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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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einen Augenblick daran gedacht hat, in den Sturz des russischen
Kanzlers auch Brühl zu verwickeln 1).

Genug, die Großfürstin und Poniatowski bestanden glück-

1) Wir haben hierüber bis jetzt auch nur einige abgerissene Nach-
richten, welche einer nähern Aufklärung bedürfen. Am 24. und 25. Ja-
nuar 1758 argwöhnte Bernis in Paris, daß Brühl und Bestucheff mit
dem Gedanken umgingen, von Frankreich und Östreich zu Preußen über-
zugehen. Am 25. Februar 1758 schrieb l'Hopital aus Petersburg, der
junge Brühl werde dort erwartet, um mit Poniatowski gemeinsam zu
verlangen, daß die Provinz Preußen zu Gunsten Sachsens in Sequester
genommen und durch das in Ungarn aus den Sachsen, welche aus den
preußischen Regimentern ausgetreten, gebildete Truppencorps besetzt werden
sollte. Ce plan captieux eclaire encore mieux les vues particulieres,
dont a lieu de soupconner le chancelier Bestuchef et le comte Brühl
.
S. Stuhr, Forschungen I, 309. August III. bemühte sich damals
in der That, wie aus Stanislaw Augusts Denkwürdigkeiten S. 290--291
erhellt, in Petersburg darum, daß sein in Ungarn stehendes Truppen-
corps sich mit den Truppen Fermors in Preußen vereinigen und mit
diesen die bevorstehende Campagne mitmachen dürfe. Ferner schrieb der
französische Gesandte in Wien Stainville am 14. März 1758 an l'Ho-
pital nach Petersburg, es wäre viel daran gelegen, bestimmte Thatsachen,
die gegen Brühl sprächen, in Erfahrung zu bringen; er (Stainville) hielte
es für wahrscheinlich, daß Brühl weniger wie man glaube mit den Czar-
toryski's veruneinigt wäre, und daß er die auf die Absichten dieses von
England und für den damaligen Augenblick auch von Preußen unter-
stützten Hauses eingegangen sei, um demselben den Weg zum Throne zu
bahnen, und daß durch Poniatowski dem Großkanzler und der Groß-
fürstin Eröffnungen in Absicht auf diesen Plan gemacht wären. Wäre
dieser Verdacht gegründet, würde Brühl sicher fallen. Stuhr a. a. O.
I, 311--312. Auch Prasse deutete in seinem Bericht vom 28. November
1758 auf letzteres hin. Er habe, schreibt er, Mühe zu glauben, daß die
Absichten der Familie sich auf Kurland einschränken; er befürchte viel-
mehr, daß selbige viel weiter gehen, und daß man sich den Beistand und
die Gunst der künftigen Regenten in Rußland zu Ausführung weit
größerer desseins zu Nutzen zu machen gesinnt sei. So viel sei gewiß,
daß die Ambition dieser Familie und besonders auch des jungen Ponia-
towski unendlich weit gehe, und wenn man zugleich das böse Herz und
den bösen Willen dieses jungen Menschen in Erwägung ziehe, könne man
sich in seiner Person nichts anders als einen gefährlichen Feind vor das
künftige vorstellen. S. Herrmann, Gesch. Rußlands V, 230--31. --
Man sieht, die kommenden Ereignisse warfen ihren Schatten voraus.

einen Augenblick daran gedacht hat, in den Sturz des ruſſiſchen
Kanzlers auch Brühl zu verwickeln 1).

