Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917.

Bild:
<< vorherige Seite

Dreiachsige P. sind fast auf allen Hauptbahnen Europas, die schwedischen, dänischen und einige kleinere Bahnen ausgenommen, zu finden. Sie laufen bei Zuggeschwindigkeiten bis zu 90 km/Std. noch vollständig ruhig, sofern ihr Gewicht nicht zu klein, der Gesamtradstand im Verhältnis zur Kastenlänge möglichst groß, die auf den Rädern der Endachsen ruhende Last gleichmäßig verteilt und die Belastung der Mittelachse kleiner ist als die einer Endachse, damit der Kasten nicht auf der Mittelachse reitet.

Vier- und 6achsige P. werden, wenn ihre Achsen, wie jetzt allgemein üblich, in 2 Drehgestellen (s. d.) vereinigt sind, kurzweg auch "Drehgestellwagen" genannt. Früher hatte man auf englischen Bahnen und auf einzelnen Festlandsbahnen, so z. B. auf der österreichischen Südbahn, 4achsige P., deren Achsen wie jene der 2- und 3achsigen Wagen einzeln im Untergestell gelagert waren; den beiden Mittelachsen oder den Endachsen war wegen des Befahrens von Krümmungen ein größeres seitliches Spiel gegeben. In der Gegenwart dürften Wagen mit derartiger Achsenanordnung kaum mehr gebaut werden.

Die Drehgestellwagen sind nach allgemeiner Anschauung der Eisenbahntechniker für hohe Geschwindigkeiten und für krümmungsreiche Strecken wegen ihres ruhigeren, geräuschloseren Ganges den 2- und 3achsigen Wagen vorzuziehen1.

Die unangenehme Erscheinung des Aufhebens der Federwirkung beim Bremsen tritt bei Drehgestellwagen nicht ein, weil die den Wagenkasten stützenden Federn durch die Bremse nicht beeinflußt werden. Infolge der besseren Abfederung werden bei Drehgestellwagen die Schienenstöße weniger stark auf den Kasten übertragen, wodurch dessen Haltbarkeit gewinnt.

Bei Verwendung von Drehgestellwagen wird die erforderliche Zugkraft geringer. Die französische Nordbahn hat, ehe sie im Jahre 1897 den Bau von Drehgestellwagen aufnahm, durch eingehende Versuche die Vorteile dieser Wagen für den Schnellzugdienst festgestellt. Dabei hatte sie gefunden, daß der Widerstand eines aus Drehgestellwagen gebildeten Zuges bei Geschwindigkeiten bis zu 60 km/Std. nur unwesentlich kleiner, dagegen bei Geschwindigkeiten zwischen 100 und 120 km/Std. bis zu 15% geringer ist als der Widerstand eines aus 2- und 3achsigen Wagen bestehenden Zuges2.

Die Drehgestellwagen sind in Nordamerika schon seit Beginn des dortigen Eisenbahnwesens in Verwendung. Auf den europäischen Bahnen dagegen wurden sie erst in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts in größerem Umfang eingeführt. Jetzt laufen sie in allen internationalen Schnellzügen des Festlandes. In Deutschland werden andere Wagen für den Schnellzugdienst überhaupt nur noch ausnahmsweise zugelassen.

Abteilwagen und Durchgangswagen.

Das Ursprungsland des Abteilwagens ist England, das des Durchgangswagens Amerika.

Der Kasten der Abteilwagen ist im Innern entweder durch Querwände oder nur durch die Rücklehnen der Sitzbänke in kleinere, von den beiden Wagenlangseiten durch Türen zugängliche Räume (Abteile) geschieden. Die Eingangstüren der Abteile schlagen nach außen gegen die Kastenwände auf.

Je nachdem die Abteile eine Sitzreihe oder 2 einander gegenüberliegende Sitzreihen haben, werden sie als Halbabteile oder Vollabteile bezeichnet. Die Abteile sind innen häufig, entweder gruppenweise oder alle zusammen, unter sich und mit den zwischen ihnen oder am Wagenende eingebauten Abort- und Waschräumen durch einen Gang verbunden, der meist an der Seite, zuweilen auch in der Mitte angeordnet ist.

