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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915.

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verwaltenden Linien und die andere für die durch die Gesellschaft zum Betrieb der Staatseisenbahnen (Maatschappy tot Exploitatie van Staatsspoorwegen), die Niederländische Zentral- (Nederlandsche Centraal) und die Nordbrabantisch-Deutsche (Noordbrabantsch-Duitsche) Eisenbahngesellschaft verwalteten Linien.

Wenn die Benutzung einer Eisenbahn oder des dazugehörenden Materials für den Reichsdienst im Interesse der Verteidigung des Landes durch den König oder kraft königlicher Ermächtigung durch den Kriegsminister oder durch einen Befehlshaber der Armee angeordnet wird, so bleiben die Verwaltungen der betreffenden Eisenbahnen mit der Ausführung des Dienstes unter Leitung und Aufsicht der Ausführungskommissionen beauftragt.

Schweiz. Das Reglement vom 1. August 1907 entspricht der deutschen Militärtransportordnung (Ausführungs- und Zusatzbestimmungen vom 2. Oktober 1911). Außerdem regelt eine Verordnung vom 12. März 1909 den "Territorial- und Transportdienst".

Bei der Mobilmachung des Heeres oder einzelner seiner Teile treten zur militärischen Verwaltung des Landes, zur Sicherung der Verbindung des Feldheeres mit dem Landesinnern und zur Ermöglichung des Nach- und Rückschubs folgende Dienstzweige in Tätigkeit: 1. die Militärverwaltung im Rücken des Heeres, 2. der Transportdienst, der den Etappen- und den Eisenbahndienst umfaßt. Die Angelegenheiten der M. werden durch die Generalstabsabteilung bearbeitet. Der Oberbefehl über die Etappen und den Eisenbahndienst wird durch das Armeeoberkommando geführt, die Leitung dieser Dienstzweige liegt dem Chef des Transportdienstes ob, der mit den ihm zugeteilten Offizieren eine Abteilung des Generalstabes bildet. Ihm sind zugeteilt der Etappendirektor und der Militäreisenbahndirektor als Chef des Eisenbahnwesens. Letzterer leitet den Betrieb aller Transportanstalten, sowohl für den Militär- wie für den Zivilverkehr. Der Militäreisenbahndirektor hat die Verpflichtung, einen möglichst leistungsfähigen Eisenbahnbetrieb aufrechtzuerhalten, zunächst auf den Etappenstrecken, dann aber auch auf den übrigen Eisenbahnen. Er kann die Aufhebung des Zivilverkehrs oder seine Einschränkung anordnen, wenn der militärische Verkehr diese Maßnahme erforderlich macht. Er verfügt über das Personal und das Material der Transportanstalten; er veranlaßt die Unterhaltung, Verbesserung, Räumung u. s. w. der Eisenbahnen, wenn nötig und zweckmäßig, auch deren Zerstörung. Die Transportunternehmungen sind für den Militärbetrieb in Etappengruppen eingeteilt, an deren Spitze je ein Betriebsgruppendirektor steht. Der Militäreisenbahndirektor und die Gruppendirektoren werden bis zu ihrer Ernennung durch die Generaldirektion und die Kreisdirektionen der schweizerischen Bundesbahnen vertreten.

Rußland. Infolge der geringen Dichte des Eisenbahnnetzes waren in Rußland die Anordnungen für einen Krieg an der Westgrenze so getroffen, daß das Heer weit hinter den Festungen Warschau, Iwangorod und Brestlitewsk, also in erheblicher Entfernung von der Grenze versammelt werden sollte. Auf Veranlassung des französischen Generalstabs sind diese Pläne, die im Widerspruch zu den Aufmarschplänen aller anderen Staaten stehen, aufgegeben worden, und es werden nunmehr Vorbereitungen dafür getroffen, daß das russische Heer im Kriegsfall sich an der Westgrenze versammeln kann. Dazu ist zunächst ein Ausbau des Eisenbahnnetzes an der Westgrenze nötig. Unter den Eisenbahnen, die neuerdings in Rußland geplant werden, sind nur wenige, für die wirtschaftliche, nicht strategische Gründe maßgebend sind. Zunächst handelt es sich um solche Linien, die für den Aufmarsch des Heeres von Bedeutung sind.

