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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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ihre Vertreter und Vollstrecker ihres Wunsches, die Rache ohne
Säumen einzutreiben ist heilige Pflicht der zur Pflege der Seele
überhaupt Berufenen. Selbsthilfe verbietet diesen der Staat,
aber er fordert sie zur gerichtlichen Klage auf; er selbst über-
nimmt das Urtheil und die Bestrafung, so jedoch, dass er bei
der Ausführung den Verwandten des Erschlagenen einen ge-
wissen Einfluss gewährt. In genau geregeltem Rechtsverfahren
wird an den hierzu bestellten Gerichtshöfen entschieden, ob die
That sich als überlegter Mord, unfreiwilliger Todtschlag, oder
gerechtfertigte Tödtung darstelle. Mit dieser Unterscheidung

Mörder und drängt ihn aus ihrem Bereich: o thanatotheis thumoutai to dra-
santi ktl. Plato Leg. 9, 865 D. E., mit Berufung auf palaion tina ton
arkhaion muthon legomenon. Vgl. Xenoph. Cyrop. 8, 7, 18. Aeschyl. Choeph.
39 ff. 323 ff. Entzieht sich der zur Rache berufene nächste Verwandte
des Ermordeten seiner Pflicht, so wendet sich gegen diesen der Groll des
Todten: Plato Leg. 9, 866 B: -- tou pathontos prostrepomenou ten pathen.
Die zürnende Seele wird zum prostropaios. prostropaios heisst wohl
nur abgeleiteter Weise ein, des Todten sich annehmender daimon (im be-
sondern Zeus prostropaios); eigentlich ist dies die Bezeichnung der Rache
heischenden Seele selbst. So bei Antiphon Tetral. 1 g, 10: emin de
prostropaios o apothanon ouk estai; 3 d, 10: o apokteinas (vielmehr o
tethnekos) tois aitiois prostropaios estai. So auch Aeschyl. Choeph. 287:
ek prostropaion en genei peptokoton. Etym. M. 42, 7: Erigonen, anarte-
sasan eauten, prostropaion tois Athenaiois genesthai. Man kann aber hier
besonders deutlich wahrnehmen, wie leicht der Uebergang von einer, in
einem besonderen Zustande gedachten Seele zu einem dieser ähnlichen
dämonischen Wesen, das sich ihr unterschiebt, sich vollzieht. Der-
selbe Antiphon redet auch von oi ton apothanonton prostropaioi, o pros-
tropaios tou apothanontos als von einem, von den Todten selbst ver-
schiedenen Wesen (Tetr. 3 a, 4; 3 b, 8); o Murtilou prostropaios
Paus. 2, 18, 2 u. s. w. Vgl. Zacher, Dissertat. philol. Halens. III p. 228.
Auch zum araios wird der beleidigte Todte selbst: Soph. Trach. 1201 ff.
(vgl. Eurip. I. T. 778. Med. 608), dann an seiner Stelle daimones araioi.
-- Welche grässliche Plagen die von den dazu Berufenen ungerächte
Seele verhängen kann, malt Aeschylus Choeph. 278 ff. (oder, wie man
meint, ein alter Interpolator des Aeschylus) aus. Auf Geschlechter hinaus
können Krankheiten und Beschwerden schicken solche palaia menimata
der Todten: Plato Phaedr. 244 D. (s. Lobecks Ausführungen, Aglaoph.
636 f.). Altem Glauben getreu fleht ein Orphischer Hymnus zu den
Titanen: menin khalepen apopempein, ei tis apo khthonion progono
oikoisi pelasthe. (h. 37, 7 f. Vgl. 39, 9. 10).
