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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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So "gutgesinnt" auch ein Piast sein möchte -- sagte der
Kanzler Bestucheff zu dem östreichischen Gesandten Bernes --,
so böte er für ein dauerndes Zusammengehen mit Rußland
und Östreich dennoch keine vollständige Garantie. Man könne
wohl einen oder zwei Piasten in Antrag bringen, um dem
Schein auszuweichen, als wolle man Polen mit Gewalt einen
König aufdringen. Inzwischen müßten aber alle Anstalten ge-
macht werden, die Wahl Karls von Lothringen, des Bruders
Kaiser Franz I., zu sichern und ein Heer an der livländischen
sowie der östreichischen Grenze bereit stehen, um die Zustimmung
der Republik nöthigenfalls mit den Waffen zu erzwingen 1).
In Wien aber hielt man sich diesem Plan gegenüber sehr
zurück; noch im Februar 1750 herrschte dort die Meinung
vor, es sei besser, Rußland es zu überlassen, den Weg anzu-
deuten, den man wandeln wolle. Beide Höfe theilten die
Überzeugung, daß bei der Intimität Preußens mit Frankreich
auch Friedrich II. die Pläne in Betreff Conti's billige und
fördere. Im Jahre 1748 sprach Kaunitz in einem politischen
Gutachten, von dem "Anhange", den Friedrich in Polen habe,
und im Ministerium war man gleichzeitig der Ansicht, daß
man östreichischerseits sich angelegen sein lassen müsse, allen,
"insbesondere von Preußen" zu Tage tretenden Bestrebungen
auf Veränderung der Verfassung der Republik in Gemeinschaft
mit Rußland entgegenzutreten. Noch im Jahre 1752 wollte
man in Wien wissen, Friedrich habe von Paris aus große
Summen zur Vertheilung unter polnische Große, der Palatin
von Rawa, Stanislaw Jablonowski, allein 100000 Livres, er-
halten 2). An sich unwahrscheinlich erscheint dies nicht: Frie-
drich fürchtete in der That, es werde Östreich und Rußland
gelingen, den Prinzen Carl von Lothringen auf den Thron
Polens zu erheben 3), dessen Herrschaft in Warschau bei der

1) Nach Bernes' Depesche vom 23. October 1748 in Beer, Auf-
zeichnungen des Grafen Bentink, S. CII.
2) Beer a. a. O., S. xxx. lxviii. cxxix. cxxxiv.
3) Ranke, Ursprung des siebenjährigen Krieges, S. 23.

So „gutgeſinnt“ auch ein Piaſt ſein möchte — ſagte der
Kanzler Beſtucheff zu dem öſtreichiſchen Geſandten Bernes —,
ſo böte er für ein dauerndes Zuſammengehen mit Rußland
und Öſtreich dennoch keine vollſtändige Garantie. Man könne
wohl einen oder zwei Piaſten in Antrag bringen, um dem
Schein auszuweichen, als wolle man Polen mit Gewalt einen
König aufdringen. Inzwiſchen müßten aber alle Anſtalten ge-
macht werden, die Wahl Karls von Lothringen, des Bruders
Kaiſer Franz I., zu ſichern und ein Heer an der livländiſchen
ſowie der öſtreichiſchen Grenze bereit ſtehen, um die Zuſtimmung
der Republik nöthigenfalls mit den Waffen zu erzwingen 1).
In Wien aber hielt man ſich dieſem Plan gegenüber ſehr
zurück; noch im Februar 1750 herrſchte dort die Meinung
vor, es ſei beſſer, Rußland es zu überlaſſen, den Weg anzu-
deuten, den man wandeln wolle. Beide Höfe theilten die
Überzeugung, daß bei der Intimität Preußens mit Frankreich
auch Friedrich II. die Pläne in Betreff Conti’s billige und
fördere. Im Jahre 1748 ſprach Kaunitz in einem politiſchen
Gutachten, von dem „Anhange“, den Friedrich in Polen habe,
und im Miniſterium war man gleichzeitig der Anſicht, daß
man öſtreichiſcherſeits ſich angelegen ſein laſſen müſſe, allen,
„insbeſondere von Preußen“ zu Tage tretenden Beſtrebungen
auf Veränderung der Verfaſſung der Republik in Gemeinſchaft
mit Rußland entgegenzutreten. Noch im Jahre 1752 wollte
man in Wien wiſſen, Friedrich habe von Paris aus große
Summen zur Vertheilung unter polniſche Große, der Palatin
von Rawa, Stanislaw Jablonowski, allein 100000 Livres, er-
halten 2). An ſich unwahrſcheinlich erſcheint dies nicht: Frie-
drich fürchtete in der That, es werde Öſtreich und Rußland
gelingen, den Prinzen Carl von Lothringen auf den Thron
Polens zu erheben 3), deſſen Herrſchaft in Warſchau bei der

