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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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ehrte hatte keine Aehnlichkeit mit dem zarten Jüngling, von
dessen Liebesbund mit Apollo, Tod durch einen Diskoswurf
des Gottes und Verwandlung in eine Blume Dichter der helle-
nistischen Zeit eine, aus lauter geläufigen Motiven zusammen-
gesetzte, fast aller localen Beziehungen baare Fabel erzählen 1).
Die Bildwerke an jenem Altare stellten unter mancherlei
Göttern und Heroen den Hyakinthos dar, wie er sammt seiner
Schwester Polyboia in den Himmel hinaufgetragen wurde (wo-
mit die Verwandlungsfabel nicht stimmen will), und zwar war
er bärtig dargestellt, also nicht als jener geliebte Knabe des
Apoll, sondern als reifer Mann (von dessen Töchtern zudem
andere Sagen berichten 2]). Von der ächten Sage von diesem

voraus, zu dem man die Gaben hinabgiesst oder wirft (wie in die megara
der Demeter und Kore u. s. w.).
1) Die Hyakinthossage in der geläufigen Form findet sich bei
Dichtern hellenistischer Zeit und ihren Nachahmern: Nikander, Bion, Ovid
u. s. w.; schon Simmias und Euphorion hatten sie erzählt (S. Welcker,
Kl. Schr. 1, 24 ff.; vgl. G. Knaack, Anal. Alexandrino-romana p. 60 ff.).
Sie mag wohl in frühere Zeit hinaufreichen: vom Tode des H. durch
Apolls Diskoswurf redet schon Eurip. Hel. 1472 ff., wenn auch noch
nicht von der Liebe des Apoll zum H. So wie sie gewöhnlich erzählt
wird, und wohl schon von Nikias vorausgesetzt wurde, hat die Sage keine
Localfarbe und wohl auch keinen Localsagengehalt, selbst ätiologisch ist
sie nicht, da sie nur im Allgemeinsten den traurigen Charakter des Hya-
kinthosfestes motiviren könnte, nicht deren besondere Gebräuche. Es ist
eine erotische Sage, in eine Verwandlung auslaufend, wie so viele andere,
im Gehalt allerdings mit den Sagen von Linos u. a. verwandt, mit denen
man sie zu vergleichen (und, nach beliebtem Schema, als allegorische Dar-
stellung der Vernichtung der Frühlingsblüthe durch die Sonnengluth zu
deuten) pflegt. Es ist eben eine geläufige Sagenwendung (der Tod durch
Diskoswurf auch z. B. in der Geschichte des Akrisios, des Kanobos).
Unbekannt ist, wie weit die Blume Hyakinthos wirklich eine Beziehung
auf den amykläischen Hyakinthos hatte (vgl. Hemsterhus. Lucian. Bip. 2,
p. 291), vielleicht gar keine (man verwandte keine Hyacinthen an den
Hyakinthien); die Namensgleichheit konnte den hellenistischen Dichtern
zur Ausschmückung ihrer Verwandlungssage genügen.
2] Die `Uakinthides in Athen galten für Töchter des (seltsamer Weise
nach Athen gekommenen) Hyakinthos "des Lakedämoniers", d. h. eben des
in Amyklae begrabenen. S. Steph. Byz. s. Lousia; Harpocrat. s. `Uakinthides;
Apollod. 3, 15, 8, 5. 6; Hygin. fab. 238 (Phanodem. bei Suidas s. Parthenoi
setzt willkürlich die `Uakinthides den `Uades oder Töchtern des Erechtheus
Rohde, Seelencult. 9

ehrte hatte keine Aehnlichkeit mit dem zarten Jüngling, von
dessen Liebesbund mit Apollo, Tod durch einen Diskoswurf
des Gottes und Verwandlung in eine Blume Dichter der helle-
nistischen Zeit eine, aus lauter geläufigen Motiven zusammen-
gesetzte, fast aller localen Beziehungen baare Fabel erzählen 1).
Die Bildwerke an jenem Altare stellten unter mancherlei
Göttern und Heroen den Hyakinthos dar, wie er sammt seiner
Schwester Polyboia in den Himmel hinaufgetragen wurde (wo-
mit die Verwandlungsfabel nicht stimmen will), und zwar war
er bärtig dargestellt, also nicht als jener geliebte Knabe des
Apoll, sondern als reifer Mann (von dessen Töchtern zudem
andere Sagen berichten 2]). Von der ächten Sage von diesem

