Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.Häufiger als unter diesem allgemeinsten und erhabensten xeno ou themis (uper karpon gehört zu Dii etc., wie der auf dem Stein vor uper angebrachte Trennungsstrich beweist: s. Bull. de corresp. hellen. 1888, p. 460 f.). -- Zeugnisse dieser Art lassen am deutlichsten erkennen, wie unrichtig es wäre, aus dem "Begriffe des Chthonischen" alle Segens- kräfte auszuschliessen und das Chthonische lediglich als eine Macht des Todes und der Vernichtung in Natur- und Menschenwelt aufzufassen, mit H. D. Müller (dem denn auch jene Stelle der Erga böse Schwierigkeiten macht: Mythol. d. griech. St. 2, 40). Nach einem abstract zu formulirenden Begriff des Chthonischen wird man überhaupt nicht zu suchen haben; fällt aber die segnende und belebende Thätigkeit auch noch in die Natur der khthonioi als solcher, so fällt freilich H. D. Müllers scharfsinnig er- sonnene und verfochtene Theorie dahin, nach welcher das Chthonische nur Eine Seite des Wesens gewisser Gottheiten ausmachen soll, welche daneben noch eine andere, positiv schaffende und segnende, olympische Seite haben. 1) Zeus khthonios zu Korinth: Paus. 2, 2, 8; zu Olympia: Paus. 5, 14, 8. 2) So heisst Persephone Agne, Despoina u. s. w. (Lehrs, Popul. Aufs. 288), Hekate Kalliste, Eukoline (kat antiphrasin, e me ousa eukolos Et. M.), die Erinyen Semnai, Eumenides; ihre Mutter Euonume (= Ge): Ister in Schol. Soph. O. C. 42 (aus gleicher Quelle Schol. Aeschin. 1, 188) u. s. w. Vgl. Bücheler, Rhein. Mus. 33, 16. 17. 3) Poludektes, Poludegmon, Agesilaos (Kaibel, ep. gr. 195; s. Preller, Dem. u. Pers. 192; Welcker, Götterl. 2, 482), Eukles (s. Bücheler, Rhein. Mus. 36, 332 f.) -- Eukolos (entsprechend jenem Eukoline) fällt als Bei- name des Hades fort, wenn Köhler, C. I. A. II 3, 1529 richtig umschreibt Edulos -- Eukolou. 4) Cult des Zeus Eubouleus auf Amorgos, Paros (Inss. cit. von Fon-
cart, bull. de corresp. hell. 7, 402), des Zeus Bouleus auf Mykonos (Dittenb., Syll. 373, 18), des Euboulos (ursprünglich Beiname des Hades: Orph. Hymn. 18, 12) in Eleusis (neben o theos, e thea): Dittenb., Syll. Häufiger als unter diesem allgemeinsten und erhabensten ξένῳ οὐ ϑέμις (ὑπὲρ καρπῶν gehört zu Διὶ etc., wie der auf dem Stein vor ὑπὲρ angebrachte Trennungsstrich beweist: s. Bull. de corresp. hellén. 1888, p. 460 f.). — Zeugnisse dieser Art lassen am deutlichsten erkennen, wie unrichtig es wäre, aus dem „Begriffe des Chthonischen“ alle Segens- kräfte auszuschliessen und das Chthonische lediglich als eine Macht des Todes und der Vernichtung in Natur- und Menschenwelt aufzufassen, mit H. D. Müller (dem denn auch jene Stelle der Ἔργα böse Schwierigkeiten macht: Mythol. d. griech. St. 2, 40). Nach einem abstract zu formulirenden Begriff des Chthonischen wird man überhaupt nicht zu suchen haben; fällt aber die segnende und belebende Thätigkeit auch noch in die Natur der χϑόνιοι als solcher, so fällt freilich H. D. Müllers scharfsinnig er- sonnene und verfochtene Theorie dahin, nach welcher das Chthonische nur Eine Seite des Wesens gewisser Gottheiten ausmachen soll, welche daneben noch eine andere, positiv schaffende und segnende, olympische Seite haben. 1) Ζεὺς χϑόνιος zu Korinth: Paus. 2, 2, 8; zu Olympia: Paus. 5, 14, 8. 2) So heisst Persephone Ἁγνή, Δέσποινα u. s. w. (Lehrs, Popul. Aufs. 288), Hekate Καλλίστη, Εὐκολίνη (κατ̕ ἀντίφρασιν, ἡ μἠ οὖσα εὔκολος Et. M.), die Erinyen Σεμναί, Εὐμενίδες; ihre Mutter Εὐωνύμη (= Γῆ): Ister in Schol. Soph. O. C. 42 (aus gleicher Quelle Schol. Aeschin. 