenebrosa
redete, in denen die Seelen der Unweisen ihre Unweisheit zu
büssen hätten (von Lactant. Instit. 7, 7, 13 platonisirend umgedeutet).
1) Aufenthalt der "Seelen" im Luftraum: Sext. adv. phys. 1, 73.
Cic. Tusc. 1 § 42, 43. Beide vermuthlich nach Posidonius. sapientum
animas in supernis mansionibus collocant (Stoici).
Tertull. an. 54. All-
gemein: eis ton aera methistasthai von den abgeschiedenen Seelen, M.
Aurel. 4, 21. en to periekhonti -- diamenein tas ton apothanonton psukhas:
Arius Did. bei Euseb. praep. 15, 822 A. (Stufengang in immer höhere
Regionen: Seneca ad. Marc. 25, 1, kaum recht stoisch). -- Die Vorstel-
lung wird wohl altstoisch sein (sie mag schon der Meinung des Chrysipp
sphairoeideis -- als feurige meteora -- tas psukhas meta thanaton ginesthai
[Eustath. Il. 1288, 10] zu Grunde liegen); Posidonius scheint sie aus-
geschmückt zu haben, wohl mit Benutzung pythagoreisch-platonischer
Phantasmen, zu denen er überhaupt einen Zug hatte. Pythagoreer fabelten
von Seelen, die im Luftraum schwebten (s. oben p. 453, 5), von Sonne und
Mond als Aufenthalt der Seelen (s. oben 423, 4). Bei Posidonius be-
wohnen die Seelen ton upo selenen topon (Sext. phys. 1, 73) als den für
göttliche aber nicht vollkommene Wesen geeigneten Ort. Sie sind das,
was man daimones nennt (Sext. § 74) -- oder eroes (so stoisch: Laert.
7, 153), heroes et lares et genii stoisirend Varro (bei August. c. d. 7, 6
p. 282, 14 ff. Domb.); -- von solchen ist die ganze Luft voll (Posid. bei
Cic. de div. 1, 64. Sehr ähnliches als pythagoreische Lehre bei Alex.
Polyh. bei Laert. 8, 32 S. oben p. 452, 1). Posidonius (zumal wenn er
wirklich in Cicero's Somnium Scipionis benutzt ist) scheint aber nament-
lich den Phantasmen des Heraklides Ponticus und dessen Bericht
über die Vision des Empedotimos (s. oben p. 385, 1) nachgeeifert zu haben.

Phantasie in einer Ausdenkung des Lebens im Aether, der ihm
nun das Seelenreich geworden war, spielen lassen 1). Es scheint