Die Durchgangswagen enthalten eine oder mehrere Abteilungen, zu denen man über offene oder über geschlossene an den Wagenenden befindliche Bühnen, manchmal auch über eine in der Wagenmitte angeordnete offene oder geschlossene Bühne gelangt. Die geschlossenen Endbühnen haben seitliche Eingangstüren und für den Übergang von einem Wagen zum andern Stirnwandtüren und Brücken. Bei den Wagen mit offenen Endbühnen (Stirnplattformen) befinden sich die Eingangstüren an den Kastenstirnwänden. Auch diese Wagen haben Übergangsbrücken.

Die Abteilwagen sowohl als die Durchgangswagen haben Vorteile und Nachteile.

Vorteile der Abteilwagen.

Die Wagen lassen sich rasch füllen und, was besonders in Gefahrfällen von Bedeutung ist, auch rasch entleeren.

Sie gestatten eine vollständige und bequeme Trennung der Reisenden nach kleineren Gruppen und nach den Reisezielen.

Ihre Sitzplätze sind breiter als die der Durchgangswagen.

Nachteile der Abteilwagen.

Der Wagenkasten ist wegen der vielen Türöffnungen wenig widerstandsfähig und teuer in der Unterhaltung.

Die Einsteigtritte sind infolge der beschränkten Breitenverhältnisse steil und unbequem.

In der ungünstigen Jahreszeit werden die Reisenden beim Öffnen der Türen durch Kälte, Zugluft u. s. w. belästigt.

1 Vgl. Bericht der Technikerversammlung des VDEV. vom 10./12. März 1903 über die Fortschritte der Technik des deutschen Eisenbahnwesens in den letzten Jahren. VII. Abteilung.
2 S. den Bericht der französischen Nordbahn-Gesellschaft zur Pariser Weltausstellung 1900, S. 144.

Dreiachsige P. sind fast auf allen Hauptbahnen Europas, die schwedischen, dänischen und einige kleinere Bahnen ausgenommen, zu finden. Sie laufen bei Zuggeschwindigkeiten bis zu 90 km/Std. noch vollständig ruhig, sofern ihr Gewicht nicht zu klein, der Gesamtradstand im Verhältnis zur Kastenlänge möglichst groß, die auf den Rädern der Endachsen ruhende Last gleichmäßig verteilt und die Belastung der Mittelachse kleiner ist als die einer Endachse, damit der Kasten nicht auf der Mittelachse reitet.

Vier- und 6achsige P. werden, wenn ihre Achsen, wie jetzt allgemein üblich, in 2 Drehgestellen (s. d.) vereinigt sind, kurzweg auch „Drehgestellwagen“ genannt. Früher hatte man auf englischen Bahnen und auf einzelnen Festlandsbahnen, so z. B. auf der österreichischen Südbahn, 4achsige P., deren Achsen wie jene der 2- und 3achsigen Wagen einzeln im Untergestell gelagert waren; den beiden Mittelachsen oder den Endachsen war wegen des Befahrens von Krümmungen ein größeres seitliches Spiel gegeben. In der Gegenwart dürften Wagen mit derartiger Achsenanordnung kaum mehr gebaut werden.

Die Drehgestellwagen sind nach allgemeiner Anschauung der Eisenbahntechniker für hohe Geschwindigkeiten und für krümmungsreiche Strecken wegen ihres ruhigeren, geräuschloseren Ganges den 2- und 3achsigen Wagen vorzuziehen1.

Die unangenehme Erscheinung des Aufhebens der Federwirkung beim Bremsen tritt bei Drehgestellwagen nicht ein, weil die den Wagenkasten stützenden Federn durch die Bremse nicht beeinflußt werden. Infolge der besseren Abfederung werden bei Drehgestellwagen die Schienenstöße weniger stark auf den Kasten übertragen, wodurch dessen Haltbarkeit gewinnt.

