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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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Auf dem europäischen Festlande, woselbst die Hauptbahnen größtenteils im Eigentum und Betriebe des Staates stehen, der zugleich Verwalter des öffentlichen Gutes ist, in das auch der Hauptsache nach die Wasserkräfte einzureihen sind, waren die Staatsverwaltungen unmittelbar daran interessiert die planmäßige Nutzbarmachung der Wasserkräfte in die Wege zu leiten.

Diesem Bestreben verdankt eine Reihe wertvoller amtlicher Veröffentlichungen ihre Entstehung, wie z. B. der 1899-1903 ausgearbeitete Bericht des schwedischen "Vattenfallskomitten", der 1907 erschienene Bericht des königl. bayerischen Staatsministeriums des Innern "Die Wasserkräfte Bayerns", mit den Nachträgen "Die Ausnutzung der Wasserkräfte Bayerns; Entwicklung in den Jahren 1908 und 1909" und der "Bericht über den Stand der Wasserkraftausnutzung und Elektrizitätsversorgung in Bayern in den Jahren 1910 und 1911", der 1907 erschienene Bericht des Eidgenössischen hydrometrischen Bureaus "Die Entwicklung der Hydrometrie in der Schweiz", die 1908 erschienenen "Beiträge zur Hydrographie des Großherzogtums Baden" und die seit 1910 erscheinenden Hefte des vom österreichischen k. k. hydrographischen Zentralbureau veröffentlichten Wasserkraftkatasters.

Die Vorteile, die man von der Nutzbarmachung der Wasserkräfte erhofft, bestehen im allgemeinen und hauptsächlichsten in der Verbilligung des Bahnbetriebes, insbesonders in kohlenarmen Ländern (wie in Schweden, in der Schweiz und in Italien), die Verbesserung der Zahlungsbilanz durch den Wegfall der bedeutenden Beträge, die allein für die Kohlenversorgung der Bahnbetriebe alljährlich an das Ausland gezahlt werden. In Italien macht man für die Nutzbarmachung der Wasserkräfte für elektrischen Bahnbetrieb überdies auch strategische Gründe geltend, indem man darauf hinweist, daß die Kohlenzufuhr in Italien hauptsächlich vom Meere aus erfolgt und diese im Kriegsfalle durch feindliche Flotten abgeschnitten werden kann. Eine ähnliche Erwägung könnte von vorstehender Annahme ausgehend für die Nutzbarmachung der Wasserkräfte auch in Österreich sprechen, weil dessen Hauptkohlenreviere knapp an den Reichsgrenzen liegen und durch einen feindlichen Einfall lahmgelegt oder vom Bahnnetze abgeschnitten werden könnten. In allen Ländern dürfte aber die Nutzbarmachung der Wasserkräfte auch deshalb im Interesse der Kriegsverwaltung liegen, weil durch den gänzlichen oder teilweisen Wegfall der Kohlensendungen die Bahnlinien, Fahrbetriebsmittel und geschultes Fahrpersonal für die übrigen Kriegstransporte frei werden und weil der Betrieb der Bahnlinien von zahllosen Arbeitskräften unabhängig wird, die gegenwärtig tätig sein müssen, um die energiespendende Kohle der Erde abzuringen.