Rohde, Seelencult. 16

ihre Vertreter und Vollstrecker ihres Wunsches, die Rache ohne
Säumen einzutreiben ist heilige Pflicht der zur Pflege der Seele
überhaupt Berufenen. Selbsthilfe verbietet diesen der Staat,
aber er fordert sie zur gerichtlichen Klage auf; er selbst über-
nimmt das Urtheil und die Bestrafung, so jedoch, dass er bei
der Ausführung den Verwandten des Erschlagenen einen ge-
wissen Einfluss gewährt. In genau geregeltem Rechtsverfahren
wird an den hierzu bestellten Gerichtshöfen entschieden, ob die
That sich als überlegter Mord, unfreiwilliger Todtschlag, oder
gerechtfertigte Tödtung darstelle. Mit dieser Unterscheidung

Mörder und drängt ihn aus ihrem Bereich: ὁ ϑανατωϑεὶς ϑυμοῦται τῷ δρά-
σαντι κτλ. Plato Leg. 9, 865 D. E., mit Berufung auf παλαιόν τινα τῶν
ἀρχαίων μύϑων λεγόμενον. Vgl. Xenoph. Cyrop. 8, 7, 18. Aeschyl. Choeph.
39 ff. 323 ff. Entzieht sich der zur Rache berufene nächste Verwandte
des Ermordeten seiner Pflicht, so wendet sich gegen diesen der Groll des
Todten: Plato Leg. 9, 866 B: — τοῦ παϑόντος προςτρεπομένου τὴν πάϑην.
Die zürnende Seele wird zum προςτρόπαιος. προςτρόπαιος heisst wohl
nur abgeleiteter Weise ein, des Todten sich annehmender δαίμων (im be-
sondern Ζεὺς προςτρόπαιος); eigentlich ist dies die Bezeichnung der Rache
heischenden Seele selbst. So bei Antiphon Tetral. 1 γ, 10: ἡμῖν δὲ
προςτρόπαιος ὁ ἀποϑανὼν οὐκ ἔσται; 3 δ, 10: ὁ ἀποκτείνας (vielmehr ὁ
τεϑνηκὼς) τοῖς αἰτίοις προςτρόπαιος ἔσται. So auch Aeschyl. Choeph. 287:
ἐκ προςτροπαίων ἐν γένει πεπτωκότων. Etym. M. 42, 7: Ἠριγόνην, ἀναρτή-
σασαν ἑαυτήν, προςτρόπαιον τοῖς Ἀϑηναίοις γενέσϑαι. Man kann aber hier
besonders deutlich wahrnehmen, wie leicht der Uebergang von einer, in
einem besonderen Zustande gedachten Seele zu einem dieser ähnlichen
dämonischen Wesen, das sich ihr unterschiebt, sich vollzieht. Der-
selbe Antiphon redet auch von οἱ τῶν ἀποϑανόντων προςτρόπαιοι, ὁ προς-
τρόπαιος τοῦ ἀποϑανόντος als von einem, von den Todten selbst ver-
schiedenen Wesen (Tetr. 3 α, 4; 3 β, 8); ό Μυρτίλου προςτρόπαιος
Paus. 2, 18, 2 u. s. w. Vgl. Zacher, Dissertat. philol. Halens. III p. 228.
Auch zum ἀραῖος wird der beleidigte Todte selbst: Soph. Trach. 1201 ff.
(vgl. Eurip. I. T. 778. Med. 608), dann an seiner Stelle δαίμονες ἀραῖοι.
— Welche grässliche Plagen die von den dazu Berufenen ungerächte
Seele verhängen kann, malt Aeschylus Choeph. 278 ff. (oder, wie man
meint, ein alter Interpolator des Aeschylus) aus. Auf Geschlechter hinaus
können Krankheiten und Beschwerden schicken solche παλαιὰ μηνίματα
der Todten: Plato Phaedr. 244 D. (s. Lobecks Ausführungen, Aglaoph.
636 f.). Altem Glauben getreu fleht ein Orphischer Hymnus zu den
Titanen: μῆνιν χαλεπὴν ἀποπέμπειν, εἴ τις ἀπὸ χϑονίων προγόνω
οἴκοισι πελάσϑη. (h. 37, 7 f. Vgl. 39, 9. 10).