Das Eisenbahnwesen für militärische Zwecke untersteht nach der Neueinteilung vom Jahre 1904 der vierten Verwaltung des Hauptstabes, die die Bezeichnung "für die Militärkommunikation" trägt. Ihr Leiter ist ein höherer General, dem als Gruppenleiter 2 Generalmajore unterstehen. Die erste Gruppe, für Verwaltungs- und Organisationsfragen, bearbeitet in 3 Abteilungen die Personalangelegenheiten, das Truppentransportwesen auf Eisenbahnen und Straßen, das Beköstigungswesen beim Eisenbahntransport (19. Abteilung), die Truppentransporte zu Wasser und die Beförderung der Militärgüter (21. Abteilung), endlich die Wahrung der militärischen Anforderungen bei Neubauten, die Beaufsichtigung der bestehenden Bahnen und die Maßnahmen zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen. In der zweiten Gruppe, derjenigen für Mobilmachungsangelegenheiten, werden die Ausbildung der Reservisten im Mobilmachungsfall, die Einrichtung der Verpflegsstationen, die Bereitschaft der Eisenbahnen für den Krieg (22. Abteilung), endlich die Gliederung des Etappendienstes, der Abförderung der Verwundeten behandelt. Die Abteilungen unterstehen je einem Oberst des Generalstabes. Außerdem ist dem Hauptstab noch der "Rat für die Beförderung der Truppen und Güter" zur Unterstützung beigegeben. Entsprechend Einteilung des deutschen Eisenbahnnetzes in "Linien" bestehen in Rußland 17 "Gendarmerie-Polizeiverwaltungen der Eisenbahnen"; sie sind in je 8 bis 12 Unterabteilungen gegliedert, denen die Bahnhofskommandos unterstehen.

Im Felde tritt an die Spitze des Eisenbahnwesens einer Armee der "Chef der militärischen Verbindungen"; ihm sind die "Feldwegeverwaltungen", diesen die "Militärchefs der Eisenbahnen" und die "Bahnhofskommandos" unterstellt. Die Feldwegeverwaltungen haben sämtliche Anordnungen für die Beförderung der Truppen und Militärgüter auf den Eisenbahnen und sonstigen Verkehrsmitteln zu treffen. Die Militärchefs entsprechen den Eisenbahnlinienkommissionen.

England. Die Beförderungsbedingungen für die bewaffnete Macht sind in einem Gesetz vom Jahre 1883 (Cheap Trains Act) enthalten. Abweichend von dem festländischen Grundsatz, die Länge der Züge der Stärke der taktischen Einheiten anzupassen, ist in England für die Militärzüge die Zusammensetzung aus 24 bis 37 Wagen vorgesehen; dafür verkehren sie aber mit 48 km Geschwindigkeit in der Stunde. Der englische Eisenbahnbetrieb bevorzugt überhaupt kurze, schnellfahrende Züge vor längeren mit geringerer Fahrgeschwindigkeit. Auf den Bahnen Indiens sollen die Militärzüge mit 35 Wagen und 35 km Geschwindigkeit fahren. Die Züge folgen in Stationsabstand. Nach 4 Stunden Fahrt wird ein Aufenthalt von 15 Minuten zum Tränken der Pferde eingelegt. Ein Bataillon oder eine Batterie braucht 2, ein Regiment Kavallerie 5 Züge; für eine englische Division von 12 Bataillonen, 2 Schwadronen und 12 Batterien mit Munitions- und Sanitätskolonnen sind daher 60 Züge erforderlich.

