Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

men. Holstein hatte sehr ansehnliche und viele
Gestüte; Böhmen gab ihm hierinnen nichts nach.

Eben so schränkte sich die übrige Viehzucht
meist nur auf einige Provinzen vorzüglich ein.
Hoistein dankt vielleicht noch den alten Zeiten
der Sachsen hierinnen seinen Flor. Die Vieh-
zucht, sonderlich Pferde- und Rindviehzucht
blühete im 16ten Jahrhunderte daselbst. Die
daselbst so alte Koppel- und Wechselwirthschaft
und der Mangel an Bevölkerung begünstigte in
diesen Ländern um desto mehr dieses Geschäft,
wozu noch die fetten Weiden inden Marschlän-
dern und die häufige Nahrung durch die Kop-
peln in den übrigen kam. Nicht wenig beför-
derte sie auch den Absatz an die benachbarten
reichen Handlungsstädte, die durch ihren weit-
läuftigen Handel mehr gewannen, als ihnen
Ackerbau und Viehzucht gebracht hätte.

Indeß vernachläßigte sie doch die Schaaf-
zucht, so wie es noch heut zu Tage im Holstei-
nischen ist. Im Meckelnburgischen hingegen
finden sich schon damals in den Forst- und Jagd-
ordnungen Spuren von der Ausbreitung der
Schaafzucht. Von der Vernachläßigung der
Schaafzucht im Holsteinischen läßt sich kein an-
derer Grund angeben, als weil sie vielleicht bey
der Pferde- und Rindviehzucht besser ihre Rech-
nung fanden, indem vielleicht ihre Weiden zu
fett waren, als daß die Wolle der Schaafe für
die noch damals in Deutschland so häufigen
Wollmanufacturen brauchbar gewesen wäre.

Desto
N 4

men. Holſtein hatte ſehr anſehnliche und viele
Geſtuͤte; Boͤhmen gab ihm hierinnen nichts nach.

Eben ſo ſchraͤnkte ſich die uͤbrige Viehzucht
meiſt nur auf einige Provinzen vorzuͤglich ein.
Hoiſtein dankt vielleicht noch den alten Zeiten
der Sachſen hierinnen ſeinen Flor. Die Vieh-
zucht, ſonderlich Pferde- und Rindviehzucht
bluͤhete im 16ten Jahrhunderte daſelbſt. Die
daſelbſt ſo alte Koppel- und Wechſelwirthſchaft
und der Mangel an Bevoͤlkerung beguͤnſtigte in
dieſen Laͤndern um deſto mehr dieſes Geſchaͤft,
wozu noch die fetten Weiden inden Marſchlaͤn-
dern und die haͤufige Nahrung durch die Kop-
peln in den uͤbrigen kam. Nicht wenig befoͤr-
derte ſie auch den Abſatz an die benachbarten
reichen Handlungsſtaͤdte, die durch ihren weit-
laͤuftigen Handel mehr gewannen, als ihnen
Ackerbau und Viehzucht gebracht haͤtte.

Indeß vernachlaͤßigte ſie doch die Schaaf-
zucht, ſo wie es noch heut zu Tage im Holſtei-
niſchen iſt. Im Meckelnburgiſchen hingegen
finden ſich ſchon damals in den Forſt- und Jagd-
ordnungen Spuren von der Ausbreitung der
Schaafzucht. Von der Vernachlaͤßigung der
Schaafzucht im Holſteiniſchen laͤßt ſich kein an-
derer Grund angeben, als weil ſie vielleicht bey
der Pferde- und Rindviehzucht beſſer ihre Rech-
nung fanden, indem vielleicht ihre Weiden zu
fett waren, als daß die Wolle der Schaafe fuͤr
die noch damals in Deutſchland ſo haͤufigen
Wollmanufacturen brauchbar geweſen waͤre.

