Gärten und zu Trianon bey Versailles waren noch zu Anfange des jetzigen Jahrhunderts vorzügliche Beyspiele davon c). Man hätte glauben sollen, daß die Wälder, die Deutsch- land erfülleten, den Einwohnern hohe schauer- volle Ideen hätten beybringen sollen, welche sie in ihre Gärten als Nachahmungen der Na- tion verpflanzen würden. Allein fast sollte man glauben, daß eben dieses die Ursache wä- re, warum sie dergleichen Ideen nicht in ihre Gärten aufnahmen, um sich von den Schrecken der Wälder in ihren Gärten zu entfernen. Vielleicht trug auch die Polizey, welche die Wälder häufig ausrottete, um mehreres Land urbar zu machen, etwas dazu bey. Und end- lich war das Clima vielleicht keine geringe Ur- sache hiervon. Der deutsche Himmel war rauher, weil noch viele Länder nicht so be- bauet, viele Sümpfe und Moräste noch nicht ausgetrocknet, und noch so viele Waldungen waren; alles Ursachen eines kältern Clima's. Man suchte also in den deutschen Gärten der Wirkung der wohlthätigen Sonne ihren freyen Lauf zu lassen, und entfernte den vielen Schat- ten aus denselbigen.
Uebrigens war der Gartenbau im 16ten Jahrhunderte in Deutschland schon sehr geehrt; die Baumbelzer wurden unter die
freyen
c) S. den geöffneten Ritterplatz und darinnen die Baumeister-Akademie, C. 3. von Gärten S. 133.
Gaͤrten und zu Trianon bey Verſailles waren noch zu Anfange des jetzigen Jahrhunderts vorzuͤgliche Beyſpiele davon c). Man haͤtte glauben ſollen, daß die Waͤlder, die Deutſch- land erfuͤlleten, den Einwohnern hohe ſchauer- volle Ideen haͤtten beybringen ſollen, welche ſie in ihre Gaͤrten als Nachahmungen der Na- tion verpflanzen wuͤrden. Allein faſt ſollte man glauben, daß eben dieſes die Urſache waͤ- re, warum ſie dergleichen Ideen nicht in ihre Gaͤrten aufnahmen, um ſich von den Schrecken der Waͤlder in ihren Gaͤrten zu entfernen. Vielleicht trug auch die Polizey, welche die Waͤlder haͤufig ausrottete, um mehreres Land urbar zu machen, etwas dazu bey. Und end- lich war das Clima vielleicht keine geringe Ur- ſache hiervon. Der deutſche Himmel war rauher, weil noch viele Laͤnder nicht ſo be- bauet, viele Suͤmpfe und Moraͤſte noch nicht ausgetrocknet, und noch ſo viele Waldungen waren; alles Urſachen eines kaͤltern Clima’s. Man ſuchte alſo in den deutſchen Gaͤrten der Wirkung der wohlthaͤtigen Sonne ihren freyen Lauf zu laſſen, und entfernte den vielen Schat- ten aus denſelbigen.
Uebrigens war der Gartenbau im 16ten Jahrhunderte in Deutſchland ſchon ſehr geehrt; die Baumbelzer wurden unter die
freyen
c) S. den geoͤffneten Ritterplatz und darinnen die Baumeiſter-Akademie, C. 3. von Gaͤrten S. 133.
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[6/0016]
Gaͤrten und zu Trianon bey Verſailles waren
noch zu Anfange des jetzigen Jahrhunderts
vorzuͤgliche Beyſpiele davon c). Man haͤtte
glauben ſollen, daß die Waͤlder, die Deutſch-
land erfuͤlleten, den Einwohnern hohe ſchauer-
volle Ideen haͤtten beybringen ſollen, welche ſie
in ihre Gaͤrten als Nachahmungen der Na-
tion verpflanzen wuͤrden. Allein faſt ſollte
man glauben, daß eben dieſes die Urſache waͤ-
re, warum ſie dergleichen Ideen nicht in ihre
Gaͤrten aufnahmen, um ſich von den Schrecken
der Waͤlder in ihren Gaͤrten zu entfernen.
Vielleicht trug auch die Polizey, welche die
Waͤlder haͤufig ausrottete, um mehreres Land
urbar zu machen, etwas dazu bey. Und end-
lich war das Clima vielleicht keine geringe Ur-
ſache hiervon. Der deutſche Himmel war
rauher, weil noch viele Laͤnder nicht ſo be-
bauet, viele Suͤmpfe und Moraͤſte noch nicht
ausgetrocknet, und noch ſo viele Waldungen
waren; alles Urſachen eines kaͤltern Clima’s.
Man ſuchte alſo in den deutſchen Gaͤrten der
Wirkung der wohlthaͤtigen Sonne ihren freyen
Lauf zu laſſen, und entfernte den vielen Schat-
ten aus denſelbigen.
Uebrigens war der Gartenbau im 16ten
Jahrhunderte in Deutſchland ſchon ſehr
geehrt; die Baumbelzer wurden unter die
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c) S. den geoͤffneten Ritterplatz und darinnen die
Baumeiſter-Akademie, C. 3. von Gaͤrten S. 133.
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/16>, abgerufen am 21.11.2024.
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