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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917.

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Die Reisenden können während der Fahrt nicht unmittelbar mit den Zugbeamten verkehren und müssen bei voller Besetzung dauernd auf ihren Plätzen verweilen, was für sie besonders an heißen Tagen außerordentlich lästig ist.

Bei vollständig gegeneinander abgeschlossenen Abteilen ist die Sicherheit gegen Beraubung der Reisenden nicht in dem Maß gewährleistet wie bei Durchgangswagen oder bei Abteilwagen mit innerer Verbindung.

Vorteile der Durchgangswagen.

Die Durchgangswagen haben bequeme Einsteigtritte.

Ihre Seitenwände sind durch Türöffnungen nicht verschwächt. Die Wagen bieten deshalb bei Unfällen den Reisenden eine weit größere Sicherheit als Abteilwagen.

Die Heizung wird durch den Wegfall der vielen Eingangstüren wesentlich erleichtert.

Die Abort- und Waschräume können im allgemeinen zweckmäßiger untergebracht werden als bei Abteilwagen.

Die Zugbeamten können den Zug während der Fahrt ständig überwachen.

Die Reisenden sind beim Zu- und Abgang anderer Fahrgäste den Unbilden der Witterung nicht ausgesetzt; sie können während der Fahrt ihre Plätze verlassen, etwas Bewegung machen und mit den Insassen anderer Abteile oder Wagen sowie auch mit den Zugbeamten verkehren.

Nachteile der Durchgangswagen.

Die freie Bewegung und auch das Herumstehen der Reisenden in den Gängen der Wagen ist für die auf ihren Plätzen verbleibenden Fahrgäste oft recht lästig und störend.

Die geringe Anzahl der Türen hindert die rasche Entleerung der Wagen, was bei Unfällen sehr mißlich werden kann. Die deutschen Bundesregierungen haben in Erwägung dieses Umstandes bei einer vom 14. bis 16. Februar 1901 in Berlin abgehaltenen Beratung von Maßnahmen zur Erhöhung der Betriebssicherheit sich auch eingehend mit der Frage beschäftigt, durch welche bauliche Vorkehrungen eine rasche Entleerung der nur an den Enden mit Türen versehenen deutschen D-Zugwagen erreicht werden könne.

Man ist dabei zu dem Beschluß gekommen die bewährte Bauart der Wagen beizubehalten, von dem Einbau von Nottüren oder regelmäßig zu benutzender Seitentüren wegen der Verminderung der Festigkeit des Wagenkastens und der nötigen Einschränkung der Wagenbreite abzusehen, dagegen die Fenster als Notöffnungen auszubilden.

Die deutschen D-Zugwagen führen jetzt auch Leitern mit, durch die den Reisenden bei Unfällen das Verlassen der Wagen durch die Fenster erleichtert werden soll.

Für die Wahl der Wagenform waren in den verschiedenen Ländern das Klima, die Lebensgewohnheiten der Bevölkerung, die Stärke des Verkehrs und die Handhabung des Betriebs maßgebend.

In Nordamerika werden ausschließlich Durchgangswagen mit Drehgestellen, Mittelgang oder zuweilen auch mit Seitengang verwendet, in England vorzugsweise Abteilwagen, in Österreich, Ungarn, Rußland, Schweden, Bulgarien, Serbien und der Schweiz überwiegend Durchgangswagen und in den übrigen Ländern sowohl Abteil- als Durchgangswagen.

Auf Nebenbahnen sind fast nur Durchgangswagen zu finden.

Zur Bedienung des Vorortverkehrs großer Städte werden vielfach Abteilwagen, aber auch Durchgangswagen mit Endbühnen oder mit Eingangstüren in den Seitenwänden benutzt.

P. I., II., III. und IV. Klasse.

Die einzelnen Wagenklassen unterscheiden sich durch die mehr oder minder bequeme sowie bessere oder einfachere Innenausstattung der Abteile.

Die beiden oberen Klassen haben Polstersitze, die beiden unteren Holzsitze; in der IV. Klasse ist die Zahl der Sitze beschränkt, dafür sind aber Räume vorhanden, in denen die Reisenden stehen und größere Gepäckstücke einbringen können.

In England hat man fast durchwegs nur 2 Wagenklassen, die erste und die dritte. Letztere hat leicht gepolsterte Sitze. Auch auf einzelnen französischen Bahnen findet man in der III. Klasse eine ähnliche Ausstattung.

