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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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einem persönlichen Gotte redend, nennt ihn der Dichter "un-
sterblich" 1). Und der Menschengeist, wesensgleich dem All-
gotte und Allgeist, erscheint, wie es bei Diogenes ausgesprochen
war 2), als ein Theil dieses Gottes und Allverstandes. Gott ist
der Geist, und der Geist und Verstand in uns, so spricht es
der Dichter deutlich aus, ist Gott 3). Im Tode wird, nach der
Trennung von den irdischen Elementen, der Geist, das Pneuma
des Menschen zwar "nicht leben", in der Weise, wie es in
dem Sonderdasein des Einzelmenschen gelebt hatte, aber es
wird "unsterbliches Bewusstsein behalten", indem es in den
unsterblichen Aether eingeht, mit dem Alllebendigen und All-
vernünftigen sich verschmilzt 4). Keiner der Physiologen, denen
die gleiche Vorstellung einer die persönliche Unsterblichkeit
des Einzelnen ausschliessenden Unvergänglichkeit des im Men-

gen perix ekhonth ugrais en agkalais -- ist der aither nicht verwechselt mit
aer (ton upsou passt nur auf aither im eigentlichen Sinn) aber er fliesst
mit aer zusammen (--ugrais en agk. kann von aither im eigentlichen
Sinne nicht gesagt werden), ganz so wie der aer des Diogenes auch den
aither mit umfasst. (Denn der heisse aer para to elio, fr. 6, ist eben
der aither und so im Grunde auch schon der warme aer in uns.)
1) --eis athanaton aither empeson Hel. 1015.
2) o entos aer (der allein aisthanetai, nicht die Sinne) mikron morion
on tou theou: Diog. bei Theoprast. de sensib. 42.
3) Die Lebensluft, oder Zeus, ist nous broton. Troad. 879. Und
umgekehrt, der nous in jedem von uns ist nichts andres als der Gott:
fr. 1018.
4) o nous ton katthanonton ze men ou, gnomen d ekhei athanaton, eis
athanaton aither empeson. Hel. 1013 ff. -- Vieldeutig sind einige Stellen,
an denen der Sterbende bezeichnet wird als abscheidend eis allo skhema
biou (Med. 1026), es allas biotou morphas (Ion 1070), in eteron aiona kai
moiran (Iph. Aul. 1504). Es mag aber überall an ein persönliches Fort-
leben in einem Todtenreiche gedacht sein: wiewohl die Ausdrücke, wenn
sie weiter nichts besagen wollen, merkwürdig prägnant gewählt sind.
Man wird sich dabei (namentlich bei dem Verse der Med. 1026) erinnern
der merkwürdigen Verse des Isokrateers Philiskos bei Plut. v. X or. p. 243,
60 West: to gar es allo skhema metharmosthenti kai allois en kosmoisi biou
soma labonth eteron -- vom verstorbenen Lysias gesagt. Aber hier scheint
doch wirklich auf eine Metempsychose angespielt zu werden, was dem
Euripides schwerlich zugetraut werden darf.

einem persönlichen Gotte redend, nennt ihn der Dichter „un-
sterblich“ 1). Und der Menschengeist, wesensgleich dem All-
gotte und Allgeist, erscheint, wie es bei Diogenes ausgesprochen
war 2), als ein Theil dieses Gottes und Allverstandes. Gott ist
der Geist, und der Geist und Verstand in uns, so spricht es
der Dichter deutlich aus, ist Gott 3). Im Tode wird, nach der
Trennung von den irdischen Elementen, der Geist, das Pneuma
des Menschen zwar „nicht leben“, in der Weise, wie es in
dem Sonderdasein des Einzelmenschen gelebt hatte, aber es
wird „unsterbliches Bewusstsein behalten“, indem es in den
unsterblichen Aether eingeht, mit dem Alllebendigen und All-
vernünftigen sich verschmilzt 4). Keiner der Physiologen, denen
die gleiche Vorstellung einer die persönliche Unsterblichkeit
des Einzelnen ausschliessenden Unvergänglichkeit des im Men-

