Beuten wohl gereiniget, und mit dieser Schmin- ke bestrichen sind, so erwartet man mit Verlan- gen die Schwärme. Ehe der Schwarm selbst auszieht, schickt er wohl einige Tage zuvor sei- ne Fourierschützen, die Spurbienen, voraus. Diese gehen denn, durch den starken und an- genehmen Geruch der Bienenschminke gereizt, von einer Beute zur andern, und suchen für ih- re vortreffliche Monarchinn zur Errichtung eines neuen Staats einen bequemen Palast aus. Sie wählen vor andern gern die weichen und körnichten Bäume. Hier geschieht es oft, daß die Spurbienen von verschiedenen Schwärmen zusammen treffen, die für ihre edle Gebieterinn eben diese bequeme Wohnung in Besitz nehmen wollen. Da kommt es denn unter diesen mu- thigen Heldinnen allemal zu großen Scharmü- zeln und hitzigen Gefechten, und die schwä- chern müssen oft mit blutigen Köpfen abziehen. Ueberhaupt ist zu der Zeit der ganze Wald ein Kriegstheater. Haben die Spurbienen nun eine neue Wohnung in Besitz genommen, so schicken sie eine Parthie wieder zurück zu dem abzuziehenden Schwarm, und das Fliegen hin und her währet so lange, bis endlich der ganze Schwarm unter der Anführung ihrer weisen Königinn ausziehet. Ist die Reise weit, so lagern sie sich eine Zeit lang auf andere Bäume, damit ihre Regentinn unterdessen ausruhen kann. Hier werden sie oft von dem Zeidler aufgefaßt, weil er befürchten muß, sie mögten sonst wohl
gar
Beuten wohl gereiniget, und mit dieſer Schmin- ke beſtrichen ſind, ſo erwartet man mit Verlan- gen die Schwaͤrme. Ehe der Schwarm ſelbſt auszieht, ſchickt er wohl einige Tage zuvor ſei- ne Fourierſchuͤtzen, die Spurbienen, voraus. Dieſe gehen denn, durch den ſtarken und an- genehmen Geruch der Bienenſchminke gereizt, von einer Beute zur andern, und ſuchen fuͤr ih- re vortreffliche Monarchinn zur Errichtung eines neuen Staats einen bequemen Palaſt aus. Sie waͤhlen vor andern gern die weichen und koͤrnichten Baͤume. Hier geſchieht es oft, daß die Spurbienen von verſchiedenen Schwaͤrmen zuſammen treffen, die fuͤr ihre edle Gebieterinn eben dieſe bequeme Wohnung in Beſitz nehmen wollen. Da kommt es denn unter dieſen mu- thigen Heldinnen allemal zu großen Scharmuͤ- zeln und hitzigen Gefechten, und die ſchwaͤ- chern muͤſſen oft mit blutigen Koͤpfen abziehen. Ueberhaupt iſt zu der Zeit der ganze Wald ein Kriegstheater. Haben die Spurbienen nun eine neue Wohnung in Beſitz genommen, ſo ſchicken ſie eine Parthie wieder zuruͤck zu dem abzuziehenden Schwarm, und das Fliegen hin und her waͤhret ſo lange, bis endlich der ganze Schwarm unter der Anfuͤhrung ihrer weiſen Koͤniginn ausziehet. Iſt die Reiſe weit, ſo lagern ſie ſich eine Zeit lang auf andere Baͤume, damit ihre Regentinn unterdeſſen ausruhen kann. Hier werden ſie oft von dem Zeidler aufgefaßt, weil er befuͤrchten muß, ſie moͤgten ſonſt wohl
gar
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0377"n="351"/>
Beuten wohl gereiniget, und mit dieſer Schmin-<lb/>
ke beſtrichen ſind, ſo erwartet man mit Verlan-<lb/>
gen die Schwaͤrme. Ehe der Schwarm ſelbſt<lb/>
