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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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können. Ist aber die Zusammenladung oder Verladung in einen gedeckten Wagen möglich, was oft durch teilweises Auseinandernehmen der Fahrzeuge bewirkt wird, so werden die Sätze für Eilgut und Frachtgut nach dem Gewicht erhoben, u. zw., wenn die Fahrzeuge unbeladen sind, meist mit Festsetzung eines Mindestgewichts oder nach den Sätzen für sperrige Güter; wenn sie beladen sind, nach den Tarifsätzen, die für die aufgeladenen Güter gelten. Häufig wird eine Abfertigungsgebühr erhoben.

Auch bei den Tiertarifen werden meist verschiedene Preise je nach der Beförderung in Güterzügen oder Personenzügen festgesetzt, soweit letztere Beförderung überhaupt zugelassen wird. Im übrigen sind zu unterscheiden Einzelviehsendungen und Sendungen in Wagenladungen. Bei ersteren wird in der Regel für Stück und km gezahlt und dabei zwischen Pferden, Großvieh und Kleinvieh unterschieden. Ein erhöhter Satz tritt ein bei dem Transport in sog. Stallungswagen; einzelne kleine Tiere und Geflügel in Käfigen werden oft je nach der Aufgabe nach den Gepäcktaxen, Eilgut- oder Stückgutsätzen befördert. Wagenladungen werden entweder nach Gewicht der Tiere oder nach ihrer Stückzahl oder nach der Ladefläche der gestellten Wagen oder auch nach Wagen- oder Achs km tarifiert, oft werden auch halbe und drittel Wagenladungen meist unter Festsetzung der Stückzahl angenommen. Auch bei Wagenladungen finden sich verschiedene Taxen für Pferde, Groß- und Kleinvieh, ferner erhöhte Sätze für den Transport in Stallungswagen und Etagewagen. Bisweilen wird auch der Transport in bedeckt gebauten und offenen Wagen verschieden tarifiert. Bei Aufgabe ganzer Zugladungen oder Beförderung in bestimmten Sonderzügen werden häufig ermäßigte Sätze gewährt. Bei Wagenladungen wird in der Regel, bei Einzelsendungen bisweilen Begleitung verlangt und vielfach Abfertigungsgebühr berechnet.

VI. Die G. der wichtigsten europäischen Länder und der Vereinigten Staaten von Amerika.

A. Deutschland.

I. Vorschriften und Gesetze. Die Vorschriften über die G. sind im Wege der Gesetzgebung und im Verordnungswege ergangen und beziehen sich auf das Reich, teilweise gelten sie nur für die Einzelstaaten. Soweit das Reich in Frage kommt, scheidet Bayern vermöge seiner in der Reichsverfassung vorgesehenen besonderen Rechtsstellung aus. Aus der Reichsgesetzgebung sind zu erwähnen die Artikel 44-47 der Reichsverfassung, ferner das Reichsgesetz vom 27. Juni 1873 betreffend Einrichtung des Reichseisenbahnamts und die unter der Bezeichnung Eisenbahnverkehrsordnung vom Bundesrat am 23. Dezember 1908 erlassene und am 1. April 1909 in Kraft getretene Verordnung. Bayern hat eine fast gleichlautende Verkehrsordnung für den Bereich seiner Bahnen erlassen. Von der einzelstaatlichen Gesetzgebung ist das preußische Eisenbahngesetz vom 3. November 1838 und das sog. Kleinbahngesetz vom 28. Juli 1892 zu erwähnen.

