Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

Bild:
<< vorherige Seite

5. Ausbau des Netzes. Bildung der großen Gesellschaften. 1852-1858.

Nach dem Staatsstreich vom 2. Dezember 1851 entzog die kaiserliche Regierung das Konzessionswesen, sofern damit nicht eine Belastung des Staatsschatzes verknüpft war; der Einwirkung der gesetzgebenden Körper und förderte die Entwicklung des Eisenbahnwesens in weitgehender Weise.

1852 wurden die Paris-Lyon-Eisenbahn und die Südbahn gegründet, 1853 die Gesellschaft Grand-Central (Clermont-Montauban, Limoges-Agen, Lyon-Bordeaux), deren Netz 1857 durch Zession an die Paris-Lyon-Mittelmeerbahn und an die Orleansbahn überging.

Als Mittel zur Förderung des Bahnbaues dienten der neuen Regierung unter Napoleon III. insbesondere die großartigen Fusionen und die Erstreckung der Konzessionsdauer auf meist 99 Jahre. Hierdurch gelang es, den Kredit der Gesellschaften zu heben und ihnen ohne Zinsgarantie und ohne Staatsbeiträge eine große Anzahl neuer Linien aufzubürden. Aus den Fusionen, die sich 1852 bis 1857 vollzogen, gingen die Nordbahn, Orleansbahn (1852), Paris-Lyonbahn, Ostbahn und Südbahn (1853) hervor. 1855 konstituierte sich die Westbahn und 1857 vereinigte sich die Paris-Lyonbahn mit der Lyon-Mittelmeerbahn.

Während im Jahr 1846 33 Gesellschaften bestanden, waren 1855 nur noch 24, 1857 11 und 1859, abgesehen von 8 Bahnen untergeordneter Bedeutung, 6 Gesellschaften (die sogenannten 6 großen Gesellschaften) vorhanden, u. zw. 1. die Nordbahn, 2. Paris-Orleansbahn, 3. Paris-Lyon-Mittelmeerbahn, 4. Ostbahn, 5. Westbahn, 6. Südbahn. Die 5 ersteren hatten ihren Ausgangspunkt in Paris. Jede beherrschte ein völlig abgeschlossenes Gebiet.

Es wurden 1852 316 km, 1853 190 km, 1854 589 km, 1855 889 km, 1856 669 km, 1857 1263 km und 1858 1224 km Bahnen eröffnet. Die Betriebslänge betrug Ende 1858 8767 km. Die Länge der konzessionierten Linien stieg 1851 bis 1858 von 3995 auf 16.174 km. Die Gesellschaften hatten 3·2 Milliarden Fr., der Staat 775 Millionen Fr. verausgabt; zur Vollendung der konzessionierten Linien waren noch 1·9 Milliarden Fr. erforderlich.

6. Verträge vom Jahr 1859.

Infolge der Handelskrise von 1857/1858 war die Ausgabe neuer Obligationen zur Vollendung der Bahnbauten nicht möglich, und wurde eine weitere Unterstützung durch die Regierung erforderlich. Über die Art dieser Unterstützung wurde eine Untersuchung angestellt, deren Ergebnis die 1859er Verträge waren. Die Form der diesmal geleisteten Staatsunterstützung war die der staatlichen Zinsgarantie.

Die in den Verträgen vom Juli 1858 und Juni 1859 (Gesetz vom 11. Juni 1859) festgestellten Grundsätze (System Franqueville) waren folgende: die Bahnen jeder Gesellschaft wurden für die Zinsgarantie in 2 Teile geschieden, in das alte Netz (ancien reseau) und in das neue Netz (nouveau reseau). Das alte Netz umfaßte im allgemeinen die vor dem Jahre 1857 konzessionierten Linien, bei der Westbahn die vor 1855 und bei der Ostbahn die vor 1853 konzessionierten Linien.

