Gefilde verlängert, da sie in der Natur mit dem Morgen entflieht; so kann uns diese Verzierung auch das ähnliche Schauspiel vor- stellen, das uns die Sonne, die nach dem warmen Frühlingsregen in den Tropfen wie- derspielt, verschaffet. Sollten Mineralien und Conchilien, wenn sie bey künstlichen Ber- gen oder Anhöhen schichtweise oder einzeln angebracht wären, ohne den guten Ge- schmack durch Künsteleyen zu beleidigen, nicht zu Verschönerungen unsrer Gärten gebraucht werden können, da wir dergleichen Scenen in der Natur und in der Landschaft nicht ohne Vergnügen erblicken? Man geht zu weit, wenn man alle Regelmäßigkeit aus den Gärten ver- drängt, und sie ohne Unterschied verwirft. Eine Regelmäßigkeit, die nicht zur Einför- migkeit wird, vergnügt uns: einförmig und ekelhaft aber wird sie, wenn sie zu ängstlich ist, und wenn sie weit wirksamerer Endzwecke und wahrer Schönheiten uns beraubt: hierin- nen liegt das Ermattende der so häufigen grü- nen Wände.
Man verwirre nicht zu sehr Garten und Landschaft. Der Grundsatz: Ein Garten muß eine Landschaft seyn, ist nicht ganz richtig, sondern ein Garten ist ein von einer Landschaft der Natur unterschiednes Werk, das durch die Kunst geordnet und zusammengesetzt ist, und wozu man aus der ganzen grünenden Na- tur, und also auch aus der Landschaft die ein-
zelnen
Gefilde verlaͤngert, da ſie in der Natur mit dem Morgen entflieht; ſo kann uns dieſe Verzierung auch das aͤhnliche Schauſpiel vor- ſtellen, das uns die Sonne, die nach dem warmen Fruͤhlingsregen in den Tropfen wie- derſpielt, verſchaffet. Sollten Mineralien und Conchilien, wenn ſie bey kuͤnſtlichen Ber- gen oder Anhoͤhen ſchichtweiſe oder einzeln angebracht waͤren, ohne den guten Ge- ſchmack durch Kuͤnſteleyen zu beleidigen, nicht zu Verſchoͤnerungen unſrer Gaͤrten gebraucht werden koͤnnen, da wir dergleichen Scenen in der Natur und in der Landſchaft nicht ohne Vergnuͤgen erblicken? Man geht zu weit, wenn man alle Regelmaͤßigkeit aus den Gaͤrten ver- draͤngt, und ſie ohne Unterſchied verwirft. Eine Regelmaͤßigkeit, die nicht zur Einfoͤr- migkeit wird, vergnuͤgt uns: einfoͤrmig und ekelhaft aber wird ſie, wenn ſie zu aͤngſtlich iſt, und wenn ſie weit wirkſamerer Endzwecke und wahrer Schoͤnheiten uns beraubt: hierin- nen liegt das Ermattende der ſo haͤufigen gruͤ- nen Waͤnde.
Man verwirre nicht zu ſehr Garten und Landſchaft. Der Grundſatz: Ein Garten muß eine Landſchaft ſeyn, iſt nicht ganz richtig, ſondern ein Garten iſt ein von einer Landſchaft der Natur unterſchiednes Werk, das durch die Kunſt geordnet und zuſammengeſetzt iſt, und wozu man aus der ganzen gruͤnenden Na- tur, und alſo auch aus der Landſchaft die ein-
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Gefilde verlaͤngert, da ſie in der Natur mit
dem Morgen entflieht; ſo kann uns dieſe
Verzierung auch das aͤhnliche Schauſpiel vor-
ſtellen, das uns die Sonne, die nach dem
warmen Fruͤhlingsregen in den Tropfen wie-
derſpielt, verſchaffet. Sollten Mineralien
und Conchilien, wenn ſie bey kuͤnſtlichen Ber-
gen oder Anhoͤhen ſchichtweiſe oder einzeln
angebracht waͤren, ohne den guten Ge-
ſchmack durch Kuͤnſteleyen zu beleidigen, nicht
zu Verſchoͤnerungen unſrer Gaͤrten gebraucht
werden koͤnnen, da wir dergleichen Scenen in
der Natur und in der Landſchaft nicht ohne
Vergnuͤgen erblicken? Man geht zu weit, wenn
man alle Regelmaͤßigkeit aus den Gaͤrten ver-
draͤngt, und ſie ohne Unterſchied verwirft.
Eine Regelmaͤßigkeit, die nicht zur Einfoͤr-
migkeit wird, vergnuͤgt uns: einfoͤrmig und
ekelhaft aber wird ſie, wenn ſie zu aͤngſtlich
iſt, und wenn ſie weit wirkſamerer Endzwecke
und wahrer Schoͤnheiten uns beraubt: hierin-
nen liegt das Ermattende der ſo haͤufigen gruͤ-
nen Waͤnde.
Man verwirre nicht zu ſehr Garten und
Landſchaft. Der Grundſatz: Ein Garten muß
eine Landſchaft ſeyn, iſt nicht ganz richtig,
ſondern ein Garten iſt ein von einer Landſchaft
der Natur unterſchiednes Werk, das durch
die Kunſt geordnet und zuſammengeſetzt iſt,
und wozu man aus der ganzen gruͤnenden Na-
tur, und alſo auch aus der Landſchaft die ein-
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/153>, abgerufen am 24.11.2024.
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