II. Tarifsystem. Grundsätze der Frachtberechnung. Im Jahre 1877 wurde aus dem norddeutschen Wertklassifikationssystem und dem in Süddeutschland bestehenden gemischten Wertklassifikations- und Wagenraumsystem durch eine Generalkonferenz sämtlicher deutscher Eisenbahnverwaltungen der sog. Reformtarif, dem das gemischte System zu grunde liegt, geschaffen und dadurch in Deutschland die formale Tarifeinheit, d. h. die Annahme gleicher Grundsätze für die Einreihung der Güter in die Klassen des gemeinsamen Tarifsystems erreicht. Der Reformtarif in seiner heutigen Gültigkeit kennt die Klassen: Eilstückgut, Eilgut in Wagenladungen, Frachtstückgut und vier Hauptklassen in Wagenladungen, nämlich für Güter der allgemeinen Wagenladungsklasse (Klasse B mit der Nebenklasse A 1), für Güter des Spezialtarifs I, des Spezialtarifs II mit der Nebenklasse A 2 und des Spezialtarifs III mit der Nebenklasse des Spezialtarifs II. Eil- und Frachtstückgüter gehören entweder zur allgemeinen Eilstückgutklasse oder zur Stückgutklasse oder zu den Spezialtarifen für bestimmte Eilgüter oder bestimmte Stückgüter. Der Eilgutspezialtarif ist am 1. April 1899 eingeführt; er enthält im wesentlichen die Güter, die wegen ihrer leichten Verderblichkeit und ihres Wertes bei ihrer allgemeinen wirtschaftlichen Bedeutung die gewöhnliche Eilgutfracht nicht tragen können. Die Frachtberechnung erfolgt infolgedessen nach den Sätzen der allgemeinen Stückgutklasse, wenn es sich um Stückgut handelt; bei Aufgabe aber als Wagenladung wird die Fracht nach dem einfachen Satze der zutreffenden Tarifklasse berechnet. Beschleunigtes Eilgut wird vorzugsweise vor anderem Eilgut mit den günstigsten von der Eisenbahn dafür freigegebenen Zügen befördert. Es werden ohne Unterschied der Artikel die doppelten Frachten für gewöhnliches Eilgut erhoben. Der Spezialtarif für bestimmte Stückgüter hat besondere, gegen die Sätze der allgemeinen Stückgutklasse ermäßigte Sätze; er ist allgemein in Deutschland seit dem 1. April 1892 eingeführt,

können. Ist aber die Zusammenladung oder Verladung in einen gedeckten Wagen möglich, was oft durch teilweises Auseinandernehmen der Fahrzeuge bewirkt wird, so werden die Sätze für Eilgut und Frachtgut nach dem Gewicht erhoben, u. zw., wenn die Fahrzeuge unbeladen sind, meist mit Festsetzung eines Mindestgewichts oder nach den Sätzen für sperrige Güter; wenn sie beladen sind, nach den Tarifsätzen, die für die aufgeladenen Güter gelten. Häufig wird eine Abfertigungsgebühr erhoben.

Auch bei den Tiertarifen werden meist verschiedene Preise je nach der Beförderung in Güterzügen oder Personenzügen festgesetzt, soweit letztere Beförderung überhaupt zugelassen wird. Im übrigen sind zu unterscheiden Einzelviehsendungen und Sendungen in Wagenladungen. Bei ersteren wird in der Regel für Stück und km gezahlt und dabei zwischen Pferden, Großvieh und Kleinvieh unterschieden. Ein erhöhter Satz tritt ein bei dem Transport in sog. Stallungswagen; einzelne kleine Tiere und Geflügel in Käfigen werden oft je nach der Aufgabe nach den Gepäcktaxen, Eilgut- oder Stückgutsätzen befördert. Wagenladungen werden entweder nach Gewicht der Tiere oder nach ihrer Stückzahl oder nach der Ladefläche der gestellten Wagen oder auch nach Wagen- oder Achs km tarifiert, oft werden auch halbe und drittel Wagenladungen meist unter Festsetzung der Stückzahl angenommen. Auch bei Wagenladungen finden sich verschiedene Taxen für Pferde, Groß- und Kleinvieh, ferner erhöhte Sätze für den Transport in Stallungswagen und Etagewagen. Bisweilen wird auch der Transport in bedeckt gebauten und offenen Wagen verschieden tarifiert. Bei Aufgabe ganzer Zugladungen oder Beförderung in bestimmten Sonderzügen werden häufig ermäßigte Sätze gewährt. Bei Wagenladungen wird in der Regel, bei Einzelsendungen bisweilen Begleitung verlangt und vielfach Abfertigungsgebühr berechnet.

VI. Die G. der wichtigsten europäischen Länder und der Vereinigten Staaten von Amerika.

A. Deutschland.

I. Vorschriften und Gesetze. Die Vorschriften über die G. sind im Wege der Gesetzgebung und im Verordnungswege ergangen und beziehen sich auf das Reich, teilweise gelten sie nur für die Einzelstaaten. Soweit das Reich in Frage kommt, scheidet Bayern vermöge seiner in der Reichsverfassung vorgesehenen besonderen Rechtsstellung aus. Aus der Reichsgesetzgebung sind zu erwähnen die Artikel 44–47 der Reichsverfassung, ferner das Reichsgesetz vom 27. Juni 1873 betreffend Einrichtung des Reichseisenbahnamts und die unter der Bezeichnung Eisenbahnverkehrsordnung vom Bundesrat am 23. Dezember 1908 erlassene und am 1. April 1909 in Kraft getretene Verordnung. Bayern hat eine fast gleichlautende Verkehrsordnung für den Bereich seiner Bahnen erlassen. Von der einzelstaatlichen Gesetzgebung ist das preußische Eisenbahngesetz vom 3. November 1838 und das sog. Kleinbahngesetz vom 28. Juli 1892 zu erwähnen.

