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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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hatte, eine für halbe und ganze Wagenladungen in offenen und in bedeckt gebauten Wagen, und einen sog. Spezialtarif für ganze Wagenladungen bestimmter geringwertiger Rohstoffe, wie Kohlen, Erze, Steine u. s. w. Dieser Tarif ist seit Ende der Siebzigerjahre aufgehoben, ebenso ein 1874 von den ungarischen Staatsbahnen eingeführter Wagenraumtarif.

Noch weiter als der reine Raumtarif geht der Zonentarif, bei dem als Streckeneinheit eine größere Entfernung zu grunde gelegt wird: er unterscheidet wie dieser nur Eilgut, Stückgut und Wagenladungen, hebt aber, indem er die Längeneinheit, mit der der Tarifsatz wächst, erheblich vergrößert und über eine gewisse Entfernung hinaus die Fracht nicht mehr steigen läßt, innerhalb größerer Gebiete jeden Unterschied bei der Frachlfestsetzung auf. Dieses System findet sich bereits im Nachrichtenverkehr verwirklicht und ist vielfach für den Personenverkehr vorgeschlagen, zuerst Ende der Sechzigerjahre, nahezu gleichzeitig von dem Dänen Scharling, dem Engländer Brandon und dem Deutschen Perrot und später namentlich von dem Österreicher Herzka und dem Deutschen Engel verfochten. Seit 1907 findet er sich in reiner Form im deutschen Gepäcktarif. Sonst ist er auch für die Personentarife auf den russischen und österreichisch-ungarischen Staatsbahnen eingeführt. Im Güterverkehr hat man von seiner Einführung abgesehen. Die sprunghafte Zunahme seiner Sätze entspricht weder dem Interesse der Verfrachter, noch dem der Eisenbahn. Auch der österreichisch-ungarische Zonentarif ist nicht ein wirklicher Zonentarif, sondern ein solcher mit fallender Skala.

2. Wertsystem (Wertklassifikation). Wie für das Raumsystem im wesentlichen der feste Tarifteil, ist für das Wertsystem der veränderliche Tarifteil maßgebend. Derselbe ergibt sich aus den festen Selbstkosten, d. h. dem festen Teil der Betriebskosten und den Kosten der Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals. Der veränderliche Tarifteil wird aber nach dem Wertsystem nicht für alle Transporte in gleicher Höhe, sondern verschieden hoch bemessen, je nach dem Wert der Transporte, und da er etwa 75% der Gesamtkosten beträgt, so hat dies auf die Tarifbildung noch einen weitergehenden Einfluß, als die verschiedenartige Verteilung des festen Tarifteils.

Für die verschiedenartige Tarifierung nach dem Wert sind zwei Gründe maßgebend:

a) Das Erwerbsprinzip gebietet, die Tarife nach dem wirtschaftlichen Wert der einzelnen Leistung für den Käufer und dessen Leistungsfähigkeit festzusetzen. Je wertvoller ein Gut ist, einen um so höheren Beförderungspreis kann es vertragen. Dieser Gedanke führt folgerichtig zu einer verschiedenen Tarifierung nach dem verschiedenen Wert der Güter.

b) Das gleiche Ergebnis hat das Preisgesetz des Verkehrs, die Notwendigkeit, zur möglichsten Verminderung der festen Selbstkosten für die einzelne Leistung eine Massennutzung der Eisenbahnen herbeizuführen. Die Beförderungsmöglichkeiten der geringwertigen Massengüter fordern niedrigere Frachtsätze, während die höherwertigen Güter auch bei höheren Sätzen beförderungsfähig sind. Während deshalb kein Grund vorliegt, für letztere niedrige Tarifsätze einzuführen, ist dies bei ersteren zur Herbeiführung einer möglichsten Massennutzung und Verkehrsvermehrung notwendig.

Übrigens ist die verschiedene Tarifierung der Güter nach dem Wert nichts Außergewöhnliches, nur den Eisenbahnen Eigentümliches. Sie kommt auch bei dem Frachtfuhrwerk und bei den Wassertransporten vor, ja die ersten Eisenbahngütertarife, die englischen, sind geradezu begründet auf die Tarife der Landstraßen und Kanäle, die ebenfalls nach dem Wert der Transportartikel verschieden bemessen waren.

