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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914.

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9. Rußland. Bestimmungen über das Frachtgeschäft fehlen im russischen Handelsgesetzbuch (ebenso wie darin solche über die sonstigen Haupt- und Grundhandelsgeschäfte überhaupt nicht enthalten sind). Sie finden sich in dem allgemeinen Gesetz für die russischen Eisenbahnen von 1885, neueste Ausgabe von 1906 und sind denen des IÜ. angepaßt. Indes sind doch mancherlei aus der Eigenart der russischen Verhältnisse erklärliche Verschiedenheiten für den internen Verkehr vorhanden.

So kennt es als Gründe, die die Eisenbahnen vom Beförderungszwange befreien, die Einstellung der Beförderung von Gütern auf Anordnung der Regierung. Auch kann die Bahn die Annahme von Gütern zur Beförderung verweigern, wenn auf der Station alle für die Lagerung von Gütern bestimmten Gebäude (Art. 45 Ziff. 1) oder Ergänzungslagerplätze voll sind (Art. 45, Ziff. 2 und Art. 46) und das aufgegebene Gut nicht zu den außer der Reihe zu befördernden Gütern gehört, in welchem Falle jedoch die Annahme nur dann zu erfolgen hat, wenn es innerhalb 24 Stunden abgesandt werden kann (Art. 2, Ziff. 6). Das Eisenbahngesetz legt den Eisenbahnen die Verpflichtung auf, Packhäuser, Speicher, gedeckte und offene Plattformen, Hilfslagerplätze u. a. m. zur Niederlegung und Aufbewahrung von Gütern bereit zu halten (Art. 45, 46, 47, 48). Die Annahme eines Gutes zur Beförderung, das nicht am selben Tage abgesandt werden kann, wird Annahme auf Lager mit Wartezeit genannt (Ortschered, Art. 49). Zur Unterhaltung der mannigfachen Lagergelegenheiten wird von jedem Pud zur Beförderung aufgegebener Ware eine Gebühr von 1/5 Kopeken erhoben (Art. 50). Die zur Beförderung angenommenen Güter müssen ohne Bevorzugung der Absender oder Güterarten "der Reihenfolge" nach zur Absendung gelangen. Jedoch werden bestimmte Güter nach besonderen Vorschriften befördert. Auch genießen Güter, deren unaufschiebbare Beförderung im allgemeinen Staatsinteresse oder zur Abhilfe öffentlicher Notstände oder infolge allgemeiner Anordnungen der Regierungen erforderlich ist, Ausnahmen (Art. 51). Die "Reihenfolge" der Absendung richtet sich nach einer vom Verkehrsminister aufgestellten Ordnung (Art. 52). Das Gut kann an die Adresse einer bestimmten Person oder an den Vorzeiger des Duplikatfrachtbriefes aufgegeben werden (Art. 54). Die Sendung wird von einem Frachtbrief begleitet, der zusammen mit seinem Duplikat als Beweis für die gegenseitigen Rechte und Pflichten der an dem Transportvertrag beteiligten Parteien dient (Art. 55). Eine besondere Art der Adressierung des Frachtbriefes ist die "auf Erfordern" (Art. 54, 57, Ziff. 4). Hierbei soll die Adresse des Empfängers nicht angegeben werden (Art. 57, Ziff. 4, Schluß), indes gelten Frachtbriefe, wo diese Angaben fehlen, als "auf Erfordern" gestellt (Art. 54). Sie sind also wohl mit den "bahnlagernd" adressierten Gütern der deutschen EVO. zu vergleichen. Der Beförderungsvertrag wird als abgeschlossen erachtet mit dem Zeitpunkte der Annahme des Gutes nebst dem Frachtbrief durch die Absendestation. Dabei wird die Annahme des Gutes zur Beförderung durch den Aufdruck des Datumstempels auf den Frachtbrief bescheinigt. Der Stempel wird aufgedrückt, wenn das Gut zur Beförderung nicht auf Lager mit Wartezeit angenommen ist, sofort nach Beendigung der Einlieferung des Gutes, andernfalls beim Eintritt der Reihenfolge für die Absendung (Art. 61). Als Bescheinigung der Annahme des Gutes zur Beförderung wird dem Absender ein Duplikat des Frachtbriefes erteilt, das mit dem Stempel der Absendestation versehen wird, wenn das Gut zur Beförderung nicht auf Lager mit Wartezeit angenommen ist, oder es wird von der Station die Zeit oder die Reihenfolge der demnächstigen Absendung des Gutes eingetragen, wenn es auf Lager mit Wartezeit zur Beförderung angenommen ist (Art. 62). Die Verzollung ist ebenso wie im IÜ. Art. 10 geregelt (Art. 66). Überhobene Fracht oder Gebühren sind von der Eisenbahn auf Verlangen der Person, von der sie bezahlt sind, zurückzuerstatten, wobei ihr auf die überhobene Summe ein Prozent für den Monat vom Tage der Überhebung bis zum Tage der Rückzahlung an den Frachtabsender oder der Einzahlung bei dem Kameralhof zu entrichten ist (Art. 72).

Das Verfügungsrecht über das Gut steht nach Erteilung des Duplikatfrachtbriefes zu: bei auf Namen ausgestellten Frachtbriefen, dem Absender oder derjenigen Person, der der Absender in vorschriftsmäßiger Weise den Duplikatfrachtbrief übergibt, oder aber der Person, von deren Adresse das Gut abgeschickt ist, falls sich der Duplikatfrachtbrief in ihren Händen befindet, bei auf den Vorzeiger ausgestellten Frachtbriefen dem Inhaber des Duplikatfrachtbriefes (Art. 78).

Über die auf der Bestimmungsstation eintreffenden Güter werden kurze Mitteilungen zum Aushang gebracht, oder alphabetische Auskunftsverzeichnisse angefertigt, auf Verlangen der Empfänger wird auch ohne Verzug Auskunft erteilt (Art. 79). Außerdem ist die Station in Fällen, wo die Adresse des Empfängers in dem Frachtbrief angegeben ist (Art. 57 Ziff. 4) verpflichtet, den Empfänger sofort nach Eintreffen des Gutes zu benachrichtigen (Art. 80).

Bei Aushändigung des Gutes erhält der Empfänger den Frachtbrief, während das Duplikat der Eisenbahn zurückgegeben wird (Art. 86).

Sehr eingehend ist die Haftung der Eisenbahnen geregelt (4. Kapitel). Zunächst ist für den Fall einer ungerechtfertigten Verweigerung der Annahme des Gutes (zur Beförderung oder zur Lagerung [Otschered]) die Eisenbahn zur Zahlung einer hohen nach dem Gewicht des Gutes bestimmten Entschädigungssumme verpflichtet (für je 25 Pfund dreifacher Lohnbetrag eines Lastfuhrmannes für 24 Stunden). Der Absender kann aber auch Entschädigung für vergebliche An- und für die Abfuhr nach allgemeinem bürgerlichen Recht verlangen (Art. 100). Für die Nichteinhaltung der "Reihenfolge" bei der Absendung sind ebenfalls bestimmte Beträge zu ersetzen (Art. 101). Die Haftung für Verlust und Beschädigung des Gutes entspricht ganz der nach Art. 30 ff. IÜ. (Art. 102-106). Ersetzt wird der Handelswert am Orte und zur Zeit der Ausfolgung (Art. 107), also nicht der Versandwert (Art. 34 IÜ.). Von der Entschädigungssumme werden in Abzug gebracht alle Unkosten des Transportes, die der Empfänger zu zahlen hätte, wenn das Gut unversehrt am Bestimmungsorte eingetroffen wäre.

Bei der Überschreitung der Lieferfrist ist die Eisenbahn zum Schadenersatz verpflichtet, wenn sie nicht nachweist, daß sie ungeachtet aller getroffenen, einem ordentlichen Frachtführer obliegenden Maßnahmen die Fristversäumnis nicht verhindern konnte (Art. 110). Die Entschädigung beträgt für je 24 Stunden-Überschreitung 5% der Fracht, höchstens die ganze Fracht, auch wenn durch die Lieferfristüberschreitung gar kein Schaden entstanden ist. Entschädigungssummen

9. Rußland. Bestimmungen über das Frachtgeschäft fehlen im russischen Handelsgesetzbuch (ebenso wie darin solche über die sonstigen Haupt- und Grundhandelsgeschäfte überhaupt nicht enthalten sind). Sie finden sich in dem allgemeinen Gesetz für die russischen Eisenbahnen von 1885, neueste Ausgabe von 1906 und sind denen des IÜ. angepaßt. Indes sind doch mancherlei aus der Eigenart der russischen Verhältnisse erklärliche Verschiedenheiten für den internen Verkehr vorhanden.

So kennt es als Gründe, die die Eisenbahnen vom Beförderungszwange befreien, die Einstellung der Beförderung von Gütern auf Anordnung der Regierung. Auch kann die Bahn die Annahme von Gütern zur Beförderung verweigern, wenn auf der Station alle für die Lagerung von Gütern bestimmten Gebäude (Art. 45 Ziff. 1) oder Ergänzungslagerplätze voll sind (Art. 45, Ziff. 2 und Art. 46) und das aufgegebene Gut nicht zu den außer der Reihe zu befördernden Gütern gehört, in welchem Falle jedoch die Annahme nur dann zu erfolgen hat, wenn es innerhalb 24 Stunden abgesandt werden kann (Art. 2, Ziff. 6). Das Eisenbahngesetz legt den Eisenbahnen die Verpflichtung auf, Packhäuser, Speicher, gedeckte und offene Plattformen, Hilfslagerplätze u. a. m. zur Niederlegung und Aufbewahrung von Gütern bereit zu halten (Art. 45, 46, 47, 48). Die Annahme eines Gutes zur Beförderung, das nicht am selben Tage abgesandt werden kann, wird Annahme auf Lager mit Wartezeit genannt (Ortschered, Art. 49). Zur Unterhaltung der mannigfachen Lagergelegenheiten wird von jedem Pud zur Beförderung aufgegebener Ware eine Gebühr von 1/5 Kopeken erhoben (Art. 50). Die zur Beförderung angenommenen Güter müssen ohne Bevorzugung der Absender oder Güterarten „der Reihenfolge“ nach zur Absendung gelangen. Jedoch werden bestimmte Güter nach besonderen Vorschriften befördert. Auch genießen Güter, deren unaufschiebbare Beförderung im allgemeinen Staatsinteresse oder zur Abhilfe öffentlicher Notstände oder infolge allgemeiner Anordnungen der Regierungen erforderlich ist, Ausnahmen (Art. 51). Die „Reihenfolge“ der Absendung richtet sich nach einer vom Verkehrsminister aufgestellten Ordnung (Art. 52). Das Gut kann an die Adresse einer bestimmten Person oder an den Vorzeiger des Duplikatfrachtbriefes aufgegeben werden (Art. 54). Die Sendung wird von einem Frachtbrief begleitet, der zusammen mit seinem Duplikat als Beweis für die gegenseitigen Rechte und Pflichten der an dem Transportvertrag beteiligten Parteien dient (Art. 55). Eine besondere Art der Adressierung des Frachtbriefes ist die „auf Erfordern“ (Art. 54, 57, Ziff. 4). Hierbei soll die Adresse des Empfängers nicht angegeben werden (Art. 57, Ziff. 4, Schluß), indes gelten Frachtbriefe, wo diese Angaben fehlen, als „auf Erfordern“ gestellt (Art. 54). Sie sind also wohl mit den „bahnlagernd“ adressierten Gütern der deutschen EVO. zu vergleichen. Der Beförderungsvertrag wird als abgeschlossen erachtet mit dem Zeitpunkte der Annahme des Gutes nebst dem Frachtbrief durch die Absendestation. Dabei wird die Annahme des Gutes zur Beförderung durch den Aufdruck des Datumstempels auf den Frachtbrief bescheinigt. Der Stempel wird aufgedrückt, wenn das Gut zur Beförderung nicht auf Lager mit Wartezeit angenommen ist, sofort nach Beendigung der Einlieferung des Gutes, andernfalls beim Eintritt der Reihenfolge für die Absendung (Art. 61). Als Bescheinigung der Annahme des Gutes zur Beförderung wird dem Absender ein Duplikat des Frachtbriefes erteilt, das mit dem Stempel der Absendestation versehen wird, wenn das Gut zur Beförderung nicht auf Lager mit Wartezeit angenommen ist, oder es wird von der Station die Zeit oder die Reihenfolge der demnächstigen Absendung des Gutes eingetragen, wenn es auf Lager mit Wartezeit zur Beförderung angenommen ist (Art. 62). Die Verzollung ist ebenso wie im IÜ. Art. 10 geregelt (Art. 66). Überhobene Fracht oder Gebühren sind von der Eisenbahn auf Verlangen der Person, von der sie bezahlt sind, zurückzuerstatten, wobei ihr auf die überhobene Summe ein Prozent für den Monat vom Tage der Überhebung bis zum Tage der Rückzahlung an den Frachtabsender oder der Einzahlung bei dem Kameralhof zu entrichten ist (Art. 72).

Das Verfügungsrecht über das Gut steht nach Erteilung des Duplikatfrachtbriefes zu: bei auf Namen ausgestellten Frachtbriefen, dem Absender oder derjenigen Person, der der Absender in vorschriftsmäßiger Weise den Duplikatfrachtbrief übergibt, oder aber der Person, von deren Adresse das Gut abgeschickt ist, falls sich der Duplikatfrachtbrief in ihren Händen befindet, bei auf den Vorzeiger ausgestellten Frachtbriefen dem Inhaber des Duplikatfrachtbriefes (Art. 78).

Über die auf der Bestimmungsstation eintreffenden Güter werden kurze Mitteilungen zum Aushang gebracht, oder alphabetische Auskunftsverzeichnisse angefertigt, auf Verlangen der Empfänger wird auch ohne Verzug Auskunft erteilt (Art. 79). Außerdem ist die Station in Fällen, wo die Adresse des Empfängers in dem Frachtbrief angegeben ist (Art. 57 Ziff. 4) verpflichtet, den Empfänger sofort nach Eintreffen des Gutes zu benachrichtigen (Art. 80).

Bei Aushändigung des Gutes erhält der Empfänger den Frachtbrief, während das Duplikat der Eisenbahn zurückgegeben wird (Art. 86).

Sehr eingehend ist die Haftung der Eisenbahnen geregelt (4. Kapitel). Zunächst ist für den Fall einer ungerechtfertigten Verweigerung der Annahme des Gutes (zur Beförderung oder zur Lagerung [Otschered]) die Eisenbahn zur Zahlung einer hohen nach dem Gewicht des Gutes bestimmten Entschädigungssumme verpflichtet (für je 25 Pfund dreifacher Lohnbetrag eines Lastfuhrmannes für 24 Stunden). Der Absender kann aber auch Entschädigung für vergebliche An- und für die Abfuhr nach allgemeinem bürgerlichen Recht verlangen (Art. 100). Für die Nichteinhaltung der „Reihenfolge“ bei der Absendung sind ebenfalls bestimmte Beträge zu ersetzen (Art. 101). Die Haftung für Verlust und Beschädigung des Gutes entspricht ganz der nach Art. 30 ff. IÜ. (Art. 102–106). Ersetzt wird der Handelswert am Orte und zur Zeit der Ausfolgung (Art. 107), also nicht der Versandwert (Art. 34 IÜ.). Von der Entschädigungssumme werden in Abzug gebracht alle Unkosten des Transportes, die der Empfänger zu zahlen hätte, wenn das Gut unversehrt am Bestimmungsorte eingetroffen wäre.

Bei der Überschreitung der Lieferfrist ist die Eisenbahn zum Schadenersatz verpflichtet, wenn sie nicht nachweist, daß sie ungeachtet aller getroffenen, einem ordentlichen Frachtführer obliegenden Maßnahmen die Fristversäumnis nicht verhindern konnte (Art. 110). Die Entschädigung beträgt für je 24 Stunden-Überschreitung 5% der Fracht, höchstens die ganze Fracht, auch wenn durch die Lieferfristüberschreitung gar kein Schaden entstanden ist. Entschädigungssummen

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[136/0144] 9. Rußland. Bestimmungen über das Frachtgeschäft fehlen im russischen Handelsgesetzbuch (ebenso wie darin solche über die sonstigen Haupt- und Grundhandelsgeschäfte überhaupt nicht enthalten sind). Sie finden sich in dem allgemeinen Gesetz für die russischen Eisenbahnen von 1885, neueste Ausgabe von 1906 und sind denen des IÜ. angepaßt. Indes sind doch mancherlei aus der Eigenart der russischen Verhältnisse erklärliche Verschiedenheiten für den internen Verkehr vorhanden. So kennt es als Gründe, die die Eisenbahnen vom Beförderungszwange befreien, die Einstellung der Beförderung von Gütern auf Anordnung der Regierung. Auch kann die Bahn die Annahme von Gütern zur Beförderung verweigern, wenn auf der Station alle für die Lagerung von Gütern bestimmten Gebäude (Art. 45 Ziff. 1) oder Ergänzungslagerplätze voll sind (Art. 45, Ziff. 2 und Art. 46) und das aufgegebene Gut nicht zu den außer der Reihe zu befördernden Gütern gehört, in welchem Falle jedoch die Annahme nur dann zu erfolgen hat, wenn es innerhalb 24 Stunden abgesandt werden kann (Art. 2, Ziff. 6). Das Eisenbahngesetz legt den Eisenbahnen die Verpflichtung auf, Packhäuser, Speicher, gedeckte und offene Plattformen, Hilfslagerplätze u. a. m. zur Niederlegung und Aufbewahrung von Gütern bereit zu halten (Art. 45, 46, 47, 48). Die Annahme eines Gutes zur Beförderung, das nicht am selben Tage abgesandt werden kann, wird Annahme auf Lager mit Wartezeit genannt (Ortschered, Art. 49). Zur Unterhaltung der mannigfachen Lagergelegenheiten wird von jedem Pud zur Beförderung aufgegebener Ware eine Gebühr von 1/5 Kopeken erhoben (Art. 50). Die zur Beförderung angenommenen Güter müssen ohne Bevorzugung der Absender oder Güterarten „der Reihenfolge“ nach zur Absendung gelangen. Jedoch werden bestimmte Güter nach besonderen Vorschriften befördert. Auch genießen Güter, deren unaufschiebbare Beförderung im allgemeinen Staatsinteresse oder zur Abhilfe öffentlicher Notstände oder infolge allgemeiner Anordnungen der Regierungen erforderlich ist, Ausnahmen (Art. 51). Die „Reihenfolge“ der Absendung richtet sich nach einer vom Verkehrsminister aufgestellten Ordnung (Art. 52). Das Gut kann an die Adresse einer bestimmten Person oder an den Vorzeiger des Duplikatfrachtbriefes aufgegeben werden (Art. 54). Die Sendung wird von einem Frachtbrief begleitet, der zusammen mit seinem Duplikat als Beweis für die gegenseitigen Rechte und Pflichten der an dem Transportvertrag beteiligten Parteien dient (Art. 55). Eine besondere Art der Adressierung des Frachtbriefes ist die „auf Erfordern“ (Art. 54, 57, Ziff. 4). Hierbei soll die Adresse des Empfängers nicht angegeben werden (Art. 57, Ziff. 4, Schluß), indes gelten Frachtbriefe, wo diese Angaben fehlen, als „auf Erfordern“ gestellt (Art. 54). Sie sind also wohl mit den „bahnlagernd“ adressierten Gütern der deutschen EVO. zu vergleichen. Der Beförderungsvertrag wird als abgeschlossen erachtet mit dem Zeitpunkte der Annahme des Gutes nebst dem Frachtbrief durch die Absendestation. Dabei wird die Annahme des Gutes zur Beförderung durch den Aufdruck des Datumstempels auf den Frachtbrief bescheinigt. Der Stempel wird aufgedrückt, wenn das Gut zur Beförderung nicht auf Lager mit Wartezeit angenommen ist, sofort nach Beendigung der Einlieferung des Gutes, andernfalls beim Eintritt der Reihenfolge für die Absendung (Art. 61). Als Bescheinigung der Annahme des Gutes zur Beförderung wird dem Absender ein Duplikat des Frachtbriefes erteilt, das mit dem Stempel der Absendestation versehen wird, wenn das Gut zur Beförderung nicht auf Lager mit Wartezeit angenommen ist, oder es wird von der Station die Zeit oder die Reihenfolge der demnächstigen Absendung des Gutes eingetragen, wenn es auf Lager mit Wartezeit zur Beförderung angenommen ist (Art. 62). Die Verzollung ist ebenso wie im IÜ. Art. 10 geregelt (Art. 66). Überhobene Fracht oder Gebühren sind von der Eisenbahn auf Verlangen der Person, von der sie bezahlt sind, zurückzuerstatten, wobei ihr auf die überhobene Summe ein Prozent für den Monat vom Tage der Überhebung bis zum Tage der Rückzahlung an den Frachtabsender oder der Einzahlung bei dem Kameralhof zu entrichten ist (Art. 72). Das Verfügungsrecht über das Gut steht nach Erteilung des Duplikatfrachtbriefes zu: bei auf Namen ausgestellten Frachtbriefen, dem Absender oder derjenigen Person, der der Absender in vorschriftsmäßiger Weise den Duplikatfrachtbrief übergibt, oder aber der Person, von deren Adresse das Gut abgeschickt ist, falls sich der Duplikatfrachtbrief in ihren Händen befindet, bei auf den Vorzeiger ausgestellten Frachtbriefen dem Inhaber des Duplikatfrachtbriefes (Art. 78). Über die auf der Bestimmungsstation eintreffenden Güter werden kurze Mitteilungen zum Aushang gebracht, oder alphabetische Auskunftsverzeichnisse angefertigt, auf Verlangen der Empfänger wird auch ohne Verzug Auskunft erteilt (Art. 79). Außerdem ist die Station in Fällen, wo die Adresse des Empfängers in dem Frachtbrief angegeben ist (Art. 57 Ziff. 4) verpflichtet, den Empfänger sofort nach Eintreffen des Gutes zu benachrichtigen (Art. 80). Bei Aushändigung des Gutes erhält der Empfänger den Frachtbrief, während das Duplikat der Eisenbahn zurückgegeben wird (Art. 86). Sehr eingehend ist die Haftung der Eisenbahnen geregelt (4. Kapitel). Zunächst ist für den Fall einer ungerechtfertigten Verweigerung der Annahme des Gutes (zur Beförderung oder zur Lagerung [Otschered]) die Eisenbahn zur Zahlung einer hohen nach dem Gewicht des Gutes bestimmten Entschädigungssumme verpflichtet (für je 25 Pfund dreifacher Lohnbetrag eines Lastfuhrmannes für 24 Stunden). Der Absender kann aber auch Entschädigung für vergebliche An- und für die Abfuhr nach allgemeinem bürgerlichen Recht verlangen (Art. 100). Für die Nichteinhaltung der „Reihenfolge“ bei der Absendung sind ebenfalls bestimmte Beträge zu ersetzen (Art. 101). Die Haftung für Verlust und Beschädigung des Gutes entspricht ganz der nach Art. 30 ff. IÜ. (Art. 102–106). 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Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-06-17T17:32:45Z)

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Spaltenumbrüche sind nicht markiert. Wiederholungszeichen (") wurden aufgelöst. Komplexe Formeln und Tabellen sind als Grafiken wiedergegeben.

Die Abbildungen im Text stammen von zeno.org – Contumax GmbH & Co. KG.




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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 5. Berlin, Wien, 1914, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen05_1914/144>, abgerufen am 25.11.2024.