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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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freilich andere Theologen der Zeit, Epimenides, Pherekydes
u. A. nicht gefunden hatten. Ohne diese religiösen Grund-
lehren ist ein Orphikerthum in Griechenland nicht vorstellbar;
schon der Begründer der orphischen Secte in Athen, Onoma-
kritos, war es, der nach Aristoteles "die Lehren" des Orpheus
in dichterischer Form dargestellt hatte 1). Wie weit die Thätig-
keit des Onomakritos bei der Ausbildung oder Zusammenord-
nung orphischer Lehrgedichte sich erstreckte, lassen unklare
Angaben später Berichterstatter nicht deutlich erkennen 2).
Bedeutsam ist, dass er mit Bestimmtheit der Verfasser des
Gedichtes der "Weihen" genannt wird 3). Dieses Gedicht muss
zu den im engeren Sinne religiösen Grundschriften der
Secte gehört haben; in einer Schrift dieses Charakters kann
die Sage von der Zerreissung des Gottes durch die Titanen,

1) autou (Orpheos) men einai ta dogmata, tauta de phesin (Aristot.)
Onomakriton en epesi katateinai. Aristot. p. philosophias, fr. 10 Ros.
(Arist. ps.)
2) Tatian ad Gr. 41 (p. 158 Ott.) will wohl nur von Redaction (sun-
tetakhthai) der eis Orphea anapheromena, schon vorhandener orphischer Gedichte
durch Onomakritos reden (sowie On. auch nur diathetes, d. h. Ordner, nicht
Erfinder, der khresmoi des "Musaios" heisst: Herod. 7, 6). Es finden sich
Spuren einer äusserlich die einzelnen Gedichte des Orpheus aneinander-
hängenden Redaction (ähnlich der Aneinanderhängung der Gedichte des
ep. Cyklus, des corpus Hesiodeum); voran vielleicht (wie in der Aufzäh-
lung bei Clemens Al. Strom. 1, 333 A) der grössere krater: s. Lobeck
Agl. 376. 417. 469. -- Nur aus Tatian schöpft (wie auch Euseb. praep.
ev.
10, 11 p. 495 D) Clem. Al. Strom. 1, 332 D, wo aber Onom. bestimmt
zum Verfasser der eis Orphea pheromena poiemata wird. Kurzweg als
Verfasser der Orphika scheint On. auch gelten zu sollen in dem doxo-
graphischen Excerpt bei Sext. Emp. p. 126, 15; 462, 2 Bk. Galen, h.
philos.
p. 610, 15 (Diels): Onomakritos en tois Orphikois. -- Dagegen wird
in dem (freilich jedenfalls lückenhaften) Verzeichniss orphischer Gedichte
bei Clem. Strom. 1, 333 A keines dem On. zugesprochen, bei Suidas s.
Orpheus nur die khresmoi (wobei keineswegs an Verwechslung mit den khr.
des Musaios zu denken ist) und die teletai. Unbestimmte epe des
Onom. erwähnt Pausanias (vgl. Ritschl, Opusc. 1, 241). Und irgend
welche Dichtungen unter Orpheus Namen muss auch Aristoteles (fr. 10)
dem Onomakritos zugeschrieben haben.
3) Suid. s. Orpheus 2721 A. Gaisf.
26*

freilich andere Theologen der Zeit, Epimenides, Pherekydes
u. A. nicht gefunden hatten. Ohne diese religiösen Grund-
lehren ist ein Orphikerthum in Griechenland nicht vorstellbar;
schon der Begründer der orphischen Secte in Athen, Onoma-
kritos, war es, der nach Aristoteles „die Lehren“ des Orpheus
in dichterischer Form dargestellt hatte 1). Wie weit die Thätig-
keit des Onomakritos bei der Ausbildung oder Zusammenord-
nung orphischer Lehrgedichte sich erstreckte, lassen unklare
Angaben später Berichterstatter nicht deutlich erkennen 2).
Bedeutsam ist, dass er mit Bestimmtheit der Verfasser des
Gedichtes der „Weihen“ genannt wird 3). Dieses Gedicht muss
zu den im engeren Sinne religiösen Grundschriften der
Secte gehört haben; in einer Schrift dieses Charakters kann
die Sage von der Zerreissung des Gottes durch die Titanen,