II. Tarifsystem. Grundsätze der Frachtberechnung. Im Jahre 1877 wurde aus dem norddeutschen Wertklassifikationssystem und dem in Süddeutschland bestehenden gemischten Wertklassifikations- und Wagenraumsystem durch eine Generalkonferenz sämtlicher deutscher Eisenbahnverwaltungen der sog. Reformtarif, dem das gemischte System zu grunde liegt, geschaffen und dadurch in Deutschland die formale Tarifeinheit, d. h. die Annahme gleicher Grundsätze für die Einreihung der Güter in die Klassen des gemeinsamen Tarifsystems erreicht. Der Reformtarif in seiner heutigen Gültigkeit kennt die Klassen: Eilstückgut, Eilgut in Wagenladungen, Frachtstückgut und vier Hauptklassen in Wagenladungen, nämlich für Güter der allgemeinen Wagenladungsklasse (Klasse B mit der Nebenklasse A 1), für Güter des Spezialtarifs I, des Spezialtarifs II mit der Nebenklasse A 2 und des Spezialtarifs III mit der Nebenklasse des Spezialtarifs II. Eil- und Frachtstückgüter gehören entweder zur allgemeinen Eilstückgutklasse oder zur Stückgutklasse oder zu den Spezialtarifen für bestimmte Eilgüter oder bestimmte Stückgüter. Der Eilgutspezialtarif ist am 1. April 1899 eingeführt; er enthält im wesentlichen die Güter, die wegen ihrer leichten Verderblichkeit und ihres Wertes bei ihrer allgemeinen wirtschaftlichen Bedeutung die gewöhnliche Eilgutfracht nicht tragen können. Die Frachtberechnung erfolgt infolgedessen nach den Sätzen der allgemeinen Stückgutklasse, wenn es sich um Stückgut handelt; bei Aufgabe aber als Wagenladung wird die Fracht nach dem einfachen Satze der zutreffenden Tarifklasse berechnet. Beschleunigtes Eilgut wird vorzugsweise vor anderem Eilgut mit den günstigsten von der Eisenbahn dafür freigegebenen Zügen befördert. Es werden ohne Unterschied der Artikel die doppelten Frachten für gewöhnliches Eilgut erhoben. Der Spezialtarif für bestimmte Stückgüter hat besondere, gegen die Sätze der allgemeinen Stückgutklasse ermäßigte Sätze; er ist allgemein in Deutschland seit dem 1. April 1892 eingeführt,

