Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, Wien, 1912.Kosten werden ihm nach bestimmten Grundsätzen durch Erhöhung seiner Teilungsziffer gutgeschrieben. An der Verwaltung der Gemeinschaft ist Hessen durch einen hessischen vortragenden Rat in der Zentralbehörde der Gemeinschaftsverwaltung, dem preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten, mitbeteiligt, wie auch bei den Eisenbahndirektionen in Mainz und Frankfurt a. M. hessische Beamte in vereinbarter Zahl bestellt sind. Die Eisenbahndirektion in Mainz führt die Bezeichnung "Königlich preußische und großherzoglich hessische Eisenbahndirektion", und alle Dienststellen in Hessen werden als "Großherzoglich hessische" bezeichnet. Die hessischen Eisenbahnbeamten werden nach gleichen Sätzen wie die preußischen aus der Gemeinschaft besoldet; über Anstellungs- und Disziplinarverhältnisse der Beamten, die staatlichen Hoheitsrechte u. s. w. sind besondere Vereinbarungen getroffen. Durch die Vereinigung des hessischen Staatseisenbahnbesitzes mit dem großen preußischen Eisenbahnnetze ist die Verwaltung der Eisenbahnen beider Staaten wesentlich vereinfacht und verbilligt; beiden Ländern ist aus der Betriebs- und Finanzgemeinschaft großer Nutzen erwachsen. Insbesondere hat Hessen für seine in die Finanzgemeinschaft eingeworfenen Eisenbahnen sich einen Zinsgenuß von dem aufgewendeten Anlagekapital gesichert, der dem Zinsertrag der ihm benachbarten Staaten mit eigenem, durchweg größeren Eisenbahnbesitz nicht nur nicht nachsteht, sondern ihn nicht unerheblich übertrifft. Ähnlich ist die B. bezüglich der Main-Neckar-Bahn geregelt. Die Main-Neckar-Eisenbahn, die die Stadt Frankfurt a. M. mit Heidelberg und Mannheim verbindet, ist von der vormaligen freien Stadt Frankfurt a. M. sowie von Baden und Hessen erbaut und befindet sich im gemeinsamen Besitz von Preußen, Hessen und Baden. Sie wurde bis zum Jahre 1902 von einer Gemeinschaftsdirektion für gemeinsame Rechnung der drei Staaten verwaltet. Rechtlich besteht diese Gemeinschaft der Staaten Preußen, Baden und Hessen an der Main-Neckar-Eisenbahn unverändert fort. Äußerlich tritt sie aber seit 1902 nicht mehr in die Erscheinung. Ende 1902 wurde die Gemeinschaftsdirektion aus Ersparnisrücksichten aufgelöst und die Mitverwaltung der Main-Neckar-Bahn durch Staatsvertrag der Eisenbahndirektion in Mainz unter Oberaufsicht der Zentralstelle der preußisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft, d. i. des preußischen Ministers der öffentlichen Arbeiten, übertragen. In der genannten Direktion wird seitdem ein großherzoglich badisches Mitglied beschäftigt, wie auch auf den in Baden liegenden Strecken der Main-Neckar-Bahn badische Beamte für Rechnung der betriebsleitenden Verwaltung tätig sind. Die finanztechnische Regelung zwischen der preußisch-hessischen Gemeinschaft und Baden ist nach folgenden Grundsätzen getroffen: Die auf badisches Gebiet entfallenden Verkehrseinnahmen nebst einem Zuschlag für die sonstigen Einnahmen erhält Baden; die Betriebsausgaben auf diesem Gebiet trägt die preußisch-hessische Eisenbahngemeinschaft, der von Baden von seinen Einnahmen ein Anteil vergütet wird, der dem Betriebskoeffizienten der genannten Gemeinschaft entspricht; die Kosten größerer Ergänzungen auf seinem Gebiet trägt Baden allein. Auch diese Finanzgemeinschaft hat einen im Vergleich zu dem nicht umfangreichen Unternehmen erheblichen Nutzen gehabt. Die Betriebskosten sind wesentlich vermindert und die Betriebsdurchführung auf einer verkehrsreichen Linie ist durch die Ausschaltung einer Sonderverwaltung erheblich erleichtert. In Österreich hat zwischen der jetzt verstaatlichten Kaiser-Ferdinands-Nordbahn und der österr.