Auf den Bahnen der Vereinigten Staaten von Amerika gibt es für den gewöhnlichen Verkehr in der Regel nur P. I. Klasse. Diese haben meist eine einzige große Abteilung, manchmal auch 2 Abteilungen, einen Mittelgang und einige kleine Nebenräume für Abort- und Wascheinrichtungen. Die Polstersitze der Wagen sind mit umlegbaren Rücklehnen ausgestattet, damit die Reisenden stets in der Fahrrichtung sitzen können. Für Auswandererzüge, Vergnügungszüge u. s. w. werden auch P. II. Klasse mit einfacherer Ausstattung verwendet. In allen Schnellzügen und in vielen Personenzügen werden für anspruchsvollere Reisende Luxuswagen mitgeführt. Diese sind entweder nur für den Tagesverkehr mit bequemen Lehnstühlen oder Drehsesseln oder für den Tag- und Nachtverkehr mit festen Sitzbänken und Schlafeinrichtungen ausgestattet. Die Luxuswagen werden von der bekannten Pullman-Gesellschaft, vielfach aber von den Bahnverwaltungen selbst beigestellt.

P. für Hauptbahnen und für Nebenbahnen.

An Hauptbahnpersonenwagen werden, sofern sie nicht ausschließlich dem lokalen Verkehr dienen, in bezug auf Festigkeit, ruhigen Gang, Ausstattung und Bequemlichkeiten aller Art weit höhere Anforderungen gestellt als an P. für Nebenbahnen (Vizinalbahnen, Lokalbahnen, Kleinbahnen).

Die Nebenbahnwagen werden möglichst leicht ausgeführt, weil Bahnkörper und Gleise

Die Reisenden können während der Fahrt nicht unmittelbar mit den Zugbeamten verkehren und müssen bei voller Besetzung dauernd auf ihren Plätzen verweilen, was für sie besonders an heißen Tagen außerordentlich lästig ist.

Bei vollständig gegeneinander abgeschlossenen Abteilen ist die Sicherheit gegen Beraubung der Reisenden nicht in dem Maß gewährleistet wie bei Durchgangswagen oder bei Abteilwagen mit innerer Verbindung.

Vorteile der Durchgangswagen.

Die Durchgangswagen haben bequeme Einsteigtritte.

Ihre Seitenwände sind durch Türöffnungen nicht verschwächt. Die Wagen bieten deshalb bei Unfällen den Reisenden eine weit größere Sicherheit als Abteilwagen.

Die Heizung wird durch den Wegfall der vielen Eingangstüren wesentlich erleichtert.

Die Abort- und Waschräume können im allgemeinen zweckmäßiger untergebracht werden als bei Abteilwagen.

Die Zugbeamten können den Zug während der Fahrt ständig überwachen.

Die Reisenden sind beim Zu- und Abgang anderer Fahrgäste den Unbilden der Witterung nicht ausgesetzt; sie können während der Fahrt ihre Plätze verlassen, etwas Bewegung machen und mit den Insassen anderer Abteile oder Wagen sowie auch mit den Zugbeamten verkehren.

Nachteile der Durchgangswagen.

Die freie Bewegung und auch das Herumstehen der Reisenden in den Gängen der Wagen ist für die auf ihren Plätzen verbleibenden Fahrgäste oft recht lästig und störend.

Die geringe Anzahl der Türen hindert die rasche Entleerung der Wagen, was bei Unfällen sehr mißlich werden kann. Die deutschen Bundesregierungen haben in Erwägung dieses Umstandes bei einer vom 14. bis 16. Februar 1901 in Berlin abgehaltenen Beratung von Maßnahmen zur Erhöhung der Betriebssicherheit sich auch eingehend mit der Frage beschäftigt, durch welche bauliche Vorkehrungen eine rasche Entleerung der nur an den Enden mit Türen versehenen deutschen D-Zugwagen erreicht werden könne.

Man ist dabei zu dem Beschluß gekommen die bewährte Bauart der Wagen beizubehalten, von dem Einbau von Nottüren oder regelmäßig zu benutzender Seitentüren wegen der Verminderung der Festigkeit des Wagenkastens und der nötigen Einschränkung der Wagenbreite abzusehen, dagegen die Fenster als Notöffnungen auszubilden.

Die deutschen D-Zugwagen führen jetzt auch Leitern mit, durch die den Reisenden bei Unfällen das Verlassen der Wagen durch die Fenster erleichtert werden soll.

Für die Wahl der Wagenform waren in den verschiedenen Ländern das Klima, die Lebensgewohnheiten der Bevölkerung, die Stärke des Verkehrs und die Handhabung des Betriebs maßgebend.