γῆν πέριξ ἔχονϑ̕ ὑγραῖς ἐν ἀγκάλαις — ist der αἰϑήρ nicht verwechselt mit
ἀήρ (τὸν ὑψοῦ passt nur auf αἰϑήρ im eigentlichen Sinn) aber er fliesst
mit ἀήρ zusammen (—ὑγραῖς ἐν ἀγκ. kann von αἰϑήρ im eigentlichen
Sinne nicht gesagt werden), ganz so wie der ἀήρ des Diogenes auch den
αἰϑήρ mit umfasst. (Denn der heisse ἀὴρ παρὰ τῷ ἡλίῳ, fr. 6, ist eben
der αἰϑήρ und so im Grunde auch schon der warme ἀήρ in uns.)
1) —εἰς ἀϑάνατον αἰϑέρ̕ ἐμπεσών Hel. 1015.
2) ὁ ἐντὸς ἀὴρ (der allein αἰσϑάνεται, nicht die Sinne) μικρὸν μόριον
ὢν τοῦ ϑεοῦ: Diog. bei Theoprast. de sensib. 42.
3) Die Lebensluft, oder Zeus, ist νοῦς βροτῶν. Troad. 879. Und
umgekehrt, der νοῦς in jedem von uns ist nichts andres als der Gott:
fr. 1018.
4) ὁ νοῦς τῶν κατϑανόντων ζῇ μὲν οὔ, γνώμην δ̛ ἔχει ἀϑάνατον, εἰς
ἀϑάνατον αἰϑέρ̕ ἐμπεσών. Hel. 1013 ff. — Vieldeutig sind einige Stellen,
an denen der Sterbende bezeichnet wird als abscheidend εἰς ἄλλο σχῆμα
βίου (Med. 1026), ἐς ἄλλας βιότου μορφάς (Ion 1070), in ἕτερον αἰῶνα καὶ
μοῖραν (Iph. Aul. 1504). Es mag aber überall an ein persönliches Fort-
leben in einem Todtenreiche gedacht sein: wiewohl die Ausdrücke, wenn
sie weiter nichts besagen wollen, merkwürdig prägnant gewählt sind.
Man wird sich dabei (namentlich bei dem Verse der Med. 1026) erinnern
der merkwürdigen Verse des Isokrateers Philiskos bei Plut. v. X or. p. 243,
60 West: τῷ γὰρ ἐς ἄλλο σχῆμα μεϑαρμοσϑέντι καὶ ἄλλοις ἐν κόσμοισι βίου
σῶμα λαβονϑ̕ ἕτερον — vom verstorbenen Lysias gesagt. Aber hier scheint
doch wirklich auf eine Metempsychose angespielt zu werden, was dem
Euripides schwerlich zugetraut werden darf.
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[552/0568] einem persönlichen Gotte redend, nennt ihn der Dichter „un- sterblich“ 1). Und der Menschengeist, wesensgleich dem All- gotte und Allgeist, erscheint, wie es bei Diogenes ausgesprochen war 2), als ein Theil dieses Gottes und Allverstandes. Gott ist der Geist, und der Geist und Verstand in uns, so spricht es der Dichter deutlich aus, ist Gott 3). Im Tode wird, nach der Trennung von den irdischen Elementen, der Geist, das Pneuma des Menschen zwar „nicht leben“, in der Weise, wie es in dem Sonderdasein des Einzelmenschen gelebt hatte, aber es wird „unsterbliches Bewusstsein behalten“, indem es in den unsterblichen Aether eingeht, mit dem Alllebendigen und All- vernünftigen sich verschmilzt 4). Keiner der Physiologen, denen die gleiche Vorstellung einer die persönliche Unsterblichkeit des Einzelnen ausschliessenden Unvergänglichkeit des im Men- 3) 1) —εἰς ἀϑάνατον αἰϑέρ̕ ἐμπεσών Hel. 1015. 2) ὁ ἐντὸς ἀὴρ (der allein αἰσϑάνεται, nicht die Sinne) μικρὸν μόριον ὢν τοῦ ϑεοῦ: Diog. bei Theoprast. de sensib. 42. 3) Die Lebensluft, oder Zeus, ist νοῦς βροτῶν. Troad. 879. Und umgekehrt, der νοῦς in jedem von uns ist nichts andres als der Gott: fr. 1018. 4) ὁ νοῦς τῶν κατϑανόντων ζῇ μὲν οὔ, γνώμην δ̛ ἔχει ἀϑάνατον, εἰς ἀϑάνατον αἰϑέρ̕ ἐμπεσών. Hel. 1013 ff. — Vieldeutig sind einige Stellen, an denen der Sterbende bezeichnet wird als abscheidend εἰς ἄλλο σχῆμα βίου (Med. 1026), ἐς ἄλλας βιότου μορφάς (Ion 1070), in ἕτερον αἰῶνα καὶ μοῖραν (Iph. Aul. 1504). Es mag aber überall an ein persönliches Fort- leben in einem Todtenreiche gedacht sein: wiewohl die Ausdrücke, wenn sie weiter nichts besagen wollen, merkwürdig prägnant gewählt sind. Man wird sich dabei (namentlich bei dem Verse der Med. 1026) erinnern der merkwürdigen Verse des Isokrateers Philiskos bei Plut. v. X or. p. 243, 60 West: τῷ γὰρ ἐς ἄλλο σχῆμα μεϑαρμοσϑέντι καὶ ἄλλοις ἐν κόσμοισι βίου σῶμα λαβονϑ̕ ἕτερον — vom verstorbenen Lysias gesagt. Aber hier scheint doch wirklich auf eine Metempsychose angespielt zu werden, was dem Euripides schwerlich zugetraut werden darf. 3) γῆν πέριξ ἔχονϑ̕ ὑγραῖς ἐν ἀγκάλαις — ist der αἰϑήρ nicht verwechselt mit ἀήρ (τὸν ὑψοῦ passt nur auf αἰϑήρ im eigentlichen Sinn) aber er fliesst mit ἀήρ zusammen (—ὑγραῖς ἐν ἀγκ. kann von αἰϑήρ im eigentlichen Sinne nicht gesagt werden), ganz so wie der ἀήρ des Diogenes auch den αἰϑήρ mit umfasst. (Denn der heisse ἀὴρ παρὰ τῷ ἡλίῳ, fr. 6, ist eben der αἰϑήρ und so im Grunde auch schon der warme ἀήρ in uns.)

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/568>, abgerufen am 28.11.2024.