Bei Verwendung von Drehgestellwagen wird die erforderliche Zugkraft geringer. Die französische Nordbahn hat, ehe sie im Jahre 1897 den Bau von Drehgestellwagen aufnahm, durch eingehende Versuche die Vorteile dieser Wagen für den Schnellzugdienst festgestellt. Dabei hatte sie gefunden, daß der Widerstand eines aus Drehgestellwagen gebildeten Zuges bei Geschwindigkeiten bis zu 60 km/Std. nur unwesentlich kleiner, dagegen bei Geschwindigkeiten zwischen 100 und 120 km/Std. bis zu 15% geringer ist als der Widerstand eines aus 2- und 3achsigen Wagen bestehenden Zuges2.

Die Drehgestellwagen sind in Nordamerika schon seit Beginn des dortigen Eisenbahnwesens in Verwendung. Auf den europäischen Bahnen dagegen wurden sie erst in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts in größerem Umfang eingeführt. Jetzt laufen sie in allen internationalen Schnellzügen des Festlandes. In Deutschland werden andere Wagen für den Schnellzugdienst überhaupt nur noch ausnahmsweise zugelassen.

Abteilwagen und Durchgangswagen.

Das Ursprungsland des Abteilwagens ist England, das des Durchgangswagens Amerika.

Der Kasten der Abteilwagen ist im Innern entweder durch Querwände oder nur durch die Rücklehnen der Sitzbänke in kleinere, von den beiden Wagenlangseiten durch Türen zugängliche Räume (Abteile) geschieden. Die Eingangstüren der Abteile schlagen nach außen gegen die Kastenwände auf.

Je nachdem die Abteile eine Sitzreihe oder 2 einander gegenüberliegende Sitzreihen haben, werden sie als Halbabteile oder Vollabteile bezeichnet. Die Abteile sind innen häufig, entweder gruppenweise oder alle zusammen, unter sich und mit den zwischen ihnen oder am Wagenende eingebauten Abort- und Waschräumen durch einen Gang verbunden, der meist an der Seite, zuweilen auch in der Mitte angeordnet ist.

Die Durchgangswagen enthalten eine oder mehrere Abteilungen, zu denen man über offene oder über geschlossene an den Wagenenden befindliche Bühnen, manchmal auch über eine in der Wagenmitte angeordnete offene oder geschlossene Bühne gelangt. Die geschlossenen Endbühnen haben seitliche Eingangstüren und für den Übergang von einem Wagen zum andern Stirnwandtüren und Brücken. Bei den Wagen mit offenen Endbühnen (Stirnplattformen) befinden sich die Eingangstüren an den Kastenstirnwänden. Auch diese Wagen haben Übergangsbrücken.

Die Abteilwagen sowohl als die Durchgangswagen haben Vorteile und Nachteile.

Vorteile der Abteilwagen.

Die Wagen lassen sich rasch füllen und, was besonders in Gefahrfällen von Bedeutung ist, auch rasch entleeren.

Sie gestatten eine vollständige und bequeme Trennung der Reisenden nach kleineren Gruppen und nach den Reisezielen.

Ihre Sitzplätze sind breiter als die der Durchgangswagen.

Nachteile der Abteilwagen.

Der Wagenkasten ist wegen der vielen Türöffnungen wenig widerstandsfähig und teuer in der Unterhaltung.

Die Einsteigtritte sind infolge der beschränkten Breitenverhältnisse steil und unbequem.

In der ungünstigen Jahreszeit werden die Reisenden beim Öffnen der Türen durch Kälte, Zugluft u. s. w. belästigt.

