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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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lassung so lange aufgeschoben wurde, bis seine Sache von den
bereits als rechtmäßig gewählt anerkannten Deputirten unter-
sucht und entschieden sei.

"So schrieb es das Recht vor, dessen Bestimmungen nun durch
folgende Misbräuche verletzt wurden. Wer in Polen einen Proceß
beim Tribunal hatte, oder Ansehen und Einfluß im Lande er-
werben wollte, bemühte sich darum eine aus seinen Freunden be-
stehende Mehrheit unter den Deputirten zu erreichen. Man be-
eiferte sich daher auf allen Landtagen gleichzeitig, so viel man
nur irgend konnte, die Wahl solcher Personen durchzusetzen, auf
welche man mit Sicherheit rechnen konnte und umgekehrt alle die
Landtage zu zerreißen, auf welchen man keinen ausreichenden
Einfluß zu haben glaubte. Da aber die Einstimmigkeit der
Vota auf den Landtagen ein gesetzliches und zwar das unent-
behrlichste Erforderniß für die Gültigkeit der Wahl war, diese
Einstimmigkeit jedoch durch irgend einen Protest unmöglich ge-
macht werden konnte, so konnte es sich ereignen und hat sich in
Folge des in Polen herrschenden Partheikampfes in der That
öfter ereignet, daß unter den in Petrikau zusammentretenden
weltlichen Deputirten nicht sieben waren, gegen deren Wahl kein
im Recht begründeter Einwand vorlag. Und da das Gesetz end-
lich bestimmte, daß zur Constituirung des Tribunals wenigstens
sieben Deputirte vorhanden sein müßten, so hätte das Land gar
oft seinen höchsten Gerichtshof entbehren müssen, wenn nicht die
Prüfungscommissare und die zur Constituirung des Tribunals
herkömmlich zusammenströmenden Personen jeden Standes zur Ver-
meidung solchen Übels alle Mühe angewandt hätten, diejenigen,
die mit Protesten und Condemnaten gegen die Deputirten herbei-
gekommen waren, zu bestimmen, daß sie freiwillig deren Ein-
bringung unterließen.

"Bis dahin war noch kein Misbrauch; sobald aber die Prü-
fungscommissare sich erlaubten, die Deputirten anzunehmen oder
abzuweisen, ohne Rücksicht auf die Documente, welche jene recht-
fertigten oder verurtheilten, rein nach persönlichen Rücksichten oder
aus Haß, fingen auch die Privatpersonen, die hiebei betheiligt
waren, an sie zu erkaufen, um sich hiedurch der Annahme oder

laſſung ſo lange aufgeſchoben wurde, bis ſeine Sache von den
bereits als rechtmäßig gewählt anerkannten Deputirten unter-
ſucht und entſchieden ſei.

„So ſchrieb es das Recht vor, deſſen Beſtimmungen nun durch
folgende Misbräuche verletzt wurden. Wer in Polen einen Proceß
beim Tribunal hatte, oder Anſehen und Einfluß im Lande er-
werben wollte, bemühte ſich darum eine aus ſeinen Freunden be-
ſtehende Mehrheit unter den Deputirten zu erreichen. Man be-
eiferte ſich daher auf allen Landtagen gleichzeitig, ſo viel man
nur irgend konnte, die Wahl ſolcher Perſonen durchzuſetzen, auf
welche man mit Sicherheit rechnen konnte und umgekehrt alle die
Landtage zu zerreißen, auf welchen man keinen ausreichenden
Einfluß zu haben glaubte. Da aber die Einſtimmigkeit der
Vota auf den Landtagen ein geſetzliches und zwar das unent-
behrlichſte Erforderniß für die Gültigkeit der Wahl war, dieſe
Einſtimmigkeit jedoch durch irgend einen Proteſt unmöglich ge-
macht werden konnte, ſo konnte es ſich ereignen und hat ſich in
Folge des in Polen herrſchenden Partheikampfes in der That
öfter ereignet, daß unter den in Petrikau zuſammentretenden
weltlichen Deputirten nicht ſieben waren, gegen deren Wahl kein
im Recht begründeter Einwand vorlag. Und da das Geſetz end-
lich beſtimmte, daß zur Conſtituirung des Tribunals wenigſtens
ſieben Deputirte vorhanden ſein müßten, ſo hätte das Land gar
oft ſeinen höchſten Gerichtshof entbehren müſſen, wenn nicht die
Prüfungscommiſſare und die zur Conſtituirung des Tribunals
herkömmlich zuſammenſtrömenden Perſonen jeden Standes zur Ver-
meidung ſolchen Übels alle Mühe angewandt hätten, diejenigen,
die mit Proteſten und Condemnaten gegen die Deputirten herbei-
gekommen waren, zu beſtimmen, daß ſie freiwillig deren Ein-
bringung unterließen.

