Allein man glaube nicht, daß in diesen Zei- ten, bey der Verachtung der Oekonomie von Sei- ten der Großen und Gelehrten, sie von dem nie- dern Stande auch vergessen und verachtet worden. Woher sonst die vortreffliche Cultur verschiedener Länder? Das Privatinteresse, der Absatz und Handlung machte sie vielen Orten schätzbar, und gab ihr die ämsige Bearbeitung, die ihr kaum die Polizey und die Regierung geben kann. Daher zeichnen sich im 16ten Jahrhunderte die pomme- rischen Gegenden durch ihren Hopfenbau, durch Getraide und Gartenbau, und nicht weniger durch Schafzucht und Manufakturen aus, bis in dem unglücklichen dreyßigjährigen Kriege vieles hier- von zerstört und andern Ländern zu Theil wurde; eben so blühete in dem Landstriche, welcher an Thü- ringen, Franken und Hessen gränzet, und größ- tentheils der Abtey Fulda gehört, der Wiesenbau, so daß wegen der vorzüglichen Huthungen daselbst auch die Viehzucht und sonderlich Schafzucht an- sehnlich war. Es ist dieses das Ländchen Buo- nia, welches Mathis Quaden von Kindelbach in seinem Buch: Deutscher Nation Herrlichkeit -- so rühmt. Die Klosterökonomien waren vorzüg- lich ansehnlich, und was noch gutes von einiger wissenschaftlichen Oekonomie vor und um diese Zeiten zu sagen ist, mußte man meistens daselbst suchen; um so weniger sind alle die Vorwürfe ge- gründet, die man den Geistlichen der damaligen Zeiten unaufhörlich macht. Ganz ist sie indessen nicht freyzusprechen, und was ihr wirklich bey der
Vernach-
A 3
Allein man glaube nicht, daß in dieſen Zei- ten, bey der Verachtung der Oekonomie von Sei- ten der Großen und Gelehrten, ſie von dem nie- dern Stande auch vergeſſen und verachtet worden. Woher ſonſt die vortreffliche Cultur verſchiedener Laͤnder? Das Privatintereſſe, der Abſatz und Handlung machte ſie vielen Orten ſchaͤtzbar, und gab ihr die aͤmſige Bearbeitung, die ihr kaum die Polizey und die Regierung geben kann. Daher zeichnen ſich im 16ten Jahrhunderte die pomme- riſchen Gegenden durch ihren Hopfenbau, durch Getraide und Gartenbau, und nicht weniger durch Schafzucht und Manufakturen aus, bis in dem ungluͤcklichen dreyßigjaͤhrigen Kriege vieles hier- von zerſtoͤrt und andern Laͤndern zu Theil wurde; eben ſo bluͤhete in dem Landſtriche, welcher an Thuͤ- ringen, Franken und Heſſen graͤnzet, und groͤß- tentheils der Abtey Fulda gehoͤrt, der Wieſenbau, ſo daß wegen der vorzuͤglichen Huthungen daſelbſt auch die Viehzucht und ſonderlich Schafzucht an- ſehnlich war. Es iſt dieſes das Laͤndchen Buo- nia, welches Mathis Quaden von Kindelbach in ſeinem Buch: Deutſcher Nation Herrlichkeit — ſo ruͤhmt. Die Kloſteroͤkonomien waren vorzuͤg- lich anſehnlich, und was noch gutes von einiger wiſſenſchaftlichen Oekonomie vor und um dieſe Zeiten zu ſagen iſt, mußte man meiſtens daſelbſt ſuchen; um ſo weniger ſind alle die Vorwuͤrfe ge- gruͤndet, die man den Geiſtlichen der damaligen Zeiten unaufhoͤrlich macht. Ganz iſt ſie indeſſen nicht freyzuſprechen, und was ihr wirklich bey der
Vernach-
A 3
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0031"n="5"/><p>Allein man glaube nicht, daß in dieſen Zei-<lb/>
ten, bey der Verachtung der Oekonomie von Sei-<lb/>
ten der Großen und Gelehrten, ſie von dem nie-<lb/>