In Nordamerika werden ausschließlich Durchgangswagen mit Drehgestellen, Mittelgang oder zuweilen auch mit Seitengang verwendet, in England vorzugsweise Abteilwagen, in Österreich, Ungarn, Rußland, Schweden, Bulgarien, Serbien und der Schweiz überwiegend Durchgangswagen und in den übrigen Ländern sowohl Abteil- als Durchgangswagen.

Auf Nebenbahnen sind fast nur Durchgangswagen zu finden.

Zur Bedienung des Vorortverkehrs großer Städte werden vielfach Abteilwagen, aber auch Durchgangswagen mit Endbühnen oder mit Eingangstüren in den Seitenwänden benutzt.

P. I., II., III. und IV. Klasse.

Die einzelnen Wagenklassen unterscheiden sich durch die mehr oder minder bequeme sowie bessere oder einfachere Innenausstattung der Abteile.

Die beiden oberen Klassen haben Polstersitze, die beiden unteren Holzsitze; in der IV. Klasse ist die Zahl der Sitze beschränkt, dafür sind aber Räume vorhanden, in denen die Reisenden stehen und größere Gepäckstücke einbringen können.

In England hat man fast durchwegs nur 2 Wagenklassen, die erste und die dritte. Letztere hat leicht gepolsterte Sitze. Auch auf einzelnen französischen Bahnen findet man in der III. Klasse eine ähnliche Ausstattung.

Auf den Bahnen der Vereinigten Staaten von Amerika gibt es für den gewöhnlichen Verkehr in der Regel nur P. I. Klasse. Diese haben meist eine einzige große Abteilung, manchmal auch 2 Abteilungen, einen Mittelgang und einige kleine Nebenräume für Abort- und Wascheinrichtungen. Die Polstersitze der Wagen sind mit umlegbaren Rücklehnen ausgestattet, damit die Reisenden stets in der Fahrrichtung sitzen können. Für Auswandererzüge, Vergnügungszüge u. s. w. werden auch P. II. Klasse mit einfacherer Ausstattung verwendet. In allen Schnellzügen und in vielen Personenzügen werden für anspruchsvollere Reisende Luxuswagen mitgeführt. Diese sind entweder nur für den Tagesverkehr mit bequemen Lehnstühlen oder Drehsesseln oder für den Tag- und Nachtverkehr mit festen Sitzbänken und Schlafeinrichtungen ausgestattet. Die Luxuswagen werden von der bekannten Pullman-Gesellschaft, vielfach aber von den Bahnverwaltungen selbst beigestellt.

P. für Hauptbahnen und für Nebenbahnen.

An Hauptbahnpersonenwagen werden, sofern sie nicht ausschließlich dem lokalen Verkehr dienen, in bezug auf Festigkeit, ruhigen Gang, Ausstattung und Bequemlichkeiten aller Art weit höhere Anforderungen gestellt als an P. für Nebenbahnen (Vizinalbahnen, Lokalbahnen, Kleinbahnen).

Die Nebenbahnwagen werden möglichst leicht ausgeführt, weil Bahnkörper und Gleise

