Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.Macht sich auf Kosten Polens vergrößere. Polen selbst würde Man sieht, trotz aller schönen Worte Ludwig XV. von 1) "en conservant toujours l'apparence de la protection" etc. Herrmann hat übersetzt "den Schein annehmen"; da aber l'apparence auch die Wahrscheinlichkeit, Aussicht bedeutet, habe ich den etwas milderen Ausdruck vorgezogen. 2) Flassan IV, 134--141.
Macht ſich auf Koſten Polens vergrößere. Polen ſelbſt würde Man ſieht, trotz aller ſchönen Worte Ludwig XV. von 1) „en conservant toujours l’apparence de la protection“ etc. Herrmann hat überſetzt „den Schein annehmen“; da aber l’apparence auch die Wahrſcheinlichkeit, Ausſicht bedeutet, habe ich den etwas milderen Ausdruck vorgezogen. 2) Flassan IV, 134—141.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0151" n="137"/> Macht ſich auf Koſten Polens vergrößere. Polen ſelbſt würde<lb/> das Letztere nicht verhindern können, woher die polniſchen<lb/> „Herren“ zu dieſem Zweck weder um Rath gefragt, noch be-<lb/> zahlt werden dürften, es ſei denn in beſonderen Fällen, in un-<lb/> umgänglicher Nothwendigkeit. Zwar werde der König fort-<lb/> fahren ſich für die Freiheit Polens zu intereſſiren, aber er<lb/> wolle für jetzt nicht ſich zum Chef einer Parthei machen, noch<lb/> ſich auf die perſönlichen Factionen und Intereſſen einlaſſen,<lb/> welche jeder Pole unter dem Vorwande, es ſei das Intereſſe<lb/> Frankreichs, ihm aufdrängen zu müſſen glaube, und dabei<lb/> eigentlich nur ſein eignes Intereſſe im Auge habe. Demgemäß<lb/> ſolle ſich der Geſandte, wie die Miniſter von England und<lb/> Spanien dort verhalten, dabei jedoch ſtets die Protection durch-<lb/> blicken laſſen, welche der König der Freiheit der Polen und<lb/> den Freunden derſelben gewähre <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">„en conservant toujours l’apparence de la protection“ etc.</hi><lb/> Herrmann hat überſetzt „den Schein annehmen“; da aber <hi rendition="#aq">l’apparence</hi><lb/> auch die Wahrſcheinlichkeit, Ausſicht bedeutet, habe ich den etwas milderen<lb/> Ausdruck vorgezogen.</note>. Conföderationen ins Leben<lb/> zu rufen ſei kein Vortheil. Eine ziehe die andere nach ſich<lb/> und ſie hätten keine andere Folge als die Plünderung von<lb/> Feind und Freund. Auch ſei für Frankreich zu fürchten, daß<lb/> die Übel, welche jede Conföderation mit ſich führe, die Polen,<lb/> auch gegen ihre eigne innere Neigung, zu einem Grad der Ein-<lb/> müthigkeit brächte, welche der Verkehrtheit der Regierungsform<lb/> ein Ende machen und der Republik Conſiſtenz wiedergeben<lb/> könnte, während die Aufrechthaltung der Anarchie ſtets der<lb/> wichtigſte Punkt für Frankreich und daher die Baſis für das<lb/> Verhalten ſeines Geſandten ſein müſſe <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Flassan</hi> IV</hi>, 134—141.</note>.</p><lb/> <p>Man ſieht, trotz aller ſchönen Worte Ludwig <hi rendition="#aq">XV.</hi> von<lb/> ſeinem Intereſſe für die Freiheit der Polen, betrachtete doch<lb/> die franzöſiſche Politik die Aufrechthaltung der Anarchie in<lb/> Polen ganz eben ſo als ihre Hauptaufgabe dort, wie die Höfe<lb/> von Berlin, Petersburg und Wien ſeit langer Zeit hierin ein-<lb/> verſtanden waren. Im übrigen verſteht es ſich von ſelbſt, daß<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [137/0151]
Macht ſich auf Koſten Polens vergrößere. Polen ſelbſt würde
das Letztere nicht verhindern können, woher die polniſchen
„Herren“ zu dieſem Zweck weder um Rath gefragt, noch be-
zahlt werden dürften, es ſei denn in beſonderen Fällen, in un-
umgänglicher Nothwendigkeit. Zwar werde der König fort-
fahren ſich für die Freiheit Polens zu intereſſiren, aber er
wolle für jetzt nicht ſich zum Chef einer Parthei machen, noch
ſich auf die perſönlichen Factionen und Intereſſen einlaſſen,
welche jeder Pole unter dem Vorwande, es ſei das Intereſſe
Frankreichs, ihm aufdrängen zu müſſen glaube, und dabei
eigentlich nur ſein eignes Intereſſe im Auge habe. Demgemäß
ſolle ſich der Geſandte, wie die Miniſter von England und
Spanien dort verhalten, dabei jedoch ſtets die Protection durch-
blicken laſſen, welche der König der Freiheit der Polen und
den Freunden derſelben gewähre 1). Conföderationen ins Leben
zu rufen ſei kein Vortheil. Eine ziehe die andere nach ſich
und ſie hätten keine andere Folge als die Plünderung von
Feind und Freund. Auch ſei für Frankreich zu fürchten, daß
die Übel, welche jede Conföderation mit ſich führe, die Polen,
auch gegen ihre eigne innere Neigung, zu einem Grad der Ein-
müthigkeit brächte, welche der Verkehrtheit der Regierungsform
ein Ende machen und der Republik Conſiſtenz wiedergeben
könnte, während die Aufrechthaltung der Anarchie ſtets der
wichtigſte Punkt für Frankreich und daher die Baſis für das
Verhalten ſeines Geſandten ſein müſſe 2).
Man ſieht, trotz aller ſchönen Worte Ludwig XV. von
ſeinem Intereſſe für die Freiheit der Polen, betrachtete doch
die franzöſiſche Politik die Aufrechthaltung der Anarchie in
Polen ganz eben ſo als ihre Hauptaufgabe dort, wie die Höfe
von Berlin, Petersburg und Wien ſeit langer Zeit hierin ein-
verſtanden waren. Im übrigen verſteht es ſich von ſelbſt, daß
1) „en conservant toujours l’apparence de la protection“ etc.
Herrmann hat überſetzt „den Schein annehmen“; da aber l’apparence
auch die Wahrſcheinlichkeit, Ausſicht bedeutet, habe ich den etwas milderen
Ausdruck vorgezogen.
2) Flassan IV, 134—141.
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