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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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Ähnlich hat Ulrich (Arch. f. Ebw. 1884) die E. in technischer Beziehung eingeteilt, daneben aber auch eine Einteilung auf wirtschaftlicher Grundlage aufgestellt, wobei er Bahnen von allgemeiner und von örtlich wirtschaftlicher Bedeutung unterscheidet. Wagner (Finanzwissenschaft I, Leipzig 1883) hält an der Zweiteilung fest, während Sax (Verkehrsmittel, II. Bd., Wien 1879) eine Dreiteilung empfiehlt und Haushofer (Grundzüge des Eisenbahnwesens, Stuttgart 1875) vier Klassen von Bahnen unterscheidet. Alle diese Einteilungen, wie auch andere von Kaven, v. Ziffer u. s. w. leiden an der Schwierigkeit oder eigentlich Unmöglichkeit, für die Einteilung in wirtschaftlicher Beziehung scharf umgrenzte, unterscheidende und grundlegende Merkmale aufzustellen.

Auch in den meisten Eisenbahnstaaten sind zumeist gesetzliche Einteilungen durchgeführt; die Begriffsbestimmungen für die einzelnen Arten sind jedoch sehr verschieden. Mitunter ist eine Einteilung ganz vermieden und wird die Einreihung einer Bahnlinie durch die Behörden unter Berücksichtigung aller einschlägigen Verhältnisse auf Grund der Bedeutung der Bahn nach dem Sinne der Gesetze vorgenommen.

In Deutschland unterscheidet man nach der BO.: Hauptbahnen und (voll- und schmalspurige) Nebenbahnen. Welche E. als Nebenbahn zu betrachten und zu behandeln ist, hängt von der Entschließung der zuständigen Landesbehörde ab. Mit Gesetz vom 28. Juli 1892 wurde in Preußen der Begriff der Kleinbahn eingeführt; hierzu werden alle Bahnen gerechnet, die zwar dem öffentlichen Verkehre dienen, aber wegen ihrer geringen Bedeutung dem Gesetze über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. Nov. 1838 nicht unterliegen. Ob die Voraussetzung dieses Gesetzes vorliegt, entscheidet das Staatsministerium. Die Bahnen untergeordneter Bedeutung haben in den verschiedenen außerpreußischen Staaten Deutschlands verschiedene Bezeichnungen erhalten; in Bayern wurden sie früher als "Vizinalbahnen", später als "Lokalbahnen" angeführt, in Baden nennt man sie Lokal-, Zweig- und Verbindungsbahnen, in neuerer Zeit Lokal- und Nebenbahnen, in Hessen Nebenbahnen und Kleinbahnen; daneben unterscheidet man noch in allen Staaten Privatanschlußbahnen, die nicht dem öffentlichen Verkehre dienen und vorwiegend Güter befördern.

In Österreich werden Hauptbahnen, Lokalbahnen und Kleinbahnen unterschieden. Lokalbahnen sind E., die bezüglich der technischen Anlage und Leistungsfähigkeit hinter den Hauptbahnen zurückstehen, jedoch den Verkehr im weiteren Umkreise, insbesondere die Zufuhr zu den Hauptbahnen vermitteln, während zu den Kleinbahnen die Bahnen gezählt werden, die für den allgemeinen Eisenbahnverkehr von geringerer Bedeutung sind, besonders aber diejenigen, die hauptsächlich den öffentlichen Verkehr innerhalb einer Gemeinde oder zwischen benachbarten Gemeinden vermitteln; zu den Kleinbahnen gehören auch Seilbahnen, Schwebebahnen und andere eisenbahnähnliche Transportmittel, sofern sie für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind und von der Regierung als Kleinbahnen anerkannt werden. Ob eine E. als Haupt-, Lokal- oder Kleinbahn zu gelten hat, hängt von der Art der Konzessionierung ab.

In Ungarn teilt ein kürzlich erlassenes Gesetz über Nebenbahnen diese ein: in Lokalbahnen, landwirtschaftliche Bahnen, Stadt- oder Straßenbahnen, Privatbahnen und Anschlußgleise.

In Belgien besteht die gleiche Einteilung wie in Frankreich; nur spricht man hier von Vizinalbahnen, statt von Lokalbahnen.