-ungar. Staatseisenbahngesellschaft eine B. für die Linien Wien-Brünn bestanden. An den Einnahmen aus dem Personen- und Güterverkehr hatte die Nordbahn mit 60%, die Staatseisenbahngesellschaft mit 40% teilgenommen. Neue Formen von B. sind seit Jahren in Großbritannien in Übung. Die großen Eisenbahnunternehmungen, die sich dort durch Verschmelzung zahlreicher kleinerer mit größeren und leistungsfähigeren Unternehmungen gebildet haben, empfinden das Bedürfnis nach weiterem Zusammenschluß, um den Wettbewerb, der auf benachbarten Linien unter ihnen besteht, zu beseitigen und den ungünstigen Einfluß abzuschwächen, der durch Unterbietung bei den Fahrpreisen und Frachten und durch Schaffung über das Verkehrsbedürfnis hinausgehender Fahrgelegenheit auf die Erträgnisse der einzelnen Eisenbahnen ausgeübt wird. Tief eingreifende Gemeinschaftsbildungen, die zu diesem Zweck unter der Great Northern, Great Central und Great Eastern Eisenbahn vorbereitet waren, haben die gesetzlich vorgeschriebene Genehmigung des englischen Parlaments nicht gefunden, weil die Bildung so großer Bahnsysteme als dem Wohle der Allgemeinheit nicht zuträglich erachtet wurde. Man befürchtete eine allzu große Machtstellung solcher Bahnsysteme. Dagegen hat die Eisenbahnaufsichtsbehörde zu engeren B., die beispielsweise zwischen den London und North Western, Midland und Lancashire und Yorkshire Eisenbahngesellschaften Kosten werden ihm nach bestimmten Grundsätzen durch Erhöhung seiner Teilungsziffer gutgeschrieben. An der Verwaltung der Gemeinschaft ist Hessen durch einen hessischen vortragenden Rat in der Zentralbehörde der Gemeinschaftsverwaltung, dem preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten, mitbeteiligt, wie auch bei den Eisenbahndirektionen in Mainz und Frankfurt a. M. hessische Beamte in vereinbarter Zahl bestellt sind. Die Eisenbahndirektion in Mainz führt die Bezeichnung „Königlich preußische und großherzoglich hessische Eisenbahndirektion“, und alle Dienststellen in Hessen werden als „Großherzoglich hessische“ bezeichnet. Die hessischen Eisenbahnbeamten werden nach gleichen Sätzen wie die preußischen aus der Gemeinschaft besoldet; über Anstellungs- und Disziplinarverhältnisse der Beamten, die staatlichen Hoheitsrechte u. s. w. sind besondere Vereinbarungen getroffen. Durch die Vereinigung des hessischen Staatseisenbahnbesitzes mit dem großen preußischen Eisenbahnnetze ist die Verwaltung der Eisenbahnen beider Staaten wesentlich vereinfacht und verbilligt; beiden Ländern ist aus der Betriebs- und Finanzgemeinschaft großer Nutzen erwachsen. Insbesondere hat Hessen für seine in die Finanzgemeinschaft eingeworfenen Eisenbahnen sich einen Zinsgenuß von dem aufgewendeten Anlagekapital gesichert, der dem Zinsertrag der ihm benachbarten Staaten mit eigenem, durchweg größeren Eisenbahnbesitz nicht nur nicht nachsteht, sondern ihn nicht unerheblich übertrifft. Ähnlich ist die B. bezüglich der Main-Neckar-Bahn geregelt. Die Main-Neckar-Eisenbahn, die die Stadt Frankfurt a. M. mit Heidelberg und Mannheim verbindet, ist von der vormaligen freien Stadt Frankfurt a. M. sowie von Baden und Hessen erbaut und befindet sich im gemeinsamen Besitz von Preußen, Hessen und Baden. Sie wurde bis zum Jahre 1902 von einer Gemeinschaftsdirektion für gemeinsame Rechnung der drei Staaten verwaltet. Rechtlich besteht diese Gemeinschaft der Staaten Preußen, Baden und Hessen an der Main-Neckar-Eisenbahn unverändert fort. Äußerlich tritt sie aber seit 1902 nicht mehr in die Erscheinung. Ende 1902 wurde die Gemeinschaftsdirektion aus Ersparnisrücksichten aufgelöst und die Mitverwaltung der Main-Neckar-Bahn durch Staatsvertrag der Eisenbahndirektion in Mainz unter Oberaufsicht der Zentralstelle der preußisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft, d. i. des preußischen Ministers der öffentlichen Arbeiten, übertragen. In der genannten Direktion wird seitdem ein großherzoglich badisches Mitglied beschäftigt, wie auch auf den in Baden liegenden Strecken der Main-Neckar-Bahn badische Beamte für Rechnung der betriebsleitenden Verwaltung tätig sind. Die finanztechnische Regelung zwischen der preußisch-hessischen Gemeinschaft und Baden ist nach folgenden Grundsätzen getroffen: Die auf badisches Gebiet entfallenden Verkehrseinnahmen nebst einem Zuschlag für die sonstigen Einnahmen erhält Baden; die Betriebsausgaben auf diesem Gebiet trägt die preußisch-hessische Eisenbahngemeinschaft, der von Baden von seinen Einnahmen ein Anteil vergütet wird, der dem Betriebskoeffizienten der genannten Gemeinschaft entspricht; die Kosten größerer Ergänzungen auf seinem Gebiet trägt Baden allein. Auch diese Finanzgemeinschaft hat einen im Vergleich zu dem nicht umfangreichen Unternehmen erheblichen Nutzen gehabt. Die Betriebskosten sind wesentlich vermindert und die Betriebsdurchführung auf einer verkehrsreichen Linie ist durch die Ausschaltung einer Sonderverwaltung erheblich erleichtert. In Österreich hat zwischen der jetzt verstaatlichten Kaiser-Ferdinands-Nordbahn und der österr.-ungar. Staatseisenbahngesellschaft eine B. für die Linien Wien-Brünn bestanden. An den Einnahmen aus dem Personen- und Güterverkehr hatte die Nordbahn mit 60%, die Staatseisenbahngesellschaft mit 40% teilgenommen. Neue Formen von B. sind seit Jahren in Großbritannien in Übung. Die großen Eisenbahnunternehmungen, die sich dort durch Verschmelzung zahlreicher kleinerer mit größeren und leistungsfähigeren Unternehmungen gebildet haben, empfinden das Bedürfnis nach weiterem Zusammenschluß, um den Wettbewerb, der auf benachbarten Linien unter ihnen besteht, zu beseitigen und den ungünstigen Einfluß abzuschwächen, der durch Unterbietung bei den Fahrpreisen und Frachten und durch Schaffung über das Verkehrsbedürfnis hinausgehender Fahrgelegenheit auf die Erträgnisse der einzelnen Eisenbahnen ausgeübt wird. Tief eingreifende Gemeinschaftsbildungen, die zu diesem Zweck unter der Great Northern, Great Central und Great Eastern Eisenbahn vorbereitet waren, haben die gesetzlich vorgeschriebene Genehmigung des englischen Parlaments nicht gefunden, weil die Bildung so großer Bahnsysteme als dem Wohle der Allgemeinheit nicht zuträglich erachtet wurde. Man befürchtete eine allzu große Machtstellung solcher Bahnsysteme. Dagegen hat die Eisenbahnaufsichtsbehörde zu engeren B., die beispielsweise zwischen den London und North Western, Midland und Lancashire und Yorkshire Eisenbahngesellschaften <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0321" n="311"/> Kosten werden ihm nach bestimmten Grundsätzen durch Erhöhung seiner Teilungsziffer gutgeschrieben. 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Durch die Vereinigung des hessischen Staatseisenbahnbesitzes mit dem großen preußischen Eisenbahnnetze ist die Verwaltung der Eisenbahnen beider Staaten wesentlich vereinfacht und verbilligt; beiden Ländern ist aus der Betriebs- und Finanzgemeinschaft großer Nutzen erwachsen. Insbesondere hat Hessen für seine in die Finanzgemeinschaft eingeworfenen Eisenbahnen sich einen Zinsgenuß von dem aufgewendeten Anlagekapital gesichert, der dem Zinsertrag der ihm benachbarten Staaten mit eigenem, durchweg größeren Eisenbahnbesitz nicht nur nicht nachsteht, sondern ihn nicht unerheblich übertrifft.</p><lb/> <p>Ähnlich ist die B. bezüglich der <hi rendition="#g">Main-Neckar-Bahn</hi> geregelt. Die Main-Neckar-Eisenbahn, die die Stadt Frankfurt a. M. mit Heidelberg und Mannheim verbindet, ist von der vormaligen freien Stadt Frankfurt a. M. sowie von Baden und Hessen erbaut und befindet sich im gemeinsamen Besitz von Preußen, Hessen und Baden. Sie wurde bis zum Jahre 1902 von einer Gemeinschaftsdirektion für gemeinsame Rechnung der drei Staaten verwaltet. Rechtlich besteht diese Gemeinschaft der Staaten Preußen, Baden und Hessen an der Main-Neckar-Eisenbahn unverändert