Nur das neue Netz genoß im Fall der Unzulänglichkeit des Reinertrags eine Zinsgarantie für die auszugebenden Obligationen von 4% auf 50 Jahre oder 4·655%, wenn man die auf Grund eines Zinsfußes von 4% berechnete Tilgungsquote für denselben Zeitraum hinzurechnet. Das Kapital, auf das sich die Zinsgarantie bezog, wurde auf einen Höchstbetrag begrenzt. Wenn das Reinerträgnis des neuen Netzes die garantierten Zinsen überschritt, dann waren die in Form der Zinsgarantie flüssig zu machenden Beträge samt 4%igen Zinsen dem Staat zurückzuerstatten. Die Zinsgarantie für das neue Netz begann für die Ostbahn am 1. Januar 1864, für die übrigen Hauptbahnen am 1. Januar 1865.

Für das alte Netz wurde ein gewisses Normaleinkommen (revenu reserve) vorbehalten. Es bestand: 1. aus einer Dividende für das Aktienkapital der großen Bahnen; 2. aus der für die Verzinsung und Tilgung der Prioritäten des alten Netzes erforderlichen Summe; 3. aus einer Summe von 1·1% des Anlagekapitals des neuen Netzes. Der Teil des Reinertrags des alten Netzes, der das revenu reserve überschreitet, wird auf das neue Netz als Ergänzung seines Erträgnisses übertragen (deverse) und zur Deckung der vom Staat garantierten Zinsen bis zur festgesetzten Grenze verwendet; erst soweit er nicht zur Verzinsung des Anlagekapitals des neuen Netzes ausreicht, tritt die staatliche Zinsgarantie ein. Die Garantiezuschüsse des Staats sind längstens in 50 Jahren mit 4% zurückzuzahlen.

Als Entschädigung für die den Gesellschaften zugestandenen Vorteile sollten die Gesellschaften vom Jahr 1872 den Teil ihres Erträgnisses mit dem Staat teilen, der ein bestimmtes Maß überschreitet. Letzteres entsprach im allgemeinen 6% der Anlagekosten des neuen Netzes und 8% der des alten Netzes.

5. Ausbau des Netzes. Bildung der großen Gesellschaften. 1852–1858.

Nach dem Staatsstreich vom 2. Dezember 1851 entzog die kaiserliche Regierung das Konzessionswesen, sofern damit nicht eine Belastung des Staatsschatzes verknüpft war; der Einwirkung der gesetzgebenden Körper und förderte die Entwicklung des Eisenbahnwesens in weitgehender Weise.

1852 wurden die Paris-Lyon-Eisenbahn und die Südbahn gegründet, 1853 die Gesellschaft Grand-Central (Clermont-Montauban, Limoges-Agen, Lyon-Bordeaux), deren Netz 1857 durch Zession an die Paris-Lyon-Mittelmeerbahn und an die Orléansbahn überging.

Als Mittel zur Förderung des Bahnbaues dienten der neuen Regierung unter Napoleon III. insbesondere die großartigen Fusionen und die Erstreckung der Konzessionsdauer auf meist 99 Jahre. Hierdurch gelang es, den Kredit der Gesellschaften zu heben und ihnen ohne Zinsgarantie und ohne Staatsbeiträge eine große Anzahl neuer Linien aufzubürden. Aus den Fusionen, die sich 1852 bis 1857 vollzogen, gingen die Nordbahn, Orléansbahn (1852), Paris-Lyonbahn, Ostbahn und Südbahn (1853) hervor. 1855 konstituierte sich die Westbahn und 1857 vereinigte sich die Paris-Lyonbahn mit der Lyon-Mittelmeerbahn.

Während im Jahr 1846 33 Gesellschaften bestanden, waren 1855 nur noch 24, 1857 11 und 1859, abgesehen von 8 Bahnen untergeordneter Bedeutung, 6 Gesellschaften (die sogenannten 6 großen Gesellschaften) vorhanden, u. zw. 1. die Nordbahn, 2. Paris-Orléansbahn, 3. Paris-Lyon-Mittelmeerbahn, 4. Ostbahn, 5. Westbahn, 6. Südbahn. Die 5 ersteren hatten ihren Ausgangspunkt in Paris. Jede beherrschte ein völlig abgeschlossenes Gebiet.

