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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Diese besondere Art der Heroenverehrung wird denn auch,
wo genau geredet wird, nicht mit demselben Worte wie die
Opfer für Götter bezeichnet 1). Bei besonderen Gelegenheiten
wird den Heroen ein Opfermahl aus gekochten Speisen hin-
gestellt, zu dem man sie zu Gaste ladet 2); sie sind in Erden-
nähe, nicht braucht man ihnen, wie den Olympiern, den Duft
der Opfergaben im Dampf nach oben zu schicken.

Dieses Opferritual ist gerade da, wo es von dem bei Ver-
ehrung der olympischen Götter üblichen verschieden ist, fast
völlig identisch mit der Weise, in der man die im Inneren der
Erde wohnenden Gottheiten und in späterer Zeit auch die
Seelen verstorbener Menschen verehrte; es wird voll verständ-
lich, wenn wir die Heroen als nahe verwandt den chthonischen
Göttern einerseits, den Todten andererseits erkennen. In der
That sind sie nichts anderes als die Geister verstorbener
Menschen, die im Inneren der Erde wohnen, ewig leben gleich
den Göttern da drunten und diesen an Macht nahe kommen.
Deutlich bezeichnet ihre Natur als verstorbener, aber der Em-
pfindung nicht beraubter Helden der Vorzeit eine Art der
Verehrung, die ihnen und ursprünglich nur ihnen dargebracht
wurde, die in regelmässiger Wiederkehr alljährlich gefeierten
Leichenspiele.

Wettkämpfe der Fürsten beim Begräbniss eines vornehmen
Todten kennt Homer: wir haben sie unter den, in epischer
Darstellung erhaltenen Ueberresten alten gewaltigen Seelen-

cultu p. 6 daran fest, dass die enagismata für Heroen olokautomata ge-
wesen seien.
1) enagizein für Heroen, thuein für Götter. Genau ist im Sprachge-
brauch namentlich Pausanias, aber auch er, und selbst Herodot, sagt wohl
einmal thuein, wo enagizein das Richtigere wäre (z. B. Her. 7, 117: to
Artakhaie thuousi Akanthioi os eroi). Andere setzen vielfach thuein statt
enagizein, welches als der speciellere Begriff unter thuein als allgemeinere
Bezeichnung des Opferns überhaupt subsumirt werden kann.
2) Vgl. Deneken, de theoxeniis (Berl. 1881), cap. I; Wassner a. a. O.
p. 12. -- Den solcher Art des Opfers zu Grunde liegenden Gedanken
lassen Aeusserungen naiver Völker erkennen. Vgl. Reville, les rel. des
peuples non-civilises
1, 73.

Diese besondere Art der Heroenverehrung wird denn auch,
wo genau geredet wird, nicht mit demselben Worte wie die
Opfer für Götter bezeichnet 1). Bei besonderen Gelegenheiten
wird den Heroen ein Opfermahl aus gekochten Speisen hin-
gestellt, zu dem man sie zu Gaste ladet 2); sie sind in Erden-
nähe, nicht braucht man ihnen, wie den Olympiern, den Duft
der Opfergaben im Dampf nach oben zu schicken.

Dieses Opferritual ist gerade da, wo es von dem bei Ver-
ehrung der olympischen Götter üblichen verschieden ist, fast
völlig identisch mit der Weise, in der man die im Inneren der
Erde wohnenden Gottheiten und in späterer Zeit auch die
Seelen verstorbener Menschen verehrte; es wird voll verständ-
lich, wenn wir die Heroen als nahe verwandt den chthonischen
Göttern einerseits, den Todten andererseits erkennen. In der
That sind sie nichts anderes als die Geister verstorbener
Menschen, die im Inneren der Erde wohnen, ewig leben gleich
den Göttern da drunten und diesen an Macht nahe kommen.
Deutlich bezeichnet ihre Natur als verstorbener, aber der Em-
pfindung nicht beraubter Helden der Vorzeit eine Art der
Verehrung, die ihnen und ursprünglich nur ihnen dargebracht
wurde, die in regelmässiger Wiederkehr alljährlich gefeierten
Leichenspiele.