Genug, die Großfürſtin und Poniatowski beſtanden glück-

1) Wir haben hierüber bis jetzt auch nur einige abgeriſſene Nach-
richten, welche einer nähern Aufklärung bedürfen. Am 24. und 25. Ja-
nuar 1758 argwöhnte Bernis in Paris, daß Brühl und Beſtucheff mit
dem Gedanken umgingen, von Frankreich und Öſtreich zu Preußen über-
zugehen. Am 25. Februar 1758 ſchrieb l’Hopital aus Petersburg, der
junge Brühl werde dort erwartet, um mit Poniatowski gemeinſam zu
verlangen, daß die Provinz Preußen zu Gunſten Sachſens in Sequeſter
genommen und durch das in Ungarn aus den Sachſen, welche aus den
preußiſchen Regimentern ausgetreten, gebildete Truppencorps beſetzt werden
ſollte. Ce plan captieux éclaire encore mieux les vues particulières,
dont a lieu de soupconner le chancelier Bestuchef et le comte Brühl
.
S. Stuhr, Forſchungen I, 309. Auguſt III. bemühte ſich damals
in der That, wie aus Stanislaw Auguſts Denkwürdigkeiten S. 290—291
erhellt, in Petersburg darum, daß ſein in Ungarn ſtehendes Truppen-
corps ſich mit den Truppen Fermors in Preußen vereinigen und mit
dieſen die bevorſtehende Campagne mitmachen dürfe. Ferner ſchrieb der
franzöſiſche Geſandte in Wien Stainville am 14. März 1758 an l’Ho-
pital nach Petersburg, es wäre viel daran gelegen, beſtimmte Thatſachen,
die gegen Brühl ſprächen, in Erfahrung zu bringen; er (Stainville) hielte
es für wahrſcheinlich, daß Brühl weniger wie man glaube mit den Czar-
toryski’s veruneinigt wäre, und daß er die auf die Abſichten dieſes von
England und für den damaligen Augenblick auch von Preußen unter-
ſtützten Hauſes eingegangen ſei, um demſelben den Weg zum Throne zu
bahnen, und daß durch Poniatowski dem Großkanzler und der Groß-
fürſtin Eröffnungen in Abſicht auf dieſen Plan gemacht wären. Wäre
dieſer Verdacht gegründet, würde Brühl ſicher fallen. Stuhr a. a. O.
I, 311—312. Auch Praſſe deutete in ſeinem Bericht vom 28. November
1758 auf letzteres hin. Er habe, ſchreibt er, Mühe zu glauben, daß die
Abſichten der Familie ſich auf Kurland einſchränken; er befürchte viel-
mehr, daß ſelbige viel weiter gehen, und daß man ſich den Beiſtand und
die Gunſt der künftigen Regenten in Rußland zu Ausführung weit
größerer desseins zu Nutzen zu machen geſinnt ſei. So viel ſei gewiß,
daß die Ambition dieſer Familie und beſonders auch des jungen Ponia-
towski unendlich weit gehe, und wenn man zugleich das böſe Herz und
den böſen Willen dieſes jungen Menſchen in Erwägung ziehe, könne man
ſich in ſeiner Perſon nichts anders als einen gefährlichen Feind vor das
künftige vorſtellen. S. Herrmann, Geſch. Rußlands V, 230—31. —
Man ſieht, die kommenden Ereigniſſe warfen ihren Schatten voraus.
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[127/0141] einen Augenblick daran gedacht hat, in den Sturz des ruſſiſchen Kanzlers auch Brühl zu verwickeln 1). Genug, die Großfürſtin und Poniatowski beſtanden glück- 1) Wir haben hierüber bis jetzt auch nur einige abgeriſſene Nach- richten, welche einer nähern Aufklärung bedürfen. Am 24. und 25. Ja- nuar 1758 argwöhnte Bernis in Paris, daß Brühl und Beſtucheff mit dem Gedanken umgingen, von Frankreich und Öſtreich zu Preußen über- zugehen. Am 25. Februar 1758 ſchrieb l’Hopital aus Petersburg, der junge Brühl werde dort erwartet, um mit Poniatowski gemeinſam zu verlangen, daß die Provinz Preußen zu Gunſten Sachſens in Sequeſter genommen und durch das in Ungarn aus den Sachſen, welche aus den preußiſchen Regimentern ausgetreten, gebildete Truppencorps beſetzt werden ſollte. Ce plan captieux éclaire encore mieux les vues particulières, dont a lieu de soupconner le chancelier Bestuchef et le comte Brühl. S. Stuhr, Forſchungen I, 309. Auguſt III. bemühte ſich damals in der That, wie aus Stanislaw Auguſts Denkwürdigkeiten S. 290—291 erhellt, in Petersburg darum, daß ſein in Ungarn ſtehendes Truppen- corps ſich mit den Truppen Fermors in Preußen vereinigen und mit dieſen die bevorſtehende Campagne mitmachen dürfe. Ferner ſchrieb der franzöſiſche Geſandte in Wien Stainville am 14. März 1758 an l’Ho- pital nach Petersburg, es wäre viel daran gelegen, beſtimmte Thatſachen, die gegen Brühl ſprächen, in Erfahrung zu bringen; er (Stainville) hielte es für wahrſcheinlich, daß Brühl weniger wie man glaube mit den Czar- toryski’s veruneinigt wäre, und daß er die auf die Abſichten dieſes von England und für den damaligen Augenblick auch von Preußen unter- ſtützten Hauſes eingegangen ſei, um demſelben den Weg zum Throne zu bahnen, und daß durch Poniatowski dem Großkanzler und der Groß- fürſtin Eröffnungen in Abſicht auf dieſen Plan gemacht wären. Wäre dieſer Verdacht gegründet, würde Brühl ſicher fallen. Stuhr a. a. O. I, 311—312. Auch Praſſe deutete in ſeinem Bericht vom 28. November 1758 auf letzteres hin. Er habe, ſchreibt er, Mühe zu glauben, daß die Abſichten der Familie ſich auf Kurland einſchränken; er befürchte viel- mehr, daß ſelbige viel weiter gehen, und daß man ſich den Beiſtand und die Gunſt der künftigen Regenten in Rußland zu Ausführung weit größerer desseins zu Nutzen zu machen geſinnt ſei. So viel ſei gewiß, daß die Ambition dieſer Familie und beſonders auch des jungen Ponia- towski unendlich weit gehe, und wenn man zugleich das böſe Herz und den böſen Willen dieſes jungen Menſchen in Erwägung ziehe, könne man ſich in ſeiner Perſon nichts anders als einen gefährlichen Feind vor das künftige vorſtellen. S. Herrmann, Geſch. Rußlands V, 230—31. — Man ſieht, die kommenden Ereigniſſe warfen ihren Schatten voraus.

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/141>, abgerufen am 22.11.2024.