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Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912.

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mit einer 700 m langen Brücke übersetzt werden. Da der Baugrund sehr locker ist, so mußten starke steinerne Pfeiler errichtet werden, die teilweise auf pneumatischen Senkkasten ruhten und bis zu 23 m Tiefe reichten. Englische Ingenieure leiteten den Bau.

Die weitere Fortführung der Linie nach Norden, wo die Durchquerung der Mandschurei geplant wurde, scheiterte zunächst an der Erschöpfung der Barmittel infolge des chinesisch-japanischen Krieges. Nur bis Tschunghusouo, 64 km nördlich der großen Mauer oder insgesamt an 340 km nordwärts Tientsin wurde der Bau schon vor dem Kriege 1894 fast vollendet und die Linie dem Verkehr übergeben.

Die Verlängerung nach Koupangtse-Hsinminfu und Koupangtse-Yinkou ging nicht ohne erhebliche diplomatische Reibungen ab. Die Russen betrachteten die Mandschurei als ihr ausschließliches Interessengebiet. Als daher die chinesische Regierung im Jahre 1898 mit einem englischen Syndikat ein Abkommen traf, demzufolge das Syndikat (British and Chinese corporation limited) ein Darlehen von 16 Mill. Taels gewähren sollte und als Sicherheit die bestehenden Linien der K. Ch.N. B. und die in der Mandschurei zu erbauenden Linien bestellt wurden, erhob Rußland Einspruch. Es nahm vor allem Anstoß daran, daß Engländer zu Pfandgläubigern einer Bahn auf mandschurischem Boden werden könnten und sah hierin einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Port Arthur-Vertrages, nach dem China keiner fremden Macht in der Mandschurei Bahnkonzessionen erteilen durfte. England hingegen erklärte den russischen Standpunkt für unvereinbar mit dem Grundsatz der offenen Tür in der Mandschurei. Die langwierigen Verhandlungen zwischen London und St. Petersburg endeten mit dem berühmt gewordenen Abkommen, wonach England und Rußland sich versprachen, einander freie Hand im Yangtse-Bassin und in der Mandschurei zu lassen. Die Bahn nach Hsinminfu sollte unter den schon getroffenen Abmachungen gebaut werden, aber ohne die Pfandhaft der Linie auf mandschurischem Boden. Sogar die Ernennung eines englischen Oberingenieurs wurde zugestanden.

Der Bau der Linie Tschunghusouo-Hsinminfu wurde im Jahre 1903 fertiggestellt. Eine Brücke über den Talingfluß zwischen Koupangtse und Tschin-tschou (Kintschou) ist 925 m lang, hat 26 Öffnungen mit einer lichten Weite von durchschnittlich 33 m. Die Pfeiler ruhen auf Luftdrucksenkkästen, die bis zu 15 m unter den Wasserspiegel herabgebracht sind. Die Entfernung Tschunghusouo-Hsinminfu beträgt etwa 300 km. Die aufgewendete Bausumme wird auf etwa 50 Mill. M. angegeben.

Das östlichste Stück der Nordbahnen ist die Linie Hsinminfu-Mukden (s. I, S. 190), 85 km. Mit diesem ist nun auch endlich der unmittelbare Gleisanschluß an die mandschurische Südbahn hergestellt. Durch ein Abkommen mit Japan vom 2. September 1911 ist vereinbart, daß China - zum erstenmal - über die südmandschurische Bahn ostwärts vordringen soll. Die Nordbahn wird unter jener durchgeführt und erhält einen Bahnhof unmittelbar vor Mukden.

Die für den ganzen Fortschritt der Eisenbahnbewegung wichtige Linie westwärts Tientsin nach Peking kam erst nach langen Schwierigkeiten zu stande. Unternehmerin war die 1891 begründete kaiserlich chinesische Eisenbahnverwaltung. 1895 wurde die endgültige Erlaubnis zum Bau erteilt, jedoch nur unter der Bedingung, daß die Bahn 12 km vor Peking bei Fengtai ende und daß sie nicht die auf der Linie gelegene Stadt Tungtschou berühre, deren handeltreibende Bevölkerung Schädigungen durch die Bahn befürchtete und solche wirklich durch die Umgehung erlitten hat, obwohl nachträglich eine Stichbahn von 17 km Länge dorthin gebaut worden ist. Die Bahn von Tientsin nach Peking ist 150 km lang. Am 10. Mai 1897 langte die erste Lokomotive vor Peking an.

Die Kosten beliefen sich auf etwa 100.000 M. für das km. Die Geldmittel wurden durch einen Kredit der Hongkongbank aufgebracht.

Die Gesamtlänge der nunmehr unter der Verwaltung der Nordbahnen vereinigten Linien Peking-Mukden beträgt 946 km ohne Nebengleise. Ihre Rentabilität bei einem Gesamtanlagekapital von 100 Mill. M. ist günstig. Die Reinüberschüsse betrugen in den Rechnungsjahren 1902/03 5%, 1903/04 7%, 1904/05 203/4%, 1905/06 181/4%. Neuerdings sind sie gesunken. Während der Wirren ist die Bahnlinie durch die äußere Mauer der Stadt Peking bis an die innere Mauer herangebaut und in Verbindung mit der jetzt gleichfalls von der chinesischen Regierung verwalteten Bahn Peking-Hankau gesetzt. An die Bahn schließen sich eine Reihe kleinere Stichbahnen zu Kohlenfeldern, zu den Kaisergräbern u. ä. an. Etwa 125 km nördlich Schanhaikuan wird eine 12 km lange Zweigbahn nach Holutau gebaut. Hier soll ein Konkurrenzhafen gegen den von Niutschuang entstehen. Die Annahme liegt nahe, daß auch mit der Bahn der Anfang zu der Konkurrenzbahn Kintschou-Tsitsihar beabsichtigt ist (s. S. 191).

Im Zusammenhang mit den kaiserlichen Nordbahnen stehen zwei große industrielle Unternehmungen, die die Herstellung von Brücken und Betriebsmitteln für die Eisenbahnen ohne Inanspruchnahme des Auslandes ermöglichen sollen. Es sind dies die Schanhaikuan Brückenbauwerke und die Werkstätten in Tengschan, die zu einer Maschinen- und Wagenfabrik ausgestaltet wurden.

mit einer 700 m langen Brücke übersetzt werden. Da der Baugrund sehr locker ist, so mußten starke steinerne Pfeiler errichtet werden, die teilweise auf pneumatischen Senkkasten ruhten und bis zu 23 m Tiefe reichten. Englische Ingenieure leiteten den Bau.

Die weitere Fortführung der Linie nach Norden, wo die Durchquerung der Mandschurei geplant wurde, scheiterte zunächst an der Erschöpfung der Barmittel infolge des chinesisch-japanischen Krieges. Nur bis Tschunghusouo, 64 km nördlich der großen Mauer oder insgesamt an 340 km nordwärts Tientsin wurde der Bau schon vor dem Kriege 1894 fast vollendet und die Linie dem Verkehr übergeben.

Die Verlängerung nach Koupangtse-Hsinminfu und Koupangtse-Yinkou ging nicht ohne erhebliche diplomatische Reibungen ab. Die Russen betrachteten die Mandschurei als ihr ausschließliches Interessengebiet. Als daher die chinesische Regierung im Jahre 1898 mit einem englischen Syndikat ein Abkommen traf, demzufolge das Syndikat (British and Chinese corporation limited) ein Darlehen von 16 Mill. Taels gewähren sollte und als Sicherheit die bestehenden Linien der K. Ch.N. B. und die in der Mandschurei zu erbauenden Linien bestellt wurden, erhob Rußland Einspruch. Es nahm vor allem Anstoß daran, daß Engländer zu Pfandgläubigern einer Bahn auf mandschurischem Boden werden könnten und sah hierin einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Port Arthur-Vertrages, nach dem China keiner fremden Macht in der Mandschurei Bahnkonzessionen erteilen durfte. England hingegen erklärte den russischen Standpunkt für unvereinbar mit dem Grundsatz der offenen Tür in der Mandschurei. Die langwierigen Verhandlungen zwischen London und St. Petersburg endeten mit dem berühmt gewordenen Abkommen, wonach England und Rußland sich versprachen, einander freie Hand im Yangtse-Bassin und in der Mandschurei zu lassen. Die Bahn nach Hsinminfu sollte unter den schon getroffenen Abmachungen gebaut werden, aber ohne die Pfandhaft der Linie auf mandschurischem Boden. Sogar die Ernennung eines englischen Oberingenieurs wurde zugestanden.

Der Bau der Linie Tschunghusouo-Hsinminfu wurde im Jahre 1903 fertiggestellt. Eine Brücke über den Talingfluß zwischen Koupangtse und Tschin-tschou (Kintschou) ist 925 m lang, hat 26 Öffnungen mit einer lichten Weite von durchschnittlich 33 m. Die Pfeiler ruhen auf Luftdrucksenkkästen, die bis zu 15 m unter den Wasserspiegel herabgebracht sind. Die Entfernung Tschunghusouo-Hsinminfu beträgt etwa 300 km. Die aufgewendete Bausumme wird auf etwa 50 Mill. M. angegeben.

Das östlichste Stück der Nordbahnen ist die Linie Hsinminfu-Mukden (s. I, S. 190), 85 km. Mit diesem ist nun auch endlich der unmittelbare Gleisanschluß an die mandschurische Südbahn hergestellt. Durch ein Abkommen mit Japan vom 2. September 1911 ist vereinbart, daß China – zum erstenmal – über die südmandschurische Bahn ostwärts vordringen soll. Die Nordbahn wird unter jener durchgeführt und erhält einen Bahnhof unmittelbar vor Mukden.

Die für den ganzen Fortschritt der Eisenbahnbewegung wichtige Linie westwärts Tientsin nach Peking kam erst nach langen Schwierigkeiten zu stande. Unternehmerin war die 1891 begründete kaiserlich chinesische Eisenbahnverwaltung. 1895 wurde die endgültige Erlaubnis zum Bau erteilt, jedoch nur unter der Bedingung, daß die Bahn 12 km vor Peking bei Fengtai ende und daß sie nicht die auf der Linie gelegene Stadt Tungtschou berühre, deren handeltreibende Bevölkerung Schädigungen durch die Bahn befürchtete und solche wirklich durch die Umgehung erlitten hat, obwohl nachträglich eine Stichbahn von 17 km Länge dorthin gebaut worden ist. Die Bahn von Tientsin nach Peking ist 150 km lang. Am 10. Mai 1897 langte die erste Lokomotive vor Peking an.

Die Kosten beliefen sich auf etwa 100.000 M. für das km. Die Geldmittel wurden durch einen Kredit der Hongkongbank aufgebracht.

Die Gesamtlänge der nunmehr unter der Verwaltung der Nordbahnen vereinigten Linien Peking-Mukden beträgt 946 km ohne Nebengleise. Ihre Rentabilität bei einem Gesamtanlagekapital von 100 Mill. M. ist günstig. Die Reinüberschüsse betrugen in den Rechnungsjahren 1902/03 5%, 1903/04 7%, 1904/05 203/4%, 1905/06 181/4%. Neuerdings sind sie gesunken. Während der Wirren ist die Bahnlinie durch die äußere Mauer der Stadt Peking bis an die innere Mauer herangebaut und in Verbindung mit der jetzt gleichfalls von der chinesischen Regierung verwalteten Bahn Peking-Hankau gesetzt. An die Bahn schließen sich eine Reihe kleinere Stichbahnen zu Kohlenfeldern, zu den Kaisergräbern u. ä. an. Etwa 125 km nördlich Schanhaikuan wird eine 12 km lange Zweigbahn nach Holutau gebaut. Hier soll ein Konkurrenzhafen gegen den von Niutschuang entstehen. Die Annahme liegt nahe, daß auch mit der Bahn der Anfang zu der Konkurrenzbahn Kintschou-Tsitsihar beabsichtigt ist (s. S. 191).

Im Zusammenhang mit den kaiserlichen Nordbahnen stehen zwei große industrielle Unternehmungen, die die Herstellung von Brücken und Betriebsmitteln für die Eisenbahnen ohne Inanspruchnahme des Auslandes ermöglichen sollen. Es sind dies die Schanhaikuan Brückenbauwerke und die Werkstätten in Tengschan, die zu einer Maschinen- und Wagenfabrik ausgestaltet wurden.