voraus, zu dem man die Gaben hinabgiesst oder wirft (wie in die μέγαρα
der Demeter und Kore u. s. w.).
1) Die Hyakinthossage in der geläufigen Form findet sich bei
Dichtern hellenistischer Zeit und ihren Nachahmern: Nikander, Bion, Ovid
u. s. w.; schon Simmias und Euphorion hatten sie erzählt (S. Welcker,
Kl. Schr. 1, 24 ff.; vgl. G. Knaack, Anal. Alexandrino-romana p. 60 ff.).
Sie mag wohl in frühere Zeit hinaufreichen: vom Tode des H. durch
Apolls Diskoswurf redet schon Eurip. Hel. 1472 ff., wenn auch noch
nicht von der Liebe des Apoll zum H. So wie sie gewöhnlich erzählt
wird, und wohl schon von Nikias vorausgesetzt wurde, hat die Sage keine
Localfarbe und wohl auch keinen Localsagengehalt, selbst ätiologisch ist
sie nicht, da sie nur im Allgemeinsten den traurigen Charakter des Hya-
kinthosfestes motiviren könnte, nicht deren besondere Gebräuche. Es ist
eine erotische Sage, in eine Verwandlung auslaufend, wie so viele andere,
im Gehalt allerdings mit den Sagen von Linos u. a. verwandt, mit denen
man sie zu vergleichen (und, nach beliebtem Schema, als allegorische Dar-
stellung der Vernichtung der Frühlingsblüthe durch die Sonnengluth zu
deuten) pflegt. Es ist eben eine geläufige Sagenwendung (der Tod durch
Diskoswurf auch z. B. in der Geschichte des Akrisios, des Kanobos).
Unbekannt ist, wie weit die Blume Hyakinthos wirklich eine Beziehung
auf den amykläischen Hyakinthos hatte (vgl. Hemsterhus. Lucian. Bip. 2,
p. 291), vielleicht gar keine (man verwandte keine Hyacinthen an den
Hyakinthien); die Namensgleichheit konnte den hellenistischen Dichtern
zur Ausschmückung ihrer Verwandlungssage genügen.
2] Die ῾ϒακινϑίδες in Athen galten für Töchter des (seltsamer Weise
nach Athen gekommenen) Hyakinthos „des Lakedämoniers“, d. h. eben des
in Amyklae begrabenen. S. Steph. Byz. s. Λουσία; Harpocrat. s. ῾ϒακινϑίδες;
Apollod. 3, 15, 8, 5. 6; Hygin. fab. 238 (Phanodem. bei Suidas s. Παρϑένοι
setzt willkürlich die ῾ϒακινϑίδες den ῾ϒάδες oder Töchtern des Erechtheus
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[129/0145] ehrte hatte keine Aehnlichkeit mit dem zarten Jüngling, von dessen Liebesbund mit Apollo, Tod durch einen Diskoswurf des Gottes und Verwandlung in eine Blume Dichter der helle- nistischen Zeit eine, aus lauter geläufigen Motiven zusammen- gesetzte, fast aller localen Beziehungen baare Fabel erzählen 1). Die Bildwerke an jenem Altare stellten unter mancherlei Göttern und Heroen den Hyakinthos dar, wie er sammt seiner Schwester Polyboia in den Himmel hinaufgetragen wurde (wo- mit die Verwandlungsfabel nicht stimmen will), und zwar war er bärtig dargestellt, also nicht als jener geliebte Knabe des Apoll, sondern als reifer Mann (von dessen Töchtern zudem andere Sagen berichten 2]). Von der ächten Sage von diesem 2) 1) Die Hyakinthossage in der geläufigen Form findet sich bei Dichtern hellenistischer Zeit und ihren Nachahmern: Nikander, Bion, Ovid u. s. w.; schon Simmias und Euphorion hatten sie erzählt (S. Welcker, Kl. Schr. 1, 24 ff.; vgl. G. Knaack, Anal. Alexandrino-romana p. 60 ff.). Sie mag wohl in frühere Zeit hinaufreichen: vom Tode des H. durch Apolls Diskoswurf redet schon Eurip. Hel. 1472 ff., wenn auch noch nicht von der Liebe des Apoll zum H. So wie sie gewöhnlich erzählt wird, und wohl schon von Nikias vorausgesetzt wurde, hat die Sage keine Localfarbe und wohl auch keinen Localsagengehalt, selbst ätiologisch ist sie nicht, da sie nur im Allgemeinsten den traurigen Charakter des Hya- kinthosfestes motiviren könnte, nicht deren besondere Gebräuche. Es ist eine erotische Sage, in eine Verwandlung auslaufend, wie so viele andere, im Gehalt allerdings mit den Sagen von Linos u. a. verwandt, mit denen man sie zu vergleichen (und, nach beliebtem Schema, als allegorische Dar- stellung der Vernichtung der Frühlingsblüthe durch die Sonnengluth zu deuten) pflegt. Es ist eben eine geläufige Sagenwendung (der Tod durch Diskoswurf auch z. B. in der Geschichte des Akrisios, des Kanobos). Unbekannt ist, wie weit die Blume Hyakinthos wirklich eine Beziehung auf den amykläischen Hyakinthos hatte (vgl. Hemsterhus. Lucian. Bip. 2, p. 291), vielleicht gar keine (man verwandte keine Hyacinthen an den Hyakinthien); die Namensgleichheit konnte den hellenistischen Dichtern zur Ausschmückung ihrer Verwandlungssage genügen. 2] Die ῾ϒακινϑίδες in Athen galten für Töchter des (seltsamer Weise nach Athen gekommenen) Hyakinthos „des Lakedämoniers“, d. h. eben des in Amyklae begrabenen. S. Steph. Byz. s. Λουσία; Harpocrat. s. ῾ϒακινϑίδες; Apollod. 3, 15, 8, 5. 6; Hygin. fab. 238 (Phanodem. bei Suidas s. Παρϑένοι setzt willkürlich die ῾ϒακινϑίδες den ῾ϒάδες oder Töchtern des Erechtheus 2) voraus, zu dem man die Gaben hinabgiesst oder wirft (wie in die μέγαρα der Demeter und Kore u. s. w.). Rohde, Seelencult. 9

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/145>, abgerufen am 22.11.2024.