Rohde, Seelencult. 16
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[241/0257] ihre Vertreter und Vollstrecker ihres Wunsches, die Rache ohne Säumen einzutreiben ist heilige Pflicht der zur Pflege der Seele überhaupt Berufenen. Selbsthilfe verbietet diesen der Staat, aber er fordert sie zur gerichtlichen Klage auf; er selbst über- nimmt das Urtheil und die Bestrafung, so jedoch, dass er bei der Ausführung den Verwandten des Erschlagenen einen ge- wissen Einfluss gewährt. In genau geregeltem Rechtsverfahren wird an den hierzu bestellten Gerichtshöfen entschieden, ob die That sich als überlegter Mord, unfreiwilliger Todtschlag, oder gerechtfertigte Tödtung darstelle. Mit dieser Unterscheidung 2) 2) Mörder und drängt ihn aus ihrem Bereich: ὁ ϑανατωϑεὶς ϑυμοῦται τῷ δρά- σαντι κτλ. Plato Leg. 9, 865 D. E., mit Berufung auf παλαιόν τινα τῶν ἀρχαίων μύϑων λεγόμενον. Vgl. Xenoph. Cyrop. 8, 7, 18. Aeschyl. Choeph. 39 ff. 323 ff. Entzieht sich der zur Rache berufene nächste Verwandte des Ermordeten seiner Pflicht, so wendet sich gegen diesen der Groll des Todten: Plato Leg. 9, 866 B: — τοῦ παϑόντος προςτρεπομένου τὴν πάϑην. Die zürnende Seele wird zum προςτρόπαιος. προςτρόπαιος heisst wohl nur abgeleiteter Weise ein, des Todten sich annehmender δαίμων (im be- sondern Ζεὺς προςτρόπαιος); eigentlich ist dies die Bezeichnung der Rache heischenden Seele selbst. So bei Antiphon Tetral. 1 γ, 10: ἡμῖν δὲ προςτρόπαιος ὁ ἀποϑανὼν οὐκ ἔσται; 3 δ, 10: ὁ ἀποκτείνας (vielmehr ὁ τεϑνηκὼς) τοῖς αἰτίοις προςτρόπαιος ἔσται. So auch Aeschyl. Choeph. 287: ἐκ προςτροπαίων ἐν γένει πεπτωκότων. Etym. M. 42, 7: Ἠριγόνην, ἀναρτή- σασαν ἑαυτήν, προςτρόπαιον τοῖς Ἀϑηναίοις γενέσϑαι. Man kann aber hier besonders deutlich wahrnehmen, wie leicht der Uebergang von einer, in einem besonderen Zustande gedachten Seele zu einem dieser ähnlichen dämonischen Wesen, das sich ihr unterschiebt, sich vollzieht. Der- selbe Antiphon redet auch von οἱ τῶν ἀποϑανόντων προςτρόπαιοι, ὁ προς- τρόπαιος τοῦ ἀποϑανόντος als von einem, von den Todten selbst ver- schiedenen Wesen (Tetr. 3 α, 4; 3 β, 8); ό Μυρτίλου προςτρόπαιος Paus. 2, 18, 2 u. s. w. Vgl. Zacher, Dissertat. philol. Halens. III p. 228. Auch zum ἀραῖος wird der beleidigte Todte selbst: Soph. Trach. 1201 ff. (vgl. Eurip. I. T. 778. Med. 608), dann an seiner Stelle δαίμονες ἀραῖοι. — Welche grässliche Plagen die von den dazu Berufenen ungerächte Seele verhängen kann, malt Aeschylus Choeph. 278 ff. (oder, wie man meint, ein alter Interpolator des Aeschylus) aus. Auf Geschlechter hinaus können Krankheiten und Beschwerden schicken solche παλαιὰ μηνίματα der Todten: Plato Phaedr. 244 D. (s. Lobecks Ausführungen, Aglaoph. 636 f.). Altem Glauben getreu fleht ein Orphischer Hymnus zu den Titanen: μῆνιν χαλεπὴν ἀποπέμπειν, εἴ τις ἀπὸ χϑονίων προγόνω οἴκοισι πελάσϑη. (h. 37, 7 f. Vgl. 39, 9. 10). Rohde, Seelencult. 16

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/257>, abgerufen am 15.05.2024.