Es wurden 1852 316 km, 1853 190 km, 1854 589 km, 1855 889 km, 1856 669 km, 1857 1263 km und 1858 1224 km Bahnen eröffnet. Die Betriebslänge betrug Ende 1858 8767 km. Die Länge der konzessionierten Linien stieg 1851 bis 1858 von 3995 auf 16.174 km. Die Gesellschaften hatten 3·2 Milliarden Fr., der Staat 775 Millionen Fr. verausgabt; zur Vollendung der konzessionierten Linien waren noch 1·9 Milliarden Fr. erforderlich.

6. Verträge vom Jahr 1859.

Infolge der Handelskrise von 1857/1858 war die Ausgabe neuer Obligationen zur Vollendung der Bahnbauten nicht möglich, und wurde eine weitere Unterstützung durch die Regierung erforderlich. Über die Art dieser Unterstützung wurde eine Untersuchung angestellt, deren Ergebnis die 1859er Verträge waren. Die Form der diesmal geleisteten Staatsunterstützung war die der staatlichen Zinsgarantie.

Die in den Verträgen vom Juli 1858 und Juni 1859 (Gesetz vom 11. Juni 1859) festgestellten Grundsätze (System Franqueville) waren folgende: die Bahnen jeder Gesellschaft wurden für die Zinsgarantie in 2 Teile geschieden, in das alte Netz (ancien réseau) und in das neue Netz (nouveau réseau). Das alte Netz umfaßte im allgemeinen die vor dem Jahre 1857 konzessionierten Linien, bei der Westbahn die vor 1855 und bei der Ostbahn die vor 1853 konzessionierten Linien.

Nur das neue Netz genoß im Fall der Unzulänglichkeit des Reinertrags eine Zinsgarantie für die auszugebenden Obligationen von 4% auf 50 Jahre oder 4·655%, wenn man die auf Grund eines Zinsfußes von 4% berechnete Tilgungsquote für denselben Zeitraum hinzurechnet. Das Kapital, auf das sich die Zinsgarantie bezog, wurde auf einen Höchstbetrag begrenzt. Wenn das Reinerträgnis des neuen Netzes die garantierten Zinsen überschritt, dann waren die in Form der Zinsgarantie flüssig zu machenden Beträge samt 4%igen Zinsen dem Staat zurückzuerstatten. Die Zinsgarantie für das neue Netz begann für die Ostbahn am 1. Januar 1864, für die übrigen Hauptbahnen am 1. Januar 1865.

Für das alte Netz wurde ein gewisses Normaleinkommen (revenu réservé) vorbehalten. Es bestand: 1. aus einer Dividende für das Aktienkapital der großen Bahnen; 2. aus der für die Verzinsung und Tilgung der Prioritäten des alten Netzes erforderlichen Summe; 3. aus einer Summe von 1·1% des Anlagekapitals des neuen Netzes. Der Teil des Reinertrags des alten Netzes, der das revenu réservé überschreitet, wird auf das neue Netz als Ergänzung seines Erträgnisses übertragen (déversé) und zur Deckung der vom Staat garantierten Zinsen bis zur festgesetzten Grenze verwendet; erst soweit er nicht zur Verzinsung des Anlagekapitals des neuen Netzes ausreicht, tritt die staatliche Zinsgarantie ein. Die Garantiezuschüsse des Staats sind längstens in 50 Jahren mit 4% zurückzuzahlen.