„Bis dahin war noch kein Misbrauch; ſobald aber die Prü-
fungscommiſſare ſich erlaubten, die Deputirten anzunehmen oder
abzuweiſen, ohne Rückſicht auf die Documente, welche jene recht-
fertigten oder verurtheilten, rein nach perſönlichen Rückſichten oder
aus Haß, fingen auch die Privatperſonen, die hiebei betheiligt
waren, an ſie zu erkaufen, um ſich hiedurch der Annahme oder

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[205/0219] laſſung ſo lange aufgeſchoben wurde, bis ſeine Sache von den bereits als rechtmäßig gewählt anerkannten Deputirten unter- ſucht und entſchieden ſei. „So ſchrieb es das Recht vor, deſſen Beſtimmungen nun durch folgende Misbräuche verletzt wurden. Wer in Polen einen Proceß beim Tribunal hatte, oder Anſehen und Einfluß im Lande er- werben wollte, bemühte ſich darum eine aus ſeinen Freunden be- ſtehende Mehrheit unter den Deputirten zu erreichen. Man be- eiferte ſich daher auf allen Landtagen gleichzeitig, ſo viel man nur irgend konnte, die Wahl ſolcher Perſonen durchzuſetzen, auf welche man mit Sicherheit rechnen konnte und umgekehrt alle die Landtage zu zerreißen, auf welchen man keinen ausreichenden Einfluß zu haben glaubte. Da aber die Einſtimmigkeit der Vota auf den Landtagen ein geſetzliches und zwar das unent- behrlichſte Erforderniß für die Gültigkeit der Wahl war, dieſe Einſtimmigkeit jedoch durch irgend einen Proteſt unmöglich ge- macht werden konnte, ſo konnte es ſich ereignen und hat ſich in Folge des in Polen herrſchenden Partheikampfes in der That öfter ereignet, daß unter den in Petrikau zuſammentretenden weltlichen Deputirten nicht ſieben waren, gegen deren Wahl kein im Recht begründeter Einwand vorlag. Und da das Geſetz end- lich beſtimmte, daß zur Conſtituirung des Tribunals wenigſtens ſieben Deputirte vorhanden ſein müßten, ſo hätte das Land gar oft ſeinen höchſten Gerichtshof entbehren müſſen, wenn nicht die Prüfungscommiſſare und die zur Conſtituirung des Tribunals herkömmlich zuſammenſtrömenden Perſonen jeden Standes zur Ver- meidung ſolchen Übels alle Mühe angewandt hätten, diejenigen, die mit Proteſten und Condemnaten gegen die Deputirten herbei- gekommen waren, zu beſtimmen, daß ſie freiwillig deren Ein- bringung unterließen. „Bis dahin war noch kein Misbrauch; ſobald aber die Prü- fungscommiſſare ſich erlaubten, die Deputirten anzunehmen oder abzuweiſen, ohne Rückſicht auf die Documente, welche jene recht- fertigten oder verurtheilten, rein nach perſönlichen Rückſichten oder aus Haß, fingen auch die Privatperſonen, die hiebei betheiligt waren, an ſie zu erkaufen, um ſich hiedurch der Annahme oder

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/219>, abgerufen am 23.11.2024.