anfall Elisabeths, durch Prasse Brühl "nachdrücklich" vorstellen, daß er "die ostrog'sche Frage je eher je lieber ausmachen und sich mit der Czartoryskischen Familie setzen möchte, ehe etwa ein Fall geschähe, nach welchem diese Familie sich durch den Kanal des jungen Grafen Poniatowski eine solche decidirte Protection zu versprechen hätte, daß man würde gezwungen sein, dasjenige nolens volens zu thun, wodurch man, wenn man es jetzt frei- willig thäte, sich solche Familie verbinden könne" 1). Es be- durfte daher des ernstesten Auftretens Frankreichs in Warschau, um die Zurückberufung Poniatowski's durchzusetzen. Broglie erklärte im October dem Grafen Brühl, der König von Frank- reich werde es als eine Probe für die gute Gesinnung Augusts gegen ihn betrachten, ob Poniatowski abberufen werden würde oder nicht. Gleichzeitig spielten auch Einflüsse von Petersburg von Woronzow, Iwan Szuwalow und Prasse zu demselben Zweck.
Da gab Brühl nach. Am 30. October unterschrieb der König die Zurückberufung, nicht ohne in demselben Schreiben es auszusprechen, daß er selbst mit seinem Gesandten voll- kommen zufrieden sei, und nur dem Andringen des französischen Königs habe nachgeben müssen. In einer Unterredung mit dem Vater Poniatowski's gestand er offen: er habe nicht anders handeln können, denn er lebe nur von den Subsidien Frank- reichs und Rußlands und habe ohne dieselben weder für sich noch seine Familie einen Bissen Brod! Auch Brühl entschul- digte in einem eignen Briefe die Maaßregel mit der Noth- wendigkeit, und er sowohl wie der König versicherten dem Ge- sandten ihr ferneres Wohlwollen 2).
Als die Abberufung in Petersburg ankam, rief sie am Hofe eine entschiedne Bewegung für Poniatowski hervor. Die Kai- serin verschob die Abschiedsaudienz, um welche er bat, und er- klärte, obwohl sie seit längerer Zeit nicht ohne Kunde von
1)Herrmann, Geschichte Rußlands V, 217.
2) Die Briefe sind vollständig abgedruckt in Stanisl. Aug., Pam., p. 269--277.
anfall Eliſabeths, durch Praſſe Brühl „nachdrücklich“ vorſtellen, daß er „die oſtrog’ſche Frage je eher je lieber ausmachen und ſich mit der Czartoryskiſchen Familie ſetzen möchte, ehe etwa ein Fall geſchähe, nach welchem dieſe Familie ſich durch den Kanal des jungen Grafen Poniatowski eine ſolche decidirte Protection zu verſprechen hätte, daß man würde gezwungen ſein, dasjenige nolens volens zu thun, wodurch man, wenn man es jetzt frei- willig thäte, ſich ſolche Familie verbinden könne“ 1). Es be- durfte daher des ernſteſten Auftretens Frankreichs in Warſchau, um die Zurückberufung Poniatowski’s durchzuſetzen. Broglie erklärte im October dem Grafen Brühl, der König von Frank- reich werde es als eine Probe für die gute Geſinnung Auguſts gegen ihn betrachten, ob Poniatowski abberufen werden würde oder nicht. Gleichzeitig ſpielten auch Einflüſſe von Petersburg von Woronzow, Iwan Szuwalow und Praſſe zu demſelben Zweck.
Da gab Brühl nach. Am 30. October unterſchrieb der König die Zurückberufung, nicht ohne in demſelben Schreiben es auszuſprechen, daß er ſelbſt mit ſeinem Geſandten voll- kommen zufrieden ſei, und nur dem Andringen des franzöſiſchen Königs habe nachgeben müſſen. In einer Unterredung mit dem Vater Poniatowski’s geſtand er offen: er habe nicht anders handeln können, denn er lebe nur von den Subſidien Frank- reichs und Rußlands und habe ohne dieſelben weder für ſich noch ſeine Familie einen Biſſen Brod! Auch Brühl entſchul- digte in einem eignen Briefe die Maaßregel mit der Noth- wendigkeit, und er ſowohl wie der König verſicherten dem Ge- ſandten ihr ferneres Wohlwollen 2).
Als die Abberufung in Petersburg ankam, rief ſie am Hofe eine entſchiedne Bewegung für Poniatowski hervor. Die Kai- ſerin verſchob die Abſchiedsaudienz, um welche er bat, und er- klärte, obwohl ſie ſeit längerer Zeit nicht ohne Kunde von
1)Herrmann, Geſchichte Rußlands V, 217.
2) Die Briefe ſind vollſtändig abgedruckt in Stanisl. Aug., Pam., p. 269—277.
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mit der Czartoryskiſchen Familie ſetzen möchte, ehe etwa ein
Fall geſchähe, nach welchem dieſe Familie ſich durch den Kanal
des jungen Grafen Poniatowski eine ſolche decidirte Protection
zu verſprechen hätte, daß man würde gezwungen ſein, dasjenige
nolens volens zu thun, wodurch man, wenn man es jetzt frei-
willig thäte, ſich ſolche Familie verbinden könne“ 1). Es be-
durfte daher des ernſteſten Auftretens Frankreichs in Warſchau,
um die Zurückberufung Poniatowski’s durchzuſetzen. Broglie
erklärte im October dem Grafen Brühl, der König von Frank-
reich werde es als eine Probe für die gute Geſinnung Auguſts
gegen ihn betrachten, ob Poniatowski abberufen werden würde
oder nicht. Gleichzeitig ſpielten auch Einflüſſe von Petersburg
von Woronzow, Iwan Szuwalow und Praſſe zu demſelben
Zweck.
Da gab Brühl nach. Am 30. October unterſchrieb der
König die Zurückberufung, nicht ohne in demſelben Schreiben
es auszuſprechen, daß er ſelbſt mit ſeinem Geſandten voll-
kommen zufrieden ſei, und nur dem Andringen des franzöſiſchen
Königs habe nachgeben müſſen. In einer Unterredung mit
dem Vater Poniatowski’s geſtand er offen: er habe nicht anders
handeln können, denn er lebe nur von den Subſidien Frank-
reichs und Rußlands und habe ohne dieſelben weder für ſich
noch ſeine Familie einen Biſſen Brod! Auch Brühl entſchul-
digte in einem eignen Briefe die Maaßregel mit der Noth-
wendigkeit, und er ſowohl wie der König verſicherten dem Ge-
ſandten ihr ferneres Wohlwollen 2).
Als die Abberufung in Petersburg ankam, rief ſie am Hofe
eine entſchiedne Bewegung für Poniatowski hervor. Die Kai-
ſerin verſchob die Abſchiedsaudienz, um welche er bat, und er-
klärte, obwohl ſie ſeit längerer Zeit nicht ohne Kunde von
1) Herrmann, Geſchichte Rußlands V, 217.
2) Die Briefe ſind vollſtändig abgedruckt in Stanisl. Aug., Pam.,
p. 269—277.
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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/137>, abgerufen am 16.07.2024.
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