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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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gedrückten Lage und waren geneigt, für die Sicherheit gegen neuen Wettbewerb ansehnliche Zugeständnisse an den Staat zu machen.

Um den kleineren Gesellschaften die Unabhängigkeit gegenüber den großen Gesellschaften zu sichern und der Gefahr einer Monopolisierung zu begegnen, wurde von verschiedenen Seiten, ebenso wie später bei der Untersuchung vom Jahr 1872 empfohlen, einer Gesellschaft von Parlaments wegen die Befugnis zu erteilen, auf der Bahn einer andern Gesellschaft zu fahren; man bezeichnete eine solche Befugnis mit demselben Wort "Running powers", das man für die freiwilligen Vereinbarungen über gemeinsamen Betrieb auf einzelnen Strecken anwendete. Allein solche gesetzliche Running powers wurden nicht nur aus Gründen der Sicherheit und zweckmäßigen Verwaltung, sondern auch deshalb verurteilt, weil sie von der berechtigten Gesellschaft oft nur dazu benutzt wurden, ein Abstandsgeld von der verpflichteten Gesellschaft zu erlangen.

Aus den Untersuchungen des Jahres 1853 ging die sog. Railway and canal traffic Act vom 10. Juli 1854 (17 und 18 Vict., cap. 31) hervor; diese bezweckte die Gewährung jeder tunlichen Förderung des Transports und die Unterlassung unbilliger Bevorzugung, insbesondere im Anschlußverkehr.

Im Jahre 1859 wurde ein Gesetz erlassen, das die Eisenbahngesellschaften ermächtigte, alle bestehenden oder zukünftigen Streitigkeiten untereinander einem Schiedsgerichte zu unterbreiten. Diese Bestimmung wurde allen späteren Parlamentsakten einverleibt und ebenso den meisten Verträgen zwischen Eisenbahngesellschaften.

Bis zum Ende der Fünfzigerjahre dauerte der scharfe Konkurrenzkampf. Seither verschwindet allmählich die Linienkonkurrenz.

Auf dem Wege von Abkommen und Fusionen ist bis Anfang der Siebzigerjahre eine Anzahl großer Netze entstanden, so die London and North Western, die Great Western, die North Eastern, die Great Eastern, die London and South Western, die Midland und Great Northern.

Hand in Hand mit den Verschmelzungen ging auch die Vermehrung der Zahl der Running powers. Für England hatten die Verschmelzungen und Betriebsverträge insofern einen besonderen Wert, als man dort durch Fusionen und Pachtungen die Herbeiführung eines einheitlichen Betriebes zu ermöglichen hoffte.

Was die Bautätigkeit betrifft, so war bis zum Ende der Fünfzigerjahre der Wettbewerb der Eisenbahnen untereinander der Hauptbeweggrund für den Bau neuer Eisenbahnen, später traten Spekulanten, Bauunternehmer, Advokaten und Ingenieure auf, die sog. "Speculative lines" bauten; es waren dies Linien von verhältnismäßig geringem Nutzen für den Verkehr, die aber einer großen Gesellschaft, in deren Bezirk sie dringen, gefährlich werden konnten, falls sie von einer großen Gesellschaft betrieben werden sollten. Diese Linien wurden zu dem Zwecke geplant und gebaut, um an eine der großen Gesellschaften verkauft zu werden. Auf solche Art sowie durch Ausbau von Ergänzungslinien durch die großen Gesellschaften wuchs das englische Eisenbahnnetz jährlich um etwa 400-500 Meilen = 640-800 km.

Die Entwicklung des Verkehrs der Midlandbahn erforderte die Schaffung einer selbständigen Verbindung mit London, obwohl sie das Recht hatte, das Great Northern-System südlich von Hitchis mitzubenutzen. Im Jahre 1863 wurde ihr die Ermächtigung gegeben, zu diesem Zwecke eine neue Verbindung südlich von Bedfort zu bauen, die im Jahre 1868 fertiggestellt wurde.

