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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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Handelskammern der Landgerichte, in zweiter Instanz die Berufungskammern der Landgerichte gegen das Endurteil der Amtsgerichte, bzw. die Oberlandesgerichte, in dritter Instanz das Reichsgericht, bzw. die Obersten Landgerichte).

In Strafsachen sind zuständig: die Schöffengerichte bei den Amtsgerichten, die Strafkammern der Landgerichte, bzw. die Schwurgerichte, sohin in höherer Instanz die Oberlandesgerichte und das Reichsgericht.

Was den örtlichen Eisenbahngerichtsstand betrifft, so bestimmt sich dieser für Klagen gegen Eisenbahnen in der Regel nach dem Sitz der Gesellschaft, bzw. der Verwaltungsbehörde. Der dingliche Gerichtsstand tritt insbesondere bei Klagen wegen Beschädigung eines Grundstückes, sowie in betreff der Entschädigung wegen Enteignung eines Grundstückes ein (§ 26 ZPO.). Für Klagen auf Grund des § 456 HGB. (Haftung der Eisenbahn für den Schaden durch Verlust oder Beschädigung des Gutes) ist das Gericht des Ablieferungsortes zuständig (RGerE. V. 64).

Für alle Rückgriffsansprüche der Eisenbahnen gegeneinander auf Grund des internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 14. Oktober 1890 ist der Richter des Wohnsitzes der Bahn, gegen die der Rückgriff erhoben wird, ausschließlich zuständig (Art. 53).

Erwähnt sei noch, daß nach der bisherigen Spruchpraxis für Entschädigungsansprüche aus dem deutschen Haftpflichtgesetz vom 7. Juni 1871 wegen Tötung und Verletzung von Personen das örtliche Gericht des begangenen Vergehens nicht zuständig ist; hat das Strafgericht bereits neben der Strafe auf Antrag des Verletzten diesem eine Buße zuerkannt (§§ 231, 232 StrGB.), so hat das betreffende Zivilgericht über den Schadenersatzanspruch nicht weiter zu entscheiden.

Den Charakter eines Verwaltungsgerichts hat das durch richterliche Beamte verstärkte Reichseisenbahnamt, das nach dem Gesetz vom 27. Juni 1873 in dem Falle zur selbständigen Beschlußfassung zusammenzutreten hat, wenn gegen eine vom Reichseisenbahnamt verfügte Maßregel Gegenvorstellung auf Grund der Behauptung erhoben wird, daß jene Maßregel in den Gesetzen und rechtsgültigen Vorschriften nicht begründet sei.

In Preußen war durch das Eisenbahngesetz vom Jahre 1838 die Entscheidung in Streitsachen zwischen Eisenbahnen und Privatpersonen wegen Anwendung des Bahngeld- und Frachttarifes den Verwaltungsbehörden anheimgegeben.

Seit dem Gesetz vom 1. August 1883 sind auch solche Streitfälle den ordentlichen Gerichten überwiesen.

Das Oberverwaltungsgericht entscheidet, soweit Eisenbahnfragen in Betracht kommen, insbesondere über Beschwerden gegen Erkenntnisse der Verwaltungsbehörden in Weg-, Wasser- und Baupolizeisachen, ferner in Angelegenheiten der Kranken- und Unfallversicherungskassen, in Kleinbahnsachen gemäß § 25 und 49 des Kleinbahngesetzes.

In Österreich werden die Eisenbahnen als solche in privatrechtlichen Streitsachen durch die Zivilprozeßgesetze vom Jahre 1895 (Jurisdiktionsnorm und Zivilprozeßordnung) einem Sondergerichtsstande nicht unterworfen. Was die sachliche Zuständigkeit anbelangt, gelten vielmehr - mit einer einzigen unten erwähnten Ausnahme - die allgemeinen Zuständigkeitsbestimmungen der Prozeßgesetze. Die örtliche Zuständigkeit ist mit Rücksicht auf das beklagte Rechtssubjekt verschieden geregelt.

Ist dieses (wie bei den Staatsbahnen) das Ärar, so gilt gemäß § 74 Jurisdiktionsnorm (JN) als allgemeiner Gerichtsstand das Gericht (Kreis- oder Landesgericht, Bezirksgericht, Handelsgericht, Bezirksgericht für Handelssachen), in dessen Sprengel sich der Sitz der Finanzprokuratur befindet, die nach der Dienstesinstruktion für die Finanzprokuraturen (Verordnung des Gesamtministeriums vom 9. März 1898, RGBl. Nr. 41) zur Vertretung des Ärars in der betreffenden Streitsache berufen ist. Es ist dies jene Finanzprokuratur, in deren Sprengel sich die Sache befindet, auf die der Rechtsstreit Bezug hat, in Ermanglung einer solchen Beziehung jene, in deren Sprengel die Ereignung stattgefunden hat, durch die der geltend gemachte Anspruch entstanden ist, und, wenn auch dieser Zuständigkeitsbestimmungsgrund nicht Platz greift, jene, in deren Sprengel die mit der betreffenden Angelegenheit administrativ befaßte Staatsbahndirektion ihren Sitz hat. Ist das beklagte Rechtssubjekt ein Land oder eine Gemeinde (wie bei den Landes-, bzw. Gemeindeeisenbahnen), so ist der allgemeine Gerichtsstand nach der bezogenen Gesetzesstelle am Sitze des öffentlichen Organes (Landesausschusses, bzw. Gemeindevorstehung) begründet, das das Land, bzw. die Gemeinde in der Streitsache zu vertreten hat.

Der allgemeine Gerichtsstand einer belangten Privatbahn richtet sich - wenn man von dem Falle absieht, daß nach den Grundsätzen über die passive Klagelegitimation eine physische Person zu klagen ist - gemäß § 75 JN. nach dem Sitze des Bahnunternehmens, als welcher im Zweifel der Ort, wo die Verwaltung geführt wird, gilt.

Die in die JN. aufgenommenen Sondergerichtsstände finden, falls die vom Gesetz verlangten Bedingungen zutreffen, auch auf Eisenbahnen Anwendung.

Hervorzuheben ist jedoch, daß die Voraussetzungen des im § 87 JN. statuierten Gerichtsstandes der Niederlassung bei Staatsbahnen als zutreffend nicht angesehen werden können, wie denn auch in den Motiven der Regierungsvorlagen ausgeführt wird, daß der allgemeine Gerichtsstand für die im § 87 JN. genannten wirtschaftlichen Unternehmungen durch

Handelskammern der Landgerichte, in zweiter Instanz die Berufungskammern der Landgerichte gegen das Endurteil der Amtsgerichte, bzw. die Oberlandesgerichte, in dritter Instanz das Reichsgericht, bzw. die Obersten Landgerichte).

In Strafsachen sind zuständig: die Schöffengerichte bei den Amtsgerichten, die Strafkammern der Landgerichte, bzw. die Schwurgerichte, sohin in höherer Instanz die Oberlandesgerichte und das Reichsgericht.

Was den örtlichen Eisenbahngerichtsstand betrifft, so bestimmt sich dieser für Klagen gegen Eisenbahnen in der Regel nach dem Sitz der Gesellschaft, bzw. der Verwaltungsbehörde. Der dingliche Gerichtsstand tritt insbesondere bei Klagen wegen Beschädigung eines Grundstückes, sowie in betreff der Entschädigung wegen Enteignung eines Grundstückes ein (§ 26 ZPO.). Für Klagen auf Grund des § 456 HGB. (Haftung der Eisenbahn für den Schaden durch Verlust oder Beschädigung des Gutes) ist das Gericht des Ablieferungsortes zuständig (RGerE. V. 64).

Für alle Rückgriffsansprüche der Eisenbahnen gegeneinander auf Grund des internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 14. Oktober 1890 ist der Richter des Wohnsitzes der Bahn, gegen die der Rückgriff erhoben wird, ausschließlich zuständig (Art. 53).

Erwähnt sei noch, daß nach der bisherigen Spruchpraxis für Entschädigungsansprüche aus dem deutschen Haftpflichtgesetz vom 7. Juni 1871 wegen Tötung und Verletzung von Personen das örtliche Gericht des begangenen Vergehens nicht zuständig ist; hat das Strafgericht bereits neben der Strafe auf Antrag des Verletzten diesem eine Buße zuerkannt (§§ 231, 232 StrGB.), so hat das betreffende Zivilgericht über den Schadenersatzanspruch nicht weiter zu entscheiden.

Den Charakter eines Verwaltungsgerichts hat das durch richterliche Beamte verstärkte Reichseisenbahnamt, das nach dem Gesetz vom 27. Juni 1873 in dem Falle zur selbständigen Beschlußfassung zusammenzutreten hat, wenn gegen eine vom Reichseisenbahnamt verfügte Maßregel Gegenvorstellung auf Grund der Behauptung erhoben wird, daß jene Maßregel in den Gesetzen und rechtsgültigen Vorschriften nicht begründet sei.

In Preußen war durch das Eisenbahngesetz vom Jahre 1838 die Entscheidung in Streitsachen zwischen Eisenbahnen und Privatpersonen wegen Anwendung des Bahngeld- und Frachttarifes den Verwaltungsbehörden anheimgegeben.

Seit dem Gesetz vom 1. August 1883 sind auch solche Streitfälle den ordentlichen Gerichten überwiesen.

Das Oberverwaltungsgericht entscheidet, soweit Eisenbahnfragen in Betracht kommen, insbesondere über Beschwerden gegen Erkenntnisse der Verwaltungsbehörden in Weg-, Wasser- und Baupolizeisachen, ferner in Angelegenheiten der Kranken- und Unfallversicherungskassen, in Kleinbahnsachen gemäß § 25 und 49 des Kleinbahngesetzes.

In Österreich werden die Eisenbahnen als solche in privatrechtlichen Streitsachen durch die Zivilprozeßgesetze vom Jahre 1895 (Jurisdiktionsnorm und Zivilprozeßordnung) einem Sondergerichtsstande nicht unterworfen. Was die sachliche Zuständigkeit anbelangt, gelten vielmehr – mit einer einzigen unten erwähnten Ausnahme – die allgemeinen Zuständigkeitsbestimmungen der Prozeßgesetze. Die örtliche Zuständigkeit ist mit Rücksicht auf das beklagte Rechtssubjekt verschieden geregelt.

Ist dieses (wie bei den Staatsbahnen) das Ärar, so gilt gemäß § 74 Jurisdiktionsnorm (JN) als allgemeiner Gerichtsstand das Gericht (Kreis- oder Landesgericht, Bezirksgericht, Handelsgericht, Bezirksgericht für Handelssachen), in dessen Sprengel sich der Sitz der Finanzprokuratur befindet, die nach der Dienstesinstruktion für die Finanzprokuraturen (Verordnung des Gesamtministeriums vom 9. März 1898, RGBl. Nr. 41) zur Vertretung des Ärars in der betreffenden Streitsache berufen ist. Es ist dies jene Finanzprokuratur, in deren Sprengel sich die Sache befindet, auf die der Rechtsstreit Bezug hat, in Ermanglung einer solchen Beziehung jene, in deren Sprengel die Ereignung stattgefunden hat, durch die der geltend gemachte Anspruch entstanden ist, und, wenn auch dieser Zuständigkeitsbestimmungsgrund nicht Platz greift, jene, in deren Sprengel die mit der betreffenden Angelegenheit administrativ befaßte Staatsbahndirektion ihren Sitz hat. Ist das beklagte Rechtssubjekt ein Land oder eine Gemeinde (wie bei den Landes-, bzw. Gemeindeeisenbahnen), so ist der allgemeine Gerichtsstand nach der bezogenen Gesetzesstelle am Sitze des öffentlichen Organes (Landesausschusses, bzw. Gemeindevorstehung) begründet, das das Land, bzw. die Gemeinde in der Streitsache zu vertreten hat.

Der allgemeine Gerichtsstand einer belangten Privatbahn richtet sich – wenn man von dem Falle absieht, daß nach den Grundsätzen über die passive Klagelegitimation eine physische Person zu klagen ist – gemäß § 75 JN. nach dem Sitze des Bahnunternehmens, als welcher im Zweifel der Ort, wo die Verwaltung geführt wird, gilt.

Die in die JN. aufgenommenen Sondergerichtsstände finden, falls die vom Gesetz verlangten Bedingungen zutreffen, auch auf Eisenbahnen Anwendung.

Hervorzuheben ist jedoch, daß die Voraussetzungen des im § 87 JN. statuierten Gerichtsstandes der Niederlassung bei Staatsbahnen als zutreffend nicht angesehen werden können, wie denn auch in den Motiven der Regierungsvorlagen ausgeführt wird, daß der allgemeine Gerichtsstand für die im § 87 JN. genannten wirtschaftlichen Unternehmungen durch

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[61/0070] Handelskammern der Landgerichte, in zweiter Instanz die Berufungskammern der Landgerichte gegen das Endurteil der Amtsgerichte, bzw. die Oberlandesgerichte, in dritter Instanz das Reichsgericht, bzw. die Obersten Landgerichte). In Strafsachen sind zuständig: die Schöffengerichte bei den Amtsgerichten, die Strafkammern der Landgerichte, bzw. die Schwurgerichte, sohin in höherer Instanz die Oberlandesgerichte und das Reichsgericht. Was den örtlichen Eisenbahngerichtsstand betrifft, so bestimmt sich dieser für Klagen gegen Eisenbahnen in der Regel nach dem Sitz der Gesellschaft, bzw. der Verwaltungsbehörde. Der dingliche Gerichtsstand tritt insbesondere bei Klagen wegen Beschädigung eines Grundstückes, sowie in betreff der Entschädigung wegen Enteignung eines Grundstückes ein (§ 26 ZPO.). Für Klagen auf Grund des § 456 HGB. (Haftung der Eisenbahn für den Schaden durch Verlust oder Beschädigung des Gutes) ist das Gericht des Ablieferungsortes zuständig (RGerE. V. 64). Für alle Rückgriffsansprüche der Eisenbahnen gegeneinander auf Grund des internationalen Übereinkommens über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 14. Oktober 1890 ist der Richter des Wohnsitzes der Bahn, gegen die der Rückgriff erhoben wird, ausschließlich zuständig (Art. 53). Erwähnt sei noch, daß nach der bisherigen Spruchpraxis für Entschädigungsansprüche aus dem deutschen Haftpflichtgesetz vom 7. Juni 1871 wegen Tötung und Verletzung von Personen das örtliche Gericht des begangenen Vergehens nicht zuständig ist; hat das Strafgericht bereits neben der Strafe auf Antrag des Verletzten diesem eine Buße zuerkannt (§§ 231, 232 StrGB.), so hat das betreffende Zivilgericht über den Schadenersatzanspruch nicht weiter zu entscheiden. Den Charakter eines Verwaltungsgerichts hat das durch richterliche Beamte verstärkte Reichseisenbahnamt, das nach dem Gesetz vom 27. Juni 1873 in dem Falle zur selbständigen Beschlußfassung zusammenzutreten hat, wenn gegen eine vom Reichseisenbahnamt verfügte Maßregel Gegenvorstellung auf Grund der Behauptung erhoben wird, daß jene Maßregel in den Gesetzen und rechtsgültigen Vorschriften nicht begründet sei. In Preußen war durch das Eisenbahngesetz vom Jahre 1838 die Entscheidung in Streitsachen zwischen Eisenbahnen und Privatpersonen wegen Anwendung