λεπτομερεῖς γὰς οὖσαι εἰς τοὺς ἄνω μᾶλλον τόπους κουφοφοροῦσιν. Sext.
adv. phys. 1, 71. Schon dieser physische Grund genügte den Stoikern,
die Annahme eines Seelenreiches in der Tiefe unmöglich zu machen,
οὐδεὶς Ἅιδης, οὐδ̕ Ἀχέρων, οὐδὲ Κωκυτός κτλ. Epiktet. diss. 3, 13, 15.
Und dies ist durchaus stoische Lehre (s. Bonhöffer, Epiktet. p. 56 f.).
Vgl. Cic. Tusc. 1, 36 f.; Seneca Consol. ad Marc. 19, 4. Wenn Stoiker
gelegentlich von „inferi“, ἅιδης als Seelenwohnstätte reden, so ist das
nur bildlicher Ausdruck. Gemeint ist (wo die Worte nicht rein conven-
tionelle Redensart sind) die der Erde nähere Region, die untere Wolken- und
Luftschicht, ὁ παχυμερέστατος καὶ προςγειότατος ἀήρ (Cornutus nat. deor. 5.
Aehnlich Andere: s. R. Heinze, Xenokrates 147, 2), in der die unweisen
(feuchteren, weniger leichten) Seelen nach dem Tode sich aufhalten sollen
(circa terram, wie es, in stoischem Sinne, bei Tertull. an. 54 heisst, und
dies sind offenbar die Gegenden der inferi, von denen am Schluss des
Capitels geredet wird). Nur diesen, von den oberen Regionen geschie-
denen ἀήρ = ᾅδης kann auch Zeno gemeint haben, wenn er von loca
tenebrosa
redete, in denen die Seelen der Unweisen ihre Unweisheit zu
büssen hätten (von Lactant. Instit. 7, 7, 13 platonisirend umgedeutet).
1) Aufenthalt der „Seelen“ im Luftraum: Sext. adv. phys. 1, 73.
Cic. Tusc. 1 § 42, 43. Beide vermuthlich nach Posidonius. sapientum
animas in supernis mansionibus collocant (Stoici).
Tertull. an. 54. All-
gemein: εἰς τὸν ἀέρα μεϑίστασϑαι von den abgeschiedenen Seelen, M.
Aurel. 4, 21. ἐν τῷ περιέχοντι — διαμένειν τὰς τῶν ἀποϑανόντων ψυχάς:
Arius Did. bei Euseb. praep. 15, 822 A. (Stufengang in immer höhere
Regionen: Seneca ad. Marc. 25, 1, kaum recht stoisch). — Die Vorstel-
lung wird wohl altstoisch sein (sie mag schon der Meinung des Chrysipp
σφαιροειδεῖς — als feurige μετέωρα — τὰς ψυχὰς μετὰ ϑάνατον γίνεσϑαι
[Eustath. Il. 1288, 10] zu Grunde liegen); Posidonius scheint sie aus-
geschmückt zu haben, wohl mit Benutzung pythagoreisch-platonischer
Phantasmen, zu denen er überhaupt einen Zug hatte. Pythagoreer fabelten
von Seelen, die im Luftraum schwebten (s. oben p. 453, 5), von Sonne und
Mond als Aufenthalt der Seelen (s. oben 423, 4). Bei Posidonius be-
wohnen die Seelen τὸν ὑπὸ σελήνην τόπον (Sext. phys. 1, 73) als den für
göttliche aber nicht vollkommene Wesen geeigneten Ort. Sie sind das,
was man δαίμονες nennt (Sext. § 74) — oder ἥρωες (so stoisch: Laert.
7, 153), heroes et lares et genii stoisirend Varro (bei August. c. d. 7, 6
p. 282, 14 ff. Domb.); — von solchen ist die ganze Luft voll (Posid. bei
Cic. de div. 1, 64. Sehr ähnliches als pythagoreische Lehre bei Alex.
Polyh. bei Laert. 8, 32 S. oben p. 452, 1). Posidonius (zumal wenn er
wirklich in Cicero’s Somnium Scipionis benutzt ist) scheint aber nament-
lich den Phantasmen des Heraklides Ponticus und dessen Bericht
über die Vision des Empedotimos (s. oben p. 385, 1) nachgeeifert zu haben.
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[610/0626] Phantasie in einer Ausdenkung des Lebens im Aether, der ihm nun das Seelenreich geworden war, spielen lassen 1). Es scheint 6) 1) Aufenthalt der „Seelen“ im Luftraum: Sext. adv. phys. 1, 73. Cic. Tusc. 1 § 42, 43. Beide vermuthlich nach Posidonius. sapientum animas in supernis mansionibus collocant (Stoici). Tertull. an. 54. All- gemein: εἰς τὸν ἀέρα μεϑίστασϑαι von den abgeschiedenen Seelen, M. Aurel. 4, 21. ἐν τῷ περιέχοντι — διαμένειν τὰς τῶν ἀποϑανόντων ψυχάς: Arius Did. bei Euseb. praep. 15, 822 A. (Stufengang in immer höhere Regionen: Seneca ad. Marc. 25, 1, kaum recht stoisch). — Die Vorstel- lung wird wohl altstoisch sein (sie mag schon der Meinung des Chrysipp σφαιροειδεῖς — als feurige μετέωρα — τὰς ψυχὰς μετὰ ϑάνατον γίνεσϑαι [Eustath. Il. 1288, 10] zu Grunde liegen); Posidonius scheint sie aus- geschmückt zu haben, wohl mit Benutzung pythagoreisch-platonischer Phantasmen, zu denen er überhaupt einen Zug hatte. Pythagoreer fabelten von Seelen, die im Luftraum schwebten (s. oben p. 453, 5), von Sonne und Mond als Aufenthalt der Seelen (s. oben 423, 4). Bei Posidonius be- wohnen die Seelen τὸν ὑπὸ σελήνην τόπον (Sext. phys. 1, 73) als den für göttliche aber nicht vollkommene Wesen geeigneten Ort. Sie sind das, was man δαίμονες nennt (Sext. § 74) — oder ἥρωες (so stoisch: Laert. 7, 153), heroes et lares et genii stoisirend Varro (bei August. c. d. 7, 6 p. 282, 14 ff. Domb.); — von solchen ist die ganze Luft voll (Posid. bei Cic. de div. 1, 64. Sehr ähnliches als pythagoreische Lehre bei Alex. Polyh. bei Laert. 8, 32 S. oben p. 452, 1). Posidonius (zumal wenn er wirklich in Cicero’s Somnium Scipionis benutzt ist) scheint aber nament- lich den Phantasmen des Heraklides Ponticus und dessen Bericht über die Vision des Empedotimos (s. oben p. 385, 1) nachgeeifert zu haben. 6) λεπτομερεῖς γὰς οὖσαι εἰς τοὺς ἄνω μᾶλλον τόπους κουφοφοροῦσιν. Sext. adv. phys. 1, 71. Schon dieser physische Grund genügte den Stoikern, die Annahme eines Seelenreiches in der Tiefe unmöglich zu machen, οὐδεὶς Ἅιδης, οὐδ̕ Ἀχέρων, οὐδὲ Κωκυτός κτλ. Epiktet. diss. 3, 13, 15. Und dies ist durchaus stoische Lehre (s. Bonhöffer, Epiktet. p. 56 f.). Vgl. Cic. Tusc. 1, 36 f.; Seneca Consol. ad Marc. 19, 4. Wenn Stoiker gelegentlich von „inferi“, ἅιδης als Seelenwohnstätte reden, so ist das nur bildlicher Ausdruck. Gemeint ist (wo die Worte nicht rein conven- tionelle Redensart sind) die der Erde nähere Region, die untere Wolken- und Luftschicht, ὁ παχυμερέστατος καὶ προςγειότατος ἀήρ (Cornutus nat. deor. 5. Aehnlich Andere: s. R. Heinze, Xenokrates 147, 2), in der die unweisen (feuchteren, weniger leichten) Seelen nach dem Tode sich aufhalten sollen (circa terram, wie es, in stoischem Sinne, bei Tertull. an. 54 heisst, und dies sind offenbar die Gegenden der inferi, von denen am Schluss des Capitels geredet wird). Nur diesen, von den oberen Regionen geschie- denen ἀήρ = ᾅδης kann auch Zeno gemeint haben, wenn er von loca tenebrosa redete, in denen die Seelen der Unweisen ihre Unweisheit zu büssen hätten (von Lactant. Instit. 7, 7, 13 platonisirend umgedeutet).

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 610. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/626>, abgerufen am 21.11.2024.