1, 188) u. s. w. Vgl. Bücheler, Rhein. Mus. 33, 16. 17. 3) Πολυδέκτης, Πολυδέγμων, Ἀγησίλαος (Kaibel, ep. gr. 195; s. Preller, Dem. u. Pers. 192; Welcker, Götterl. 2, 482), Εὐκλῆς (s. Bücheler, Rhein. Mus. 36, 332 f.) — Εὔκολος (entsprechend jenem Εὐκολίνη) fällt als Bei- name des Hades fort, wenn Köhler, C. I. A. II 3, 1529 richtig umschreibt Ἡδύλος — Εὐκόλου. 4) Cult des Ζεὺς Εὐβουλεύς auf Amorgos, Paros (Inss. cit. von Fon-
cart, bull. de corresp. hell. 7, 402), des Ζεὺς Βουλεύς auf Mykonos (Dittenb., Syll. 373, 18), des Εὔβουλος (ursprünglich Beiname des Hades: Orph. Hymn. 18, 12) in Eleusis (neben ὁ ϑεός, ἡ ϑεά): Dittenb., Syll. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0208" n="192"/> <p>Häufiger als unter diesem allgemeinsten und erhabensten<lb/> Namen<note place="foot" n="1)">Ζεὺς χϑόνιος zu Korinth: Paus. 2, 2, 8; zu Olympia: Paus. 5,<lb/> 14, 8.</note> begegnet uns dieser Gott der Lebenden und Todten<lb/> unter mancherlei Verhüllungen. Man nannte die Gottheiten<lb/> der Erdtiefe am liebsten mit freundlichen Schmeichelnamen,<lb/> die zu Gunsten des Erhabenen oder des Segensreichen ihres<lb/> Waltens das Grauen, das die andere Seite ihres Wesens er-<lb/> regte, mit begütigendem Euphemismus verschleierten<note place="foot" n="2)">So heisst Persephone Ἁγνή, Δέσποινα u. s. w. (Lehrs, <hi rendition="#i">Popul. Aufs.</hi><lb/> 288), Hekate Καλλίστη, Εὐκολίνη (κατ̕ ἀντίφρασιν, ἡ μἠ οὖσα εὔκολος Et.<lb/> M.), die Erinyen Σεμναί, Εὐμενίδες; ihre Mutter Εὐωνύμη (= Γῆ): Ister<lb/> in Schol. Soph. <hi rendition="#i">O. C.</hi> 42 (aus gleicher Quelle Schol. Aeschin. 1, 188)<lb/> u. s. w. Vgl. Bücheler, <hi rendition="#i">Rhein. Mus.</hi> 33, 16. 17.</note>. So hatte<lb/> Hades viele wohlklingende Benennungen und Beinamen<note place="foot" n="3)">Πολυδέκτης, Πολυδέγμων, Ἀγησίλαος (Kaibel, <hi rendition="#i">ep. gr.</hi> 195; s. Preller,<lb/><hi rendition="#i">Dem. u. Pers.</hi> 192; Welcker, <hi rendition="#i">Götterl.</hi> 2, 482), Εὐκλῆς (s. Bücheler, <hi rendition="#i">Rhein.<lb/> Mus.</hi> 36, 332 f.) — Εὔκολος (entsprechend jenem Εὐκολίνη) fällt als Bei-<lb/> name des Hades fort, wenn Köhler, <hi rendition="#i">C. I. A.</hi> II 3, 1529 richtig umschreibt<lb/> Ἡδύλος — Εὐκόλου.</note>; so<lb/> verehrte man den unterirdischen Zeus an vielen Orten unter<lb/> dem Namen des Zeus Eubuleus, Buleus<note xml:id="seg2pn_53_1" next="#seg2pn_53_2" place="foot" n="4)">Cult des Ζεὺς Εὐβουλεύς auf Amorgos, Paros (Inss. cit. von Fon-<lb/> cart, <hi rendition="#i">bull. de corresp. hell.</hi> 7, 402), des Ζεὺς Βουλεύς auf Mykonos<lb/> (Dittenb., <hi rendition="#i">Syll.</hi> 373, 18), des Εὔβουλος (ursprünglich Beiname des Hades:<lb/> Orph. Hymn. 18, 12) in Eleusis (neben ὁ ϑεός, ἡ ϑεά): Dittenb., <hi rendition="#i">Syll.</hi></note>, anderswo, besonders<lb/><note xml:id="seg2pn_52_2" prev="#seg2pn_52_1" place="foot" n="3)">ξένῳ οὐ ϑέμις (ὑπὲρ καρπῶν gehört zu Διὶ etc., wie der auf dem Stein vor<lb/> ὑπὲρ angebrachte Trennungsstrich beweist: s. Bull. <hi rendition="#i">de corresp. hellén.</hi><lb/> 1888, p. 460 f.). — Zeugnisse dieser Art lassen am deutlichsten erkennen,<lb/> wie unrichtig es wäre, aus dem „Begriffe des Chthonischen“ alle Segens-<lb/> kräfte auszuschliessen und das Chthonische lediglich als eine Macht des<lb/> Todes und der Vernichtung in Natur- und Menschenwelt aufzufassen, mit<lb/> H. D. Müller (dem denn auch jene Stelle der Ἔργα böse Schwierigkeiten<lb/> macht: <hi rendition="#i">Mythol. d. griech. St.