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[23/0031] Die Reisenden können während der Fahrt nicht unmittelbar mit den Zugbeamten verkehren und müssen bei voller Besetzung dauernd auf ihren Plätzen verweilen, was für sie besonders an heißen Tagen außerordentlich lästig ist. Bei vollständig gegeneinander abgeschlossenen Abteilen ist die Sicherheit gegen Beraubung der Reisenden nicht in dem Maß gewährleistet wie bei Durchgangswagen oder bei Abteilwagen mit innerer Verbindung. Vorteile der Durchgangswagen. Die Durchgangswagen haben bequeme Einsteigtritte. Ihre Seitenwände sind durch Türöffnungen nicht verschwächt. Die Wagen bieten deshalb bei Unfällen den Reisenden eine weit größere Sicherheit als Abteilwagen. Die Heizung wird durch den Wegfall der vielen Eingangstüren wesentlich erleichtert. Die Abort- und Waschräume können im allgemeinen zweckmäßiger untergebracht werden als bei Abteilwagen. Die Zugbeamten können den Zug während der Fahrt ständig überwachen. Die Reisenden sind beim Zu- und Abgang anderer Fahrgäste den Unbilden der Witterung nicht ausgesetzt; sie können während der Fahrt ihre Plätze verlassen, etwas Bewegung machen und mit den Insassen anderer Abteile oder Wagen sowie auch mit den Zugbeamten verkehren. Nachteile der Durchgangswagen. Die freie Bewegung und auch das Herumstehen der Reisenden in den Gängen der Wagen ist für die auf ihren Plätzen verbleibenden Fahrgäste oft recht lästig und störend. Die geringe Anzahl der Türen hindert die rasche Entleerung der Wagen, was bei Unfällen sehr mißlich werden kann. Die deutschen Bundesregierungen haben in Erwägung dieses Umstandes bei einer vom 14. bis 16. Februar 1901 in Berlin abgehaltenen Beratung von Maßnahmen zur Erhöhung der Betriebssicherheit sich auch eingehend mit der Frage beschäftigt, durch welche bauliche Vorkehrungen eine rasche Entleerung der nur an den Enden mit Türen versehenen deutschen D-Zugwagen erreicht werden könne. Man ist dabei zu dem Beschluß gekommen die bewährte Bauart der Wagen beizubehalten, von dem Einbau von Nottüren oder regelmäßig zu benutzender Seitentüren wegen der Verminderung der Festigkeit des Wagenkastens und der nötigen Einschränkung der Wagenbreite abzusehen, dagegen die Fenster als Notöffnungen auszubilden. Die deutschen D-Zugwagen führen jetzt auch Leitern mit, durch die den Reisenden bei Unfällen das Verlassen der Wagen durch die Fenster erleichtert werden soll. Für die Wahl der Wagenform waren in den verschiedenen Ländern das Klima, die Lebensgewohnheiten der Bevölkerung, die Stärke des Verkehrs und die Handhabung des Betriebs maßgebend. In Nordamerika werden ausschließlich Durchgangswagen mit Drehgestellen, Mittelgang oder zuweilen auch mit Seitengang verwendet, in England vorzugsweise Abteilwagen, in Österreich, Ungarn, Rußland, Schweden, Bulgarien, Serbien und der Schweiz überwiegend Durchgangswagen und in den übrigen Ländern sowohl Abteil- als Durchgangswagen. Auf Nebenbahnen sind fast nur Durchgangswagen zu finden. Zur Bedienung des Vorortverkehrs großer Städte werden vielfach Abteilwagen, aber auch Durchgangswagen mit Endbühnen oder mit Eingangstüren in den Seitenwänden benutzt. P. I., II., III. und IV. Klasse. Die einzelnen Wagenklassen unterscheiden sich durch die mehr oder minder bequeme sowie bessere oder einfachere Innenausstattung der Abteile. Die beiden oberen Klassen haben Polstersitze, die beiden unteren Holzsitze; in der IV. Klasse ist die Zahl der Sitze beschränkt, dafür sind aber Räume vorhanden, in denen die Reisenden stehen und größere Gepäckstücke einbringen können. In England hat man fast durchwegs nur 2 Wagenklassen, die erste und die dritte. Letztere hat leicht gepolsterte Sitze. Auch auf einzelnen französischen Bahnen findet man in der III. Klasse eine ähnliche Ausstattung. Auf den Bahnen der Vereinigten Staaten von Amerika gibt es für den gewöhnlichen Verkehr in der Regel nur P. I. Klasse. Diese haben meist eine einzige große Abteilung, manchmal auch 2 Abteilungen, einen Mittelgang und einige kleine Nebenräume für Abort- und Wascheinrichtungen. Die Polstersitze der Wagen sind mit umlegbaren Rücklehnen ausgestattet, damit die Reisenden stets in der Fahrrichtung sitzen können. Für Auswandererzüge, Vergnügungszüge u. s. w. werden auch P. II. Klasse mit einfacherer Ausstattung verwendet. In allen Schnellzügen und in vielen Personenzügen werden für anspruchsvollere Reisende Luxuswagen mitgeführt. Diese sind entweder nur für den Tagesverkehr mit bequemen Lehnstühlen oder Drehsesseln oder für den Tag- und Nachtverkehr mit festen Sitzbänken und Schlafeinrichtungen ausgestattet. Die Luxuswagen werden von der bekannten Pullman-Gesellschaft, vielfach aber von den Bahnverwaltungen selbst beigestellt. P. für Hauptbahnen und für Nebenbahnen. An Hauptbahnpersonenwagen werden, sofern sie nicht ausschließlich dem lokalen Verkehr dienen, in bezug auf Festigkeit, ruhigen Gang, Ausstattung und Bequemlichkeiten aller Art weit höhere Anforderungen gestellt als an P. für Nebenbahnen (Vizinalbahnen, Lokalbahnen, Kleinbahnen). Die Nebenbahnwagen werden möglichst leicht ausgeführt, weil Bahnkörper und Gleise

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917/31>, abgerufen am 05.10.2024.