1) αὐτοῦ (Ὀρφέως) μὲν εἶναι τὰ δόγματα, ταῦτα δέ φησιν (Aristot.)
Ὀνομάκριτον ἐν ἔπεσι κατατεῖναι. Aristot. π. φιλοσοφίας, fr. 10 Ros.
(Arist. ps.)
2) Tatian ad Gr. 41 (p. 158 Ott.) will wohl nur von Redaction (συν-
τετάχϑαι) der εἰς Ὀρφέα ἀναφερόμενα, schon vorhandener orphischer Gedichte
durch Onomakritos reden (sowie On. auch nur διαϑέτης, d. h. Ordner, nicht
Erfinder, der χρησμοί des „Musaios“ heisst: Herod. 7, 6). Es finden sich
Spuren einer äusserlich die einzelnen Gedichte des Orpheus aneinander-
hängenden Redaction (ähnlich der Aneinanderhängung der Gedichte des
ep. Cyklus, des corpus Hesiodeum); voran vielleicht (wie in der Aufzäh-
lung bei Clemens Al. Strom. 1, 333 A) der grössere κρατήρ: s. Lobeck
Agl. 376. 417. 469. — Nur aus Tatian schöpft (wie auch Euseb. praep.
ev.
10, 11 p. 495 D) Clem. Al. Strom. 1, 332 D, wo aber Onom. bestimmt
zum Verfasser der εἰς Ὀρφέα φερόμενα ποιήματα wird. Kurzweg als
Verfasser der Ὀρφικά scheint On. auch gelten zu sollen in dem doxo-
graphischen Excerpt bei Sext. Emp. p. 126, 15; 462, 2 Bk. Galen, h.
philos.
p. 610, 15 (Diels): Ὀνομάκριτος ἐν τοῖς Ὀρφικοῖς. — Dagegen wird
in dem (freilich jedenfalls lückenhaften) Verzeichniss orphischer Gedichte
bei Clem. Strom. 1, 333 A keines dem On. zugesprochen, bei Suidas s.
Ὀρφεύς nur die χρησμοί (wobei keineswegs an Verwechslung mit den χρ.
des Musaios zu denken ist) und die τελεταί. Unbestimmte ἔπη des
Onom. erwähnt Pausanias (vgl. Ritschl, Opusc. 1, 241). Und irgend
welche Dichtungen unter Orpheus Namen muss auch Aristoteles (fr. 10)
dem Onomakritos zugeschrieben haben.
3) Suid. s. Ὀρφεύς 2721 A. Gaisf.
26*
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[403/0419] freilich andere Theologen der Zeit, Epimenides, Pherekydes u. A. nicht gefunden hatten. Ohne diese religiösen Grund- lehren ist ein Orphikerthum in Griechenland nicht vorstellbar; schon der Begründer der orphischen Secte in Athen, Onoma- kritos, war es, der nach Aristoteles „die Lehren“ des Orpheus in dichterischer Form dargestellt hatte 1). Wie weit die Thätig- keit des Onomakritos bei der Ausbildung oder Zusammenord- nung orphischer Lehrgedichte sich erstreckte, lassen unklare Angaben später Berichterstatter nicht deutlich erkennen 2). Bedeutsam ist, dass er mit Bestimmtheit der Verfasser des Gedichtes der „Weihen“ genannt wird 3). Dieses Gedicht muss zu den im engeren Sinne religiösen Grundschriften der Secte gehört haben; in einer Schrift dieses Charakters kann die Sage von der Zerreissung des Gottes durch die Titanen, 1) αὐτοῦ (Ὀρφέως) μὲν εἶναι τὰ δόγματα, ταῦτα δέ φησιν (Aristot.) Ὀνομάκριτον ἐν ἔπεσι κατατεῖναι. Aristot. π. φιλοσοφίας, fr. 10 Ros. (Arist. ps.) 2) Tatian ad Gr. 41 (p. 158 Ott.) will wohl nur von Redaction (συν- τετάχϑαι) der εἰς Ὀρφέα ἀναφερόμενα, schon vorhandener orphischer Gedichte durch Onomakritos reden (sowie On. auch nur διαϑέτης, d. h. Ordner, nicht Erfinder, der χρησμοί des „Musaios“ heisst: Herod. 7, 6). Es finden sich Spuren einer äusserlich die einzelnen Gedichte des Orpheus aneinander- hängenden Redaction (ähnlich der Aneinanderhängung der Gedichte des ep. Cyklus, des corpus Hesiodeum); voran vielleicht (wie in der Aufzäh- lung bei Clemens Al. Strom. 1, 333 A) der grössere κρατήρ: s. Lobeck Agl. 376. 417. 469. — Nur aus Tatian schöpft (wie auch Euseb. praep. ev. 10, 11 p. 495 D) Clem. Al. Strom. 1, 332 D, wo aber Onom. bestimmt zum Verfasser der εἰς Ὀρφέα φερόμενα ποιήματα wird. Kurzweg als Verfasser der Ὀρφικά scheint On. auch gelten zu sollen in dem doxo- graphischen Excerpt bei Sext. Emp. p. 126, 15; 462, 2 Bk. Galen, h. philos. p. 610, 15 (Diels): Ὀνομάκριτος ἐν τοῖς Ὀρφικοῖς. — Dagegen wird in dem (freilich jedenfalls lückenhaften) Verzeichniss orphischer Gedichte bei Clem. Strom. 1, 333 A keines dem On. zugesprochen, bei Suidas s. Ὀρφεύς nur die χρησμοί (wobei keineswegs an Verwechslung mit den χρ. des Musaios zu denken ist) und die τελεταί. Unbestimmte ἔπη des Onom. erwähnt Pausanias (vgl. Ritschl, Opusc. 1, 241). Und irgend welche Dichtungen unter Orpheus Namen muss auch Aristoteles (fr. 10) dem Onomakritos zugeschrieben haben. 3) Suid. s. Ὀρφεύς 2721 A. Gaisf. 26*

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/419>, abgerufen am 22.11.2024.