Indes wird die Werttarifierung nicht so weit ausgedehnt, daß für jedes Gut, entsprechend seinem Wert, eine besondere Tarifierung stattfände. Vielmehr werden eine Anzahl Klassen festgesetzt und in diese die untereinander ziemlich gleichwertigen und gleichartigen Güter verteilt; dies ist die sog. Wertklassifikation. Innerhalb jedes Produktionszweigs unterscheidet man in der Regel nach den verschiedenen Stufen der Herstellung Rohstoff, Halbfabrikat, Ganzfabrikat, da auch der Wert der Güter in der Regel in diesen Erzeugungsstufen ein verschiedener ist. Indes trifft dies nicht immer zu und oft finden sich Halbfabrikat und Ganzfabrikat und Rohstoff in derselben Klasse, wenn die Wertunterschiede gering sind, oder andere Gründe dafür sprechen. Denn außer dem Wert des Guts im allgemeinen wird auch noch die wirtschaftliche Bedeutung des Guts bei der Festsetzung der Klassifikation berücksichtigt.

Die Wertklassifikation kommt aber ebensowenig wie das Raumsystem rein zur Anwendung, sondern es werden in der Regel auch die Taraklassifikation und die Leistungsunterschiede in der Beförderung mehr oder weniger bei der Tarifgestaltung berücksichtigt. Hieraus erklärt sich, daß nicht selten Güter

hatte, eine für halbe und ganze Wagenladungen in offenen und in bedeckt gebauten Wagen, und einen sog. Spezialtarif für ganze Wagenladungen bestimmter geringwertiger Rohstoffe, wie Kohlen, Erze, Steine u. s. w. Dieser Tarif ist seit Ende der Siebzigerjahre aufgehoben, ebenso ein 1874 von den ungarischen Staatsbahnen eingeführter Wagenraumtarif.

Noch weiter als der reine Raumtarif geht der Zonentarif, bei dem als Streckeneinheit eine größere Entfernung zu grunde gelegt wird: er unterscheidet wie dieser nur Eilgut, Stückgut und Wagenladungen, hebt aber, indem er die Längeneinheit, mit der der Tarifsatz wächst, erheblich vergrößert und über eine gewisse Entfernung hinaus die Fracht nicht mehr steigen läßt, innerhalb größerer Gebiete jeden Unterschied bei der Frachlfestsetzung auf. Dieses System findet sich bereits im Nachrichtenverkehr verwirklicht und ist vielfach für den Personenverkehr vorgeschlagen, zuerst Ende der Sechzigerjahre, nahezu gleichzeitig von dem Dänen Scharling, dem Engländer Brandon und dem Deutschen Perrot und später namentlich von dem Österreicher Herzka und dem Deutschen Engel verfochten. Seit 1907 findet er sich in reiner Form im deutschen Gepäcktarif. Sonst ist er auch für die Personentarife auf den russischen und österreichisch-ungarischen Staatsbahnen eingeführt. Im Güterverkehr hat man von seiner Einführung abgesehen. Die sprunghafte Zunahme seiner Sätze entspricht weder dem Interesse der Verfrachter, noch dem der Eisenbahn. Auch der österreichisch-ungarische Zonentarif ist nicht ein wirklicher Zonentarif, sondern ein solcher mit fallender Skala.

2. Wertsystem (Wertklassifikation). Wie für das Raumsystem im wesentlichen der feste Tarifteil, ist für das Wertsystem der veränderliche Tarifteil maßgebend. Derselbe ergibt sich aus den festen Selbstkosten, d. h. dem festen Teil der Betriebskosten und den Kosten der Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals. Der veränderliche Tarifteil wird aber nach dem Wertsystem nicht für alle Transporte in gleicher Höhe, sondern verschieden hoch bemessen, je nach dem Wert der Transporte, und da er etwa 75% der Gesamtkosten beträgt, so hat dies auf die Tarifbildung noch einen weitergehenden Einfluß, als die verschiedenartige Verteilung des festen Tarifteils.