1 Vgl. Bericht der Technikerversammlung des VDEV. vom 10./12. März 1903 über die Fortschritte der Technik des deutschen Eisenbahnwesens in den letzten Jahren. VII. Abteilung.
2 S. den Bericht der französischen Nordbahn-Gesellschaft zur Pariser Weltausstellung 1900, S. 144.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0030" n="22"/>
          </p><lb/>
          <p>Dreiachsige P. sind fast auf allen Hauptbahnen Europas, die schwedischen, dänischen und einige kleinere Bahnen ausgenommen, zu finden. Sie laufen bei Zuggeschwindigkeiten bis zu 90 <hi rendition="#i">km</hi>/Std. noch vollständig ruhig, sofern ihr Gewicht nicht zu klein, der Gesamtradstand im Verhältnis zur Kastenlänge möglichst groß, die auf den Rädern der Endachsen ruhende Last gleichmäßig verteilt und die Belastung der Mittelachse kleiner ist als die einer Endachse, damit der Kasten nicht auf der Mittelachse reitet.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Vier- und 6achsige</hi> P. werden, wenn ihre Achsen, wie jetzt allgemein üblich, in 2 Drehgestellen (s. d.) vereinigt sind, kurzweg auch &#x201E;Drehgestellwagen&#x201C; genannt. Früher hatte man auf englischen Bahnen und auf einzelnen Festlandsbahnen, so z. B. auf der österreichischen Südbahn, 4achsige P., deren Achsen wie jene der 2- und 3achsigen Wagen einzeln im Untergestell gelagert waren; den beiden Mittelachsen oder den Endachsen war wegen des Befahrens von Krümmungen ein größeres seitliches Spiel gegeben. In der Gegenwart dürften Wagen mit derartiger Achsenanordnung kaum mehr gebaut werden.</p><lb/>
          <p>Die Drehgestellwagen sind nach allgemeiner Anschauung der Eisenbahntechniker für hohe Geschwindigkeiten und für krümmungsreiche Strecken wegen ihres ruhigeren, geräuschloseren Ganges den 2- und 3achsigen Wagen vorzuziehen<note place="foot" n="1">Vgl. Bericht der Technikerversammlung des VDEV. vom 10./12. März 1903 über die Fortschritte der Technik des deutschen Eisenbahnwesens in den letzten Jahren. VII. Abteilung.</note>.</p><lb/>
          <p>Die unangenehme Erscheinung des Aufhebens der Federwirkung beim Bremsen tritt bei Drehgestellwagen nicht ein, weil die den Wagenkasten stützenden Federn durch die Bremse nicht beeinflußt werden. Infolge der besseren Abfederung werden bei Drehgestellwagen die Schienenstöße weniger stark auf den Kasten übertragen, wodurch dessen Haltbarkeit gewinnt.</p><lb/>
          <p>Bei Verwendung von Drehgestellwagen wird die erforderliche Zugkraft geringer. Die französische Nordbahn hat, ehe sie im Jahre 1897 den Bau von Drehgestellwagen aufnahm, durch eingehende Versuche die Vorteile dieser Wagen für den Schnellzugdienst festgestellt. Dabei hatte sie gefunden, daß der Widerstand eines aus Drehgestellwagen gebildeten Zuges bei Geschwindigkeiten bis zu 60 <hi rendition="#i">km</hi>/Std. nur unwesentlich kleiner, dagegen bei Geschwindigkeiten zwischen 100 und 120 <hi rendition="#i">km</hi>/Std. bis zu 15<hi rendition="#i">%</hi> geringer ist als der Widerstand eines aus 2- und 3achsigen Wagen bestehenden Zuges<note place="foot" n="2">S. den Bericht der französischen Nordbahn-Gesellschaft zur Pariser Weltausstellung 1900, S. 144.</note>.</p><lb/>
          <p>Die Drehgestellwagen sind in <hi rendition="#g">Nordamerika</hi> schon seit Beginn des dortigen Eisenbahnwesens in Verwendung. Auf den <hi rendition="#g">europäischen</hi> Bahnen dagegen wurden sie erst in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts in größerem Umfang eingeführt. Jetzt laufen sie in allen internationalen Schnellzügen des Festlandes. In Deutschland werden andere Wagen für den Schnellzugdienst überhaupt <hi rendition="#g">nur</hi> noch ausnahmsweise zugelassen.</p><lb/>
          <p rendition="#c"><hi rendition="#g">Abteilwagen und Durchgangswagen</hi>.</p><lb/>
          <p>Das Ursprungsland des Abteilwagens ist England, das des Durchgangswagens Amerika.</p><lb/>