In Frankreich kennt man auf Grund der gesetzlichen Regelung: Chemins de fer d'interet general (Hauptbahnen), chemins de fer d'interet local (Lokalbahnen) und Tramways (Straßenbahnen).

Auch in den Niederlanden unterscheidet man Haupt-, Regional- oder Vizinalbahnen und Straßenbahnen; auf den Regionalbahnen darf die Geschwindigkeit 30 km/Std., die Achsbelastung 10 t, auf den Straßenbahnen die Geschwindigkeit 15 km/Std. nicht überschreiten.

In Italien kennt das Gesetz Lokal-, Vizinal- und Straßenbahnen; unter den letzteren genießen die Vorortelinien mit mechanischer Bewegungsart besondere staatliche Berücksichtigung.

In der Schweiz werden nach dem Bundesgesetz vom Jahre 1899 als Nebenbahnen alle Bahnen angesehen, die vorwiegend lokalen oder besonderen Zwecken dienen und den Durchgangsverkehr nicht vermitteln; zu ihnen gehören die Zahnrad- und Drahtseilbahnen, die Straßenbahnen und Trambahnen, alle Schmalspurbahnen und die durch Bundesratsbeschluß bestimmten Vollspurbahnen.

In Spanien hat die Dreiteilung der E. nicht Eingang gefunden; alle Bahnen, die nicht in das Netz der E. von allgemeinem Interesse fallen, werden als Kleinbahnen bezeichnet.

In England und Schottland hat sich neben den Hauptbahnen der Begriff der "light railways" eingebürgert, während in Irland durch Parlamentsakte, die neben den Hauptbahnen und den light railways auch Tramways kennen, die Dreiteilung zur Geltung gelangte.

B. Bedeutung der E. für den Verkehr.

Keine andere Erfindung hat so tief und so umwälzend in die gesamte Tätigkeit der Menschen eingegriffen und alle Kulturverhältnisse so von Grund aus verändert, wie die Erfindung der Lokomotiveisenbahn. Die Ursache dieser Wirkung, die bisher in gleicher Weise noch keine andere Erfindung zur Folge hatte, lag in der durch die Lokomotiveisenbahn gebotenen Möglichkeit einer raschen, billigen, pünktlichen und sicheren Massenbeförderung.

Am schärfsten trat zunächst bei der ersten Verbreitung der E. die Verminderung der Reisezeit hervor, die eine Folge der größeren Fahrgeschwindigkeit und der kürzeren Aufenthalte war (vgl. im einzelnen den Artikel: Fahrgeschwindigkeit). Schon dadurch wurden die Kosten der Reisen und der Güterbeförderung vermindert; aber auch in der durch die Lokomotivbahn ermöglichten Beförderung großer Massen lag eine weitere, in ihren Folgen besonders wirksame Ursache der Verbilligung des Personen- und Güterverkehrs. Nach Sax wurden durch die E. die Kosten der Personenförderung um mehr als

Ähnlich hat Ulrich (Arch. f. Ebw. 1884) die E. in technischer Beziehung eingeteilt, daneben aber auch eine Einteilung auf wirtschaftlicher Grundlage aufgestellt, wobei er Bahnen von allgemeiner und von örtlich wirtschaftlicher Bedeutung unterscheidet. Wagner (Finanzwissenschaft I, Leipzig 1883) hält an der Zweiteilung fest, während Sax (Verkehrsmittel, II. Bd., Wien 1879) eine Dreiteilung empfiehlt und Haushofer (Grundzüge des Eisenbahnwesens, Stuttgart 1875) vier Klassen von Bahnen unterscheidet. Alle diese Einteilungen, wie auch andere von Kaven, v. Ziffer u. s. w. leiden an der Schwierigkeit oder eigentlich Unmöglichkeit, für die Einteilung in wirtschaftlicher Beziehung scharf umgrenzte, unterscheidende und grundlegende Merkmale aufzustellen.

Auch in den meisten Eisenbahnstaaten sind zumeist gesetzliche Einteilungen durchgeführt; die Begriffsbestimmungen für die einzelnen Arten sind jedoch sehr verschieden. Mitunter ist eine Einteilung ganz vermieden und wird die Einreihung einer Bahnlinie durch die Behörden unter Berücksichtigung aller einschlägigen Verhältnisse auf Grund der Bedeutung der Bahn nach dem Sinne der Gesetze vorgenommen.