Die von der Nutzbarmachung der Wasserkräfte erwartete Verbilligung des Bahnbetriebes gegenüber dem Betriebe mit Dampflokomotiven ist insbesonders dort zu finden, wo dichter Verkehr schwerer Züge oder das Befahren langgestreckter steiler Rampen mit Dampflokomotiven so großen Kohlenverbrauch erfordert, daß der Entfall der Brennmaterialkosten die Kosten des elektrischen Betriebes aus Wasserkraftzentralen überwiegt. Diese werden der Hauptsache nach durch die Lasten der Verzinsung und Tilgung jener Kapitalien beeinflußt, die für die Einrichtung der Bahnlinien zum elektrischen Betriebe und für die Herstellungen der hydroelektrischen Zentralen aufgewendet werden müssen. Auf die Ausbaukosten der hydroelektrischen Zentralen aber wirkt die eingangs erwähnte Ungleichförmigkeit des Energiebedarfes von Hauptbahnbetrieben sehr ungünstig ein, da die Anlagen selbstverständlich dem höchsten voraussichtlichen Bedarfe auch in der Niederwasserperiode entsprechen müssen, während sie in den günstigsten bisher berechneten Fällen durchschnittlich derzeit mit etwa einem Drittel, in ungünstigen Fällen bis zu einem Achtel oder Zehntel der bereit zu haltenden Leistungen ausgenutzt werden. Mit Rücksicht auf das ungünstige Verhältnis zwischen Höchstleistung und mittlerer Leistung beim Bahnbetrieb werden für diese Zwecke in erster Linie solche Wasserkräfte zu verwenden sein, die eine Aufspeicherung von Betriebswasser gestatten, so daß die dem mittleren Energiebedarfe entsprechenden Wassermengen nahezu voll ausgenutzt werden können, während die Belastungspitzen vom aufgespeicherten Wasser gedeckt werden. Die Abmessungen dieser Speicheranlagen werden umso kleiner und deren Kosten umso geringer sein, in je größeren Gefällen das Betriebswasser zur Ausnutzung kommt. Verringert und erschwert dieser Umstand die Auswahl der für den Bahnbetrieb zu verwendenden Wasserkräfte, so bedingen künstliche Speicheranlagen und Pumpakkumulierungen in den meisten Fällen immerhin so kostspielige Bauten, daß nicht viele Bahnstrecken genügend günstige Verhältnisse für die elektrische Traktion aufweisen, um vom rein finanziellen Standpunkte schon jetzt in siegreichen Wettbewerb mit der Dampflokomotive treten zu können.

Auf dem europäischen Festlande, woselbst die Hauptbahnen größtenteils im Eigentum und Betriebe des Staates stehen, der zugleich Verwalter des öffentlichen Gutes ist, in das auch der Hauptsache nach die Wasserkräfte einzureihen sind, waren die Staatsverwaltungen unmittelbar daran interessiert die planmäßige Nutzbarmachung der Wasserkräfte in die Wege zu leiten.

Diesem Bestreben verdankt eine Reihe wertvoller amtlicher Veröffentlichungen ihre Entstehung, wie z. B. der 1899–1903 ausgearbeitete Bericht des schwedischen „Vattenfallskomitten“, der 1907 erschienene Bericht des königl. bayerischen Staatsministeriums des Innern „Die Wasserkräfte Bayerns“, mit den Nachträgen „Die Ausnutzung der Wasserkräfte Bayerns; Entwicklung in den Jahren 1908 und 1909“ und der „Bericht über den Stand der Wasserkraftausnutzung und Elektrizitätsversorgung in Bayern in den Jahren 1910 und 1911“, der 1907 erschienene Bericht des Eidgenössischen hydrometrischen Bureaus „Die Entwicklung der Hydrometrie in der Schweiz“, die 1908 erschienenen „Beiträge zur Hydrographie des Großherzogtums Baden“ und die seit 1910 erscheinenden Hefte des vom österreichischen k. k. hydrographischen Zentralbureau veröffentlichten Wasserkraftkatasters.

Die Vorteile, die man von der Nutzbarmachung der Wasserkräfte erhofft, bestehen im allgemeinen und hauptsächlichsten in der Verbilligung des Bahnbetriebes, insbesonders in kohlenarmen Ländern (wie in Schweden, in der Schweiz und in Italien), die Verbesserung der Zahlungsbilanz durch den Wegfall der bedeutenden Beträge, die allein für die Kohlenversorgung der Bahnbetriebe alljährlich an das Ausland gezahlt werden. In Italien macht man für die Nutzbarmachung der Wasserkräfte für elektrischen Bahnbetrieb überdies auch strategische Gründe geltend, indem man darauf hinweist, daß die Kohlenzufuhr in Italien hauptsächlich vom Meere aus erfolgt und diese im Kriegsfalle durch feindliche Flotten abgeschnitten werden kann. Eine ähnliche Erwägung könnte von vorstehender Annahme ausgehend für die Nutzbarmachung der Wasserkräfte auch in Österreich sprechen, weil dessen Hauptkohlenreviere knapp an den Reichsgrenzen liegen und durch einen feindlichen Einfall lahmgelegt oder vom Bahnnetze abgeschnitten werden könnten. In allen Ländern dürfte aber die Nutzbarmachung der Wasserkräfte auch deshalb im Interesse der Kriegsverwaltung liegen, weil durch den gänzlichen oder teilweisen Wegfall der Kohlensendungen die Bahnlinien, Fahrbetriebsmittel und geschultes Fahrpersonal für die übrigen Kriegstransporte frei werden und weil der Betrieb der Bahnlinien von zahllosen Arbeitskräften unabhängig wird, die gegenwärtig tätig sein müssen, um die energiespendende Kohle der Erde abzuringen.