1) Nach Bernes’ Depeſche vom 23. October 1748 in Beer, Auf-
zeichnungen des Grafen Bentink, S. CII.
2) Beer a. a. O., S. xxx. lxviii. cxxix. cxxxiv.
3) Ranke, Urſprung des ſiebenjährigen Krieges, S. 23.
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[86/0100] So „gutgeſinnt“ auch ein Piaſt ſein möchte — ſagte der Kanzler Beſtucheff zu dem öſtreichiſchen Geſandten Bernes —, ſo böte er für ein dauerndes Zuſammengehen mit Rußland und Öſtreich dennoch keine vollſtändige Garantie. Man könne wohl einen oder zwei Piaſten in Antrag bringen, um dem Schein auszuweichen, als wolle man Polen mit Gewalt einen König aufdringen. Inzwiſchen müßten aber alle Anſtalten ge- macht werden, die Wahl Karls von Lothringen, des Bruders Kaiſer Franz I., zu ſichern und ein Heer an der livländiſchen ſowie der öſtreichiſchen Grenze bereit ſtehen, um die Zuſtimmung der Republik nöthigenfalls mit den Waffen zu erzwingen 1). In Wien aber hielt man ſich dieſem Plan gegenüber ſehr zurück; noch im Februar 1750 herrſchte dort die Meinung vor, es ſei beſſer, Rußland es zu überlaſſen, den Weg anzu- deuten, den man wandeln wolle. Beide Höfe theilten die Überzeugung, daß bei der Intimität Preußens mit Frankreich auch Friedrich II. die Pläne in Betreff Conti’s billige und fördere. Im Jahre 1748 ſprach Kaunitz in einem politiſchen Gutachten, von dem „Anhange“, den Friedrich in Polen habe, und im Miniſterium war man gleichzeitig der Anſicht, daß man öſtreichiſcherſeits ſich angelegen ſein laſſen müſſe, allen, „insbeſondere von Preußen“ zu Tage tretenden Beſtrebungen auf Veränderung der Verfaſſung der Republik in Gemeinſchaft mit Rußland entgegenzutreten. Noch im Jahre 1752 wollte man in Wien wiſſen, Friedrich habe von Paris aus große Summen zur Vertheilung unter polniſche Große, der Palatin von Rawa, Stanislaw Jablonowski, allein 100000 Livres, er- halten 2). An ſich unwahrſcheinlich erſcheint dies nicht: Frie- drich fürchtete in der That, es werde Öſtreich und Rußland gelingen, den Prinzen Carl von Lothringen auf den Thron Polens zu erheben 3), deſſen Herrſchaft in Warſchau bei der 1) Nach Bernes’ Depeſche vom 23. October 1748 in Beer, Auf- zeichnungen des Grafen Bentink, S. CII. 2) Beer a. a. O., S. xxx. lxviii. cxxix. cxxxiv. 3) Ranke, Urſprung des ſiebenjährigen Krieges, S. 23.

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/100>, abgerufen am 23.11.2024.