fort. Äußerlich tritt sie aber seit 1902 nicht mehr in die Erscheinung. Ende 1902 wurde die Gemeinschaftsdirektion aus Ersparnisrücksichten aufgelöst und die Mitverwaltung der Main-Neckar-Bahn durch Staatsvertrag der Eisenbahndirektion in <hi rendition="#g">Mainz</hi> unter Oberaufsicht der Zentralstelle der preußisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft, d. i. des preußischen Ministers der öffentlichen Arbeiten, übertragen. In der genannten Direktion wird seitdem ein großherzoglich badisches Mitglied beschäftigt, wie auch auf den in Baden liegenden Strecken der Main-Neckar-Bahn badische Beamte für Rechnung der betriebsleitenden Verwaltung tätig sind. Die finanztechnische Regelung zwischen der preußisch-hessischen Gemeinschaft und Baden ist nach folgenden Grundsätzen getroffen: Die auf badisches Gebiet entfallenden Verkehrseinnahmen nebst einem Zuschlag für die sonstigen Einnahmen erhält Baden; die Betriebsausgaben auf diesem Gebiet trägt die preußisch-hessische Eisenbahngemeinschaft, der von Baden von seinen Einnahmen ein Anteil vergütet wird, der dem Betriebskoeffizienten der genannten Gemeinschaft entspricht; die Kosten größerer Ergänzungen auf seinem Gebiet trägt Baden allein. Auch diese Finanzgemeinschaft hat einen im Vergleich zu dem nicht umfangreichen Unternehmen erheblichen Nutzen gehabt. Die Betriebskosten sind wesentlich vermindert und die Betriebsdurchführung auf einer verkehrsreichen Linie ist durch die Ausschaltung einer Sonderverwaltung erheblich erleichtert.</p><lb/> <p>In <hi rendition="#g">Österreich</hi> hat zwischen der jetzt verstaatlichten Kaiser-Ferdinands-Nordbahn und der österr.-ungar. 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Tief eingreifende Gemeinschaftsbildungen, die zu diesem Zweck unter der Great Northern, Great Central und Great Eastern Eisenbahn vorbereitet waren, haben die gesetzlich vorgeschriebene Genehmigung des englischen Parlaments nicht gefunden, weil die Bildung so großer Bahnsysteme als dem Wohle der Allgemeinheit nicht zuträglich erachtet wurde. Man befürchtete eine allzu große Machtstellung solcher Bahnsysteme. Dagegen hat die Eisenbahnaufsichtsbehörde zu engeren B., die beispielsweise zwischen den London und North Western, Midland und Lancashire und Yorkshire Eisenbahngesellschaften </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [311/0321]
Kosten werden ihm nach bestimmten Grundsätzen durch Erhöhung seiner Teilungsziffer gutgeschrieben. An der Verwaltung der Gemeinschaft ist Hessen durch einen hessischen vortragenden Rat in der Zentralbehörde der Gemeinschaftsverwaltung, dem preußischen Ministerium der öffentlichen Arbeiten, mitbeteiligt, wie auch bei den Eisenbahndirektionen in Mainz und Frankfurt a. M. hessische Beamte in vereinbarter Zahl bestellt sind. Die Eisenbahndirektion in Mainz führt die Bezeichnung „Königlich preußische und großherzoglich hessische Eisenbahndirektion“, und alle Dienststellen in Hessen werden als „Großherzoglich hessische“ bezeichnet. Die hessischen Eisenbahnbeamten werden nach gleichen Sätzen wie die preußischen aus der Gemeinschaft besoldet; über Anstellungs- und Disziplinarverhältnisse der Beamten, die staatlichen Hoheitsrechte u. s. w. sind besondere Vereinbarungen getroffen. Durch die Vereinigung des hessischen Staatseisenbahnbesitzes mit dem großen preußischen Eisenbahnnetze ist die Verwaltung der Eisenbahnen beider Staaten wesentlich vereinfacht und verbilligt; beiden Ländern ist aus der Betriebs- und Finanzgemeinschaft großer Nutzen erwachsen. Insbesondere hat Hessen für seine in die Finanzgemeinschaft eingeworfenen Eisenbahnen sich einen Zinsgenuß von dem aufgewendeten Anlagekapital gesichert, der dem Zinsertrag der ihm benachbarten Staaten mit eigenem, durchweg größeren Eisenbahnbesitz nicht nur nicht nachsteht, sondern ihn nicht unerheblich übertrifft.