Für das Einladen darf die Infanterie 40 Minuten, Kavallerie und Artillerie 1 Stunde, für das Ausladen 30 und 40 Minuten beanspruchen.

verwaltenden Linien und die andere für die durch die Gesellschaft zum Betrieb der Staatseisenbahnen (Maatschappy tot Exploitatie van Staatsspoorwegen), die Niederländische Zentral- (Nederlandsche Centraal) und die Nordbrabantisch-Deutsche (Noordbrabantsch-Duitsche) Eisenbahngesellschaft verwalteten Linien.

Wenn die Benutzung einer Eisenbahn oder des dazugehörenden Materials für den Reichsdienst im Interesse der Verteidigung des Landes durch den König oder kraft königlicher Ermächtigung durch den Kriegsminister oder durch einen Befehlshaber der Armee angeordnet wird, so bleiben die Verwaltungen der betreffenden Eisenbahnen mit der Ausführung des Dienstes unter Leitung und Aufsicht der Ausführungskommissionen beauftragt.

Schweiz. Das Reglement vom 1. August 1907 entspricht der deutschen Militärtransportordnung (Ausführungs- und Zusatzbestimmungen vom 2. Oktober 1911). Außerdem regelt eine Verordnung vom 12. März 1909 den „Territorial- und Transportdienst“.

Bei der Mobilmachung des Heeres oder einzelner seiner Teile treten zur militärischen Verwaltung des Landes, zur Sicherung der Verbindung des Feldheeres mit dem Landesinnern und zur Ermöglichung des Nach- und Rückschubs folgende Dienstzweige in Tätigkeit: 1. die Militärverwaltung im Rücken des Heeres, 2. der Transportdienst, der den Etappen- und den Eisenbahndienst umfaßt. Die Angelegenheiten der M. werden durch die Generalstabsabteilung bearbeitet. Der Oberbefehl über die Etappen und den Eisenbahndienst wird durch das Armeeoberkommando geführt, die Leitung dieser Dienstzweige liegt dem Chef des Transportdienstes ob, der mit den ihm zugeteilten Offizieren eine Abteilung des Generalstabes bildet. Ihm sind zugeteilt der Etappendirektor und der Militäreisenbahndirektor als Chef des Eisenbahnwesens. Letzterer leitet den Betrieb aller Transportanstalten, sowohl für den Militär- wie für den Zivilverkehr. Der Militäreisenbahndirektor hat die Verpflichtung, einen möglichst leistungsfähigen Eisenbahnbetrieb aufrechtzuerhalten, zunächst auf den Etappenstrecken, dann aber auch auf den übrigen Eisenbahnen. Er kann die Aufhebung des Zivilverkehrs oder seine Einschränkung anordnen, wenn der militärische Verkehr diese Maßnahme erforderlich macht. Er verfügt über das Personal und das Material der Transportanstalten; er veranlaßt die Unterhaltung, Verbesserung, Räumung u. s. w. der Eisenbahnen, wenn nötig und zweckmäßig, auch deren Zerstörung. Die Transportunternehmungen sind für den Militärbetrieb in Etappengruppen eingeteilt, an deren Spitze je ein Betriebsgruppendirektor steht. Der Militäreisenbahndirektor und die Gruppendirektoren werden bis zu ihrer Ernennung durch die Generaldirektion und die Kreisdirektionen der schweizerischen Bundesbahnen vertreten.

Rußland. Infolge der geringen Dichte des Eisenbahnnetzes waren in Rußland die Anordnungen für einen Krieg an der Westgrenze so getroffen, daß das Heer weit hinter den Festungen Warschau, Iwangorod und Brestlitewsk, also in erheblicher Entfernung von der Grenze versammelt werden sollte. Auf Veranlassung des französischen Generalstabs sind diese Pläne, die im Widerspruch zu den Aufmarschplänen aller anderen Staaten stehen, aufgegeben worden, und es werden nunmehr Vorbereitungen dafür getroffen, daß das russische Heer im Kriegsfall sich an der Westgrenze versammeln kann. Dazu ist zunächst ein Ausbau des Eisenbahnnetzes an der Westgrenze nötig. Unter den Eisenbahnen, die neuerdings in Rußland geplant werden, sind nur wenige, für die wirtschaftliche, nicht strategische Gründe maßgebend sind. Zunächst handelt es sich um solche Linien, die für den Aufmarsch des Heeres von Bedeutung sind.