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[192/0204] mit einer 700 m langen Brücke übersetzt werden. Da der Baugrund sehr locker ist, so mußten starke steinerne Pfeiler errichtet werden, die teilweise auf pneumatischen Senkkasten ruhten und bis zu 23 m Tiefe reichten. Englische Ingenieure leiteten den Bau. Die weitere Fortführung der Linie nach Norden, wo die Durchquerung der Mandschurei geplant wurde, scheiterte zunächst an der Erschöpfung der Barmittel infolge des chinesisch-japanischen Krieges. Nur bis Tschunghusouo, 64 km nördlich der großen Mauer oder insgesamt an 340 km nordwärts Tientsin wurde der Bau schon vor dem Kriege 1894 fast vollendet und die Linie dem Verkehr übergeben. Die Verlängerung nach Koupangtse-Hsinminfu und Koupangtse-Yinkou ging nicht ohne erhebliche diplomatische Reibungen ab. Die Russen betrachteten die Mandschurei als ihr ausschließliches Interessengebiet. Als daher die chinesische Regierung im Jahre 1898 mit einem englischen Syndikat ein Abkommen traf, demzufolge das Syndikat (British and Chinese corporation limited) ein Darlehen von 16 Mill. Taels gewähren sollte und als Sicherheit die bestehenden Linien der K. Ch.N. B. und die in der Mandschurei zu erbauenden Linien bestellt wurden, erhob Rußland Einspruch. Es nahm vor allem Anstoß daran, daß Engländer zu Pfandgläubigern einer Bahn auf mandschurischem Boden werden könnten und sah hierin einen Verstoß gegen die Bestimmungen des Port Arthur-Vertrages, nach dem China keiner fremden Macht in der Mandschurei Bahnkonzessionen erteilen durfte. England hingegen erklärte den russischen Standpunkt für unvereinbar mit dem Grundsatz der offenen Tür in der Mandschurei. Die langwierigen Verhandlungen zwischen London und St. Petersburg endeten mit dem berühmt gewordenen Abkommen, wonach England und Rußland sich versprachen, einander freie Hand im Yangtse-Bassin und in der Mandschurei zu lassen. Die Bahn nach Hsinminfu sollte unter den schon getroffenen Abmachungen gebaut werden, aber ohne die Pfandhaft der Linie auf mandschurischem Boden. Sogar die Ernennung eines englischen Oberingenieurs wurde zugestanden. Der Bau der Linie Tschunghusouo-Hsinminfu wurde im Jahre 1903 fertiggestellt. Eine Brücke über den Talingfluß zwischen Koupangtse und Tschin-tschou (Kintschou) ist 925 m lang, hat 26 Öffnungen mit einer lichten Weite von durchschnittlich 33 m. Die Pfeiler ruhen auf Luftdrucksenkkästen, die bis zu 15 m unter den Wasserspiegel herabgebracht sind. Die Entfernung Tschunghusouo-Hsinminfu beträgt etwa 300 km. Die aufgewendete Bausumme wird auf etwa 50 Mill. M. angegeben. Das östlichste Stück der Nordbahnen ist die Linie Hsinminfu-Mukden (s. I, S. 190), 85 km. Mit diesem ist nun auch endlich der unmittelbare Gleisanschluß an die mandschurische Südbahn hergestellt. Durch ein Abkommen mit Japan vom 2. September 1911 ist vereinbart, daß China – zum erstenmal – über die südmandschurische Bahn ostwärts vordringen soll. Die Nordbahn wird unter jener durchgeführt und erhält einen Bahnhof unmittelbar vor Mukden. Die für den ganzen Fortschritt der Eisenbahnbewegung wichtige Linie westwärts Tientsin nach Peking kam erst nach langen Schwierigkeiten zu stande. Unternehmerin war die 1891 begründete kaiserlich chinesische Eisenbahnverwaltung. 1895 wurde die endgültige Erlaubnis zum Bau erteilt, jedoch nur unter der Bedingung, daß die Bahn 12 km vor Peking bei Fengtai ende und daß sie nicht die auf der Linie gelegene Stadt Tungtschou berühre, deren handeltreibende Bevölkerung Schädigungen durch die Bahn befürchtete und solche wirklich durch die Umgehung erlitten hat, obwohl nachträglich eine Stichbahn von 17 km Länge dorthin gebaut worden ist. Die Bahn von Tientsin nach Peking ist 150 km lang. Am 10. Mai 1897 langte die erste Lokomotive vor Peking an. Die Kosten beliefen sich auf etwa 100.000 M. für das km. Die Geldmittel wurden durch einen Kredit der Hongkongbank aufgebracht. Die Gesamtlänge der nunmehr unter der Verwaltung der Nordbahnen vereinigten Linien Peking-Mukden beträgt 946 km ohne Nebengleise. Ihre Rentabilität bei einem Gesamtanlagekapital von 100 Mill. M. ist günstig. Die Reinüberschüsse betrugen in den Rechnungsjahren 1902/03 5%, 1903/04 7%, 1904/05 203/4%, 1905/06 181/4%. Neuerdings sind sie gesunken. Während der Wirren ist die Bahnlinie durch die äußere Mauer der Stadt Peking bis an die innere Mauer herangebaut und in Verbindung mit der jetzt gleichfalls von der chinesischen Regierung verwalteten Bahn Peking-Hankau gesetzt. An die Bahn schließen sich eine Reihe kleinere Stichbahnen zu Kohlenfeldern, zu den Kaisergräbern u. ä. an. Etwa 125 km nördlich Schanhaikuan wird eine 12 km lange Zweigbahn nach Holutau gebaut. Hier soll ein Konkurrenzhafen gegen den von Niutschuang entstehen. Die Annahme liegt nahe, daß auch mit der Bahn der Anfang zu der Konkurrenzbahn Kintschou-Tsitsihar beabsichtigt ist (s. S. 191). Im Zusammenhang mit den kaiserlichen Nordbahnen stehen zwei große industrielle Unternehmungen, die die Herstellung von Brücken und Betriebsmitteln für die Eisenbahnen ohne Inanspruchnahme des Auslandes ermöglichen sollen. Es sind dies die Schanhaikuan Brückenbauwerke und die Werkstätten in Tengschan, die zu einer Maschinen- und Wagenfabrik ausgestaltet wurden.

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Zitationshilfe: Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 3. Berlin, Wien, 1912, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roell_eisenbahnwesen03_1912/204>, abgerufen am 19.06.2024.