Die von der Nutzbarmachung der Wasserkräfte erwartete Verbilligung des Bahnbetriebes gegenüber dem Betriebe mit Dampflokomotiven ist insbesonders dort zu finden, wo dichter Verkehr schwerer Züge oder das Befahren langgestreckter steiler Rampen mit Dampflokomotiven so großen Kohlenverbrauch erfordert, daß der Entfall der Brennmaterialkosten die Kosten des elektrischen Betriebes aus Wasserkraftzentralen überwiegt. Diese werden der Hauptsache nach durch die Lasten der Verzinsung und Tilgung jener Kapitalien beeinflußt, die für die Einrichtung der Bahnlinien zum elektrischen Betriebe und für die Herstellungen der hydroelektrischen Zentralen aufgewendet werden müssen. Auf die Ausbaukosten der hydroelektrischen Zentralen aber wirkt die eingangs erwähnte Ungleichförmigkeit des Energiebedarfes von Hauptbahnbetrieben sehr ungünstig ein, da die Anlagen selbstverständlich dem höchsten voraussichtlichen Bedarfe auch in der Niederwasserperiode entsprechen müssen, während sie in den günstigsten bisher berechneten Fällen durchschnittlich derzeit mit etwa einem Drittel, in ungünstigen Fällen bis zu einem Achtel oder Zehntel der bereit zu haltenden Leistungen ausgenutzt werden. Mit Rücksicht auf das ungünstige Verhältnis zwischen Höchstleistung und mittlerer Leistung beim Bahnbetrieb werden für diese Zwecke in erster Linie solche Wasserkräfte zu verwenden sein, die eine Aufspeicherung von Betriebswasser gestatten, so daß die dem mittleren Energiebedarfe entsprechenden Wassermengen nahezu voll ausgenutzt werden können, während die Belastungspitzen vom aufgespeicherten Wasser gedeckt werden. Die Abmessungen dieser Speicheranlagen werden umso kleiner und deren Kosten umso geringer sein, in je größeren Gefällen das Betriebswasser zur Ausnutzung kommt. Verringert und erschwert dieser Umstand die Auswahl der für den Bahnbetrieb zu verwendenden Wasserkräfte, so bedingen künstliche Speicheranlagen und Pumpakkumulierungen in den meisten Fällen immerhin so kostspielige Bauten, daß nicht viele Bahnstrecken genügend günstige Verhältnisse für die elektrische Traktion aufweisen, um vom rein finanziellen Standpunkte schon jetzt in siegreichen Wettbewerb mit der Dampflokomotive treten zu können.

