ist, mit Pfropfwachs oder Leimen bestrichen und fest gebunden. Im zweyten folgenden Frühling, oder nächsten Jahren, ist sie ange- wachsen, und wird von ihrem Mutterstocke abgelöst und der Stock, in den sie gepfropft worden, über ihr abgeschnitten. Will man aber ein schon abgeschnittenes Reiß pfropfen, so bohrt man den Stock nicht ganz durch, son- dern nur bis ans Mark, schabt die Rinde vom Reiß so weit ab, als das Reiß hinein kommt, steckt es in dieses Loch, bestreicht und verbindet es, und schneidet den Stock über dem Reiß ab; in beyden Fällen läßt man der durchgehenden Ruthe oder Reiße nur zwey Au- gen, und wählt dazu gern zwey- bis dreyjäh- riges Holz. Auch in Frankreich ist diese Art zu pfropfen jetzt gewöhnlich wiewohl man doch dort das Pfropfen in den Spalt der Wurzel vorzieht.
Die dritte Art zu pfropfen ist das Ocu- liren, welches Hr. Henne in der Abhandlung von der Obstbaumschule beschrieben hat q). Man schneidet die Stange, Schenkel oder Ruthe schief, so, wie man es beym Be- schneiden der Ruthen macht; nimmt sodann ein eben so dickes Holz von einem andern Sto- cke, und schneidet es eben so, daß es auf den ersten schiefen Schnitt paßt. Diese Art zu
pfro-
q) Es findet sich auch in dem ökonomischen Kalen- der von 1778, den Hr. Sprenger besorgt.
iſt, mit Pfropfwachs oder Leimen beſtrichen und feſt gebunden. Im zweyten folgenden Fruͤhling, oder naͤchſten Jahren, iſt ſie ange- wachſen, und wird von ihrem Mutterſtocke abgeloͤſt und der Stock, in den ſie gepfropft worden, uͤber ihr abgeſchnitten. Will man aber ein ſchon abgeſchnittenes Reiß pfropfen, ſo bohrt man den Stock nicht ganz durch, ſon- dern nur bis ans Mark, ſchabt die Rinde vom Reiß ſo weit ab, als das Reiß hinein kommt, ſteckt es in dieſes Loch, beſtreicht und verbindet es, und ſchneidet den Stock uͤber dem Reiß ab; in beyden Faͤllen laͤßt man der durchgehenden Ruthe oder Reiße nur zwey Au- gen, und waͤhlt dazu gern zwey- bis dreyjaͤh- riges Holz. Auch in Frankreich iſt dieſe Art zu pfropfen jetzt gewoͤhnlich wiewohl man doch dort das Pfropfen in den Spalt der Wurzel vorzieht.
Die dritte Art zu pfropfen iſt das Ocu- liren, welches Hr. Henne in der Abhandlung von der Obſtbaumſchule beſchrieben hat q). Man ſchneidet die Stange, Schenkel oder Ruthe ſchief, ſo, wie man es beym Be- ſchneiden der Ruthen macht; nimmt ſodann ein eben ſo dickes Holz von einem andern Sto- cke, und ſchneidet es eben ſo, daß es auf den erſten ſchiefen Schnitt paßt. Dieſe Art zu
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q) Es findet ſich auch in dem oͤkonomiſchen Kalen- der von 1778, den Hr. Sprenger beſorgt.
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iſt, mit Pfropfwachs oder Leimen beſtrichen
und feſt gebunden. Im zweyten folgenden
Fruͤhling, oder naͤchſten Jahren, iſt ſie ange-
wachſen, und wird von ihrem Mutterſtocke
abgeloͤſt und der Stock, in den ſie gepfropft
worden, uͤber ihr abgeſchnitten. Will man
aber ein ſchon abgeſchnittenes Reiß pfropfen,
ſo bohrt man den Stock nicht ganz durch, ſon-
dern nur bis ans Mark, ſchabt die Rinde
vom Reiß ſo weit ab, als das Reiß hinein
kommt, ſteckt es in dieſes Loch, beſtreicht und
verbindet es, und ſchneidet den Stock uͤber
dem Reiß ab; in beyden Faͤllen laͤßt man der
durchgehenden Ruthe oder Reiße nur zwey Au-
gen, und waͤhlt dazu gern zwey- bis dreyjaͤh-
riges Holz. Auch in Frankreich iſt dieſe Art
zu pfropfen jetzt gewoͤhnlich wiewohl man doch
dort das Pfropfen in den Spalt der Wurzel
vorzieht.
Die dritte Art zu pfropfen iſt das Ocu-
liren, welches Hr. Henne in der Abhandlung
von der Obſtbaumſchule beſchrieben hat q).
Man ſchneidet die Stange, Schenkel oder
Ruthe ſchief, ſo, wie man es beym Be-
ſchneiden der Ruthen macht; nimmt ſodann
ein eben ſo dickes Holz von einem andern Sto-
cke, und ſchneidet es eben ſo, daß es auf den
erſten ſchiefen Schnitt paßt. Dieſe Art zu
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q) Es findet ſich auch in dem oͤkonomiſchen Kalen-
der von 1778, den Hr. Sprenger beſorgt.
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/192>, abgerufen am 27.11.2024.
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