Wettkämpfe der Fürsten beim Begräbniss eines vornehmen
Todten kennt Homer: wir haben sie unter den, in epischer
Darstellung erhaltenen Ueberresten alten gewaltigen Seelen-

cultu p. 6 daran fest, dass die ἐναγίσματα für Heroen ὁλοκαυτώματα ge-
wesen seien.
1) ἐναγίζειν für Heroen, ϑύειν für Götter. Genau ist im Sprachge-
brauch namentlich Pausanias, aber auch er, und selbst Herodot, sagt wohl
einmal ϑύειν, wo ἐναγίζειν das Richtigere wäre (z. B. Her. 7, 117: τῷ
Ἀρταχαίῃ ϑύουσι Ἀκάνϑιοι ὡς ἥρωι). Andere setzen vielfach ϑύειν statt
ἐναγίζειν, welches als der speciellere Begriff unter ϑύειν als allgemeinere
Bezeichnung des Opferns überhaupt subsumirt werden kann.
2) Vgl. Deneken, de theoxeniis (Berl. 1881), cap. I; Wassner a. a. O.
p. 12. — Den solcher Art des Opfers zu Grunde liegenden Gedanken
lassen Aeusserungen naiver Völker erkennen. Vgl. Réville, les rel. des
peuples non-civilisés
1, 73.
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[140/0156] Diese besondere Art der Heroenverehrung wird denn auch, wo genau geredet wird, nicht mit demselben Worte wie die Opfer für Götter bezeichnet 1). Bei besonderen Gelegenheiten wird den Heroen ein Opfermahl aus gekochten Speisen hin- gestellt, zu dem man sie zu Gaste ladet 2); sie sind in Erden- nähe, nicht braucht man ihnen, wie den Olympiern, den Duft der Opfergaben im Dampf nach oben zu schicken. Dieses Opferritual ist gerade da, wo es von dem bei Ver- ehrung der olympischen Götter üblichen verschieden ist, fast völlig identisch mit der Weise, in der man die im Inneren der Erde wohnenden Gottheiten und in späterer Zeit auch die Seelen verstorbener Menschen verehrte; es wird voll verständ- lich, wenn wir die Heroen als nahe verwandt den chthonischen Göttern einerseits, den Todten andererseits erkennen. In der That sind sie nichts anderes als die Geister verstorbener Menschen, die im Inneren der Erde wohnen, ewig leben gleich den Göttern da drunten und diesen an Macht nahe kommen. Deutlich bezeichnet ihre Natur als verstorbener, aber der Em- pfindung nicht beraubter Helden der Vorzeit eine Art der Verehrung, die ihnen und ursprünglich nur ihnen dargebracht wurde, die in regelmässiger Wiederkehr alljährlich gefeierten Leichenspiele. Wettkämpfe der Fürsten beim Begräbniss eines vornehmen Todten kennt Homer: wir haben sie unter den, in epischer Darstellung erhaltenen Ueberresten alten gewaltigen Seelen- 7) 1) ἐναγίζειν für Heroen, ϑύειν für Götter. Genau ist im Sprachge- brauch namentlich Pausanias, aber auch er, und selbst Herodot, sagt wohl einmal ϑύειν, wo ἐναγίζειν das Richtigere wäre (z. B. Her. 7, 117: τῷ Ἀρταχαίῃ ϑύουσι Ἀκάνϑιοι ὡς ἥρωι). Andere setzen vielfach ϑύειν statt ἐναγίζειν, welches als der speciellere Begriff unter ϑύειν als allgemeinere Bezeichnung des Opferns überhaupt subsumirt werden kann. 2) Vgl. Deneken, de theoxeniis (Berl. 1881), cap. I; Wassner a. a. O. p. 12. — Den solcher Art des Opfers zu Grunde liegenden Gedanken lassen Aeusserungen naiver Völker erkennen. Vgl. Réville, les rel. des peuples non-civilisés 1, 73. 7) cultu p. 6 daran fest, dass die ἐναγίσματα für Heroen ὁλοκαυτώματα ge- wesen seien.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/156>, abgerufen am 25.11.2024.