An neueren Gesetzen sind zunächst aus dem Jahre 1864 die Railways construction facilities Acts (27 und 28 Vict., cap. 120 und 121) zu erwähnen. Hierdurch erhielt das Board of Trade die Ermächtigung, die Bewilligung zum Baue einer Eisenbahn zu erteilen, wenn sämtliche Grundeigentümer deren Land benötigt wurde, ihre Zustimmung geben und weder eine bestehende Eisenbahngesellschaft noch eine Kanalgesellschaft Einsprache erhob. Mit Rücksicht auf diese Bedingungen wurde von der Ermächtigung dieses Gesetzes niemals Gebrauch gemacht.

1865 waren die 21 Jahre verstrichen, seitdem das Gesetz von 1844 erlassen war. Man setzte eine Kommission zur Überprüfung der Eisenbahnfrage ein, ohne daß jedoch ernstlich auf den Gedanken des Gesetzes von 1844 zurückgegriffen worden wäre.

Das Gesetz vom Jahre 1868 (31 und 32 Vict., cap. 119) enthält u. a. Bestimmungen über Bestellung von Aufsichtsbeamten des Board of Trade zur Prüfung des Geschäftsbetriebes, über Einführung einer Kommunikation zwischen Reisenden und Schaffnern bei Zügen, die mehr als 20 Meilen ohne Aufenthalt fahren, über die schiedsgerichtliche Entscheidung von Ersatzansprüchen für Unfälle durch das Board of Trade u. s. w. Das Gesetz von 1871 behandelt die Untersuchung bei Unfällen, 1872 wurde wieder ein Ausschuß für die Beratung der Frage der Verschmelzungen,

gedrückten Lage und waren geneigt, für die Sicherheit gegen neuen Wettbewerb ansehnliche Zugeständnisse an den Staat zu machen.

Um den kleineren Gesellschaften die Unabhängigkeit gegenüber den großen Gesellschaften zu sichern und der Gefahr einer Monopolisierung zu begegnen, wurde von verschiedenen Seiten, ebenso wie später bei der Untersuchung vom Jahr 1872 empfohlen, einer Gesellschaft von Parlaments wegen die Befugnis zu erteilen, auf der Bahn einer andern Gesellschaft zu fahren; man bezeichnete eine solche Befugnis mit demselben Wort „Running powers“, das man für die freiwilligen Vereinbarungen über gemeinsamen Betrieb auf einzelnen Strecken anwendete. Allein solche gesetzliche Running powers wurden nicht nur aus Gründen der Sicherheit und zweckmäßigen Verwaltung, sondern auch deshalb verurteilt, weil sie von der berechtigten Gesellschaft oft nur dazu benutzt wurden, ein Abstandsgeld von der verpflichteten Gesellschaft zu erlangen.

Aus den Untersuchungen des Jahres 1853 ging die sog. Railway and canal traffic Act vom 10. Juli 1854 (17 und 18 Vict., cap. 31) hervor; diese bezweckte die Gewährung jeder tunlichen Förderung des Transports und die Unterlassung unbilliger Bevorzugung, insbesondere im Anschlußverkehr.

Im Jahre 1859 wurde ein Gesetz erlassen, das die Eisenbahngesellschaften ermächtigte, alle bestehenden oder zukünftigen Streitigkeiten untereinander einem Schiedsgerichte zu unterbreiten. Diese Bestimmung wurde allen späteren Parlamentsakten einverleibt und ebenso den meisten Verträgen zwischen Eisenbahngesellschaften.

Bis zum Ende der Fünfzigerjahre dauerte der scharfe Konkurrenzkampf. Seither verschwindet allmählich die Linienkonkurrenz.

Auf dem Wege von Abkommen und Fusionen ist bis Anfang der Siebzigerjahre eine Anzahl großer Netze entstanden, so die London and North Western, die Great Western, die North Eastern, die Great Eastern, die London and South Western, die Midland und Great Northern.

Hand in Hand mit den Verschmelzungen ging auch die Vermehrung der Zahl der Running powers. Für England hatten die Verschmelzungen und Betriebsverträge insofern einen besonderen Wert, als man dort durch Fusionen und Pachtungen die Herbeiführung eines einheitlichen Betriebes zu ermöglichen hoffte.