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[473/0485] können. Ist aber die Zusammenladung oder Verladung in einen gedeckten Wagen möglich, was oft durch teilweises Auseinandernehmen der Fahrzeuge bewirkt wird, so werden die Sätze für Eilgut und Frachtgut nach dem Gewicht erhoben, u. zw., wenn die Fahrzeuge unbeladen sind, meist mit Festsetzung eines Mindestgewichts oder nach den Sätzen für sperrige Güter; wenn sie beladen sind, nach den Tarifsätzen, die für die aufgeladenen Güter gelten. Häufig wird eine Abfertigungsgebühr erhoben. Auch bei den Tiertarifen werden meist verschiedene Preise je nach der Beförderung in Güterzügen oder Personenzügen festgesetzt, soweit letztere Beförderung überhaupt zugelassen wird. Im übrigen sind zu unterscheiden Einzelviehsendungen und Sendungen in Wagenladungen. Bei ersteren wird in der Regel für Stück und km gezahlt und dabei zwischen Pferden, Großvieh und Kleinvieh unterschieden. Ein erhöhter Satz tritt ein bei dem Transport in sog. Stallungswagen; einzelne kleine Tiere und Geflügel in Käfigen werden oft je nach der Aufgabe nach den Gepäcktaxen, Eilgut- oder Stückgutsätzen befördert. Wagenladungen werden entweder nach Gewicht der Tiere oder nach ihrer Stückzahl oder nach der Ladefläche der gestellten Wagen oder auch nach Wagen- oder Achs km tarifiert, oft werden auch halbe und drittel Wagenladungen meist unter Festsetzung der Stückzahl angenommen. Auch bei Wagenladungen finden sich verschiedene Taxen für Pferde, Groß- und Kleinvieh, ferner erhöhte Sätze für den Transport in Stallungswagen und Etagewagen. Bisweilen wird auch der Transport in bedeckt gebauten und offenen Wagen verschieden tarifiert. Bei Aufgabe ganzer Zugladungen oder Beförderung in bestimmten Sonderzügen werden häufig ermäßigte Sätze gewährt. Bei Wagenladungen wird in der Regel, bei Einzelsendungen bisweilen Begleitung verlangt und vielfach Abfertigungsgebühr berechnet. VI. Die G. der wichtigsten europäischen Länder und der Vereinigten Staaten von Amerika. A. Deutschland. I. Vorschriften und Gesetze. Die Vorschriften über die G. sind im Wege der Gesetzgebung und im Verordnungswege ergangen und beziehen sich auf das Reich, teilweise gelten sie nur für die Einzelstaaten. Soweit das Reich in Frage kommt, scheidet Bayern vermöge seiner in der Reichsverfassung vorgesehenen besonderen Rechtsstellung aus. Aus der Reichsgesetzgebung sind zu erwähnen die Artikel 44–47 der Reichsverfassung, ferner das Reichsgesetz vom 27. Juni 1873 betreffend Einrichtung des Reichseisenbahnamts und die unter der Bezeichnung Eisenbahnverkehrsordnung vom Bundesrat am 23. Dezember 1908 erlassene und am 1. April 1909 in Kraft getretene Verordnung. Bayern hat eine fast gleichlautende Verkehrsordnung für den Bereich seiner Bahnen erlassen. Von der einzelstaatlichen Gesetzgebung ist das preußische Eisenbahngesetz vom 3. November 1838 und das sog. Kleinbahngesetz vom 28. Juli 1892 zu erwähnen. II. Tarifsystem. Grundsätze der Frachtberechnung. Im Jahre 1877 wurde aus dem norddeutschen Wertklassifikationssystem und dem in Süddeutschland bestehenden gemischten Wertklassifikations- und Wagenraumsystem durch eine Generalkonferenz sämtlicher deutscher Eisenbahnverwaltungen der sog. Reformtarif, dem das gemischte System zu grunde liegt, geschaffen und dadurch in Deutschland die formale Tarifeinheit, d. h. die Annahme gleicher Grundsätze für die Einreihung der Güter in die Klassen des gemeinsamen Tarifsystems erreicht. Der Reformtarif in seiner heutigen Gültigkeit kennt die Klassen: Eilstückgut, Eilgut in Wagenladungen, Frachtstückgut und vier Hauptklassen in Wagenladungen, nämlich für Güter der allgemeinen Wagenladungsklasse (Klasse B mit der Nebenklasse A 1), für Güter des Spezialtarifs I, des Spezialtarifs II mit der Nebenklasse A 2 und des Spezialtarifs III mit der Nebenklasse des Spezialtarifs II. Eil- und Frachtstückgüter gehören entweder zur allgemeinen Eilstückgutklasse oder zur Stückgutklasse oder zu den Spezialtarifen für bestimmte Eilgüter oder bestimmte Stückgüter. Der Eilgutspezialtarif ist am 1. April 1899 eingeführt; er enthält im wesentlichen die Güter, die wegen ihrer leichten Verderblichkeit und ihres Wertes bei ihrer allgemeinen wirtschaftlichen Bedeutung die gewöhnliche Eilgutfracht nicht tragen können. Die Frachtberechnung erfolgt infolgedessen nach den Sätzen der allgemeinen Stückgutklasse, wenn es sich um Stückgut handelt; bei Aufgabe aber als Wagenladung wird die Fracht nach dem einfachen Satze der zutreffenden Tarifklasse berechnet. Beschleunigtes Eilgut wird vorzugsweise vor anderem Eilgut mit den günstigsten von der Eisenbahn dafür freigegebenen Zügen befördert. Es werden ohne Unterschied der Artikel die doppelten Frachten für gewöhnliches Eilgut erhoben. Der Spezialtarif für bestimmte Stückgüter hat besondere, gegen die Sätze der allgemeinen Stückgutklasse ermäßigte Sätze; er ist allgemein in Deutschland seit dem 1. April 1892 eingeführt,

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/485>, abgerufen am 22.07.2024.