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[215/0224] Auf dem europäischen Festlande, woselbst die Hauptbahnen größtenteils im Eigentum und Betriebe des Staates stehen, der zugleich Verwalter des öffentlichen Gutes ist, in das auch der Hauptsache nach die Wasserkräfte einzureihen sind, waren die Staatsverwaltungen unmittelbar daran interessiert die planmäßige Nutzbarmachung der Wasserkräfte in die Wege zu leiten. Diesem Bestreben verdankt eine Reihe wertvoller amtlicher Veröffentlichungen ihre Entstehung, wie z. B. der 1899–1903 ausgearbeitete Bericht des schwedischen „Vattenfallskomitten“, der 1907 erschienene Bericht des königl. bayerischen Staatsministeriums des Innern „Die Wasserkräfte Bayerns“, mit den Nachträgen „Die Ausnutzung der Wasserkräfte Bayerns; Entwicklung in den Jahren 1908 und 1909“ und der „Bericht über den Stand der Wasserkraftausnutzung und Elektrizitätsversorgung in Bayern in den Jahren 1910 und 1911“, der 1907 erschienene Bericht des Eidgenössischen hydrometrischen Bureaus „Die Entwicklung der Hydrometrie in der Schweiz“, die 1908 erschienenen „Beiträge zur Hydrographie des Großherzogtums Baden“ und die seit 1910 erscheinenden Hefte des vom österreichischen k. k. hydrographischen Zentralbureau veröffentlichten Wasserkraftkatasters. Die Vorteile, die man von der Nutzbarmachung der Wasserkräfte erhofft, bestehen im allgemeinen und hauptsächlichsten in der Verbilligung des Bahnbetriebes, insbesonders in kohlenarmen Ländern (wie in Schweden, in der Schweiz und in Italien), die Verbesserung der Zahlungsbilanz durch den Wegfall der bedeutenden Beträge, die allein für die Kohlenversorgung der Bahnbetriebe alljährlich an das Ausland gezahlt werden. In Italien macht man für die Nutzbarmachung der Wasserkräfte für elektrischen Bahnbetrieb überdies auch strategische Gründe geltend, indem man darauf hinweist, daß die Kohlenzufuhr in Italien hauptsächlich vom Meere aus erfolgt und diese im Kriegsfalle durch feindliche Flotten abgeschnitten werden kann. Eine ähnliche Erwägung könnte von vorstehender Annahme ausgehend für die Nutzbarmachung der Wasserkräfte auch in Österreich sprechen, weil dessen Hauptkohlenreviere knapp an den Reichsgrenzen liegen und durch einen feindlichen Einfall lahmgelegt oder vom Bahnnetze abgeschnitten werden könnten. In allen Ländern dürfte aber die Nutzbarmachung der Wasserkräfte auch deshalb im Interesse der Kriegsverwaltung liegen, weil durch den gänzlichen oder teilweisen Wegfall der Kohlensendungen die Bahnlinien, Fahrbetriebsmittel und geschultes Fahrpersonal für die übrigen Kriegstransporte frei werden und weil der Betrieb der Bahnlinien von zahllosen Arbeitskräften unabhängig wird, die gegenwärtig tätig sein müssen, um die energiespendende Kohle der Erde abzuringen. Die von der Nutzbarmachung der Wasserkräfte erwartete Verbilligung des Bahnbetriebes gegenüber dem Betriebe mit Dampflokomotiven ist insbesonders dort zu finden, wo dichter Verkehr schwerer Züge oder das Befahren langgestreckter steiler Rampen mit Dampflokomotiven so großen Kohlenverbrauch erfordert, daß der Entfall der Brennmaterialkosten die Kosten des elektrischen Betriebes aus Wasserkraftzentralen überwiegt. Diese werden der Hauptsache nach durch die Lasten der Verzinsung und Tilgung jener Kapitalien beeinflußt, die für die Einrichtung der Bahnlinien zum elektrischen Betriebe und für die Herstellungen der hydroelektrischen Zentralen aufgewendet werden müssen. Auf die Ausbaukosten der hydroelektrischen Zentralen aber wirkt die eingangs erwähnte Ungleichförmigkeit des Energiebedarfes von Hauptbahnbetrieben sehr ungünstig ein, da die Anlagen selbstverständlich dem höchsten voraussichtlichen Bedarfe auch in der Niederwasserperiode entsprechen müssen, während sie in den günstigsten bisher berechneten Fällen durchschnittlich derzeit mit etwa einem Drittel, in ungünstigen Fällen bis zu einem Achtel oder Zehntel der bereit zu haltenden Leistungen ausgenutzt werden. Mit Rücksicht auf das ungünstige Verhältnis zwischen Höchstleistung und mittlerer Leistung beim Bahnbetrieb werden für diese Zwecke in erster Linie solche Wasserkräfte zu verwenden sein, die eine Aufspeicherung von Betriebswasser gestatten, so daß die dem mittleren Energiebedarfe entsprechenden Wassermengen nahezu voll ausgenutzt werden können, während die Belastungspitzen vom aufgespeicherten Wasser gedeckt werden. Die Abmessungen dieser Speicheranlagen werden umso kleiner und deren Kosten umso geringer sein, in je größeren Gefällen das Betriebswasser zur Ausnutzung kommt. Verringert und erschwert dieser Umstand die Auswahl der für den Bahnbetrieb zu verwendenden Wasserkräfte, so bedingen künstliche Speicheranlagen und Pumpakkumulierungen in den meisten Fällen immerhin so kostspielige Bauten, daß nicht viele Bahnstrecken genügend günstige Verhältnisse für die elektrische Traktion aufweisen, um vom rein finanziellen Standpunkte schon jetzt in siegreichen Wettbewerb mit der Dampflokomotive treten zu können.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/224>, abgerufen am 23.07.2024.