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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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Durch die Zusagen, die die Regierung bei dem Ausstande der Eisenbahnbediensteten im Jahre 1911 über die Bewilligung von Tariferhöhungen zur Ermöglichung der Aufbesserung der Bezüge der Eisenbahnbediensteten gemacht hatte, wurde die Railway and Canal Traffic act vom 7. März 1913 veranlaßt. Diese bestimmt, daß, wenn eine Beschwerde gegen eine Eisenbahn wegen Erhöhung ihrer Tarife innerhalb der durch Parlamentsakte festgesetzten Grenzen bei den Railway and Canal Commissioners eingebracht wird, der Beschwerde insoweit nicht stattzugeben sei, als sich die Tariferhöhungen in den Grenzen der Erhöhungen der Betriebsausgaben bewegen, die infolge der seit 19. August 1911 durchgeführten Verbesserungen der Bezüge der Bediensteten und Arbeiter eingetreten sind. Auf Grund dieses Gesetzes haben die englischen Bahnen mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1913 ihre Gütertarife mit Ausnahme der für Kohle um durchschnittlich 4% erhöht (s. auch Gütertarife).

Dieses Gesetz spricht dafür, daß nach Auffassung der Regierung und des Parlaments den Bahnen angesichts der ungünstigen Betriebsergebnisse der letzten Jahre eine weitere Steigerung der Betriebsausgaben ohne einen Ausgleich nicht aufgebürdet werden konnte. In der Tat macht sich seit Beginn des laufenden Jahrhunderts infolge der fortgesetzten Steigerung der Betriebsausgaben, mit denen die Entwicklung der Einnahmen nicht gleichen Schritt hält, eine Erhöhung des Betriebskoeffizienten und ein Sinken der Kapitalsrente bemerkbar. Darunter leidet aber auch die Allgemeinheit, da die Eisenbahnen bei der jetzigen finanziellen Lage begreiflicherweise vielfach nicht im stände sind, den gesteigerten Verkehrsbedürfnissen in genügendem Maße Rechnung zu tragen.

Unter diesen Umständen waren die englischen Eisenbahnen auf eine ökonomischere Gestaltung des Betriebes bedacht. Ein Mittel zu dessen Erzielung erblickte man insbesonders in der Vereinigung der Verwaltung von Netzen, die die gleichen Verkehrsgebiete bedienen, und die Beseitigung der schädlichen finanziellen Wirkungen des Wettbewerbs zwischen solchen Netzen.

Aus solchen Erwägungen heraus haben einige große englische Gesellschaften zur Verringerung der Betriebsausgaben und zur Erzielung größeren Ertrags aus dem Verkehr ohne Schmälerung der Interessen des Publikums Vereinigungen, "working agreements" verabredet.

Die zunehmende Bedeutung der verschiedenen Vereinigungen veranlaßte das Handelsamt im Jahre 1909, eine Kommission einzusetzen, die sich insbesonders mit der Frage des Schutzes der öffentlichen Interessen bei Fusionen und Betriebsgemeinschaften zu befassen hatte. Die Kommission sprach sich in ihrem im Jahre 1911 erstatteten Bericht im allgemeinen günstig über solche Gemeinschaften aus. Jedoch sei dem Parlament eine ausreichende Kontrolle gegenüber derartigen Abmachungen vorzubehalten. (Näheres über die Ergebnisse der Beratungen dieser Kommission s. den Art. Fusion.)

Bereits anfangs des Jahres 1908 hatten die Great Northern und die Great Central, die im wesentlichen die gleichen Verkehrsgebiete beherrschen, Verträge über eine weitgehende Betriebsgemeinschaft abgeschlossen. Sie schritten beim Handelsamt um die Genehmigung ein. Dieses erklärte sich jedoch zur Erteilung einer solchen Genehmigung für nicht zuständig und verwies die beiden Eisenbahngesellschaften an das Parlament. (Vgl. Ztg. d. VDEV. 1910, S. 410.)