Als Entschädigung für die den Gesellschaften zugestandenen Vorteile sollten die Gesellschaften vom Jahr 1872 den Teil ihres Erträgnisses mit dem Staat teilen, der ein bestimmtes Maß überschreitet. Letzteres entsprach im allgemeinen 6% der Anlagekosten des neuen Netzes und 8% der des alten Netzes.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="lexiconEntry" n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0178" n="170"/>
          </p><lb/>
          <p>5. <hi rendition="#g">Ausbau des Netzes</hi>. <hi rendition="#g">Bildung der großen Gesellschaften</hi>. 1852&#x2013;1858.</p><lb/>
          <p>Nach dem Staatsstreich vom 2. Dezember 1851 entzog die kaiserliche Regierung das Konzessionswesen, sofern damit nicht eine Belastung des Staatsschatzes verknüpft war<hi rendition="#sub">;</hi> der Einwirkung der gesetzgebenden Körper und förderte die Entwicklung des Eisenbahnwesens in weitgehender Weise.</p><lb/>
          <p>1852 wurden die Paris-Lyon-Eisenbahn und die Südbahn gegründet, 1853 die Gesellschaft Grand-Central (Clermont-Montauban, Limoges-Agen, Lyon-Bordeaux), deren Netz 1857 durch Zession an die Paris-Lyon-Mittelmeerbahn und an die Orléansbahn überging.</p><lb/>
          <p>Als Mittel zur Förderung des <hi rendition="#g">Bahnbaues</hi> dienten der neuen Regierung unter Napoleon III. insbesondere die großartigen <hi rendition="#g">Fusionen</hi> und die Erstreckung der Konzessionsdauer auf meist 99 Jahre. Hierdurch gelang es, den Kredit der Gesellschaften zu heben und ihnen ohne Zinsgarantie und ohne Staatsbeiträge eine große Anzahl neuer Linien aufzubürden. Aus den Fusionen, die sich 1852 bis 1857 vollzogen, gingen die Nordbahn, Orléansbahn (1852), Paris-Lyonbahn, Ostbahn und Südbahn (1853) hervor. 1855 konstituierte sich die Westbahn und 1857 vereinigte sich die Paris-Lyonbahn mit der Lyon-Mittelmeerbahn.</p><lb/>
          <p>Während im Jahr 1846 33 Gesellschaften bestanden, waren 1855 nur noch 24, 1857 11 und 1859, abgesehen von 8 Bahnen untergeordneter Bedeutung, 6 Gesellschaften (die sogenannten 6 großen Gesellschaften) vorhanden, u. zw. 1. die Nordbahn, 2. Paris-Orléansbahn, 3. Paris-Lyon-Mittelmeerbahn, 4. Ostbahn, 5. Westbahn, 6. Südbahn. Die 5 ersteren hatten ihren Ausgangspunkt in Paris. Jede beherrschte ein völlig abgeschlossenes Gebiet.</p><lb/>
          <p>Es wurden 1852 316 <hi rendition="#i">km,</hi> 1853 190 <hi rendition="#i">km,</hi> 1854 589 <hi rendition="#i">km,</hi> 1855 889 <hi rendition="#i">km,</hi> 1856 669 <hi rendition="#i">km,</hi> 1857 1263 <hi rendition="#i">km</hi> und 1858 1224 <hi rendition="#i">km</hi> Bahnen eröffnet. Die Betriebslänge betrug Ende 1858 8767 <hi rendition="#i">km.</hi> Die Länge der konzessionierten Linien stieg 1851 bis 1858 von 3995 auf 16.174 <hi rendition="#i">km.</hi> Die Gesellschaften hatten 3·2 Milliarden Fr., der Staat 775 Millionen Fr. verausgabt; zur Vollendung der konzessionierten Linien waren noch 1·9 Milliarden Fr. erforderlich.</p><lb/>
          <p>6. <hi rendition="#g">Verträge vom Jahr 1859</hi>.</p><lb/>
          <p>Infolge der Handelskrise von 1857/1858 war die Ausgabe neuer Obligationen zur Vollendung der Bahnbauten nicht möglich, und wurde eine weitere Unterstützung durch die Regierung erforderlich. Über die Art dieser Unterstützung wurde eine Untersuchung angestellt, deren Ergebnis die 1859er Verträge waren. Die Form der diesmal geleisteten Staatsunterstützung war die der staatlichen Zinsgarantie.</p><lb/>