Das Eisenbahnwesen für militärische Zwecke untersteht nach der Neueinteilung vom Jahre 1904 der vierten Verwaltung des Hauptstabes, die die Bezeichnung „für die Militärkommunikation“ trägt. Ihr Leiter ist ein höherer General, dem als Gruppenleiter 2 Generalmajore unterstehen. Die erste Gruppe, für Verwaltungs- und Organisationsfragen, bearbeitet in 3 Abteilungen die Personalangelegenheiten, das Truppentransportwesen auf Eisenbahnen und Straßen, das Beköstigungswesen beim Eisenbahntransport (19. Abteilung), die Truppentransporte zu Wasser und die Beförderung der Militärgüter (21. Abteilung), endlich die Wahrung der militärischen Anforderungen bei Neubauten, die Beaufsichtigung der bestehenden Bahnen und die Maßnahmen zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen. In der zweiten Gruppe, derjenigen für Mobilmachungsangelegenheiten, werden die Ausbildung der Reservisten im Mobilmachungsfall, die Einrichtung der Verpflegsstationen, die Bereitschaft der Eisenbahnen für den Krieg (22. Abteilung), endlich die Gliederung des Etappendienstes, der Abförderung der Verwundeten behandelt. Die Abteilungen unterstehen je einem Oberst des Generalstabes. Außerdem ist dem Hauptstab noch der „Rat für die Beförderung der Truppen und Güter“ zur Unterstützung beigegeben. Entsprechend Einteilung des deutschen Eisenbahnnetzes in „Linien“ bestehen in Rußland 17 „Gendarmerie-Polizeiverwaltungen der Eisenbahnen“; sie sind in je 8 bis 12 Unterabteilungen gegliedert, denen die Bahnhofskommandos unterstehen.

Im Felde tritt an die Spitze des Eisenbahnwesens einer Armee der „Chef der militärischen Verbindungen“; ihm sind die „Feldwegeverwaltungen“, diesen die „Militärchefs der Eisenbahnen“ und die „Bahnhofskommandos“ unterstellt. Die Feldwegeverwaltungen haben sämtliche Anordnungen für die Beförderung der Truppen und Militärgüter auf den Eisenbahnen und sonstigen Verkehrsmitteln zu treffen. Die Militärchefs entsprechen den Eisenbahnlinienkommissionen.

England. Die Beförderungsbedingungen für die bewaffnete Macht sind in einem Gesetz vom Jahre 1883 (Cheap Trains Act) enthalten. Abweichend von dem festländischen Grundsatz, die Länge der Züge der Stärke der taktischen Einheiten anzupassen, ist in England für die Militärzüge die Zusammensetzung aus 24 bis 37 Wagen vorgesehen; dafür verkehren sie aber mit 48 km Geschwindigkeit in der Stunde. Der englische Eisenbahnbetrieb bevorzugt überhaupt kurze, schnellfahrende Züge vor längeren mit geringerer Fahrgeschwindigkeit. Auf den Bahnen Indiens sollen die Militärzüge mit 35 Wagen und 35 km Geschwindigkeit fahren. Die Züge folgen in Stationsabstand. Nach 4 Stunden Fahrt wird ein Aufenthalt von 15 Minuten zum Tränken der Pferde eingelegt. Ein Bataillon oder eine Batterie braucht 2, ein Regiment Kavallerie 5 Züge; für eine englische Division von 12 Bataillonen, 2 Schwadronen und 12 Batterien mit Munitions- und Sanitätskolonnen sind daher 60 Züge erforderlich.

Für das Einladen darf die Infanterie 40 Minuten, Kavallerie und Artillerie 1 Stunde, für das Ausladen 30 und 40 Minuten beanspruchen.