Die Verhandlungen über diese Vereinbarungen, denen auch die Great Eastern-Gesellschaft beitrat, nahmen aber einen solchen Verlauf, daß auf die Genehmigung der Gemeinschaftsverträge nur unter für die beteiligten Bahngesellschaften sehr lästigen Bedingungen gerechnet werden konnte. Die Gesellschaften zogen daher ihre Anträge zurück und verständigten sich über eine Form des Gemeinschaftsbetriebes, die auch ohne parlamentarische Genehmigung durchgeführt werden konnte. Drei andere Gesellschaften, die North Western, die Midlandbahn und die Lancashire und Yorkshire-Gesellschaft, ferner die South Eastern, London Chatam and Dover R. sowie die London Brighton and South Coast R., endlich die London and South Western und die Great Western R. richteten ihre Verträge von vornherein so ein, daß deren Genehmigung durch das Parlament nicht erforderlich war.

Im Oktober 1913 ist eine große königliche Kommission ernannt worden, die über den Betrieb der Eisenbahngesellschaften Erhebungen anstellen und ein Gutachten darüber erstatten soll, was für Änderungen, wenn solche überhaupt wünschenswert sein sollten, in dem bestehenden Verhältnis zwischen den Bahnen und dem Staat durchgeführt werden sollen.

Die Veranlassung, daß das Parlament und die gesamte öffentliche Meinung in England sich in der letzten Zeit mit der Frage der Stellung des Staates zu den Eisenbahnen mehr und mehr zu beschäftigen begann, dürfte insbesonders in den früher erwähnten, zwischen wichtigen Eisenbahngruppen

Durch die Zusagen, die die Regierung bei dem Ausstande der Eisenbahnbediensteten im Jahre 1911 über die Bewilligung von Tariferhöhungen zur Ermöglichung der Aufbesserung der Bezüge der Eisenbahnbediensteten gemacht hatte, wurde die Railway and Canal Traffic act vom 7. März 1913 veranlaßt. Diese bestimmt, daß, wenn eine Beschwerde gegen eine Eisenbahn wegen Erhöhung ihrer Tarife innerhalb der durch Parlamentsakte festgesetzten Grenzen bei den Railway and Canal Commissioners eingebracht wird, der Beschwerde insoweit nicht stattzugeben sei, als sich die Tariferhöhungen in den Grenzen der Erhöhungen der Betriebsausgaben bewegen, die infolge der seit 19. August 1911 durchgeführten Verbesserungen der Bezüge der Bediensteten und Arbeiter eingetreten sind. Auf Grund dieses Gesetzes haben die englischen Bahnen mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1913 ihre Gütertarife mit Ausnahme der für Kohle um durchschnittlich 4% erhöht (s. auch Gütertarife).

Dieses Gesetz spricht dafür, daß nach Auffassung der Regierung und des Parlaments den Bahnen angesichts der ungünstigen Betriebsergebnisse der letzten Jahre eine weitere Steigerung der Betriebsausgaben ohne einen Ausgleich nicht aufgebürdet werden konnte. In der Tat macht sich seit Beginn des laufenden Jahrhunderts infolge der fortgesetzten Steigerung der Betriebsausgaben, mit denen die Entwicklung der Einnahmen nicht gleichen Schritt hält, eine Erhöhung des Betriebskoeffizienten und ein Sinken der Kapitalsrente bemerkbar. Darunter leidet aber auch die Allgemeinheit, da die Eisenbahnen bei der jetzigen finanziellen Lage begreiflicherweise vielfach nicht im stände sind, den gesteigerten Verkehrsbedürfnissen in genügendem Maße Rechnung zu tragen.

Unter diesen Umständen waren die englischen Eisenbahnen auf eine ökonomischere Gestaltung des Betriebes bedacht. Ein Mittel zu dessen Erzielung erblickte man insbesonders in der Vereinigung der Verwaltung von Netzen, die die gleichen Verkehrsgebiete bedienen, und die Beseitigung der schädlichen finanziellen Wirkungen des Wettbewerbs zwischen solchen Netzen.

Aus solchen Erwägungen heraus haben einige große englische Gesellschaften zur Verringerung der Betriebsausgaben und zur Erzielung größeren Ertrags aus dem Verkehr ohne Schmälerung der Interessen des Publikums Vereinigungen, „working agreements“ verabredet.