</hi> 2, 40). Nach einem abstract zu formulirenden<lb/><hi rendition="#g">Begriff</hi> des Chthonischen wird man überhaupt nicht zu suchen haben;<lb/> fällt aber die segnende und belebende Thätigkeit auch noch in die Natur<lb/> der χϑόνιοι als solcher, so fällt freilich H. D. Müllers scharfsinnig er-<lb/> sonnene und verfochtene Theorie dahin, nach welcher das Chthonische<lb/> nur Eine Seite des Wesens gewisser Gottheiten ausmachen soll, welche<lb/> daneben noch eine andere, positiv schaffende und segnende, olympische<lb/> Seite haben.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [192/0208]
Häufiger als unter diesem allgemeinsten und erhabensten
Namen 1) begegnet uns dieser Gott der Lebenden und Todten
unter mancherlei Verhüllungen. Man nannte die Gottheiten
der Erdtiefe am liebsten mit freundlichen Schmeichelnamen,
die zu Gunsten des Erhabenen oder des Segensreichen ihres
Waltens das Grauen, das die andere Seite ihres Wesens er-
regte, mit begütigendem Euphemismus verschleierten 2). So hatte
Hades viele wohlklingende Benennungen und Beinamen 3); so
verehrte man den unterirdischen Zeus an vielen Orten unter
dem Namen des Zeus Eubuleus, Buleus 4), anderswo, besonders
3)
1) Ζεὺς χϑόνιος zu Korinth: Paus. 2, 2, 8; zu Olympia: Paus. 5,
14, 8.
2) So heisst Persephone Ἁγνή, Δέσποινα u. s. w. (Lehrs, Popul. Aufs.
288), Hekate Καλλίστη, Εὐκολίνη (κατ̕ ἀντίφρασιν, ἡ μἠ οὖσα εὔκολος Et.
M.), die Erinyen Σεμναί, Εὐμενίδες; ihre Mutter Εὐωνύμη (= Γῆ): Ister
in Schol. Soph. O. C. 42 (aus gleicher Quelle Schol. Aeschin. 1, 188)
u. s. w. Vgl. Bücheler, Rhein. Mus. 33, 16. 17.
3) Πολυδέκτης, Πολυδέγμων, Ἀγησίλαος (Kaibel, ep. gr. 195; s. Preller,
Dem. u. Pers. 192; Welcker, Götterl. 2, 482), Εὐκλῆς (s. Bücheler, Rhein.
Mus. 36, 332 f.) — Εὔκολος (entsprechend jenem Εὐκολίνη) fällt als Bei-
name des Hades fort, wenn Köhler, C. I. A. II 3, 1529 richtig umschreibt
Ἡδύλος — Εὐκόλου.
4) Cult des Ζεὺς Εὐβουλεύς auf Amorgos, Paros (Inss. cit. von Fon-
cart, bull. de corresp. hell. 7, 402), des Ζεὺς Βουλεύς auf Mykonos
(Dittenb., Syll. 373, 18), des Εὔβουλος (ursprünglich Beiname des Hades:
Orph. Hymn. 18, 12) in Eleusis (neben ὁ ϑεός, ἡ ϑεά): Dittenb., Syll.
3) ξένῳ οὐ ϑέμις (ὑπὲρ καρπῶν gehört zu Διὶ etc., wie der auf dem Stein vor
ὑπὲρ angebrachte Trennungsstrich beweist: s. Bull. de corresp. hellén.
1888, p. 460 f.). — Zeugnisse dieser Art lassen am deutlichsten erkennen,
wie unrichtig es wäre, aus dem „Begriffe des Chthonischen“ alle Segens-
kräfte auszuschliessen und das Chthonische lediglich als eine Macht des
Todes und der Vernichtung in Natur- und Menschenwelt aufzufassen, mit
H. D. Müller (dem denn auch jene Stelle der Ἔργα böse Schwierigkeiten
macht: Mythol. d. griech. St. 2, 40). Nach einem abstract zu formulirenden
Begriff des Chthonischen wird man überhaupt nicht zu suchen haben;
fällt aber die segnende und belebende Thätigkeit auch noch in die Natur
der χϑόνιοι als solcher, so fällt freilich H. D. Müllers scharfsinnig er-
sonnene und verfochtene Theorie dahin, nach welcher das Chthonische
nur Eine Seite des Wesens gewisser Gottheiten ausmachen soll, welche
daneben noch eine andere, positiv schaffende und segnende, olympische
Seite haben.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |