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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913.

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(s. d.) nur bis zu Spannweiten von 25 m, selten darüber, zur Ausführung gebracht.

2. Gitter- und Fachwerksträger.

Bei den Blechträgern wird die Materialfestigkeit in der die Gurte verbindenden Blechwand nicht voll ausgenutzt, während anderseits doch Verstärkungen notwendig sind, um ihr die erforderliche Steifigkeit zu sichern. Es lag daher ziemlich nahe, die Wand als durchbrochene Füllung auszuführen und hierdurch den Baustoffverbrauch, insbesondere bei größeren Trägern, zu vermindern. Die ersten eisernen Gitterbrücken lassen denn auch tatsächlich diese Art ihrer Entstehung deutlich erkennen und das engmaschige Gitterwerk, das die beiden Gurtungen verbindet, bildet bei ihnen nur einen Ersatz für die volle Wandung. Ihr Vorbild hatten diese Träger in den amerikanischen hölzernen Lattenbrücken, die Town anfangs der Dreißigerjahre einführte (s. Holzbrücken) und die zu Beginn der Vierzigerjahre, u. zw. zuerst in England, in Eisen nachgebildet wurden. Als erstes größeres Bauwerk dieser Art erscheint die 1845 im Zug der Dublin-Drogheda-Eisenbahn erbaute Royal-Kanalbrücke mit 42·7 m Spannweite. Bald folgten ähnliche Bauwerke auch in Deutschland nach und wurden bereits 1850 die beiden großen, heute aber bereits durch Neubau ersetzten Gitterbrücken über die Weichsel bei Dirschau und über die Nogat bei Marienburg hergestellt, erstere mit sechs Öffnungen zu je 121·15 m, letztere mit zwei Öffnungen zu je 97·65 m Lichtweite. Diese Brücken hatten durchaus ein bloß aus Flacheisenstäben bestehendes engmaschiges Gitterwerk. Die Gitterstäbe, ursprünglich gleich stark und dicht angeordnet, erhielten zwar bei den späteren Brücken (Dirschau, Köln) verschiedenen Querschnitt, der Beanspruchung der Wand entsprechend, überdies waren aber noch Vertikalsteifen in verschiedener Verteilung notwendig, um die Wand gegen Ausknicken zu sichern.

In dem Maß als die Ausbildung der Theorie zu größerer Klarheit über die Beanspruchungsweise eines solchen Gitterträgers verhalf, wurde man allmählich auch auf zweckmäßigere Konstruktionen geführt.

Ein Gitterträger besteht im allgemeinen aus den Gurtungen, die seine obere und untere Begrenzung bilden (Ober- und Untergurt), und aus den Gitterstäben oder aus der Ausfachung, die die Kraftübertragung von einem Gurt zum andern vermitteln. Bei einem bloß auf zwei Stützen liegenden Träger wird der Obergurt durchaus auf Druck, der Untergurt durchaus auf Zug beansprucht. - Im Gitterwerk sind zwei verschiedene Stabrichtungen zu unterscheiden, wovon der einen eine Beanspruchung auf Druck, der anderen eine solche auf Zug zukommt. In der Regel, nämlich für die gewöhnlich vorkommenden Gurtformen und Belastungen, werden die gegen die Trägermitte nach abwärts fallenden Gitterstäbe auf Zug, hingegen die nach aufwärts steigenden Gitterstäbe auf Druck beansprucht. Diese Beanspruchung nimmt beim Träger mit parallelen Gurtungen (Parallelträger) von der Mitte gegen die Auflager hin zu, wogegen umgekehrt die Spannung der Gurte von den Enden gegen die Trägermitte wächst und daselbst am größten wird.

Aus diesen Darlegungen geht schon hervor, daß ein durchaus aus Flacheisen gebildetes Gitterwerk keine zweckmäßige Konstruktion abgibt, da es, abgesehen von der Unbestimmtheit in der Beanspruchung, besondere Vertikalsteifen erfordert, die einen beträchtlichen Mehraufwand an Baustoff bedingen. Diese Erkenntnis führte dazu, den auf Druck beanspruchten Stäben der Gitterwand gegen Knickung widerstandsfähigere Querschnitte zu geben und sie aus Profileisen (, und -eisen) zu bilden. Solche engmaschige Gitterträger wurden bis in die Siebzigerjahre des vorigen Jahrhunderts ausgeführt. Indem man aber dabei die Anzahl der Gitterstäbe verringerte, also die Maschenweite vergrößerte, entfernte man sich immer mehr von der älteren Auffassung, die die Verbindung zwischen den beiden Gurten als durchbrochene, entsprechend versteifte Wand ansah und kam so, indem man jedem Stab eine bestimmte Aufgabe zuwies, zur Bildung des Fachwerks.

Die Abb. 78-82 zeigen die verschiedenen Anordnungen, nach denen die Ausfachung der


Abb. 78.

Abb. 79.

Abb. 80.

Abb. 81.

Abb. 82.
Gitter- oder Fachwerksträger durchgeführt worden ist. Der Hauptsache nach sind zwei Systeme

(s. d.) nur bis zu Spannweiten von 25 m, selten darüber, zur Ausführung gebracht.