des Bahngeld- und Frachttarifes den Verwaltungsbehörden anheimgegeben. Seit dem Gesetz vom 1. August 1883 sind auch solche Streitfälle den ordentlichen Gerichten überwiesen. Das Oberverwaltungsgericht entscheidet, soweit Eisenbahnfragen in Betracht kommen, insbesondere über Beschwerden gegen Erkenntnisse der Verwaltungsbehörden in Weg-, Wasser- und Baupolizeisachen, ferner in Angelegenheiten der Kranken- und Unfallversicherungskassen, in Kleinbahnsachen gemäß § 25 und 49 des Kleinbahngesetzes. In Österreich werden die Eisenbahnen als solche in privatrechtlichen Streitsachen durch die Zivilprozeßgesetze vom Jahre 1895 (Jurisdiktionsnorm und Zivilprozeßordnung) einem Sondergerichtsstande nicht unterworfen. Was die sachliche Zuständigkeit anbelangt, gelten vielmehr – mit einer einzigen unten erwähnten Ausnahme – die allgemeinen Zuständigkeitsbestimmungen der Prozeßgesetze. Die örtliche Zuständigkeit ist mit Rücksicht auf das beklagte Rechtssubjekt verschieden geregelt. Ist dieses (wie bei den Staatsbahnen) das Ärar, so gilt gemäß § 74 Jurisdiktionsnorm (JN) als allgemeiner Gerichtsstand das Gericht (Kreis- oder Landesgericht, Bezirksgericht, Handelsgericht, Bezirksgericht für Handelssachen), in dessen Sprengel sich der Sitz der Finanzprokuratur befindet, die nach der Dienstesinstruktion für die Finanzprokuraturen (Verordnung des Gesamtministeriums vom 9. März 1898, RGBl. Nr. 41) zur Vertretung des Ärars in der betreffenden Streitsache berufen ist. Es ist dies jene Finanzprokuratur, in deren Sprengel sich die Sache befindet, auf die der Rechtsstreit Bezug hat, in Ermanglung einer solchen Beziehung jene, in deren Sprengel die Ereignung stattgefunden hat, durch die der geltend gemachte Anspruch entstanden ist, und, wenn auch dieser Zuständigkeitsbestimmungsgrund nicht Platz greift, jene, in deren Sprengel die mit der betreffenden Angelegenheit administrativ befaßte Staatsbahndirektion ihren Sitz hat. Ist das beklagte Rechtssubjekt ein Land oder eine Gemeinde (wie bei den Landes-, bzw. Gemeindeeisenbahnen), so ist der allgemeine Gerichtsstand nach der bezogenen Gesetzesstelle am Sitze des öffentlichen Organes (Landesausschusses, bzw. Gemeindevorstehung) begründet, das das Land, bzw. die Gemeinde in der Streitsache zu vertreten hat. Der allgemeine Gerichtsstand einer belangten Privatbahn richtet sich – wenn man von dem Falle absieht, daß nach den Grundsätzen über die passive Klagelegitimation eine physische Person zu klagen ist – gemäß § 75 JN. nach dem Sitze des Bahnunternehmens, als welcher im Zweifel der Ort, wo die Verwaltung geführt wird, gilt. Die in die JN. aufgenommenen Sondergerichtsstände finden, falls die vom Gesetz verlangten Bedingungen zutreffen, auch auf Eisenbahnen Anwendung. Hervorzuheben ist jedoch, daß die Voraussetzungen des im § 87 JN. statuierten Gerichtsstandes der Niederlassung bei Staatsbahnen als zutreffend nicht angesehen werden können, wie denn auch in den Motiven der Regierungsvorlagen ausgeführt wird, daß der allgemeine Gerichtsstand für die im § 87 JN. genannten wirtschaftlichen Unternehmungen durch

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/70>, abgerufen am 22.07.2024.