Was die Bautätigkeit betrifft, so war bis zum Ende der Fünfzigerjahre der Wettbewerb der Eisenbahnen untereinander der Hauptbeweggrund für den Bau neuer Eisenbahnen, später traten Spekulanten, Bauunternehmer, Advokaten und Ingenieure auf, die sog. „Speculative lines“ bauten; es waren dies Linien von verhältnismäßig geringem Nutzen für den Verkehr, die aber einer großen Gesellschaft, in deren Bezirk sie dringen, gefährlich werden konnten, falls sie von einer großen Gesellschaft betrieben werden sollten. Diese Linien wurden zu dem Zwecke geplant und gebaut, um an eine der großen Gesellschaften verkauft zu werden. Auf solche Art sowie durch Ausbau von Ergänzungslinien durch die großen Gesellschaften wuchs das englische Eisenbahnnetz jährlich um etwa 400–500 Meilen = 640–800 km.

Die Entwicklung des Verkehrs der Midlandbahn erforderte die Schaffung einer selbständigen Verbindung mit London, obwohl sie das Recht hatte, das Great Northern-System südlich von Hitchis mitzubenutzen. Im Jahre 1863 wurde ihr die Ermächtigung gegeben, zu diesem Zwecke eine neue Verbindung südlich von Bedfort zu bauen, die im Jahre 1868 fertiggestellt wurde.

An neueren Gesetzen sind zunächst aus dem Jahre 1864 die Railways construction facilities Acts (27 und 28 Vict., cap. 120 und 121) zu erwähnen. Hierdurch erhielt das Board of Trade die Ermächtigung, die Bewilligung zum Baue einer Eisenbahn zu erteilen, wenn sämtliche Grundeigentümer deren Land benötigt wurde, ihre Zustimmung geben und weder eine bestehende Eisenbahngesellschaft noch eine Kanalgesellschaft Einsprache erhob. Mit Rücksicht auf diese Bedingungen wurde von der Ermächtigung dieses Gesetzes niemals Gebrauch gemacht.

1865 waren die 21 Jahre verstrichen, seitdem das Gesetz von 1844 erlassen war. Man setzte eine Kommission zur Überprüfung der Eisenbahnfrage ein, ohne daß jedoch ernstlich auf den Gedanken des Gesetzes von 1844 zurückgegriffen worden wäre.

Das Gesetz vom Jahre 1868 (31 und 32 Vict., cap. 119) enthält u. a. Bestimmungen über Bestellung von Aufsichtsbeamten des Board of Trade zur Prüfung des Geschäftsbetriebes, über Einführung einer Kommunikation zwischen Reisenden und Schaffnern bei Zügen, die mehr als 20 Meilen ohne Aufenthalt fahren, über die schiedsgerichtliche Entscheidung von Ersatzansprüchen für Unfälle durch das Board of Trade u. s. w. Das Gesetz von 1871 behandelt die Untersuchung bei Unfällen, 1872 wurde wieder ein Ausschuß für die Beratung der Frage der Verschmelzungen,