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[285/0300] verwaltenden Linien und die andere für die durch die Gesellschaft zum Betrieb der Staatseisenbahnen (Maatschappy tot Exploitatie van Staatsspoorwegen), die Niederländische Zentral- (Nederlandsche Centraal) und die Nordbrabantisch-Deutsche (Noordbrabantsch-Duitsche) Eisenbahngesellschaft verwalteten Linien. Wenn die Benutzung einer Eisenbahn oder des dazugehörenden Materials für den Reichsdienst im Interesse der Verteidigung des Landes durch den König oder kraft königlicher Ermächtigung durch den Kriegsminister oder durch einen Befehlshaber der Armee angeordnet wird, so bleiben die Verwaltungen der betreffenden Eisenbahnen mit der Ausführung des Dienstes unter Leitung und Aufsicht der Ausführungskommissionen beauftragt. Schweiz. Das Reglement vom 1. August 1907 entspricht der deutschen Militärtransportordnung (Ausführungs- und Zusatzbestimmungen vom 2. Oktober 1911). Außerdem regelt eine Verordnung vom 12. März 1909 den „Territorial- und Transportdienst“. Bei der Mobilmachung des Heeres oder einzelner seiner Teile treten zur militärischen Verwaltung des Landes, zur Sicherung der Verbindung des Feldheeres mit dem Landesinnern und zur Ermöglichung des Nach- und Rückschubs folgende Dienstzweige in Tätigkeit: 1. die Militärverwaltung im Rücken des Heeres, 2. der Transportdienst, der den Etappen- und den Eisenbahndienst umfaßt. Die Angelegenheiten der M. werden durch die Generalstabsabteilung bearbeitet. Der Oberbefehl über die Etappen und den Eisenbahndienst wird durch das Armeeoberkommando geführt, die Leitung dieser Dienstzweige liegt dem Chef des Transportdienstes ob, der mit den ihm zugeteilten Offizieren eine Abteilung des Generalstabes bildet. Ihm sind zugeteilt der Etappendirektor und der Militäreisenbahndirektor als Chef des Eisenbahnwesens. Letzterer leitet den Betrieb aller Transportanstalten, sowohl für den Militär- wie für den Zivilverkehr. Der Militäreisenbahndirektor hat die Verpflichtung, einen möglichst leistungsfähigen Eisenbahnbetrieb aufrechtzuerhalten, zunächst auf den Etappenstrecken, dann aber auch auf den übrigen Eisenbahnen. Er kann die Aufhebung des Zivilverkehrs oder seine Einschränkung anordnen, wenn der militärische Verkehr diese Maßnahme erforderlich macht. Er verfügt über das Personal und das Material der Transportanstalten; er veranlaßt die Unterhaltung, Verbesserung, Räumung u. s. w. der Eisenbahnen, wenn nötig und zweckmäßig, auch deren Zerstörung. Die Transportunternehmungen sind für den Militärbetrieb in Etappengruppen eingeteilt, an deren Spitze je ein Betriebsgruppendirektor steht. Der Militäreisenbahndirektor und die Gruppendirektoren werden bis zu ihrer Ernennung durch die Generaldirektion und die Kreisdirektionen der schweizerischen Bundesbahnen vertreten. Rußland. Infolge der geringen Dichte des Eisenbahnnetzes waren in Rußland die Anordnungen für einen Krieg an der Westgrenze so getroffen, daß das Heer weit hinter den Festungen Warschau, Iwangorod und Brestlitewsk, also in erheblicher Entfernung von der Grenze versammelt werden sollte. Auf Veranlassung des französischen Generalstabs sind diese Pläne, die im Widerspruch zu den Aufmarschplänen aller anderen Staaten stehen, aufgegeben worden, und es werden nunmehr Vorbereitungen dafür getroffen, daß das russische Heer im Kriegsfall sich an der Westgrenze versammeln kann. Dazu ist zunächst ein Ausbau des Eisenbahnnetzes an der Westgrenze nötig. Unter den