          <p>Die in den Verträgen vom Juli 1858 und Juni 1859 (Gesetz vom 11. Juni 1859) festgestellten Grundsätze (System Franqueville) waren folgende: die Bahnen jeder Gesellschaft wurden für die Zinsgarantie in 2 Teile geschieden, in das alte Netz (ancien réseau) und in das neue Netz (nouveau réseau). Das alte Netz umfaßte im allgemeinen die vor dem Jahre 1857 konzessionierten Linien, bei der Westbahn die vor 1855 und bei der Ostbahn die vor 1853 konzessionierten Linien.</p><lb/>
          <p>Nur das neue Netz genoß im Fall der Unzulänglichkeit des Reinertrags eine Zinsgarantie für die auszugebenden Obligationen von 4<hi rendition="#i">%</hi> auf 50 Jahre oder 4·655<hi rendition="#i">%,</hi> wenn man die auf Grund eines Zinsfußes von 4<hi rendition="#i">%</hi> berechnete Tilgungsquote für denselben Zeitraum hinzurechnet. Das Kapital, auf das sich die Zinsgarantie bezog, wurde auf einen Höchstbetrag begrenzt. Wenn das Reinerträgnis des neuen Netzes die garantierten Zinsen überschritt, dann waren die in Form der Zinsgarantie flüssig zu machenden Beträge samt 4<hi rendition="#i">%</hi>igen Zinsen dem Staat zurückzuerstatten. Die Zinsgarantie für das neue Netz begann für die Ostbahn am 1. Januar 1864, für die übrigen Hauptbahnen am 1. Januar 1865.</p><lb/>
          <p>Für das alte Netz wurde ein gewisses Normaleinkommen (revenu réservé) vorbehalten. Es bestand: 1. aus einer Dividende für das Aktienkapital der großen Bahnen; 2. aus der für die Verzinsung und Tilgung der Prioritäten des alten Netzes erforderlichen Summe; 3. aus einer Summe von 1·1<hi rendition="#i">%</hi> des Anlagekapitals des neuen Netzes. Der Teil des Reinertrags des alten Netzes, der das revenu réservé überschreitet, wird auf das neue Netz als Ergänzung seines Erträgnisses übertragen (déversé) und zur Deckung der vom Staat garantierten Zinsen bis zur festgesetzten Grenze verwendet; erst soweit er nicht zur Verzinsung des Anlagekapitals des neuen Netzes ausreicht, tritt die staatliche Zinsgarantie ein. Die Garantiezuschüsse des Staats sind längstens in 50 Jahren mit 4<hi rendition="#i">%</hi> zurückzuzahlen.</p><lb/>
          <p>Als Entschädigung für die den Gesellschaften zugestandenen Vorteile sollten die Gesellschaften vom Jahr 1872 den Teil ihres Erträgnisses mit dem Staat teilen, der ein bestimmtes Maß überschreitet. Letzteres entsprach im allgemeinen 6<hi rendition="#i">%</hi> der Anlagekosten des neuen Netzes und 8<hi rendition="#i">%</hi> der des alten Netzes.
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[170/0178] 5. Ausbau des Netzes. Bildung der großen Gesellschaften. 1852–1858. Nach dem Staatsstreich vom 2. Dezember 1851 entzog die kaiserliche Regierung das Konzessionswesen, sofern damit nicht eine Belastung des Staatsschatzes verknüpft war; der Einwirkung der gesetzgebenden Körper und förderte die Entwicklung des Eisenbahnwesens in weitgehender Weise. 1852 wurden die Paris-Lyon-Eisenbahn und die Südbahn gegründet, 1853 die Gesellschaft Grand-Central (Clermont-Montauban, Limoges-Agen, Lyon-Bordeaux), deren Netz 1857 durch Zession an die Paris-Lyon-Mittelmeerbahn und an die Orléansbahn überging. Als Mittel zur Förderung des Bahnbaues dienten der neuen Regierung unter Napoleon III. insbesondere die großartigen Fusionen und die Erstreckung der Konzessionsdauer auf meist 99 Jahre. Hierdurch gelang es, den Kredit der Gesellschaften zu heben und ihnen ohne Zinsgarantie und ohne Staatsbeiträge eine große Anzahl neuer Linien aufzubürden. Aus den Fusionen, die sich 1852 bis 1857 vollzogen, gingen die Nordbahn, Orléansbahn (1852), Paris-Lyonbahn, Ostbahn und Südbahn (1853) hervor. 