In Deutschland unterscheidet man nach der BO.: Hauptbahnen und (voll- und schmalspurige) Nebenbahnen. Welche E. als Nebenbahn zu betrachten und zu behandeln ist, hängt von der Entschließung der zuständigen Landesbehörde ab. Mit Gesetz vom 28. Juli 1892 wurde in Preußen der Begriff der Kleinbahn eingeführt; hierzu werden alle Bahnen gerechnet, die zwar dem öffentlichen Verkehre dienen, aber wegen ihrer geringen Bedeutung dem Gesetze über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. Nov. 1838 nicht unterliegen. Ob die Voraussetzung dieses Gesetzes vorliegt, entscheidet das Staatsministerium. Die Bahnen untergeordneter Bedeutung haben in den verschiedenen außerpreußischen Staaten Deutschlands verschiedene Bezeichnungen erhalten; in Bayern wurden sie früher als „Vizinalbahnen“, später als „Lokalbahnen“ angeführt, in Baden nennt man sie Lokal-, Zweig- und Verbindungsbahnen, in neuerer Zeit Lokal- und Nebenbahnen, in Hessen Nebenbahnen und Kleinbahnen; daneben unterscheidet man noch in allen Staaten Privatanschlußbahnen, die nicht dem öffentlichen Verkehre dienen und vorwiegend Güter befördern.

In Österreich werden Hauptbahnen, Lokalbahnen und Kleinbahnen unterschieden. Lokalbahnen sind E., die bezüglich der technischen Anlage und Leistungsfähigkeit hinter den Hauptbahnen zurückstehen, jedoch den Verkehr im weiteren Umkreise, insbesondere die Zufuhr zu den Hauptbahnen vermitteln, während zu den Kleinbahnen die Bahnen gezählt werden, die für den allgemeinen Eisenbahnverkehr von geringerer Bedeutung sind, besonders aber diejenigen, die hauptsächlich den öffentlichen Verkehr innerhalb einer Gemeinde oder zwischen benachbarten Gemeinden vermitteln; zu den Kleinbahnen gehören auch Seilbahnen, Schwebebahnen und andere eisenbahnähnliche Transportmittel, sofern sie für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind und von der Regierung als Kleinbahnen anerkannt werden. Ob eine E. als Haupt-, Lokal- oder Kleinbahn zu gelten hat, hängt von der Art der Konzessionierung ab.

In Ungarn teilt ein kürzlich erlassenes Gesetz über Nebenbahnen diese ein: in Lokalbahnen, landwirtschaftliche Bahnen, Stadt- oder Straßenbahnen, Privatbahnen und Anschlußgleise.

In Belgien besteht die gleiche Einteilung wie in Frankreich; nur spricht man hier von Vizinalbahnen, statt von Lokalbahnen.

In Frankreich kennt man auf Grund der gesetzlichen Regelung: Chemins de fer d'intérêt général (Hauptbahnen), chemins de fer d'intérêt local (Lokalbahnen) und Tramways (Straßenbahnen).

Auch in den Niederlanden unterscheidet man Haupt-, Regional- oder Vizinalbahnen und Straßenbahnen; auf den Regionalbahnen darf die Geschwindigkeit 30 km/Std., die Achsbelastung 10 t, auf den Straßenbahnen die Geschwindigkeit 15 km/Std. nicht überschreiten.

In Italien kennt das Gesetz Lokal-, Vizinal- und Straßenbahnen; unter den letzteren genießen die Vorortelinien mit mechanischer Bewegungsart besondere staatliche Berücksichtigung.

In der Schweiz werden nach dem Bundesgesetz vom Jahre 1899 als Nebenbahnen alle Bahnen angesehen, die vorwiegend lokalen oder besonderen Zwecken dienen und den Durchgangsverkehr nicht vermitteln; zu ihnen gehören die Zahnrad- und Drahtseilbahnen, die Straßenbahnen und Trambahnen, alle Schmalspurbahnen und die durch Bundesratsbeschluß bestimmten Vollspurbahnen.

In Spanien hat die Dreiteilung der E. nicht Eingang gefunden; alle Bahnen, die nicht in das Netz der E. von allgemeinem Interesse fallen, werden als Kleinbahnen bezeichnet.