Die zunehmende Bedeutung der verschiedenen Vereinigungen veranlaßte das Handelsamt im Jahre 1909, eine Kommission einzusetzen, die sich insbesonders mit der Frage des Schutzes der öffentlichen Interessen bei Fusionen und Betriebsgemeinschaften zu befassen hatte. Die Kommission sprach sich in ihrem im Jahre 1911 erstatteten Bericht im allgemeinen günstig über solche Gemeinschaften aus. Jedoch sei dem Parlament eine ausreichende Kontrolle gegenüber derartigen Abmachungen vorzubehalten. (Näheres über die Ergebnisse der Beratungen dieser Kommission s. den Art. Fusion.)

Bereits anfangs des Jahres 1908 hatten die Great Northern und die Great Central, die im wesentlichen die gleichen Verkehrsgebiete beherrschen, Verträge über eine weitgehende Betriebsgemeinschaft abgeschlossen. Sie schritten beim Handelsamt um die Genehmigung ein. Dieses erklärte sich jedoch zur Erteilung einer solchen Genehmigung für nicht zuständig und verwies die beiden Eisenbahngesellschaften an das Parlament. (Vgl. Ztg. d. VDEV. 1910, S. 410.)

Die Verhandlungen über diese Vereinbarungen, denen auch die Great Eastern-Gesellschaft beitrat, nahmen aber einen solchen Verlauf, daß auf die Genehmigung der Gemeinschaftsverträge nur unter für die beteiligten Bahngesellschaften sehr lästigen Bedingungen gerechnet werden konnte. Die Gesellschaften zogen daher ihre Anträge zurück und verständigten sich über eine Form des Gemeinschaftsbetriebes, die auch ohne parlamentarische Genehmigung durchgeführt werden konnte. Drei andere Gesellschaften, die North Western, die Midlandbahn und die Lancashire und Yorkshire-Gesellschaft, ferner die South Eastern, London Chatam and Dover R. sowie die London Brighton and South Coast R., endlich die London and South Western und die Great Western R. richteten ihre Verträge von vornherein so ein, daß deren Genehmigung durch das Parlament nicht erforderlich war.

Im Oktober 1913 ist eine große königliche Kommission ernannt worden, die über den Betrieb der Eisenbahngesellschaften Erhebungen anstellen und ein Gutachten darüber erstatten soll, was für Änderungen, wenn solche überhaupt wünschenswert sein sollten, in dem bestehenden Verhältnis zwischen den Bahnen und dem Staat durchgeführt werden sollen.

Die Veranlassung, daß das Parlament und die gesamte öffentliche Meinung in England sich in der letzten Zeit mit der Frage der Stellung des Staates zu den Eisenbahnen mehr und mehr zu beschäftigen begann, dürfte insbesonders in den früher erwähnten, zwischen wichtigen Eisenbahngruppen