Eisenbahnen, die neuerdings in Rußland geplant werden, sind nur wenige, für die wirtschaftliche, nicht strategische Gründe maßgebend sind. Zunächst handelt es sich um solche Linien, die für den Aufmarsch des Heeres von Bedeutung sind. Das Eisenbahnwesen für militärische Zwecke untersteht nach der Neueinteilung vom Jahre 1904 der vierten Verwaltung des Hauptstabes, die die Bezeichnung „für die Militärkommunikation“ trägt. Ihr Leiter ist ein höherer General, dem als Gruppenleiter 2 Generalmajore unterstehen. Die erste Gruppe, für Verwaltungs- und Organisationsfragen, bearbeitet in 3 Abteilungen die Personalangelegenheiten, das Truppentransportwesen auf Eisenbahnen und Straßen, das Beköstigungswesen beim Eisenbahntransport (19. Abteilung), die Truppentransporte zu Wasser und die Beförderung der Militärgüter (21. Abteilung), endlich die Wahrung der militärischen Anforderungen bei Neubauten, die Beaufsichtigung der bestehenden Bahnen und die Maßnahmen zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Eisenbahnen. In der zweiten Gruppe, derjenigen für Mobilmachungsangelegenheiten, werden die Ausbildung der Reservisten im Mobilmachungsfall, die Einrichtung der Verpflegsstationen, die Bereitschaft der Eisenbahnen für den Krieg (22. Abteilung), endlich die Gliederung des Etappendienstes, der Abförderung der Verwundeten behandelt. Die Abteilungen unterstehen je einem Oberst des Generalstabes. Außerdem ist dem Hauptstab noch der „Rat für die Beförderung der Truppen und Güter“ zur Unterstützung beigegeben. Entsprechend Einteilung des deutschen Eisenbahnnetzes in „Linien“ bestehen in Rußland 17 „Gendarmerie-Polizeiverwaltungen der Eisenbahnen“; sie sind in je 8 bis 12 Unterabteilungen gegliedert, denen die Bahnhofskommandos unterstehen. Im Felde tritt an die Spitze des Eisenbahnwesens einer Armee der „Chef der militärischen Verbindungen“; ihm sind die „Feldwegeverwaltungen“, diesen die „Militärchefs der Eisenbahnen“ und die „Bahnhofskommandos“ unterstellt. Die Feldwegeverwaltungen haben sämtliche Anordnungen für die Beförderung der Truppen und Militärgüter auf den Eisenbahnen und sonstigen Verkehrsmitteln zu treffen. Die Militärchefs entsprechen den Eisenbahnlinienkommissionen. England. Die Beförderungsbedingungen für die bewaffnete Macht sind in einem Gesetz vom Jahre 1883 (Cheap Trains Act) enthalten. Abweichend von dem festländischen Grundsatz, die Länge der Züge der Stärke der taktischen Einheiten anzupassen, ist in England für die Militärzüge die Zusammensetzung aus 24 bis 37 Wagen vorgesehen; dafür verkehren sie aber mit 48 km Geschwindigkeit in der Stunde. Der englische Eisenbahnbetrieb bevorzugt überhaupt kurze, schnellfahrende Züge vor längeren mit geringerer Fahrgeschwindigkeit. Auf den Bahnen Indiens sollen die Militärzüge mit 35 Wagen und 35 km Geschwindigkeit fahren. Die Züge folgen in Stationsabstand. Nach 4 Stunden Fahrt wird ein Aufenthalt von 15 Minuten zum Tränken der Pferde eingelegt. Ein Bataillon oder eine Batterie braucht 2, ein Regiment Kavallerie 5 Züge; für eine englische Division von 12 Bataillonen, 2 Schwadronen und 12 Batterien mit Munitions- und Sanitätskolonnen sind daher 60 Züge erforderlich. Für das Einladen darf die Infanterie 40 Minuten, Kavallerie und Artillerie 1 Stunde, für das Ausladen 30 und 40 Minuten beanspruchen.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 7. Berlin, Wien, 1915, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen07_1915/300>, abgerufen am 26.07.2024.