Deſto
N 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0225" n="199"/>
men. Hol&#x017F;tein hatte &#x017F;ehr an&#x017F;ehnliche und viele<lb/>
Ge&#x017F;tu&#x0364;te; Bo&#x0364;hmen gab ihm hierinnen nichts nach.</p><lb/>
        <p>Eben &#x017F;o &#x017F;chra&#x0364;nkte &#x017F;ich die u&#x0364;brige Viehzucht<lb/>
mei&#x017F;t nur auf einige Provinzen vorzu&#x0364;glich ein.<lb/>
Hoi&#x017F;tein dankt vielleicht noch den alten Zeiten<lb/>
der Sach&#x017F;en hierinnen &#x017F;einen Flor. Die Vieh-<lb/>
zucht, &#x017F;onderlich Pferde- und Rindviehzucht<lb/>
blu&#x0364;hete im 16ten Jahrhunderte da&#x017F;elb&#x017F;t. Die<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;o alte Koppel- und Wech&#x017F;elwirth&#x017F;chaft<lb/>
und der Mangel an Bevo&#x0364;lkerung begu&#x0364;n&#x017F;tigte in<lb/>
die&#x017F;en La&#x0364;ndern um de&#x017F;to mehr die&#x017F;es Ge&#x017F;cha&#x0364;ft,<lb/>
wozu noch die fetten Weiden inden Mar&#x017F;chla&#x0364;n-<lb/>
dern und die ha&#x0364;ufige Nahrung durch die Kop-<lb/>
peln in den u&#x0364;brigen kam. Nicht wenig befo&#x0364;r-<lb/>
derte &#x017F;ie auch den Ab&#x017F;atz an die benachbarten<lb/>
reichen Handlungs&#x017F;ta&#x0364;dte, die durch ihren weit-<lb/>
la&#x0364;uftigen Handel mehr gewannen, als ihnen<lb/>
Ackerbau und Viehzucht gebracht ha&#x0364;tte.</p><lb/>
        <p>Indeß vernachla&#x0364;ßigte &#x017F;ie doch die Schaaf-<lb/>
zucht, &#x017F;o wie es noch heut zu Tage im Hol&#x017F;tei-<lb/>
ni&#x017F;chen i&#x017F;t. Im Meckelnburgi&#x017F;chen hingegen<lb/>
finden &#x017F;ich &#x017F;chon damals in den For&#x017F;t- und Jagd-<lb/>
ordnungen Spuren von der Ausbreitung der<lb/>
Schaafzucht. Von der Vernachla&#x0364;ßigung der<lb/>
Schaafzucht im Hol&#x017F;teini&#x017F;chen la&#x0364;ßt &#x017F;ich kein an-<lb/>
derer Grund angeben, als weil &#x017F;ie vielleicht bey<lb/>
der Pferde- und Rindviehzucht be&#x017F;&#x017F;er ihre Rech-<lb/>
nung fanden, indem vielleicht ihre Weiden zu<lb/>
fett waren, als daß die Wolle der Schaafe fu&#x0364;r<lb/>
die noch damals in Deut&#x017F;chland &#x017F;o ha&#x0364;ufigen<lb/>
Wollmanufacturen brauchbar gewe&#x017F;en wa&#x0364;re.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N 4</fw><fw place="bottom" type="catch">De&#x017F;to</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[199/0225] men. Holſtein hatte ſehr anſehnliche und viele Geſtuͤte; Boͤhmen gab ihm hierinnen nichts nach. Eben ſo ſchraͤnkte ſich die uͤbrige Viehzucht meiſt nur auf einige Provinzen vorzuͤglich ein. Hoiſtein dankt vielleicht noch den alten Zeiten der Sachſen hierinnen ſeinen Flor. Die Vieh- zucht, ſonderlich Pferde- und Rindviehzucht bluͤhete im 16ten Jahrhunderte daſelbſt. Die daſelbſt ſo alte Koppel- und Wechſelwirthſchaft und der Mangel an Bevoͤlkerung beguͤnſtigte in dieſen Laͤndern um deſto mehr dieſes Geſchaͤft, wozu noch die fetten Weiden inden Marſchlaͤn- dern und die haͤufige Nahrung durch die Kop- peln in den uͤbrigen kam. Nicht wenig befoͤr- derte ſie auch den Abſatz an die benachbarten reichen Handlungsſtaͤdte, die durch ihren weit- laͤuftigen Handel mehr gewannen, als ihnen Ackerbau und Viehzucht gebracht haͤtte. Indeß vernachlaͤßigte ſie doch die Schaaf- zucht, ſo wie es noch heut zu Tage im Holſtei- niſchen iſt. Im Meckelnburgiſchen hingegen finden ſich ſchon damals in den Forſt- und Jagd- ordnungen Spuren von der Ausbreitung der Schaafzucht. Von der Vernachlaͤßigung der Schaafzucht im Holſteiniſchen laͤßt ſich kein an- derer Grund angeben, als weil ſie vielleicht bey der Pferde- und Rindviehzucht beſſer ihre Rech- nung fanden, indem vielleicht ihre Weiden zu fett waren, als daß die Wolle der Schaafe fuͤr die noch damals in Deutſchland ſo haͤufigen Wollmanufacturen brauchbar geweſen waͤre. Deſto N 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/225
Zitationshilfe: Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/225>, abgerufen am 22.11.2024.