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[378/0389] gedrückten Lage und waren geneigt, für die Sicherheit gegen neuen Wettbewerb ansehnliche Zugeständnisse an den Staat zu machen. Um den kleineren Gesellschaften die Unabhängigkeit gegenüber den großen Gesellschaften zu sichern und der Gefahr einer Monopolisierung zu begegnen, wurde von verschiedenen Seiten, ebenso wie später bei der Untersuchung vom Jahr 1872 empfohlen, einer Gesellschaft von Parlaments wegen die Befugnis zu erteilen, auf der Bahn einer andern Gesellschaft zu fahren; man bezeichnete eine solche Befugnis mit demselben Wort „Running powers“, das man für die freiwilligen Vereinbarungen über gemeinsamen Betrieb auf einzelnen Strecken anwendete. Allein solche gesetzliche Running powers wurden nicht nur aus Gründen der Sicherheit und zweckmäßigen Verwaltung, sondern auch deshalb verurteilt, weil sie von der berechtigten Gesellschaft oft nur dazu benutzt wurden, ein Abstandsgeld von der verpflichteten Gesellschaft zu erlangen. Aus den Untersuchungen des Jahres 1853 ging die sog. Railway and canal traffic Act vom 10. Juli 1854 (17 und 18 Vict., cap. 31) hervor; diese bezweckte die Gewährung jeder tunlichen Förderung des Transports und die Unterlassung unbilliger Bevorzugung, insbesondere im Anschlußverkehr. Im Jahre 1859 wurde ein Gesetz erlassen, das die Eisenbahngesellschaften ermächtigte, alle bestehenden oder zukünftigen Streitigkeiten untereinander einem Schiedsgerichte zu unterbreiten. Diese Bestimmung wurde allen späteren Parlamentsakten einverleibt und ebenso den meisten Verträgen zwischen Eisenbahngesellschaften. Bis zum Ende der Fünfzigerjahre dauerte der scharfe Konkurrenzkampf. Seither verschwindet allmählich die Linienkonkurrenz. Auf dem Wege von Abkommen und Fusionen ist bis Anfang der Siebzigerjahre eine Anzahl großer Netze entstanden, so die London and North Western, die Great Western, die North Eastern, die Great Eastern, die London and South Western, die Midland und Great Northern. Hand in Hand mit den Verschmelzungen ging auch die Vermehrung der Zahl der Running powers. Für England hatten die Verschmelzungen und Betriebsverträge insofern einen besonderen Wert, als man dort durch Fusionen und Pachtungen die Herbeiführung eines einheitlichen Betriebes zu ermöglichen hoffte. Was die Bautätigkeit betrifft, so war bis zum Ende der Fünfzigerjahre der Wettbewerb der Eisenbahnen untereinander der Hauptbeweggrund für den Bau neuer Eisenbahnen, später traten Spekulanten, Bauunternehmer, Advokaten und Ingenieure auf, die sog. „Speculative lines“ bauten; es waren dies Linien von verhältnismäßig geringem Nutzen für den Verkehr, die aber einer großen Gesellschaft, in deren Bezirk sie dringen, gefährlich werden konnten, falls sie von einer großen Gesellschaft betrieben werden sollten. Diese Linien wurden zu dem Zwecke geplant und gebaut, um an eine der großen Gesellschaften verkauft zu werden. Auf solche Art sowie durch Ausbau von Ergänzungslinien durch die großen Gesellschaften wuchs das englische Eisenbahnnetz jährlich um etwa 400–500 Meilen = 640–800 km. Die Entwicklung des Verkehrs der Midlandbahn erforderte die Schaffung einer selbständigen Verbindung mit London, obwohl sie das Recht hatte, das Great Northern-System südlich von Hitchis mitzubenutzen. Im Jahre 1863 wurde ihr die Ermächtigung gegeben, zu diesem Zwecke eine neue Verbindung südlich von Bedfort zu bauen, die im Jahre 1868 fertiggestellt wurde. An neueren Gesetzen sind zunächst aus dem Jahre 1864 die Railways construction facilities Acts (27 und 28 Vict., cap. 120 und 121) zu erwähnen. Hierdurch erhielt das Board of Trade die Ermächtigung, die Bewilligung zum Baue einer Eisenbahn zu erteilen, wenn sämtliche Grundeigentümer deren Land benötigt wurde, ihre Zustimmung geben und weder eine bestehende Eisenbahngesellschaft noch eine Kanalgesellschaft Einsprache erhob. Mit Rücksicht auf diese Bedingungen wurde von der Ermächtigung dieses Gesetzes niemals Gebrauch gemacht. 1865 waren die 21 Jahre verstrichen, seitdem das Gesetz von 1844 erlassen war. Man setzte eine Kommission zur Überprüfung der Eisenbahnfrage ein, ohne daß jedoch ernstlich auf den Gedanken des Gesetzes von 1844 zurückgegriffen worden wäre. Das Gesetz vom Jahre 1868 (31 und 32 Vict., cap. 119) enthält u. a. Bestimmungen über Bestellung von Aufsichtsbeamten des Board of Trade zur Prüfung des Geschäftsbetriebes, über Einführung einer Kommunikation zwischen Reisenden und Schaffnern bei Zügen, die mehr als 20 Meilen ohne Aufenthalt fahren, über die schiedsgerichtliche Entscheidung von Ersatzansprüchen für Unfälle durch das Board of Trade u. s. w. Das Gesetz von 1871 behandelt die Untersuchung bei Unfällen, 1872 wurde wieder ein Ausschuß für die Beratung der Frage der Verschmelzungen,

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/389>, abgerufen am 25.11.2024.