Für die verschiedenartige Tarifierung nach dem Wert sind zwei Gründe maßgebend:

a) Das Erwerbsprinzip gebietet, die Tarife nach dem wirtschaftlichen Wert der einzelnen Leistung für den Käufer und dessen Leistungsfähigkeit festzusetzen. Je wertvoller ein Gut ist, einen um so höheren Beförderungspreis kann es vertragen. Dieser Gedanke führt folgerichtig zu einer verschiedenen Tarifierung nach dem verschiedenen Wert der Güter.

b) Das gleiche Ergebnis hat das Preisgesetz des Verkehrs, die Notwendigkeit, zur möglichsten Verminderung der festen Selbstkosten für die einzelne Leistung eine Massennutzung der Eisenbahnen herbeizuführen. Die Beförderungsmöglichkeiten der geringwertigen Massengüter fordern niedrigere Frachtsätze, während die höherwertigen Güter auch bei höheren Sätzen beförderungsfähig sind. Während deshalb kein Grund vorliegt, für letztere niedrige Tarifsätze einzuführen, ist dies bei ersteren zur Herbeiführung einer möglichsten Massennutzung und Verkehrsvermehrung notwendig.

Übrigens ist die verschiedene Tarifierung der Güter nach dem Wert nichts Außergewöhnliches, nur den Eisenbahnen Eigentümliches. Sie kommt auch bei dem Frachtfuhrwerk und bei den Wassertransporten vor, ja die ersten Eisenbahngütertarife, die englischen, sind geradezu begründet auf die Tarife der Landstraßen und Kanäle, die ebenfalls nach dem Wert der Transportartikel verschieden bemessen waren.

Indes wird die Werttarifierung nicht so weit ausgedehnt, daß für jedes Gut, entsprechend seinem Wert, eine besondere Tarifierung stattfände. Vielmehr werden eine Anzahl Klassen festgesetzt und in diese die untereinander ziemlich gleichwertigen und gleichartigen Güter verteilt; dies ist die sog. Wertklassifikation. Innerhalb jedes Produktionszweigs unterscheidet man in der Regel nach den verschiedenen Stufen der Herstellung Rohstoff, Halbfabrikat, Ganzfabrikat, da auch der Wert der Güter in der Regel in diesen Erzeugungsstufen ein verschiedener ist. Indes trifft dies nicht immer zu und oft finden sich Halbfabrikat und Ganzfabrikat und Rohstoff in derselben Klasse, wenn die Wertunterschiede gering sind, oder andere Gründe dafür sprechen. Denn außer dem Wert des Guts im allgemeinen wird auch noch die wirtschaftliche Bedeutung des Guts bei der Festsetzung der Klassifikation berücksichtigt.

Die Wertklassifikation kommt aber ebensowenig wie das Raumsystem rein zur Anwendung, sondern es werden in der Regel auch die Taraklassifikation und die Leistungsunterschiede in der Beförderung mehr oder weniger bei der Tarifgestaltung berücksichtigt. Hieraus erklärt sich, daß nicht selten Güter