          <p>Der Kasten der Abteilwagen ist im Innern entweder durch Querwände oder nur durch die Rücklehnen der Sitzbänke in kleinere, von den beiden Wagenlangseiten durch Türen zugängliche Räume (Abteile) geschieden. Die Eingangstüren der Abteile schlagen nach außen gegen die Kastenwände auf.</p><lb/>
          <p>Je nachdem die Abteile eine Sitzreihe oder 2 einander gegenüberliegende Sitzreihen haben, werden sie als Halbabteile oder Vollabteile bezeichnet. Die Abteile sind innen häufig, entweder gruppenweise oder alle zusammen, unter sich und mit den zwischen ihnen oder am Wagenende eingebauten Abort- und Waschräumen durch einen Gang verbunden, der meist an der Seite, zuweilen auch in der Mitte angeordnet ist.</p><lb/>
          <p>Die Durchgangswagen enthalten eine oder mehrere Abteilungen, zu denen man über offene oder über geschlossene an den Wagenenden befindliche Bühnen, manchmal auch über eine in der Wagenmitte angeordnete offene oder geschlossene Bühne gelangt. Die geschlossenen Endbühnen haben seitliche Eingangstüren und für den Übergang von einem Wagen zum andern Stirnwandtüren und Brücken. Bei den Wagen mit offenen Endbühnen (Stirnplattformen) befinden sich die Eingangstüren an den Kastenstirnwänden. Auch diese Wagen haben Übergangsbrücken.</p><lb/>
          <p>Die Abteilwagen sowohl als die Durchgangswagen haben Vorteile und Nachteile.</p><lb/>
          <p rendition="#c"><hi rendition="#g">Vorteile der Abteilwagen</hi>.</p><lb/>
          <p>Die Wagen lassen sich rasch füllen und, was besonders in Gefahrfällen von Bedeutung ist, auch rasch entleeren.</p><lb/>
          <p>Sie gestatten eine vollständige und bequeme Trennung der Reisenden nach kleineren Gruppen und nach den Reisezielen.</p><lb/>
          <p>Ihre Sitzplätze sind breiter als die der Durchgangswagen.</p><lb/>
          <p rendition="#c"><hi rendition="#g">Nachteile der Abteilwagen</hi>.</p><lb/>
          <p>Der Wagenkasten ist wegen der vielen Türöffnungen wenig widerstandsfähig und teuer in der Unterhaltung.</p><lb/>
          <p>Die Einsteigtritte sind infolge der beschränkten Breitenverhältnisse steil und unbequem.</p><lb/>
          <p>In der ungünstigen Jahreszeit werden die Reisenden beim Öffnen der Türen durch Kälte, Zugluft u. s. w. belästigt.
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0030] Dreiachsige P. sind fast auf allen Hauptbahnen Europas, die schwedischen, dänischen und einige kleinere Bahnen ausgenommen, zu finden. Sie laufen bei Zuggeschwindigkeiten bis zu 90 km/Std. noch vollständig ruhig, sofern ihr Gewicht nicht zu klein, der Gesamtradstand im Verhältnis zur Kastenlänge möglichst groß, die auf den Rädern der Endachsen ruhende Last gleichmäßig verteilt und die Belastung der Mittelachse kleiner ist als die einer Endachse, damit der Kasten nicht auf der Mittelachse reitet. Vier- und 6achsige P. werden, wenn ihre Achsen, wie jetzt allgemein üblich, in 2 Drehgestellen (s. d.) vereinigt sind, kurzweg auch „Drehgestellwagen“ genannt. Früher hatte man auf englischen Bahnen und auf einzelnen Festlandsbahnen, so z. B. auf der österreichischen Südbahn, 4achsige P., deren Achsen wie jene der 2- und 3achsigen Wagen einzeln im Untergestell gelagert waren; den beiden Mittelachsen oder den Endachsen war wegen des Befahrens von Krümmungen ein größeres seitliches Spiel gegeben. In der Gegenwart dürften Wagen mit derartiger Achsenanordnung kaum mehr gebaut werden. Die Drehgestellwagen sind nach allgemeiner Anschauung der Eisenbahntechniker für hohe Geschwindigkeiten und für krümmungsreiche Strecken wegen ihres ruhigeren, geräuschloseren Ganges den 2- und 3achsigen Wagen vorzuziehen 1. Die unangenehme Erscheinung des Aufhebens der Federwirkung beim Bremsen tritt bei Drehgestellwagen nicht ein, weil die den Wagenkasten stützenden Federn durch die Bremse nicht beeinflußt werden. Infolge der besseren Abfederung