auszieht, ſchickt er wohl einige Tage zuvor ſei-<lb/>
ne Fourierſchuͤtzen, die Spurbienen, voraus.<lb/>
Dieſe gehen denn, durch den ſtarken und an-<lb/>
genehmen Geruch der Bienenſchminke gereizt,<lb/>
von einer Beute zur andern, und ſuchen fuͤr ih-<lb/>
re vortreffliche Monarchinn zur Errichtung eines<lb/>
neuen Staats einen bequemen Palaſt aus.<lb/>
Sie waͤhlen vor andern gern die weichen und<lb/>
koͤrnichten Baͤume. Hier geſchieht es oft, daß<lb/>
die Spurbienen von verſchiedenen Schwaͤrmen<lb/>
zuſammen treffen, die fuͤr ihre edle Gebieterinn<lb/>
eben dieſe bequeme Wohnung in Beſitz nehmen<lb/>
wollen. Da kommt es denn unter dieſen mu-<lb/>
thigen Heldinnen allemal zu großen Scharmuͤ-<lb/>
zeln und hitzigen Gefechten, und die ſchwaͤ-<lb/>
chern muͤſſen oft mit blutigen Koͤpfen abziehen.<lb/>
Ueberhaupt iſt zu der Zeit der ganze Wald ein<lb/>
Kriegstheater. Haben die Spurbienen nun<lb/>
eine neue Wohnung in Beſitz genommen, ſo<lb/>ſchicken ſie eine Parthie wieder zuruͤck zu dem<lb/>
abzuziehenden Schwarm, und das Fliegen hin<lb/>
und her waͤhret ſo lange, bis endlich der ganze<lb/>
Schwarm unter der Anfuͤhrung ihrer weiſen<lb/>
Koͤniginn ausziehet. Iſt die Reiſe weit, ſo<lb/>
lagern ſie ſich eine Zeit lang auf andere Baͤume,<lb/>
damit ihre Regentinn unterdeſſen ausruhen kann.<lb/>
Hier werden ſie oft von dem Zeidler aufgefaßt,<lb/>
weil er befuͤrchten muß, ſie moͤgten ſonſt wohl<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gar</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[351/0377]
Beuten wohl gereiniget, und mit dieſer Schmin-
ke beſtrichen ſind, ſo erwartet man mit Verlan-
gen die Schwaͤrme. Ehe der Schwarm ſelbſt
auszieht, ſchickt er wohl einige Tage zuvor ſei-
ne Fourierſchuͤtzen, die Spurbienen, voraus.
Dieſe gehen denn, durch den ſtarken und an-
genehmen Geruch der Bienenſchminke gereizt,
von einer Beute zur andern, und ſuchen fuͤr ih-
re vortreffliche Monarchinn zur Errichtung eines
neuen Staats einen bequemen Palaſt aus.
Sie waͤhlen vor andern gern die weichen und
koͤrnichten Baͤume. Hier geſchieht es oft, daß
die Spurbienen von verſchiedenen Schwaͤrmen
zuſammen treffen, die fuͤr ihre edle Gebieterinn
eben dieſe bequeme Wohnung in Beſitz nehmen
wollen. Da kommt es denn unter dieſen mu-
thigen Heldinnen allemal zu großen Scharmuͤ-
zeln und hitzigen Gefechten, und die ſchwaͤ-
chern muͤſſen oft mit blutigen Koͤpfen abziehen.
Ueberhaupt iſt zu der Zeit der ganze Wald ein
Kriegstheater. Haben die Spurbienen nun
eine neue Wohnung in Beſitz genommen, ſo
ſchicken ſie eine Parthie wieder zuruͤck zu dem
abzuziehenden Schwarm, und das Fliegen hin
und her waͤhret ſo lange, bis endlich der ganze
Schwarm unter der Anfuͤhrung ihrer weiſen
Koͤniginn ausziehet. Iſt die Reiſe weit, ſo
lagern ſie ſich eine Zeit lang auf andere Baͤume,
damit ihre Regentinn unterdeſſen ausruhen kann.
Hier werden ſie oft von dem Zeidler aufgefaßt,
weil er befuͤrchten muß, ſie moͤgten ſonſt wohl
gar
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/377>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.