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[462/0474] hatte, eine für halbe und ganze Wagenladungen in offenen und in bedeckt gebauten Wagen, und einen sog. Spezialtarif für ganze Wagenladungen bestimmter geringwertiger Rohstoffe, wie Kohlen, Erze, Steine u. s. w. Dieser Tarif ist seit Ende der Siebzigerjahre aufgehoben, ebenso ein 1874 von den ungarischen Staatsbahnen eingeführter Wagenraumtarif. Noch weiter als der reine Raumtarif geht der Zonentarif, bei dem als Streckeneinheit eine größere Entfernung zu grunde gelegt wird: er unterscheidet wie dieser nur Eilgut, Stückgut und Wagenladungen, hebt aber, indem er die Längeneinheit, mit der der Tarifsatz wächst, erheblich vergrößert und über eine gewisse Entfernung hinaus die Fracht nicht mehr steigen läßt, innerhalb größerer Gebiete jeden Unterschied bei der Frachlfestsetzung auf. Dieses System findet sich bereits im Nachrichtenverkehr verwirklicht und ist vielfach für den Personenverkehr vorgeschlagen, zuerst Ende der Sechzigerjahre, nahezu gleichzeitig von dem Dänen Scharling, dem Engländer Brandon und dem Deutschen Perrot und später namentlich von dem Österreicher Herzka und dem Deutschen Engel verfochten. Seit 1907 findet er sich in reiner Form im deutschen Gepäcktarif. Sonst ist er auch für die Personentarife auf den russischen und österreichisch-ungarischen Staatsbahnen eingeführt. Im Güterverkehr hat man von seiner Einführung abgesehen. Die sprunghafte Zunahme seiner Sätze entspricht weder dem Interesse der Verfrachter, noch dem der Eisenbahn. Auch der österreichisch-ungarische Zonentarif ist nicht ein wirklicher Zonentarif, sondern ein solcher mit fallender Skala. 2. Wertsystem (Wertklassifikation). Wie für das Raumsystem im wesentlichen der feste Tarifteil, ist für das Wertsystem der veränderliche Tarifteil maßgebend. Derselbe ergibt sich aus den festen Selbstkosten, d. h. dem festen Teil der Betriebskosten und den Kosten der Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals. Der veränderliche Tarifteil wird aber nach dem Wertsystem nicht für alle Transporte in gleicher Höhe, sondern verschieden hoch bemessen, je nach dem Wert der Transporte, und da er etwa 75% der Gesamtkosten beträgt, so hat dies auf die Tarifbildung noch einen weitergehenden Einfluß, als die verschiedenartige Verteilung des festen Tarifteils. Für die verschiedenartige Tarifierung nach dem Wert sind zwei Gründe maßgebend: a) Das Erwerbsprinzip gebietet, die Tarife nach dem wirtschaftlichen Wert der einzelnen Leistung für den Käufer und dessen Leistungsfähigkeit festzusetzen. Je wertvoller ein Gut ist, einen um so höheren Beförderungspreis kann es vertragen. Dieser Gedanke führt folgerichtig zu einer verschiedenen Tarifierung nach dem verschiedenen Wert der Güter. b) Das gleiche Ergebnis hat das Preisgesetz des Verkehrs, die Notwendigkeit, zur möglichsten Verminderung der festen Selbstkosten für die einzelne Leistung eine Massennutzung der Eisenbahnen herbeizuführen. Die Beförderungsmöglichkeiten der geringwertigen Massengüter fordern niedrigere Frachtsätze, während die höherwertigen Güter auch bei höheren Sätzen beförderungsfähig sind. Während deshalb kein Grund vorliegt, für letztere niedrige Tarifsätze einzuführen, ist dies bei ersteren zur Herbeiführung einer möglichsten Massennutzung und Verkehrsvermehrung notwendig. Übrigens ist die verschiedene Tarifierung der Güter nach dem Wert nichts Außergewöhnliches, nur den Eisenbahnen Eigentümliches. Sie kommt auch bei dem Frachtfuhrwerk und bei den Wassertransporten vor, ja die ersten Eisenbahngütertarife, die englischen, sind geradezu begründet auf die Tarife der Landstraßen und Kanäle, die ebenfalls nach dem Wert der Transportartikel verschieden bemessen waren. Indes wird die Werttarifierung nicht so weit ausgedehnt, daß für jedes Gut, entsprechend seinem Wert, eine besondere Tarifierung stattfände. Vielmehr werden eine Anzahl Klassen festgesetzt und in diese die untereinander ziemlich gleichwertigen und gleichartigen Güter verteilt; dies ist die sog. Wertklassifikation. Innerhalb jedes Produktionszweigs unterscheidet man in der Regel nach den verschiedenen Stufen der Herstellung Rohstoff, Halbfabrikat, Ganzfabrikat, da auch der Wert der Güter in der Regel in diesen Erzeugungsstufen ein verschiedener ist. Indes trifft dies nicht immer zu und oft finden sich Halbfabrikat und Ganzfabrikat und Rohstoff in derselben Klasse, wenn die Wertunterschiede gering sind, oder andere Gründe dafür sprechen. Denn außer dem Wert des Guts im allgemeinen wird auch noch die wirtschaftliche Bedeutung des Guts bei der Festsetzung der Klassifikation berücksichtigt. Die Wertklassifikation kommt aber ebensowenig wie das Raumsystem rein zur Anwendung, sondern es werden in der Regel auch die Taraklassifikation und die Leistungsunterschiede in der Beförderung mehr oder weniger bei der Tarifgestaltung berücksichtigt. Hieraus erklärt sich, daß nicht selten Güter

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/474>, abgerufen am 22.07.2024.