dern Stande auch vergeſſen und verachtet worden.<lb/>
Woher ſonſt die vortreffliche Cultur verſchiedener<lb/>
Laͤnder? Das Privatintereſſe, der Abſatz und<lb/>
Handlung machte ſie vielen Orten ſchaͤtzbar, und<lb/>
gab ihr die aͤmſige Bearbeitung, die ihr kaum die<lb/>
Polizey und die Regierung geben kann. Daher<lb/>
zeichnen ſich im 16ten Jahrhunderte die pomme-<lb/>
riſchen Gegenden durch ihren Hopfenbau, durch<lb/>
Getraide und Gartenbau, und nicht weniger durch<lb/>
Schafzucht und Manufakturen aus, bis in dem<lb/>
ungluͤcklichen dreyßigjaͤhrigen Kriege vieles hier-<lb/>
von zerſtoͤrt und andern Laͤndern zu Theil wurde;<lb/>
eben ſo bluͤhete in dem Landſtriche, welcher an Thuͤ-<lb/>
ringen, Franken und Heſſen graͤnzet, und groͤß-<lb/>
tentheils der Abtey Fulda gehoͤrt, der Wieſenbau,<lb/>ſo daß wegen der vorzuͤglichen Huthungen daſelbſt<lb/>
auch die Viehzucht und ſonderlich Schafzucht an-<lb/>ſehnlich war. Es iſt dieſes das Laͤndchen Buo-<lb/>
nia, welches Mathis Quaden von Kindelbach in<lb/>ſeinem Buch: Deutſcher Nation Herrlichkeit —<lb/>ſo ruͤhmt. Die Kloſteroͤkonomien waren vorzuͤg-<lb/>
lich anſehnlich, und was noch gutes von einiger<lb/>
wiſſenſchaftlichen Oekonomie vor und um dieſe<lb/>
Zeiten zu ſagen iſt, mußte man meiſtens daſelbſt<lb/>ſuchen; um ſo weniger ſind alle die Vorwuͤrfe ge-<lb/>
gruͤndet, die man den Geiſtlichen der damaligen<lb/>
Zeiten unaufhoͤrlich macht. Ganz iſt ſie indeſſen<lb/>
nicht freyzuſprechen, und was ihr wirklich bey der<lb/><fwplace="bottom"type="sig">A 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">Vernach-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[5/0031]
Allein man glaube nicht, daß in dieſen Zei-
ten, bey der Verachtung der Oekonomie von Sei-
ten der Großen und Gelehrten, ſie von dem nie-
dern Stande auch vergeſſen und verachtet worden.
Woher ſonſt die vortreffliche Cultur verſchiedener
Laͤnder? Das Privatintereſſe, der Abſatz und
Handlung machte ſie vielen Orten ſchaͤtzbar, und
gab ihr die aͤmſige Bearbeitung, die ihr kaum die
Polizey und die Regierung geben kann. Daher
zeichnen ſich im 16ten Jahrhunderte die pomme-
riſchen Gegenden durch ihren Hopfenbau, durch
Getraide und Gartenbau, und nicht weniger durch
Schafzucht und Manufakturen aus, bis in dem
ungluͤcklichen dreyßigjaͤhrigen Kriege vieles hier-
von zerſtoͤrt und andern Laͤndern zu Theil wurde;
eben ſo bluͤhete in dem Landſtriche, welcher an Thuͤ-
ringen, Franken und Heſſen graͤnzet, und groͤß-
tentheils der Abtey Fulda gehoͤrt, der Wieſenbau,
ſo daß wegen der vorzuͤglichen Huthungen daſelbſt
auch die Viehzucht und ſonderlich Schafzucht an-
ſehnlich war. Es iſt dieſes das Laͤndchen Buo-
nia, welches Mathis Quaden von Kindelbach in
ſeinem Buch: Deutſcher Nation Herrlichkeit —
ſo ruͤhmt. Die Kloſteroͤkonomien waren vorzuͤg-
lich anſehnlich, und was noch gutes von einiger
wiſſenſchaftlichen Oekonomie vor und um dieſe
Zeiten zu ſagen iſt, mußte man meiſtens daſelbſt
ſuchen; um ſo weniger ſind alle die Vorwuͤrfe ge-
gruͤndet, die man den Geiſtlichen der damaligen
Zeiten unaufhoͤrlich macht. Ganz iſt ſie indeſſen
nicht freyzuſprechen, und was ihr wirklich bey der
Vernach-
A 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/31>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.