1855 konstituierte sich die Westbahn und 1857 vereinigte sich die Paris-Lyonbahn mit der Lyon-Mittelmeerbahn. Während im Jahr 1846 33 Gesellschaften bestanden, waren 1855 nur noch 24, 1857 11 und 1859, abgesehen von 8 Bahnen untergeordneter Bedeutung, 6 Gesellschaften (die sogenannten 6 großen Gesellschaften) vorhanden, u. zw. 1. die Nordbahn, 2. Paris-Orléansbahn, 3. Paris-Lyon-Mittelmeerbahn, 4. Ostbahn, 5. Westbahn, 6. Südbahn. Die 5 ersteren hatten ihren Ausgangspunkt in Paris. Jede beherrschte ein völlig abgeschlossenes Gebiet. Es wurden 1852 316 km, 1853 190 km, 1854 589 km, 1855 889 km, 1856 669 km, 1857 1263 km und 1858 1224 km Bahnen eröffnet. Die Betriebslänge betrug Ende 1858 8767 km. Die Länge der konzessionierten Linien stieg 1851 bis 1858 von 3995 auf 16.174 km. Die Gesellschaften hatten 3·2 Milliarden Fr., der Staat 775 Millionen Fr. verausgabt; zur Vollendung der konzessionierten Linien waren noch 1·9 Milliarden Fr. erforderlich. 6. Verträge vom Jahr 1859. Infolge der Handelskrise von 1857/1858 war die Ausgabe neuer Obligationen zur Vollendung der Bahnbauten nicht möglich, und wurde eine weitere Unterstützung durch die Regierung erforderlich. Über die Art dieser Unterstützung wurde eine Untersuchung angestellt, deren Ergebnis die 1859er Verträge waren. Die Form der diesmal geleisteten Staatsunterstützung war die der staatlichen Zinsgarantie. Die in den Verträgen vom Juli 1858 und Juni 1859 (Gesetz vom 11. Juni 1859) festgestellten Grundsätze (System Franqueville) waren folgende: die Bahnen jeder Gesellschaft wurden für die Zinsgarantie in 2 Teile geschieden, in das alte Netz (ancien réseau) und in das neue Netz (nouveau réseau). Das alte Netz umfaßte im allgemeinen die vor dem Jahre 1857 konzessionierten Linien, bei der Westbahn die vor 1855 und bei der Ostbahn die vor 1853 konzessionierten Linien. Nur das neue Netz genoß im Fall der Unzulänglichkeit des Reinertrags eine Zinsgarantie für die auszugebenden Obligationen von 4% auf 50 Jahre oder 4·655%, wenn man die auf Grund eines Zinsfußes von 4% berechnete Tilgungsquote für denselben Zeitraum hinzurechnet. Das Kapital, auf das sich die Zinsgarantie bezog, wurde auf einen Höchstbetrag begrenzt. Wenn das Reinerträgnis des neuen Netzes die garantierten Zinsen überschritt, dann waren die in Form der Zinsgarantie flüssig zu machenden Beträge samt 4%igen Zinsen dem Staat zurückzuerstatten. Die Zinsgarantie für das neue Netz begann für die Ostbahn am 1. Januar 1864, für die übrigen Hauptbahnen am 1. Januar 1865. Für das alte Netz wurde ein gewisses Normaleinkommen (revenu réservé) vorbehalten. Es bestand: 1. aus einer Dividende für das Aktienkapital der großen Bahnen; 2. aus der für die Verzinsung und Tilgung der Prioritäten des alten Netzes erforderlichen Summe; 3. aus einer Summe von 1·1% des Anlagekapitals des neuen Netzes. Der Teil des Reinertrags des alten Netzes, der das revenu réservé überschreitet, wird auf das neue Netz als Ergänzung seines Erträgnisses übertragen (déversé) und zur Deckung der vom Staat garantierten Zinsen bis zur festgesetzten Grenze verwendet; erst soweit er nicht zur Verzinsung des Anlagekapitals des neuen Netzes ausreicht, tritt die staatliche Zinsgarantie ein. Die Garantiezuschüsse des Staats sind längstens in 50 Jahren mit 4% zurückzuzahlen. Als Entschädigung für die den Gesellschaften zugestandenen Vorteile sollten die Gesellschaften vom Jahr 1872 den Teil ihres Erträgnisses mit dem Staat teilen, der ein bestimmtes Maß überschreitet. Letzteres entsprach im allgemeinen 6% der Anlagekosten des neuen Netzes und 8% der des alten Netzes.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-06-17T17:32:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:45Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; Hervorhebungen I/J in Fraktur: keine Angabe; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein

Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/178
Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/178>, abgerufen am 25.11.2024.