werden bei Drehgestellwagen die Schienenstöße weniger stark auf den Kasten übertragen, wodurch dessen Haltbarkeit gewinnt. Bei Verwendung von Drehgestellwagen wird die erforderliche Zugkraft geringer. Die französische Nordbahn hat, ehe sie im Jahre 1897 den Bau von Drehgestellwagen aufnahm, durch eingehende Versuche die Vorteile dieser Wagen für den Schnellzugdienst festgestellt. Dabei hatte sie gefunden, daß der Widerstand eines aus Drehgestellwagen gebildeten Zuges bei Geschwindigkeiten bis zu 60 km/Std. nur unwesentlich kleiner, dagegen bei Geschwindigkeiten zwischen 100 und 120 km/Std. bis zu 15% geringer ist als der Widerstand eines aus 2- und 3achsigen Wagen bestehenden Zuges 2. Die Drehgestellwagen sind in Nordamerika schon seit Beginn des dortigen Eisenbahnwesens in Verwendung. Auf den europäischen Bahnen dagegen wurden sie erst in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts in größerem Umfang eingeführt. Jetzt laufen sie in allen internationalen Schnellzügen des Festlandes. In Deutschland werden andere Wagen für den Schnellzugdienst überhaupt nur noch ausnahmsweise zugelassen. Abteilwagen und Durchgangswagen. Das Ursprungsland des Abteilwagens ist England, das des Durchgangswagens Amerika. Der Kasten der Abteilwagen ist im Innern entweder durch Querwände oder nur durch die Rücklehnen der Sitzbänke in kleinere, von den beiden Wagenlangseiten durch Türen zugängliche Räume (Abteile) geschieden. Die Eingangstüren der Abteile schlagen nach außen gegen die Kastenwände auf. Je nachdem die Abteile eine Sitzreihe oder 2 einander gegenüberliegende Sitzreihen haben, werden sie als Halbabteile oder Vollabteile bezeichnet. Die Abteile sind innen häufig, entweder gruppenweise oder alle zusammen, unter sich und mit den zwischen ihnen oder am Wagenende eingebauten Abort- und Waschräumen durch einen Gang verbunden, der meist an der Seite, zuweilen auch in der Mitte angeordnet ist. Die Durchgangswagen enthalten eine oder mehrere Abteilungen, zu denen man über offene oder über geschlossene an den Wagenenden befindliche Bühnen, manchmal auch über eine in der Wagenmitte angeordnete offene oder geschlossene Bühne gelangt. Die geschlossenen Endbühnen haben seitliche Eingangstüren und für den Übergang von einem Wagen zum andern Stirnwandtüren und Brücken. Bei den Wagen mit offenen Endbühnen (Stirnplattformen) befinden sich die Eingangstüren an den Kastenstirnwänden. Auch diese Wagen haben Übergangsbrücken. Die Abteilwagen sowohl als die Durchgangswagen haben Vorteile und Nachteile. Vorteile der Abteilwagen. Die Wagen lassen sich rasch füllen und, was besonders in Gefahrfällen von Bedeutung ist, auch rasch entleeren. Sie gestatten eine vollständige und bequeme Trennung der Reisenden nach kleineren Gruppen und nach den Reisezielen. Ihre Sitzplätze sind breiter als die der Durchgangswagen. Nachteile der Abteilwagen. Der Wagenkasten ist wegen der vielen Türöffnungen wenig widerstandsfähig und teuer in der Unterhaltung. Die Einsteigtritte sind infolge der beschränkten Breitenverhältnisse steil und unbequem. In der ungünstigen Jahreszeit werden die Reisenden beim Öffnen der Türen durch Kälte, Zugluft u. s. w. belästigt. 1 Vgl. Bericht der Technikerversammlung des VDEV. vom 10./12. März 1903 über die Fortschritte der Technik des deutschen Eisenbahnwesens in den letzten Jahren. VII. Abteilung. 2 S. den Bericht der französischen Nordbahn-Gesellschaft zur Pariser Weltausstellung 1900, S. 144.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T17:32:51Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:51Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text sowie die Faksimiles 0459 und 0460 stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917/30
Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 8. Berlin, Wien, 1917, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen08_1917/30>, abgerufen am 05.10.2024.