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[380/0391] Durch die Zusagen, die die Regierung bei dem Ausstande der Eisenbahnbediensteten im Jahre 1911 über die Bewilligung von Tariferhöhungen zur Ermöglichung der Aufbesserung der Bezüge der Eisenbahnbediensteten gemacht hatte, wurde die Railway and Canal Traffic act vom 7. März 1913 veranlaßt. Diese bestimmt, daß, wenn eine Beschwerde gegen eine Eisenbahn wegen Erhöhung ihrer Tarife innerhalb der durch Parlamentsakte festgesetzten Grenzen bei den Railway and Canal Commissioners eingebracht wird, der Beschwerde insoweit nicht stattzugeben sei, als sich die Tariferhöhungen in den Grenzen der Erhöhungen der Betriebsausgaben bewegen, die infolge der seit 19. August 1911 durchgeführten Verbesserungen der Bezüge der Bediensteten und Arbeiter eingetreten sind. Auf Grund dieses Gesetzes haben die englischen Bahnen mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1913 ihre Gütertarife mit Ausnahme der für Kohle um durchschnittlich 4% erhöht (s. auch Gütertarife). Dieses Gesetz spricht dafür, daß nach Auffassung der Regierung und des Parlaments den Bahnen angesichts der ungünstigen Betriebsergebnisse der letzten Jahre eine weitere Steigerung der Betriebsausgaben ohne einen Ausgleich nicht aufgebürdet werden konnte. In der Tat macht sich seit Beginn des laufenden Jahrhunderts infolge der fortgesetzten Steigerung der Betriebsausgaben, mit denen die Entwicklung der Einnahmen nicht gleichen Schritt hält, eine Erhöhung des Betriebskoeffizienten und ein Sinken der Kapitalsrente bemerkbar. Darunter leidet aber auch die Allgemeinheit, da die Eisenbahnen bei der jetzigen finanziellen Lage begreiflicherweise vielfach nicht im stände sind, den gesteigerten Verkehrsbedürfnissen in genügendem Maße Rechnung zu tragen. Unter diesen Umständen waren die englischen Eisenbahnen auf eine ökonomischere Gestaltung des Betriebes bedacht. Ein Mittel zu dessen Erzielung erblickte man insbesonders in der Vereinigung der Verwaltung von Netzen, die die gleichen Verkehrsgebiete bedienen, und die Beseitigung der schädlichen finanziellen Wirkungen des Wettbewerbs zwischen solchen Netzen. Aus solchen Erwägungen heraus haben einige große englische Gesellschaften zur Verringerung der Betriebsausgaben und zur Erzielung größeren Ertrags aus dem Verkehr ohne Schmälerung der Interessen des Publikums Vereinigungen, „working agreements“ verabredet. Die zunehmende Bedeutung der verschiedenen Vereinigungen veranlaßte das Handelsamt im Jahre 1909, eine Kommission einzusetzen, die sich insbesonders mit der Frage des Schutzes der öffentlichen Interessen bei Fusionen und Betriebsgemeinschaften zu befassen hatte. Die Kommission sprach sich in ihrem im Jahre 1911 erstatteten Bericht im allgemeinen günstig über solche Gemeinschaften aus. Jedoch sei dem Parlament eine ausreichende Kontrolle gegenüber derartigen Abmachungen vorzubehalten. (Näheres über die Ergebnisse der Beratungen dieser Kommission s. den Art. Fusion.) Bereits anfangs des Jahres 1908 hatten die Great Northern und die Great Central, die im wesentlichen die gleichen Verkehrsgebiete beherrschen, Verträge über eine weitgehende Betriebsgemeinschaft abgeschlossen. Sie schritten beim Handelsamt um die Genehmigung ein. Dieses erklärte sich jedoch zur Erteilung einer solchen Genehmigung für nicht zuständig und verwies die beiden Eisenbahngesellschaften an das Parlament. (Vgl. Ztg. d. VDEV. 1910, S. 410.) Die Verhandlungen über diese Vereinbarungen, denen auch die Great Eastern-Gesellschaft beitrat, nahmen aber einen solchen Verlauf, daß auf die Genehmigung der Gemeinschaftsverträge nur unter für die beteiligten Bahngesellschaften sehr lästigen Bedingungen gerechnet werden konnte. Die Gesellschaften zogen daher ihre Anträge zurück und verständigten sich über eine Form des Gemeinschaftsbetriebes, die auch ohne parlamentarische Genehmigung durchgeführt werden konnte. Drei andere Gesellschaften, die North Western, die Midlandbahn und die Lancashire und Yorkshire-Gesellschaft, ferner die South Eastern, London Chatam and Dover R. sowie die London Brighton and South Coast R., endlich die London and South Western und die Great Western R. richteten ihre Verträge von vornherein so ein, daß deren Genehmigung durch das Parlament nicht erforderlich war. Im Oktober 1913 ist eine große königliche Kommission ernannt worden, die über den Betrieb der Eisenbahngesellschaften Erhebungen anstellen und ein Gutachten darüber erstatten soll, was für Änderungen, wenn solche überhaupt wünschenswert sein sollten, in dem bestehenden Verhältnis zwischen den Bahnen und dem Staat durchgeführt werden sollen. Die Veranlassung, daß das Parlament und die gesamte öffentliche Meinung in England sich in der letzten Zeit mit der Frage der Stellung des Staates zu den Eisenbahnen mehr und mehr zu beschäftigen begann, dürfte insbesonders in den früher erwähnten, zwischen wichtigen Eisenbahngruppen

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/391>, abgerufen am 23.07.2024.