2. Gitter- und Fachwerksträger.

Bei den Blechträgern wird die Materialfestigkeit in der die Gurte verbindenden Blechwand nicht voll ausgenutzt, während anderseits doch Verstärkungen notwendig sind, um ihr die erforderliche Steifigkeit zu sichern. Es lag daher ziemlich nahe, die Wand als durchbrochene Füllung auszuführen und hierdurch den Baustoffverbrauch, insbesondere bei größeren Trägern, zu vermindern. Die ersten eisernen Gitterbrücken lassen denn auch tatsächlich diese Art ihrer Entstehung deutlich erkennen und das engmaschige Gitterwerk, das die beiden Gurtungen verbindet, bildet bei ihnen nur einen Ersatz für die volle Wandung. Ihr Vorbild hatten diese Träger in den amerikanischen hölzernen Lattenbrücken, die Town anfangs der Dreißigerjahre einführte (s. Holzbrücken) und die zu Beginn der Vierzigerjahre, u. zw. zuerst in England, in Eisen nachgebildet wurden. Als erstes größeres Bauwerk dieser Art erscheint die 1845 im Zug der Dublin-Drogheda-Eisenbahn erbaute Royal-Kanalbrücke mit 42·7 m Spannweite. Bald folgten ähnliche Bauwerke auch in Deutschland nach und wurden bereits 1850 die beiden großen, heute aber bereits durch Neubau ersetzten Gitterbrücken über die Weichsel bei Dirschau und über die Nogat bei Marienburg hergestellt, erstere mit sechs Öffnungen zu je 121·15 m, letztere mit zwei Öffnungen zu je 97·65 m Lichtweite. Diese Brücken hatten durchaus ein bloß aus Flacheisenstäben bestehendes engmaschiges Gitterwerk. Die Gitterstäbe, ursprünglich gleich stark und dicht angeordnet, erhielten zwar bei den späteren Brücken (Dirschau, Köln) verschiedenen Querschnitt, der Beanspruchung der Wand entsprechend, überdies waren aber noch Vertikalsteifen in verschiedener Verteilung notwendig, um die Wand gegen Ausknicken zu sichern.

In dem Maß als die Ausbildung der Theorie zu größerer Klarheit über die Beanspruchungsweise eines solchen Gitterträgers verhalf, wurde man allmählich auch auf zweckmäßigere Konstruktionen geführt.

Ein Gitterträger besteht im allgemeinen aus den Gurtungen, die seine obere und untere Begrenzung bilden (Ober- und Untergurt), und aus den Gitterstäben oder aus der Ausfachung, die die Kraftübertragung von einem Gurt zum andern vermitteln. Bei einem bloß auf zwei Stützen liegenden Träger wird der Obergurt durchaus auf Druck, der Untergurt durchaus auf Zug beansprucht. – Im Gitterwerk sind zwei verschiedene Stabrichtungen zu unterscheiden, wovon der einen eine Beanspruchung auf Druck, der anderen eine solche auf Zug zukommt. In der Regel, nämlich für die gewöhnlich vorkommenden Gurtformen und Belastungen, werden die gegen die Trägermitte nach abwärts fallenden Gitterstäbe auf Zug, hingegen die nach aufwärts steigenden Gitterstäbe auf Druck beansprucht. Diese Beanspruchung nimmt beim Träger mit parallelen Gurtungen (Parallelträger) von der Mitte gegen die Auflager hin zu, wogegen umgekehrt die Spannung der Gurte von den Enden gegen die Trägermitte wächst und daselbst am größten wird.

Aus diesen Darlegungen geht schon hervor, daß ein durchaus aus Flacheisen gebildetes Gitterwerk keine zweckmäßige Konstruktion abgibt, da es, abgesehen von der Unbestimmtheit in der Beanspruchung, besondere Vertikalsteifen erfordert, die einen beträchtlichen Mehraufwand an Baustoff bedingen. Diese Erkenntnis führte dazu, den auf Druck beanspruchten Stäben der Gitterwand gegen Knickung widerstandsfähigere Querschnitte zu geben und sie aus Profileisen (, und -eisen) zu bilden. Solche engmaschige Gitterträger wurden bis in die Siebzigerjahre des vorigen Jahrhunderts ausgeführt. Indem man aber dabei die Anzahl der Gitterstäbe verringerte, also die Maschenweite vergrößerte, entfernte man sich immer mehr von der älteren Auffassung, die die Verbindung zwischen den beiden Gurten als durchbrochene, entsprechend versteifte Wand ansah und kam so, indem man jedem Stab eine bestimmte Aufgabe zuwies, zur Bildung des Fachwerks.

Die Abb. 78–82 zeigen die verschiedenen Anordnungen, nach denen die Ausfachung der


Abb. 78.

Abb. 79.

Abb. 80.

Abb. 81.