In England und Schottland hat sich neben den Hauptbahnen der Begriff der „light railways“ eingebürgert, während in Irland durch Parlamentsakte, die neben den Hauptbahnen und den light railways auch Tramways kennen, die Dreiteilung zur Geltung gelangte.

B. Bedeutung der E. für den Verkehr.

Keine andere Erfindung hat so tief und so umwälzend in die gesamte Tätigkeit der Menschen eingegriffen und alle Kulturverhältnisse so von Grund aus verändert, wie die Erfindung der Lokomotiveisenbahn. Die Ursache dieser Wirkung, die bisher in gleicher Weise noch keine andere Erfindung zur Folge hatte, lag in der durch die Lokomotiveisenbahn gebotenen Möglichkeit einer raschen, billigen, pünktlichen und sicheren Massenbeförderung.

Am schärfsten trat zunächst bei der ersten Verbreitung der E. die Verminderung der Reisezeit hervor, die eine Folge der größeren Fahrgeschwindigkeit und der kürzeren Aufenthalte war (vgl. im einzelnen den Artikel: Fahrgeschwindigkeit). Schon dadurch wurden die Kosten der Reisen und der Güterbeförderung vermindert; aber auch in der durch die Lokomotivbahn ermöglichten Beförderung großer Massen lag eine weitere, in ihren Folgen besonders wirksame Ursache der Verbilligung des Personen- und Güterverkehrs. Nach Sax wurden durch die E. die Kosten der Personenförderung um mehr als