Ähnlich ist die B. bezüglich der Main-Neckar-Bahn geregelt. Die Main-Neckar-Eisenbahn, die die Stadt Frankfurt a. M. mit Heidelberg und Mannheim verbindet, ist von der vormaligen freien Stadt Frankfurt a. M. sowie von Baden und Hessen erbaut und befindet sich im gemeinsamen Besitz von Preußen, Hessen und Baden. Sie wurde bis zum Jahre 1902 von einer Gemeinschaftsdirektion für gemeinsame Rechnung der drei Staaten verwaltet. Rechtlich besteht diese Gemeinschaft der Staaten Preußen, Baden und Hessen an der Main-Neckar-Eisenbahn unverändert fort. Äußerlich tritt sie aber seit 1902 nicht mehr in die Erscheinung. Ende 1902 wurde die Gemeinschaftsdirektion aus Ersparnisrücksichten aufgelöst und die Mitverwaltung der Main-Neckar-Bahn durch Staatsvertrag der Eisenbahndirektion in Mainz unter Oberaufsicht der Zentralstelle der preußisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft, d. i. des preußischen Ministers der öffentlichen Arbeiten, übertragen. In der genannten Direktion wird seitdem ein großherzoglich badisches Mitglied beschäftigt, wie auch auf den in Baden liegenden Strecken der Main-Neckar-Bahn badische Beamte für Rechnung der betriebsleitenden Verwaltung tätig sind. Die finanztechnische Regelung zwischen der preußisch-hessischen Gemeinschaft und Baden ist nach folgenden Grundsätzen getroffen: Die auf badisches Gebiet entfallenden Verkehrseinnahmen nebst einem Zuschlag für die sonstigen Einnahmen erhält Baden; die Betriebsausgaben auf diesem Gebiet trägt die preußisch-hessische Eisenbahngemeinschaft, der von Baden von seinen Einnahmen ein Anteil vergütet wird, der dem Betriebskoeffizienten der genannten Gemeinschaft entspricht; die Kosten größerer Ergänzungen auf seinem Gebiet trägt Baden allein. Auch diese Finanzgemeinschaft hat einen im Vergleich zu dem nicht umfangreichen Unternehmen erheblichen Nutzen gehabt. Die Betriebskosten sind wesentlich vermindert und die Betriebsdurchführung auf einer verkehrsreichen Linie ist durch die Ausschaltung einer Sonderverwaltung erheblich erleichtert.
In Österreich hat zwischen der jetzt verstaatlichten Kaiser-Ferdinands-Nordbahn und der österr.-ungar. Staatseisenbahngesellschaft eine B. für die Linien Wien-Brünn bestanden. An den Einnahmen aus dem Personen- und Güterverkehr hatte die Nordbahn mit 60%, die Staatseisenbahngesellschaft mit 40% teilgenommen.
Neue Formen von B. sind seit Jahren in Großbritannien in Übung. Die großen Eisenbahnunternehmungen, die sich dort durch Verschmelzung zahlreicher kleinerer mit größeren und leistungsfähigeren Unternehmungen gebildet haben, empfinden das Bedürfnis nach weiterem Zusammenschluß, um den Wettbewerb, der auf benachbarten Linien unter ihnen besteht, zu beseitigen und den ungünstigen Einfluß abzuschwächen, der durch Unterbietung bei den Fahrpreisen und Frachten und durch Schaffung über das Verkehrsbedürfnis hinausgehender Fahrgelegenheit auf die Erträgnisse der einzelnen Eisenbahnen ausgeübt wird. Tief eingreifende Gemeinschaftsbildungen, die zu diesem Zweck unter der Great Northern, Great Central und Great Eastern Eisenbahn vorbereitet waren, haben die gesetzlich vorgeschriebene Genehmigung des englischen Parlaments nicht gefunden, weil die Bildung so großer Bahnsysteme als dem Wohle der Allgemeinheit nicht zuträglich erachtet wurde. Man befürchtete eine allzu große Machtstellung solcher Bahnsysteme. Dagegen hat die Eisenbahnaufsichtsbehörde zu engeren B., die beispielsweise zwischen den London und North Western, Midland und Lancashire und Yorkshire Eisenbahngesellschaften
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