Abb. 82.
Gitter- oder Fachwerksträger durchgeführt worden ist. Der Hauptsache nach sind zwei Systeme

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[181/0190] (s. d.) nur bis zu Spannweiten von 25 m, selten darüber, zur Ausführung gebracht. 2. Gitter- und Fachwerksträger. Bei den Blechträgern wird die Materialfestigkeit in der die Gurte verbindenden Blechwand nicht voll ausgenutzt, während anderseits doch Verstärkungen notwendig sind, um ihr die erforderliche Steifigkeit zu sichern. Es lag daher ziemlich nahe, die Wand als durchbrochene Füllung auszuführen und hierdurch den Baustoffverbrauch, insbesondere bei größeren Trägern, zu vermindern. Die ersten eisernen Gitterbrücken lassen denn auch tatsächlich diese Art ihrer Entstehung deutlich erkennen und das engmaschige Gitterwerk, das die beiden Gurtungen verbindet, bildet bei ihnen nur einen Ersatz für die volle Wandung. Ihr Vorbild hatten diese Träger in den amerikanischen hölzernen Lattenbrücken, die Town anfangs der Dreißigerjahre einführte (s. Holzbrücken) und die zu Beginn der Vierzigerjahre, u. zw. zuerst in England, in Eisen nachgebildet wurden. Als erstes größeres Bauwerk dieser Art erscheint die 1845 im Zug der Dublin-Drogheda-Eisenbahn erbaute Royal-Kanalbrücke mit 42·7 m Spannweite. Bald folgten ähnliche Bauwerke auch in Deutschland nach und wurden bereits 1850 die beiden großen, heute aber bereits durch Neubau ersetzten Gitterbrücken über die Weichsel bei Dirschau und über die Nogat bei Marienburg hergestellt, erstere mit sechs Öffnungen zu je 121·15 m, letztere mit zwei Öffnungen zu je 97·65 m Lichtweite. Diese Brücken hatten durchaus ein bloß aus Flacheisenstäben bestehendes engmaschiges Gitterwerk. Die Gitterstäbe, ursprünglich gleich stark und dicht angeordnet, erhielten zwar bei den späteren Brücken (Dirschau, Köln) verschiedenen Querschnitt, der Beanspruchung der Wand entsprechend, überdies waren aber noch Vertikalsteifen in verschiedener Verteilung notwendig, um die Wand gegen Ausknicken zu sichern. In dem Maß als die Ausbildung der Theorie zu größerer Klarheit über die Beanspruchungsweise eines solchen Gitterträgers verhalf, wurde man allmählich auch auf zweckmäßigere Konstruktionen geführt. Ein Gitterträger besteht im allgemeinen aus den Gurtungen, die seine obere und untere Begrenzung bilden (Ober- und Untergurt), und aus den Gitterstäben oder aus der Ausfachung, die die Kraftübertragung von einem Gurt zum andern vermitteln. Bei einem bloß auf zwei Stützen liegenden Träger wird der Obergurt durchaus auf Druck, der Untergurt durchaus auf Zug beansprucht. – Im Gitterwerk sind zwei verschiedene Stabrichtungen zu unterscheiden, wovon der einen eine Beanspruchung auf Druck, der anderen eine solche auf Zug zukommt. In der Regel, nämlich für die gewöhnlich vorkommenden Gurtformen und Belastungen, werden die gegen die Trägermitte nach abwärts fallenden Gitterstäbe auf Zug, hingegen die nach aufwärts steigenden Gitterstäbe auf Druck beansprucht. Diese Beanspruchung nimmt beim Träger mit parallelen Gurtungen (Parallelträger) von der Mitte gegen die Auflager hin zu, wogegen umgekehrt die Spannung der Gurte von den Enden gegen die Trägermitte wächst und daselbst am größten wird. Aus diesen Darlegungen geht schon hervor, daß ein durchaus aus Flacheisen gebildetes Gitterwerk keine zweckmäßige Konstruktion abgibt, da es, abgesehen von der Unbestimmtheit in der Beanspruchung, besondere Vertikalsteifen erfordert, die einen beträchtlichen Mehraufwand an Baustoff bedingen. Diese Erkenntnis führte dazu, den auf Druck beanspruchten Stäben der Gitterwand gegen Knickung widerstandsfähigere Querschnitte zu geben und sie aus Profileisen ( [Abbildung] , [Abbildung] und [Abbildung] -eisen) zu bilden. Solche engmaschige Gitterträger wurden bis in die Siebzigerjahre des vorigen Jahrhunderts ausgeführt. Indem man aber dabei die Anzahl der Gitterstäbe verringerte, also die Maschenweite vergrößerte, entfernte man sich immer mehr von der älteren Auffassung, die die Verbindung zwischen den beiden Gurten als durchbrochene, entsprechend versteifte Wand ansah und kam so, indem man jedem Stab eine bestimmte Aufgabe zuwies, zur Bildung des Fachwerks. Die Abb. 78–82 zeigen die verschiedenen Anordnungen, nach denen die Ausfachung der [Abbildung Abb. 78. ] [Abbildung Abb. 79. ] [Abbildung Abb. 80. ] [Abbildung Abb. 81. ] [Abbildung Abb. 82. ] Gitter- oder Fachwerksträger durchgeführt worden ist. Der Hauptsache nach sind zwei Systeme

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 4. Berlin, Wien, 1913, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen04_1913/190>, abgerufen am 25.11.2024.