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[29/0038] Ähnlich hat Ulrich (Arch. f. Ebw. 1884) die E. in technischer Beziehung eingeteilt, daneben aber auch eine Einteilung auf wirtschaftlicher Grundlage aufgestellt, wobei er Bahnen von allgemeiner und von örtlich wirtschaftlicher Bedeutung unterscheidet. Wagner (Finanzwissenschaft I, Leipzig 1883) hält an der Zweiteilung fest, während Sax (Verkehrsmittel, II. Bd., Wien 1879) eine Dreiteilung empfiehlt und Haushofer (Grundzüge des Eisenbahnwesens, Stuttgart 1875) vier Klassen von Bahnen unterscheidet. Alle diese Einteilungen, wie auch andere von Kaven, v. Ziffer u. s. w. leiden an der Schwierigkeit oder eigentlich Unmöglichkeit, für die Einteilung in wirtschaftlicher Beziehung scharf umgrenzte, unterscheidende und grundlegende Merkmale aufzustellen. Auch in den meisten Eisenbahnstaaten sind zumeist gesetzliche Einteilungen durchgeführt; die Begriffsbestimmungen für die einzelnen Arten sind jedoch sehr verschieden. Mitunter ist eine Einteilung ganz vermieden und wird die Einreihung einer Bahnlinie durch die Behörden unter Berücksichtigung aller einschlägigen Verhältnisse auf Grund der Bedeutung der Bahn nach dem Sinne der Gesetze vorgenommen. In Deutschland unterscheidet man nach der BO.: Hauptbahnen und (voll- und schmalspurige) Nebenbahnen. Welche E. als Nebenbahn zu betrachten und zu behandeln ist, hängt von der Entschließung der zuständigen Landesbehörde ab. Mit Gesetz vom 28. Juli 1892 wurde in Preußen der Begriff der Kleinbahn eingeführt; hierzu werden alle Bahnen gerechnet, die zwar dem öffentlichen Verkehre dienen, aber wegen ihrer geringen Bedeutung dem Gesetze über die Eisenbahnunternehmungen vom 3. Nov. 1838 nicht unterliegen. Ob die Voraussetzung dieses Gesetzes vorliegt, entscheidet das Staatsministerium. Die Bahnen untergeordneter Bedeutung haben in den verschiedenen außerpreußischen Staaten Deutschlands verschiedene Bezeichnungen erhalten; in Bayern wurden sie früher als „Vizinalbahnen“, später als „Lokalbahnen“ angeführt, in Baden nennt man sie Lokal-, Zweig- und Verbindungsbahnen, in neuerer Zeit Lokal- und Nebenbahnen, in Hessen Nebenbahnen und Kleinbahnen; daneben unterscheidet man noch in allen Staaten Privatanschlußbahnen, die nicht dem öffentlichen Verkehre dienen und vorwiegend Güter befördern. In Österreich werden Hauptbahnen, Lokalbahnen und Kleinbahnen unterschieden. Lokalbahnen sind E., die bezüglich der technischen Anlage und Leistungsfähigkeit hinter den Hauptbahnen zurückstehen, jedoch den Verkehr im weiteren Umkreise, insbesondere die Zufuhr zu den Hauptbahnen vermitteln, während zu den Kleinbahnen die Bahnen gezählt werden, die für den allgemeinen Eisenbahnverkehr von geringerer Bedeutung sind, besonders aber diejenigen, die hauptsächlich den öffentlichen Verkehr innerhalb einer Gemeinde oder zwischen benachbarten Gemeinden vermitteln; zu den Kleinbahnen gehören auch Seilbahnen, Schwebebahnen und andere eisenbahnähnliche Transportmittel, sofern sie für den öffentlichen Verkehr bestimmt sind und von der Regierung als Kleinbahnen anerkannt werden. Ob eine E. als Haupt-, Lokal- oder Kleinbahn zu gelten hat, hängt von der Art der Konzessionierung ab. In Ungarn teilt ein kürzlich erlassenes Gesetz über Nebenbahnen diese ein: in Lokalbahnen, landwirtschaftliche Bahnen, Stadt- oder Straßenbahnen, Privatbahnen und Anschlußgleise. In Belgien besteht die gleiche Einteilung wie in Frankreich; nur spricht man hier von Vizinalbahnen, statt von Lokalbahnen. In Frankreich kennt man auf Grund der gesetzlichen Regelung: Chemins de fer d'intérêt général (Hauptbahnen), chemins de fer d'intérêt local (Lokalbahnen) und Tramways (Straßenbahnen). Auch in den Niederlanden unterscheidet man Haupt-, Regional- oder Vizinalbahnen und Straßenbahnen; auf den Regionalbahnen darf die Geschwindigkeit 30 km/Std., die Achsbelastung 10 t, auf den Straßenbahnen die Geschwindigkeit 15 km/Std. nicht überschreiten. In Italien kennt das Gesetz Lokal-, Vizinal- und Straßenbahnen; unter den letzteren genießen die Vorortelinien mit mechanischer Bewegungsart besondere staatliche Berücksichtigung. In der Schweiz werden nach dem Bundesgesetz vom Jahre 1899 als Nebenbahnen alle Bahnen angesehen, die vorwiegend lokalen oder besonderen Zwecken dienen und den Durchgangsverkehr nicht vermitteln; zu ihnen gehören die Zahnrad- und Drahtseilbahnen, die Straßenbahnen und Trambahnen, alle Schmalspurbahnen und die durch Bundesratsbeschluß bestimmten Vollspurbahnen. In Spanien hat die Dreiteilung der E. nicht Eingang gefunden; alle Bahnen, die nicht in das Netz der E. von allgemeinem Interesse fallen, werden als Kleinbahnen bezeichnet. In England und Schottland hat sich neben den Hauptbahnen der Begriff der „light railways“ eingebürgert, während in Irland durch Parlamentsakte, die neben den Hauptbahnen und den light railways auch Tramways kennen, die Dreiteilung zur Geltung gelangte. B. Bedeutung der E. für den Verkehr. Keine andere Erfindung hat so tief und so umwälzend in die gesamte Tätigkeit der Menschen eingegriffen und alle Kulturverhältnisse so von Grund aus verändert, wie die Erfindung der Lokomotiveisenbahn. Die Ursache dieser Wirkung, die bisher in gleicher Weise noch keine andere Erfindung zur Folge hatte, lag in der durch die Lokomotiveisenbahn gebotenen Möglichkeit einer raschen, billigen, pünktlichen und sicheren Massenbeförderung. Am schärfsten trat zunächst bei der ersten Verbreitung der E. die Verminderung der Reisezeit hervor, die eine Folge der größeren Fahrgeschwindigkeit und der kürzeren Aufenthalte war (vgl. im einzelnen den Artikel: Fahrgeschwindigkeit). Schon dadurch wurden die Kosten der Reisen und der Güterbeförderung vermindert; aber auch in der durch die Lokomotivbahn ermöglichten Beförderung großer Massen lag eine weitere, in ihren Folgen besonders wirksame Ursache der Verbilligung des Personen- und Güterverkehrs. Nach Sax wurden durch die E. die Kosten der Personenförderung um mehr als

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/38>, abgerufen am 06.06.2024.